Braunkolbiger Braundickkopf (Thymelicus sylvestris (Poda, 1761))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 13–15 mm.

Kopf: Fühlerkolben schwarz oder hellbraun, aber die Fühlerspitzen spitzen von vorn und von unten betrachtet immer hellbraun.

Flügeloberseiten orange, mit schwarzem Rand und weißen Fransen. Männchen in der Vorderflügelmitte mit feiner schwarzer, leicht gekrümmter Linie.

Flügelunterseiten blaß orange, die hintere Vorderflügelbasis schwärzlich.

Ähnliche Art: Beim Schwarzkolbigen Braundickkopf (Thymelicus lineola) ist die schwarze Linie in der Vorderflügelmitte des Männchens sehr dünn und gerade und die Fühlerspitzen sind unten schwarz. Beachte, dass von oben betrachtet die Fühlerspitzen beider Arten verdunkelt sind!

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): Nicht besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: ungefährdet
Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Nomenklatur

Synonyme: Papilio flavus Brünnich, 1763
                 Papilio thaumas
Hufnagel, 1766

Unterarten: T. s. iberica (Tutt, 1905), aus Spanien und Frankreich 
                  T. s. syriaca (Tutt, 1905), aus Syrien

Merkmale

Auf dem Vorderflügel des Männchens ist die schwarze Linie meist etwas dicker als bei Thymelicus lineola.
Im männlichen Genital sind die Valven dorso-posterior eingekerbt und weisen mehrere nach dorsal gerichtete Zähne auf, die auf Höhe der Costa enden.
Das 8. Segment im weiblichen Genital ist vollständig beborstet und das Ostium bursae lang und schmal, bei Thymelicus lineola fehlt die Beborstung, bei Thymelicus acteon ist sie vorhanden, aber das Ostium bursae ist breit.

Verbreitung

Von Nordwestafrika und Westeuropa östlich bis zur Türkei, dem Mittleren Osten und Iran sowie bis zum südlichen Ural (Tolman & Lewington 1998).

Lebensweise

Die Flugzeit der Falter erstreckt sich von Juni bis August. Die Falter saugen gern an Flockenblumen (Centaurea) und Heilziest (Stachys betonica) (Weidemann 1995), die Männchen saugen auch Mineralien auf feuchten Stellen am Boden auf. Die Weibchen legen die Eier in die Blattscheiden der Larvennahrungspflanzen.
Die Larven sind aus Sachsen von den Süßgräsern (Poaceae) Weiches Honiggras (Holcus mollis), Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa), Haferschmielen (Aira sp.) und Schwingel (Festuca sp.) bekannt (Ebert 1958–1960; Reinhardt et al. 2007: 94–95). Da aus anderen Bundesländern auch weitere Gräser als Larvennahrungspflanzen benannt werden (Ebert & Rennwald 1993; Bräu et al. 2013), werden vermutlich auch in Sachsen weitere Grasarten von den Larven genutzt.
Die Larven schlüpfen vor dem Winter aus dem Ei, nehmen aber keine Nahrung zu sich, sondern fertigen lediglich einen weißen Kokon, in dem sie überwintern.

Lebensräume

Brachen, extensiv bewirtschaftete Grasländer, Weg- und Grabenränder, Waldsäume, Halb- und Trockenrasen mit hohen Grasbeständen. Besiedelt Standorte mit Nordexposition oder kleinflächigen Vernässungen auf Sandböden. Kommt oft gemeinsam mit Thymelicus lineola vor, doch im Gegensatz zu dieser Art ist T. sylvestris mehr auf frische / feuchte Standorte beschränkt. Die Entwicklungshabitate der Larven sind meist recht blütenarm. Die Falter fliegen zum Nektarsaugen auf benachbarte Standorte.

