Asiatischer Marienkäfer (Harmonia axyridis (Pallas, 1773))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: 5–8 mm.

Kopf: weiße Stirnzeichnung in der Mitte spitz dreieckig nach oben erweitert.

Variante 1: Halsschild (Pronotum) schwarz, seitlich mit je einem großen weißen Fleck und in der Mitte ein deutliches weißes „M“ oder Trapez, welches auch fehlen kann, oder Halsschild weiß mit 4 kreisförmig angeordneten schwarzen Punkten, die mehr oder weniger miteinander verbunden sein können und einem weiteren Punkt in der Mitte; Flügeldecken (Elytren) orange, gelb oder rot, mit 0–21 schwarzen Punkten. Bei vollständiger Anzahl der Punkte sind diese in etwa in vier Querreihen angeordnet und auf der "Schulter" liegen zwei Punkte.

Variante 2: Halsschild schwarz, seitlich mit je einem großen weißen Fleck; Flügeldecken schwarz, mit 4 roten Flecken.

Variante 3: Halsschild schwarz, seitlich mit je einem großen weißen Fleck; Flügeldecken schwarz, mit 2 roten Flecken

Ähnliche Arten: Individuen mit weißem Halsschild und 4 bis 5 schwarzen Punkten darauf sind ähnlich zur Variante 1 des Zehnpunkt-Marienkäfers (Adalia decempunctata). Bei diesem ist die weiße Stirnzeichnung in der Mitte nur wenig spitz ausgezogen und verläuft eher wellenförmig, in den Hinterecken auf dem Halsschild kann ein weiterer undeutlicher schwarzer Punkt vorhanden sein, auf den Flügeldecken meist nur ein "Schulterfleck" und die schwarzen Punkte sind in drei Querreihen angeordnet. Der Vierpunktige Marienkäfer (Harmonia quadripunctata) kann auf dem Halsschild weitere schwarze Punkte besitzen und die Flügeldecken besitzen weiße Außenränder.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Merkmale

Der Asiatische Marienkäfer weist eine sehr hohe Variabilität in der Färbung auf. Diese kann drei Hauptvarianten zugeordnet werden, im Detail wurden über 200 Farbvariationen beschrieben und mit Allelvariationen an einem einzigen, unbekannten Locus erklärt (Tan & Li 1934; Komai 1956).

Gautier et al. (2018) kombinierten die Sequenzierung des gesamten Genoms, populationsbasierte genomweite Assoziationsstudien, Genexpression und funktionelle Analysen. Sie fanden heraus, dass der Transkriptionsfaktor pannier den melanistischen Musterpolymorphismus in H. axyridis steuert. Pannier ist notwendig für die Bildung melanistischer Elemente auf den Elytren. Die allelische Variation in pannier führt zur Proteinexpression in verschiedenen Bereichen der Elytren und bestimmt somit die unterschiedlichen Farbmuster in H. axyridis. Die Rekombination zwischen pannier-Allelen kann durch eine stark divergente Sequenz von ~ 170 kb in den cis-regulatorischen Bereichen von pannier mit einer Inversion von 50 kb zwischen den Farbformen reduziert werden. Dies trägt höchstwahrscheinlich dazu bei, die in natürlichen Populationen gefundenen unterschiedlichen Allele aufrechtzuerhalten. Die Autoren schlagen daher vor, dass sehr variable diskrete Farbformen in natürlichen Populationen durch cis-regulatorische Allelvariation eines einzelnen Gens entstehen können.

Verbreitung

In Ostasien einheimisch.

Seit dem frühen 20. Jahrhundert gab es zahlreiche Versuche, die Art in den USA für die biologische Bekämpfung von Blattläusen zu etablieren. Seit 1988 dort unbeabsichtigt im Freiland etabliert und seit dem zum häufigsten blattlausfressenden Marienkäfer geworden (Koch 2003; Majerus et al. 2006; COSEWIC 2012). In den 1980er Jahren in sowjetisch Mittelasien zur biologischen Bekämpfung von Blattläusen eingeführt (Klausnitzer & Klausnitzer 1986). In Europa erste Versuche zur Blattlausbekämpfung unter Glas in den 1980er Jahren; seit 1995 in Frankreich, Belgien und den Niederlanden dafür kommerzieller Vertrieb. In Mitteleuropa seit dem Jahr 2000 ungewollt im Freiland und seit 2002 starke Ausbreitung; zunächst etabliert von Großbritannien und Dänemark bis Südfrankreich und Tschechien (Majerus et al. 2006; Roy & Wajnberg 2008), später auch Irland, Skandinavien, Finnland sowie südlich auch Spanien, Italien und Griechenland, östlich im europäischen Teil Russlands, in der Ukraine, Türkei und Israel (GBIF).

Lombaert et al. (2010) analysierten die Mikrosatellitenvariation des Asiatischen Marienkäfers anhand von Bayes'schen Berechnungsmethoden und zeigen, dass die Ausbrüche im östlichen und westlichen Nordamerika auf zwei unabhängige Einführungen aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Ostasien zurückgingen (entweder durch bewusste Einfuhr für die biologische Schädlingsbekämpfung oder durch zufällige Einfuhr). In der Folge war die invasive Population im Osten Nordamerikas Quelle für die Besiedlung auf den europäischen, südamerikanischen und afrikanischen Kontinenten, wobei sich in Europa eine für die biologische Schädlingsbekämpfung befindliche Population einmischte.

