Diagnose
Körperlänge meist 2–5 mm, max. 50 mm.
Kopf: Augen fehlen; fadenförmige Antennen mit 13–70 Gliedern; Mundwerkzeuge nach vorn gerichtet, in einer Kiefertasche gelegen, so dass Außen nur ein Mundkegel sichtbar ist.
Thorax primär flügellos, aus drei gleichgroßen Segmenten mit je einem Beinpaar bestehend; Beine fünfgliedrig mit jeweils paarigen Klauen und einem Tibiotarsalgelenk; Stigmen vorhanden.
Abdomen aus 10 sichtbaren Segmenten bestehend; A1–A7 mit Styli, sowie median davon meist unpaare oder paarige Coxalbläschen; A10 mit Cerci.
Ähnliche Insekten: In der äußeren Gestalt sind die Diplura den ebenfalls flügellosen Archaeognatha und Zygentoma ähnlich, letztere zeichnen sich jedoch durch äußerlich gut sichtbare Mundwerkzeuge sowie, zusätzlich zu den Cerci, durch den Besitz eines Terminalfilaments aus.
Namensgebung
Diplura Börner, 1904
Der wissenschaftliche Name Diplura leitet sich aus dem Griechischen ab: diplo zwei und uros Schwanz. Der Name nimmt damit Bezug auf das Vorhandensein von Cerci am Hinterleibsende. Der deutsche Name Doppelschwänze ist eine direkte Übersetzung davon.
Merkmale
Körperlänge meist 2–5 mm, die größten Arten bis 50 mm.
Kopf. Augen
fehlen. Fadenförmige Antennen mit 13–70 Gliedern, die jeweils eigene Muskeln aufweisen. Mundwerkzeuge nach vorn gerichtet (prognath), in einer Kiefertasche gelegen (entognath), so dass Außen nur ein Mundkegel sichtbar ist.
Thorax. Primär flügellos, aus drei gleichgroßen Segmenten mit je einem Beinpaar
bestehend,
Beine fünfgliedrig mit jeweils paarigen Klauen und einem Tibiotarsalgelenk.
Stigmen sind vorhanden.
Abdomen. 10 Abdominalsegmente vorhanden (A10 wahrscheinlich Verwachsung aus A10+A11).
A1–A7 mit Styli, sowie median davon meist unpaare oder paarige Coxalbläschen; diese weisen ein Transportepithel auf, dienen der Wasseraufnahme und dem Ionentransport; sie werden durch Erhöhung des Hämolymphdruckes ausgestülpt und durch Muskel wieder eingezogen. A10 mit Cerci (verloren gegangene Cerci können nach mehreren Häutungen regeneriert werden).
Unpaare Geschlechtsöffnung am Hinterrand von A8. Herz im Abdomen mit 9 intersegmentalen Ostienpaaren; die Aorta reicht bis in den Kopf.
Darm mit 6–12 papillenförmigen Malpighischen Gefäßen.
Integument. Pigmentarm, glatt, beborstet oder beschuppt; emergenzartige Nanostrukturen bilden bei Überflutung ein Plastron aus.
Stammesgeschichte und Systematik
Die Diplura sind Schwestergruppe der Protura, gemeinsam mit den Collembola bilden diese drei Gruppen die Entognatha (Reumont et al. 2009; Schneider et al. 2011).
Die Diplura werden in 10 Familien unterteilt, von denen die folgenden drei in Deutschland vertreten sind:
Campodeidae: Cerci lang, gegliedert, mit zahlreichen Sinneshaaren besetzt (werden wie ein zweites
Antennenpaar benutzt)
Projapygidae: Cerci kurz, gegliedert
Japygidae: Cerci zangenartig; dienen dem Ergreifen von Collembolen und Dipluren, von denen
sich die Japygidae ernähren
Verbreitung und Diversität
Weltweit etwa 1008 Arten (Sendra et al. 2021), davon ca. 50 Arten in Mitteleuropa und 21 Arten in Deutschland, wobei die faunistische Erforschung unzureichend ist (Christian 2003).
