Tanger-Waldschabe (Planuncus tingitanus (Bolívar, 1914))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge:7,5–8,5mm.

Thorax: Flügel erreichen bei beiden Geschlechtern nur selten das Hinterleibsende, Hinterflügel fast immer deutlich kürzer als Vorderflügel. Nicht flugfähig.

Ähnliche Art: Die Bernstein-Waldschabe (Ectobius vittiventris) mit 10–13 mm Körperlänge deutlich größer, beim Männchen überragen die Flügel den Hinterleib, beim Weibchen erreichen sie das Hinterleibsende.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Nomenklatur

Ectobius perspicillaris tingitanus Bolívar, 1914: 165.

Merkmale

Die Tanger-Waldschabe gehört gemeinsam mit Planuncus finoti (Chopard, 1943) und Planuncus vinzi (Maurel, 2012) zu einem Artkomplex, innerhalb dessen die Artabgrenzungen und die Artberechtigungen unklar sind und deshalb eingehenderer Untersuchungen bedürfen (Bohn et al. 2013).
Larven dunkelbraun bis schwarz gefärbt, mit einem scharf abgesetzten, weißen Querband über dem Metanotum.

Verbreitung

Die Tanger-Waldschabe wurde ursprünglich aus Tanger in Marokko beschrieben (deutscher Name!) (Bolívar 1914) und kommt in Nordafrika auch in Algerien vor. Seit 1984 ist sie aus Spanien, seit 1995 aus Südfrankreich und seit 2010 aus Großbritannien bekannt (Bohn et al. 2013).

Die Art wurde in Deutschland erstmalig im Jahr 2007 in Rheinland-Pfalz sowie in der Folge 2012 in Baden-Württemberg, 2014 in Hessen, 2017 in Nordrhein-Westfalen, 2020 in Bayern, 2021 in Thüringen und 2020 in Sachsen nachgewiesen (Pfeifer 2015; Matzke 2022).

Die fortschreitende Ausbreitung in Europa kann auch anhand der Daten im GBIF-Portal nachvollzogen werden.

Lebensweise

Die Tanger Waldschabe lebt auf blühenden Sträuchern, wo sie an Blüten und anderen Pflanzenteilen frisst. Sie wird zahlreich auf Gewöhnlicher Schneebeere (Symphoricapos albus) (aber nicht, wenn diese nur noch Früchte oder kaum Blätter besitzt) und Gemeiner Waldrebe (Clematis vitalba) aber auch auf den Fruchtständen des Feldahorns (Acer campestre) gefunden. Brombeere wird wohl gemieden.
Die Entwicklung erfolgt in unserer Region einjährig. Im Spätherbst/Winter wird die Oothek abgesetzt. Die Larven schlüpfen im Frühjahr. Sie entwickeln sich bis zum Spätsommer in fünf Stadien zu Imagines. Die Tiere werden von künstlichen Lichtquellen angelockt.

Lebensräume

In unserer Region ausschließlich im Siedlungsgebiet auf Firmengeländen und Industriebrachen sowie auf Grünflächen und in Parks inmitten der Großstädte, deren Wärmezonen sie optimal nutzen können. Individuen, die bei niedrigen Temperaturen im Winterhalbjahr in Häuser einwandern, können dort nicht lange überleben.

Bestandssituation

Erstnachweis in Sachsen im Jahr 2020 in Leipzig.

Literatur

  • Bohn, H., G. Beccaloni, W. H. O. Dorow & M. A. Pfeifer 2013: Another species of European Ectobiinae travelling north – the new genus Planuncus and its relatives (Insecta: Blattodea: Ectobiinae). – Arthropod Systematics & Phylogeny 71 (3): 139–168.
  • Bolívar, I. 1914: Dermápteros y Ortópteros de Marruecos. – Memorias de la Real Sociedad Española de Historia Natural 8: 157–238.
  • Matzke, D. 2022: Erstnachweis der neozooischen Marokkanischen Waldschabe Planuncus tingitanus (Bolivar, 1914) sensu lato, in Sachsen und ihre Ausbreitung im Stadtgebiet von Leipzig (Blattoptera: Ectobiinae). – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 41 (142): 66–73.
  • Pfeifer, M. A. 2015: Zwei neobiotische Waldschabenarten (Blattoptera: Ectobiinae) neu für das Bundesland Hessen (Bundesrepublik Deutschland). – Articulata 30: 109–113.
  • Pfeifer, A. M., D. Funhoff & D. Matzke 2021: Waldschaben – Neue Arten erobern unsere Städte und Siedlungen. – Der praktische Schädlingsbekämpfer, Fachzeitschrift für Schädlingsbekämpfung 7–8: 17–19.
Autor(-en): Matthias Nuß, Danilo Matzke. Letzte Änderung am 06.01.2023

Nymphe der Tanger-Waldschabe. Leipzig City, 01.08.2020
(© Danilo Matzke)


Weibchen der Tanger-Waldschabe. Leipzig-Eutritzsch 07.08.2021
(© Danilo Matzke)


NaturFreundehaus Grethen, August 2022
(© Tilmann Adler)
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