Lebensweise

Harmonia axyridis benötigt keine Winterpause und bringt in Abhängigkeit von den klimatischen Faktoren mehrere Generationen im Jahr hervor, in Europa sind es meist zwei pro Jahr.
Larven und adulte Käfer leben räuberisch von Blattläusen, im Herbst fressen die Käfer auch reifes Obst. Ein erwachsener Käfer frisst bis zu 65 Blattläuse pro Tag. Wie andere Marienkäfer ist auch Harmonia axyridis räuberisch sowohl unter Artgenossen als auch unter anderen Marienkäferarten (Majerus et al. 2006; Roy & Wajnberg 2008).

Natürliche Gegenspieler des Asiatischen Marienkäfers sind die Marienkäfer-Brackwespe (Dinocampus coccinellae) (Berkvens et al. 2010) und der Pilz Hesperomyces harmoniae (Haelewaters et al. 2022).

Harmonia axyridis ist dominant gegenüber einigen einheimischen Marienkäferarten und verdrängt diese, weil in der Umwelt gleiche Ressourcen genutzt werden, sie direkt gefressen werden („intra-guild predation“) und untereinander konkurrieren (Majerus et al. 2006). Zudem besitzt Harmonia axyridis in der Hämolymphe parasitische Mikrosporidien der Gattung Nosema, gegen die er selbst immun ist. Wird er jedoch von anderen Marienkäferarten gefressen, die diese Immunität nicht besitzen, sterben diese (Vilcinskas et al. 2013).

Lebensräume

Harmonia axyridis ist eurytop, das heißt, die Art kommt in vielen verschiedenen Lebensräumen vor.

Bestandssituation

Harmonia axyridis ist in Europa eine fremdländische Art, die sich nach dem Jahr 2000 in hoher Individuenzahl schnell über ganz Mitteleuropa ausbreitete (Majerus et al. 2006; Roy & Wajnberg 2008). Für Deutschland und Sachsen berichtet dazu Klausnitzer (2002, 2006). Bei einer quantitativen Erfassung im Osterzgebirge im Jahr 2019 war der Asiatische Marienkäfer nach dem Siebenpunkt-Marienkäfer die zweithäufigste Marienkäferart (Schiffnederová & Nuß 2020).

Literatur

Autor(-en): Matthias Nuß. Letzte Änderung am 04.11.2023

Variante 1 des Asiatischen Marienkäfers. Paarung. Chemnitz-Draisdorf, Juni 2020
(© Benjamin Franke)


Variante 1 des Asiatischen Marienkäfers. Tharandter Wald, Wiesenweg, 10.07.2019.
(© Karin Brümmer)


Variante 1 des Asiatischen Marienkäfers, Nördlingen (Bayern), Oktober 2016.
(© Tilmann Adler)


Variante 2 des Asiatischen Marienkäfers. Talsperre Malter, 04.07.2016.
(© Stefan Höhnel)


Variante 3 des Asiatischen Marienkäfers. Nähe Burgneudorf, 29.06.2013.
(© Eva-Maria Bäßler)


Variante 2 des Asiatischen Marienkäfers. Glashütte, Juni 2022.
(© Stefan Höhnel)


Variante 1 des Asiatischen Marienkäfers. Königswartha, 23.07.2016.
(© Eva-Maria Bäßler)


Startklar: Asiatischer Marienkäfer mit aufgestellten Vorderflügeln (Elytren) und entfalteten Hinterflügeln. Radebeul, Juni 2013.
(© Steffen Hintersaß)


Ein frisch geschlüpfter, noch nicht ausgefärbter Asiatischer Marienkäfer im Glashütter Prießnitztal, 28.09.2011
(© Stefan Höhnel)


Larve des Asiatischen Marienkäfers. Stadtpark Chemnitz, Oktober 2021.
(© Benjamin Franke)


Asiatischer Marienkäfer, befallen mit dem Marienkäferpilz Hesperomyces harmoniae. Chemnitz-Hilbersdorf, NABU Streuobstwiese, Mai 2020.
(© Benjamin Franke)


Asiatischer Marienkäfer parasitiert durch die Marienkäfer-Brackwespe (Dinocampus coccinellae). Die im Darm lebende Larve der Brackwespe hat nach Verlassen des ausgezehrten Käfers unter diesem einen Kokon gesponnen und den Marienkäfer als Schutzschild gegen Fressfeinde eingesponnen. Zadel, 31.05.2021
(© Michael Braune)


Frisch geschlüpfte Marienkäfer-Brackwespe. Zadel, 10.06.2021
(© Michael Braune)


Hennersdorf, Landkreis Mittelsachsen, Oktober 2011
(© Reinhard Weidlich)


Thierbach, Landkreis Leipzig, Juni 2012
(© Reinhard Weidlich)
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