Maiszünsler (Ostrinia nubilalis (Hübner, 1796))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 27–31 mm. Vorderflügel hellgelb; bei 1/4 und 3/4 jeweils eine hellbraune, deutlich gezackte Querlinie; äußere Querlinie ist mittig leicht in Richtung Flügelaußenrand gezogen; Flügelwurzel und Mittelfeld vor allem beim Männchen zimtbraun bestäubt; Diskalfeld mit jeweils einem braunen Punkt- und Strichmakel; Außenfeld bis auf einen stark gezackten gelben Saum entlang der äußeren Querlinie zimtbraun (beim Männchen deutlicher ausgeprägt); Fransensaum hellgelb, grau oder braun. Hinterflügel der Männchen grau mit hellem Saum; Hinterflügel der Weibchen strohgelb, an der Basis leicht grau. In der Regel sind in Ruhehaltung die Hinterflügel nicht sichtbar.

Helle und kontrastarme Exemplare von Ostrinia nubilalis (vor allem Weibchen) haben Ähnlichkeit mit folgenden Arten:

AS_Pleuroptyaruralis hat leicht hyaline Flügel mit irisierendem Effekt. Bei ihr reicht die äußere Querlinie sehr nahe an den Strichmakel im Diskalfeld heran. Des Weiteren ähneln die Hinterflügel dieser Art den Vorderflügeln. In Ruhehaltung sind ihre Hinterflügel gut sichtbar.

Bei Paratalanta pandalis und Paracorsia repandalis sind die Querlinien breiter, weniger scharf abgesetzt und schwächer gezackt.

Bei Paratalanta hyalinalis sind die Querlinien schwächer gezackt und die S-Form der äußeren Querlinie stärker ausgeprägt.

Anania crocealis hat ungezackte Querlinien.

Bei Anania fuscalis ist die innere Querlinie ungezackt.

Anania verbascalis ist kleiner und besitzt eine ungezackte äußere Querlinie mit deutlich S-förmigem Verlauf.

Mecyna flavalis besitzt einen jeweils ungefüllten Nieren- und Ringmakel im Diskalfeld und einen weiteren Ringmakel in der Flügelmitte.

Sitochroa verticalis trägt im Mittelfeld einen Schatten in der Farbe der Querlinien, der sich basal von der inneren Querlinie am Flügelhinterrand diagonal zum Nierenmakel erstreckt; des Weiteren sind ihre Diskalmakel größer.

Anania perlucidalis hat einen geringeren Gelbanteil und besitzt im Außenfeld eine braune, gestäubte Querbinde, die dem Verlauf der äußeren Querlinie folgt.

Udea accolalis besitzt im Diskalfeld einen Ring- und Nierenmakel.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Die Falter sind sexualdimorph. Die Männchen haben überwiegend zimtbraune Vorderflügel mit gelben, gezackten Querlinien. Die Hinterflügel sind grau mit hellem Saum. Die Vorderflügel der Weibchen haben eine hellere, ockergelbe Färbung mit blasser, rotbrauner Zeichnung; die Hinterflügel sind strohgelb und an der Basis leicht grau. Die Zeichnung der Männchen ist generell kontrastreicher als die der Weibchen. Männliche Falter sind mit ca. 27 mm Flügelspanne kleiner als die Weibchen mit ca. 30–31 mm.
Die ausgewachsenen Larven sind zwischen 25 und 30 mm lang und weisen eine dunkle Rückenlinie sowie hellere Seitenlinien auf. Auf den Körpersegmenten befinden sich je sechs schwärzliche Warzen. Die Grundfarbe ist variabel und reicht von Graubraun über Hellrötlich bis zu schmutzig Grau und Gelbbraun. Kopf und Nackenschild sind Dunkelbraun bis Schwarz.

