Kleiner Esparsettenbläuling (Polyommatus thersites (Cantener, 1835))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 15–16 mm.

Flügeloberseiten der Männchen blau, mit vielen Duftschuppen, welche die Vorderflügel basal rau aussehen lassen. Weibchen mit orangen Randflecken, Frühjahrsgeneration deutlich blau, oft bis an den Flügelrand, Sommergeneration braun.

Flügelunterseite beider Geschlechter in der Frühjahrsgeneration grau, in der Sommergeneration sandbraun. Beide Geschlechter im Vorderflügel ohne Basalflecke.

Ähnliche Art: Manche Individuen des Gemeinen Bläulings (Polyommatus icarus) auf der Unterseite des Vorderflügels ebenfalls ohne Basalflecke. Die Männchen des Gemeinen Bläulings besitzen aber keinen Duftschuppenfleck auf den Oberseiten der Vorderflügel; die Weibchen ohne Basalfleck können nur anhand mikroskopisch sichtbarer Merkmale unterschieden werden.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: nicht bewertet
Rote Liste Deutschland: gefährdet

Merkmale

Im männlichen Genital sind die Spitzen der Subunci deutlich hakenförmig eingekrümmt. Beim ähnlichen Polyommatus icarus sind diese nicht hakenförmig und nur leicht gekrümmt.

Verbreitung

P. thersites ist eine wärmeliebende Art, die von Nordwestafrika über Südeuropa nördlich bis 51°N sowie östlich über die Türkei, den Mittleren Osten, Kaukasus und Iran bis zum südlichen Ural und dem Tienshan verbreitet ist (Tolman & Lewington 1998; Kudrna 2002). Die Art erreicht in Deutschland ihre nördliche Verbreitungsgrenze (Bräu et al. 2013).

Lebensweise

Die Larven fressen an der Sand-Esparsette (Onobrychis arenaria) (Bergmann 1952; Ebert 1993; Weidemann 1995) und Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia) (Alberti 1928, 1929; Ebert 1993). Aus Marokko sind ausserdem Onobrychis caput-galli und O. peduncularis als Larvennahrungspflanzen bekannt (Tolman & Lewington 1998).
Die Larven von P. thersites sind stetig myrmecophil, dass heisst, fast alle älteren Larven werden fast permanent von Ameisen betreut (Fiedler 1991). Die Larven besitzen ein dorsales Nektarorgan, welches Fiedler (1991) als ausschlaggebend für stabile Beziehungen zu Ameisen bezeichnet sowie Tentakelorgane, über welche leicht flüchtige Stoffe ausgeschieden werden, die für die Wirtsameisen wahrscheinlich eine Signalfunktion haben. Die Wirtsameisen von P. thersites sind nach Fiedler (1991) Myrmica scabrinodis Nylander, 1846, Tapinoma erraticum (Latreille, 1798) und Lasius alienus (Förster, 1850).

Lebensräume

Besiedelt werden vorzugsweise Kalk-Magerrasen (Mesobrometum) und Salbei-Glatthaferwiesen (Arrhenatherion), Futter-Esparsettenbestände  sowie Esparsetten-Äcker und Ruderalfluren an Straßenrändern.

Bestandssituation

P. thersites wurde aus Sachsen erstmalig durch Reinhardt & Thust (1993) anhand eines Fundes aus Leuben von Dieter Schottstädt gemeldet, auf den auch die Meldung im Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands zurückgeht (Gaedike & Heinicke 1999). Folgende Belege sind aus Sachsen bekannt:

  • 1 Weibchen: Dresden (TK 4948), [ohne Datum], coll. C. Ribbe (Ankauf 1913), ohne Abdomen, MTD.
  • 1 Männchen: Leipzig, (TK 4640), [ohne Datum], coll. C. Ribbe (Ankauf 1913), GU Wolf 23, MTD.
  • 1 Exemplar: Plauen-Chrieschwitz, 10.08.1068, coll. Rusch (Reinhardt et al. 2007).
  • 1 Männchen: Ketzerbachtal, südexponierter Hang zwischen Leuben und Wahnitz (MTB 4845/2), 07.06.1989, leg. et coll. D. Schottstädt.

Da die genannten Larvennahrungspflanzen in Sachsen nicht vorkommen (Onobrychis arenaria) bzw. als Neophyt gelten (Onobrychis viciifolia), ist das Vorkommen von P. thersites in Sachsen als nicht autochthon anzusehen. Aufgrund der großen Ähnlichkeit zu P. icarus ist es derzeit noch nicht möglich einzuschätzen, ob P. thersites in Sachsen stabile Populationen aufweist. Die nächstliegenden Vorkommen der Art befinden sich in Thüringen im Leinaforst (Reinhardt & Thust 1993), doch kommt auch dort nur die florenfremde Onobrychis viciifolia vor. Alberti (1928, 1929) erwähnt, dass er auf Esparsettenäckern bei Jena ausschließlich P. thersites fand, während P. icarus nur außerhalb dieser Äcker flog – ein Hinweis, der bei der Nachsuche dieser Art vielleicht hilfreich sein könnte.
In westlicheren Regionen Deutschlands sind Onybrychis-Arten heimisch (NetPhyD et al. 2013). Dort kommt P. thersites natürlich vor (Bräu et al. 2013).