Bestandssituation

Aus Sachsen ist Thymelicus sylvestris seit Ende des 18. Jahrhunderts als im gesamten Gebiet häufig vorkommend bekannt (Block 1799; Ludwig 1799; Ochsenheimer 1805; Möbius 1905; Schweitzer 1913, 1931; Reinhardt et al. 2007). Im 19. Jahrhundert waren die Falter als "Kornfüchschen" bekannt, das "auf Wiesen, Wegen und häufig in Getreidefeldern [vorkommt], wo es sich an die Ähren setzt, um zu ruhen" (Pabst 1884: 38).
Die Art gilt in Sachsen und Deutschland als nicht gefährdet (Reinhardt 2007; Reinhardt & Bolz 2012), muss jedoch durch intensivere Mahd des Grünlandes, der Urbarmachung von Randstreifen, großflächiger Mahd sowie dem Mulchen von Grasländern örtlich erhebliche Verluste hinnehmen (vergleiche Bräu et al. 2013).
Mulchen sollte in den Lebensräumen gänzlich unterbleiben, da es zum einen die Tiere mechanisch zerstört, zum anderen unter dem liegenden Mulchmaterial zur Verpilzung der Entwicklungsstadien kommt. Die Mahd sollte sich stets nur auf Teilbereiche in den Lebensräumen beschränken, um nicht alle Individuen zu entfernen (Bräu et al. 2013). Die zu mähenden Teilbereiche können von Jahr zu Jahr gewechselt werden.

Literatur

  • Block, L. H. Freiherr von 1799: Verzeichnis der merkwürdigsten Insecten welche im Plauischen Grunde gefunden wurden. 95–120 S., 4 Taf. – In: W. G. Becker, Der Plauische Grund bei Dresden, mit Hinsicht auf Naturgeschichte und schöne Gartenkunst. – Nürnberg.
  • Bräu, M., R. Bolz, H. Kolbeck, A. Nunner, J. Voith & W. Wolf 2013: Tagfalter in Bayern. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 781 S.
  • Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter 1. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 552 S.
  • Ebert, W. 1958–1960: Die Schmetterlinge der Oberlausitz. – Nachrichtenblatt der Oberlausitzer Insektenfreunde 2, 3, 4: 1–7, 23–27, 41–44, 86–95, 122–127 / 1–15, 89–97, 115–124, 13.
  • Eckstein, K. 1913: Die Schmetterlinge Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Biologie. 1. Band. – Schriften des Deutschen Lehrerveins für Naturkunde 26: 120 S., 16 Taf.
  • Hinojosa, J. C., D. Koubínová, M. A. Szenteczki, M. A. Szenteczki, C. Pitteloud, V. Dincă, N. Alvarez & R. Vila 2019: A mirage of cryptic species: Genomics uncover striking mitonuclear discordance in the butterfly Thymelicus sylvestris. – Molecular Ecology 28: 3857–3868.
  • Koch, 1984: Wir bestimmen Schmetterlinge. – Neumann Verlag, Leipzig & Radebeul. 792 S.
  • Lampert, K. 1907: Die Großschmetterlinge und Raupen Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der biologischen Verhältnisse. Ein Bestimmungswerk und Handbuch für Sammler, Schulen, Museen und Naturfreunde. – Schreiber, München und Eßlingen. 350 S.
  • Louy, D., J. C. Habel, T. Schmitt, T. Assmann, M. Meyer & P. Müller 2007: Strongly diverging population genetic patterns of three skipper species: the role of habitat fragmentation and dispersal ability. – Conservation Genetics 8 (3): 671–681.
  • Ludwig, C. F. 1799: Erste Aufzählung der bis jezt [sic] in Sachsen entdeckten Insekten. Im Namen der Linnéischen Societät herausgegeben. – Leipzig. 66 S.
  • Möbius, E. T. A. 1905: Die Grossschmetterlings-Fauna des Königreiches Sachsen. – Deutsche entomologische Zeitschrift Iris, Dresden 18 (1): i–xxi, [i]–[xi], 1–235, Taf. 1–2.       
  • Ochsenheimer, F. 1805: Die Schmetterlinge Sachsens mit Rücksichten auf alle bekannten europäischen Arten. 1. Theil: Falter oder Tagschmetterlinge. – Dresden und Leipzig.
  • Pabst, M. 1884: Die Gross-Schuppenflügler (Macrolepidoptera) der Umgebung von Chemnitz und ihre Entwicklungsgeschichte. 1. Teil: Rhopalócera Tagfalter. Heterócera A: Sphinges Schwärmer. B. Bombýces Spinner. – Abhandlungen der naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Chemnitz 9: 3–100.
  • Reinhardt, R. 2007: Rote Liste Tagfalter Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.). 29. S.  
  • Reinhardt, R. & R. Bolz, unter Mitarbeit von S. Caspari, J. Gelbrecht, S. Hafner, J. Händel, A. Haslberger, G. Hermann, A. Hofmann, K.-H. Jelinek, D. Kolligs, A. C. Lange, J.-U. Meineke, A. Nunner, A. Schmidt, R. Thust, R. Ulrich, V. Wachlin und weiteren Spezialisten 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. S. 165–194. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg. 
  • Reinhardt, R., H. Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden Beiheft 11: 1–695, 1–48.
  • Schweitzer, K. 1913: Die Großschmetterlingsfauna des gesamten Vogtlandes. – Deutsche entomologische Zeitschrift Iris, Dresden 27: 47–103.
  • Schweitzer, K. 1931: Die Groß- und Kleinschmetterlinge des Vogtlandes. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung, Plauen 1 (7): 1–84.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Tolman, T. & R. Lewington 1998: Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart. 319 S., 104 Tafeln. (Übersetzung und fachliche Bearbeitung der 1. Aufl. von M. Nuss; 2. Aufl. 2012 von Heidrun Melzer).
  • Weidemann, H.-J. 1995: Tagfalter beobachten, bestimmen. – Naturbuch-Verlag, Augsburg. 660 S.  