Der Maiszünsler ist polymorph in Bezug auf das von den Weibchen produzierte Pheromon, dessen Bestandteil Tetradecylacetat je nach Individuum in unterschiedlichen Anteilen als Z- und E-Isomere vorliegen. Die Männchen sind ihrerseits polymorph in Bezug auf die Wahrnehmung dieser Pheromone. Experimentell konnte gezeigt werden, dass der Besitz dieser unterschiedlichen Pheromone zu einer eingeschränkten Reproduktionsfähigkeit führt. Je nach Autor werden diese Morphen deshalb als E- und Z-Rassen des Maiszünslers, als Semispezies (im Prozess befindliche Artbildung) oder zwei verschiedene Arten angesehen. Die Z-Rasse kann uni- oder bivoltin (eine oder zwei Generationen pro Jahr hervorbringend) sein, während die E-Rasse stets bivoltin zu sein scheint. Ferner können die beiden Rassen unterschiedliche Larvennahrungspräferenzen haben. Noch sind sich die Wissenschaftler uneins darüber, ob der Maiszünsler eine polyphage Art oder ein Mosaik aus Nahrungspflanzenrassen ist, das sich unter einem Namen versteckt. Aufgrund dieser Eigenschaften und der Verfügbarkeit einer großen Menge von Forschungsdaten, die wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Maiszünslers zusammengetragen wurden und werden (siehe unten), avancierte der Maiszünsler zu einem Modelorganismus in der Forschung sowohl über die chemische Kommunikation als auch die Entstehung von Arten (Lassance 2010).

Verbreitung

Von Irland, Großbritannien, Skandinavien und Finnland südlich bis Nordafrika sowie östlich bis nach Mittelasien verbreitet. Der Maiszünsler wurde 1908 nach Nordamerika eingeschleppt (Hoffmann et al. 1994), wo er den Namen "European Corn Borer" erhielt.

Lebensweise

Die Flugzeit der Falter erstreckt sich von Anfang Juni bis Anfang August. In manchen Jahren gibt es an einigen Standorten in Sachsen eine zweite Generation im August (erstmalig 2006 festgestellt) (Pölitz et al. 2007). Ein Weibchen legt bis zu 1.000 Eier. Die Gelege bestehen aus je 5 bis 50 weißlichen Eiern.
Die Larven des Maiszünslers sind polyphag. Unter anderem fressen sie in folgenden Pflanzen: Ambrosia artemisiifolia L., Artemisia vulgaris L., Cannabis sativa L., Humulus lupulus L., Iva xanthifolia (Nutt.) und Xanthium strumarium L. Sekundär wurde auch der aus Mittelamerika nach Europa eingeführte Mais (Zea mays L.) als Larvennahrungspflanze angenommen. Die nachfolgende Beschreibung der Lebensweise der Larven bezieht sich auf langjährige Beobachtungen an Mais (mitgeteilt von Angela Kühne).
Die Eier werden dachziegelartig an der Unterseite der mittleren und oberen Blätter, meist in der Nähe der Mittelrippe des Maisblattes abgelegt. Nach 10–14 Tagen schlüpfen die ca. 1,5 mm langen, schwarzköpfigen, hellgelben Larven. Sie kriechen am Blatt entlang zum Stängel, dabei kommt es zu Loch- und Schabefraß. Am Stängel bewegen sie sich nach oben zur männlichen, endständigen Blütenrispe (Fahne) der Maispflanze. Bei Verfügbarkeit ist der Pollen eine wichtige Eiweißnahrung für die Junglarven. In der Regel bohren sich die Larven erstmals unterhalb der Fahne in den Stängel ein. Ist die Blütenrispe noch von Hüllblättern umgeben, bohren sie sich durch diese hindurch. Nach dem Entfalten dieser Blätter findet man an ihnen kreisrunde, nadelstichartige Löcher. Mit fortschreitendem Wachstum wandern die Larven im Stängelinneren abwärts, dabei ernähren sie sich von Stängelmark. Oberhalb eines Halmknotens (Nodium) angekommen, wird das Pflanzeninnere kurzzeitig verlassen, um sich darunter erneut einzubohren und den Fraß fortzusetzen. So entstehen die typischen Bohrlöcher am Maisstängel, oftmals angefüllt mit Bohrmehl und Larvenkot. Auch die mittlerweile ausgebildeten Maiskolben werden oft angefressen. Im Herbst bohren sich die dann etwa 2,5 cm langen Larven im unteren Stängelbereich oder in den Stängelgrund, wo sie überwintern. Im Mai des kommenden Jahres erfolgt die Verpuppung. Nach einigen Tagen schlüpfen die Falter.
Natürliche Gegenspieler der Maiszünslerlarven sind in Sachsen u.a. die Brackwespe Bracon brevicornis, die in heißen Sommern Mortalitätsraten von 58% – 89% verursachen kann sowie die Raupenfliege Lydella thompsoni (Pölitz et al. 2007).

Lebensräume

Natürliche Vorkommen des Maiszünlers sind in Sachsen vor allem aus Beständen des Gemeinen Beifußes (Artemisia vulgaris L.) bekannt.