Literatur

  • Alberti, B. 1928: Über Lycaena thersites Cant. (Lep. Lyc.). – Deutsche Entomologische Zeitschrift 1928: 211–217, Taf. 3.
  • Alberti, B. 1929: Über Lycaena theristes Cant. (Lep. Lyc.). 2. Mitteilung. – Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie 24 (4/5): 173–177.
  • Bergmann, A. 1952: Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands, Bd. 2, Tagfalter. – Urania Verlag Jena, XII+495 S., 1 Karte.
  • Bräu, M., R. Bolz, H. Kolbeck, A. Nunner, J. Voith & W. Wolf 2013: Tagfalter in Bayern. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 781 S. 
  • Ebert, G. 1993 (korr. Aufl.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs 2, Tagfalter II. – Eugen Ulmer Stuttgart, 535 S.
  • Fiedler, K. 1991: Systematic, evolutionary, and ecological implications of myrmecophily within the Lycaenidae (Insecta: Lepidoptera: Papilionoidea). – Bonner Zoologische Monographien 31: 1–210.
  • Gaedike, R. & W. Heinicke 1999: Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands. – Entomofauna Germanica 3. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden, Beiheft 5: 1–216.
  • Hardtke, H.-J. & A. Ihl 2000: Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege, herausgegeben vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie Dresden, 806 S.
  • Hardtke, H.-J. & M. Nuss 2004: Kommt der Kleine Esparsettenbläuling (Polyommatus thersites (Cantener, 1834)) in Sachsen vor? (Lep., Lycaenidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden 48: 137–139.
  • Kudrna, O. 2002: The Distribution Atlas of European Butterflies. – Oedippus 20. – Apollo Books Stenstrup, 343 S.
  • Netzwerk Phytodiversität Deutschlands (NetPhyD) & Bundesamt für Naturschutz (BfN), unter Mitarbeit der Gesellschaft zur Erforschung der Flora Deutschlands (GEFD) 2013: Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. – Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg. 912 S.
  • Reinhardt, R. & R. Bolz, unter Mitarbeit von S. Caspari, J. Gelbrecht, S. Hafner, J. Händel, A. Haslberger, G. Hermann, A. Hofmann, K.-H. Jelinek, D. Kolligs, A. C. Lange, J.-U. Meineke, A. Nunner, A. Schmidt, R. Thust, R. Ulrich, V. Wachlin und weiteren Spezialisten 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. S. 165–194. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg.
  • Reinhardt, R., H. Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden Beiheft 11: 1–695, 1–48.
  • Reinhardt, R. & R. Thust 1993: Zur Entwicklung der Tagfalterfauna 1981–1990 in den ostdeutschen Ländern mit einer Bibliographie der Tagfalterliteratur 1949–1990. – Neue Entomologische Nachrichten 30: 1–275.
  • Segerer, A. H. 2001: Beitrag zur Genitaldiagnose einiger bayerischer Tagfalterarten unter besonderer Berücksichtigung der §§. – Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 4: 5–25.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Tolman, T. & R. Lewington 1998. Tagfalter Europas und Nordwestafrikas (Deutsche Übersetzung von M. Nuss). – Franckh-Kosmos, Stuttgart. 319 S., 104 Tafeln.
  • Weidemann, H.-J. 1995: Tagfalter beobachten, bestimmen. – Naturbuch-Verlag Augsburg, 660 S.

Links


Autor(-en): Matthias Nuß. Letzte Änderung am 26.04.2016

Männchen des Kleinen Esparsettenbläulings aus Leipzig, vor 1913, coll. Ribbe. Coll. Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden. Prep. G. Wolf Nr. 23
(© Matthias Nuß)


Weibchen des Kleinen Esparsettenbläulings. Umgebung Jena, 03.08.1934 (e.o.), leg. Ernst. Coll. Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden
(© Matthias Nuß)


Weibchen des Kleinen Esparsettenbläulings vor 1913, coll. Ribbe. Coll. Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden.
(© Matthias Nuß)


Männchen des Kleinen Esparsettenbläulings aus Leipzig, vor 1913, coll. Ribbe. Coll. Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden. Prep. G. Wolf Nr. 23. Flügelunterseiten
(© Matthias Nuß)


Subunci im männlichen Genital von P. thersites aus Leipzig, ohne Datum, Sammlung Ribbe (Ankauf Museum für Tierkunde Dresden, 1913), prep. G. Wolf Nr. 23
(© Matthias Nuß)
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