Links

 

Autor(-en): Matthias Nuß. Letzte Änderung am 26.10.2020

Männchen des Braunkolbigen Braundickkopffalters am 30.06.2015 auf dem Dresdner Heller
(© Matthias Nuß)


Weibchen des Braunkolbigen Braundickkopfs am 07.07.2016 an der Talsperre Malter
(© Stefan Höhnel)


Ein Weibchen des Braunkolbigen Braundickkopfes sonnt sich auf einem der Sonne zugewandten Blatt der Weberkarde (Dipsacus sativus). Dresdner Heller am 30.06.2015
(© Matthias Nuß)


Braunkolbiger Braundickkopffalter am 8.07.2013 im Glashütter Prießnitztal
(© Stefan Höhnel)


Zinnwald-Georgenfeld, Aug 2020
(© Matthias Nuß)


Männchen des Braunkolbigen Braundickkopffalters am 30.06.2015 auf dem Dresdner Heller
(© Matthias Nuß)


Braunkolbiger Braundickkopffalter am 8.07.2013 im Glashütter Prießnitztal. Deutlich sind von vorn die braunen Fühlerspitzen zu erkennen.
(© Stefan Höhnel)


Männliches Genital von Thymelicus sylvestris. Dippoldiswalde, Wilisch, 15.vii.1927, Skell. MTD prep. no. 309, F. Zöphel.
(© Friederike Zöphel)


Phallus von Thymelicus sylvestris. Dippoldiswalde, Wilisch, 15.vii.1927, Skell. MTD prep. no. 309, F. Zöphel.
(© Friederike Zöphel)


8. Segment im weiblichen Genital von Thymelicus sylvestris. Coswig, 31.vii.1902, coll. Staudinger & Bang-Haas. MTD prep. no. 302, F. Zöphel. 
(© Friederike Zöphel)
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