Lebensweise
Die vollständige Segmentzahl wird bereits während der Embryonalentwicklung erreicht. Die Larven durchlaufen eine unvollständige Metamorphose. Campodea sind bereits nach 8 Wochen, in denen sie sich 8–11 Mal häuten, geschlechtsreif und häuten sich als Adulte, wie Japyx, auch noch nach der Eiablage. Die Gesamtlebensdauer beträgt bis zu 3 Jahre. Männchen legen gestielte Spermatophoren ab, die vom Weibchen aufgenommen werden. Die Eier werden vom Weibchen im Boden abgelegt.
Diplura leben in feuchtem Boden, im Falllaub oder im Humus.
Literatur
- Christian, E. 2003: Verzeichnis der Doppelschwänze (Diplura) Deutschlands. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 8: 26–31.
- Dunger, W. 1983 (2. Aufl.): Tiere im Boden. – Die Neue Brehm Bücherei 327. – Ziemsen, Wittenberg.
- Dunger, W. 2003: Diplura, Doppelschwänze. S. 87–96. – In: H. H. Dathe, Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band 1: Wirbellose Tiere. 5. Teil: Insecta. – Spektrum Akademischer Verlag und Gustav Fischer Verlag Jena.
- Eisenbeis, G. & W. Wichard 1985: Atlas zur Biologie der Bodenarthropoden. – Gustav Fischer, Stuttgart.
- Handschin, E. 1929: Urinsekten oder Apterygota (Protura, Collembola, Diplura und Thysanura). – In: F. Dahl, Die Tierwelt Deutschlands 16. – Gustav Fischer, Jena.150 S.
- Janetschek, H. 1970: Protura (Beintastler). – Handbuch der Zoologie 4 (2) 2/3, Lief. 14: 1–72.
- Koch, F. 1997: Monophyly and phylogenetic position of the Diplura (Hexapoda). – Pedobiologia 41: 9–12.
- Meusemann, K. 2013: Wie sind die Urinsekten miteinander verwandt? Die Erforschung der Phylogenie der Urinsekten mittels molekularer Daten. – Koenigiana, Bonn 7 (1): 37–44.
- Meusemann, K., B. M. von Reumont, S. Simon, F. Roeding, S. Strauss, P. Kück, I. Ebersberger, M. Walzl, G. Pass, S. Breuers, V. Achter, A. v. Haeseler, T. Burmester, H. Hadrys, J. W. Wägele & B. Misof 2010: A Phylogenomic Approach to Resolve the Arthropod Tree of Life. – Molecular Biology and Evolution 27 (11): 2451–2464.
- Nosek J. 1973: The European Protura. – Musée d'histoire naturelle, Genève. 345 S.
- Reumont, B. M. v., K. Meusemann, N. U. Szucsich, E. Dell'Ampio, V. Gowri-Shankar, D. Bartel, S. Simon, H. O. Letsch, R. R. Stocsits, Y. X. Luan, J. W. Wägele, G. Pass, H. Hadrys & B. Misof 2009: Can comprehensive background knowledge be incorporated into substitution models to improve phylogenetic analyses? A case study on major arthropod relationships. – BMC Evolutionary Biology 9 (119).
- Schneider, S., C. Cruaud & C. A. D’Haese 2011: Unexpected diversity in Neelipleona revealed by molecular phylogeny approach (Hexapoda, Collembola). – Soil Organisms 83 (3): 383–398.
- Sendra, A., A. Jiménez‐Valverde, J. Selfa & A. S. P. S. Reboleira 2021: Diversity, ecology, distribution and biogeography of Diplura. – Insect Conservation and Diversity
- Tuxen SL. 1964: The Protura. – Paris, Herman. 360 S.
Links
Autor(-en): Matthias Nuß. Letzte Änderung am 13.05.2021
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