Bestandssituation

In Nordamerika und Eurasien avancierte der Maiszünsler in den letzten Jahrzehnten zu den wirtschaftlich bedeutendsten Schaderregern an landwirtschaftlichen Nutzpflanzen, nachdem der Mais ein Drittel der weltweiten Getreideproduktion ausmacht.
Die natürlichen Vorkommen des Maiszünslers in Sachsen und das hier genutzte Nahrungspflanzenspektrum sind unzureichend erforscht. Wiederholt wurden Larven in den Stängeln des Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris L.) nachgewiesen. Im Leipziger Raum wurde der Maiszünsler seit 1969 alljährlich in geringer Zahl in Lichtfallen des Pflanzenschutzdienstes nachgewiesen.
In Deutschland hat der Maisanbau seit Beginn der Hybridmaiszüchtung in den 1950er Jahren stark zugenommen. 1960 betrug die gesamte Anbaufläche ca. 56.000 ha. Im Jahr 2011 wurden auf ca. 2,5 Mio. ha Mais angebaut (Quelle: Deutsches Maiskomitee). Mit der Etablierung des Maiszünslers in dieser Kulturpflanze fand er durch die genannte Flächenerweiterung optimale Überlebens- und Verbreitungsmöglichkeiten. Mittlerweile gehört er zu den bedeutendsten landwirtschaftlichen Schadinsekten.
Die Besiedlung und Schädigung der Maisbestände durch den Maiszünsler erfolgte in Sachsen Mitte der 1990er Jahre. Bis zum Jahr 2006 waren bereits 80% ausgewählter Beobachtungsflächen befallen (Pölitz et al. 2007).
Die durch den Maiszünsler hervorgerufenen Schäden bestehen vor allem in der mechanischen Schwächung der Pflanze, was ein Abknicken unterhalb der Kolben zur Folge haben kann. Weiterhin dienen Bohrlöcher und Fraßstellen an den Kolben verschiedenen Krankheitserregern, vorzüglich Pilzen der Gattung Fusarium, als Eintrittspforten. Diese können die Qualität des Erntegutes erheblich durch die Bildung toxischer Stoffwechselprodukte (Mykotoxine) beeinträchtigen, welche z. B. in der Tierfütterung zu gesundheitlichen Problemen führen.
Im Maisanbau lässt sich durch Mulchen der Stoppeln und anschließendes Unterpflügen der Befall mit dem Maiszünsler unter ein wirtschaftlich bedeutendes Maß reduzieren. Als biologische Bekämpfungsmaßnahmen stehen die Ausbringung des Eiparasiten Trichogramma brassicae sowie der Einsatz von Bacillus thuringiensis-Präparaten zur Verfügung. Allerdings gestaltet sich sowohl die Applikation von Bt-Präparaten als auch von Insektiziden schwierig, da der Mais zur günstigsten Behandlungszeit sehr hoch ist. Der Anbau von gentechnisch veränderten Maissorten ist derzeit in Deutschland nicht erlaubt (Stand: März 2012). „Bt-Mais“ enthält das Cry1Ab-Gen aus Bacillus thuringiensis und ist durch die Expression des entsprechenden Proteins gegen die Larven des Maiszünslers geschützt.

Literatur

  • Hoffmann, G. M., F. Nienhaus, H.M. Poehling, F. Schönbeck, H.C. Weltzien & H. Wilbert 1994 (3. Auflage): Lehrbuch der Phytomedizin. – Blackwell Wissenschaftsverlag, Berlin.
  • Lassance, J.-M. 2010: Journey in the Ostrinia world: From pest to model in chemical ecology. – Journal of Chemical Ecology 36 (10): 1155–1169.
  • Pölitz, B., H. Schnee & A. Kühne 2007: Zur Befallssituation des Maiszünslers in Sachsen, zum erstmaligen Auftreten einer zweiten Generation und über natürliche Gegenspieler. – Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 59 (11): 264–266.
Autor(-en): Matthias Nuß, Franziska Bauer. Letzte Änderung am 06.01.2021

Falter des Maiszünslers. Links: Weibchen, rechts: Männchen.
(© Angela Kühne)


Eigelege des Maiszünslers
(© Angela Kühne)


Larve in geöffnetem Maisstängel
(© Angela Kühne)


Durch Larvenfraß geknickter Trieb einer Maispflanze
(© Angela Kühne)



(© Angela Kühne)


Puppe des Maiszünslers
(© Hermann Thomas & Angela Kühne)
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