Schwarzblauer Ölkäfer (Meloe proscarabaeus Linnaeus, 1758)

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Diagnose

Körperlänge: 8–10 mm (Männchen), 30–45 mm (Weibchen).

Körperfärbung variiert von schwarz über schwarzblau bis blauviolett.

Kopf: grob punktiert; Fühler der Männchen in der Mitte geknickt und die Fühlerglieder in der Form verändert, der Weibchen mittig verdickt; Kopf grob punktiert.

Thorax: Halsschild grob punktiert, länger als breit, schmaler als der Kopf, Hinterrand fast gerade oder leicht eingebuchtet. Innerer Enddorn der Hinterschienen breit löffelförmig (Lupe!). Flügeldecken deutlich verkürzt, so dass die Segmente des Hinterleibs sichtbar sind; Hinterflügel fehlen.

Hinterleib: insbesondere beim Weibchen verhältnismäßig lang und dick.

Ähnliche Art: Beim Violetten Ölkäfer (Meloe violaceus) sind Kopf und Thorax fein punktiert, der Hinterrand des Halsschildes ist ausgerandet und in der Mitte eingebuchtet.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Merkmale

Eier: 0,1–1,3 mm lang.

Primärlarve (Triungulus-Larve): Körper orange. Letztes Fußglied neben der Klaue mit einem Paar klauenartiger Borsten (Name!).
Sekundär- und Tertiärlarve: madenförmig (kurzbeinig), blind.

Die Körper der erwachsenen Tiere enthalten Cantharidin, welches die Weibchen bei der Eiablage auf die Eier übertragen. Ein Käfer kann bis zu 2 mg Cantharidin enthalten. Je mehr Eier die Weibchen ablegen, desto mehr geht der Cantharidingehalt zurück und kann schließlich unterhalb der Nachweisgrenze liegen (Lückmann & Niehuis 2009).

Verbreitung

Ganz Europa (außer Island, Azoren und Madeira) und Nordafrika, östlich bis Japan, wobei in der östlichen Paläarktis Unterarten unterschieden werden (Lückmann & Niehuis 2009).

Lebensweise

Die adulten Käfer erscheinen im Frühjahr von März bis Mai (deshalb auch der deutsche Name Schwarzer Maiwurm). Sie fressen Pollen an den Blüten verschiedenen Pflanzenfamilien, so z. B. Doldenblüten-gewächse (Apiaceae), Korbblütengewächse (Asteraceae), Borretsch-gewächse (Boraginaceae), Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae) und Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) (Lückmann & Niehuis 2009).

Die Paarung beginnt mit einem intensiven Fühlerspiel des Männchens, das anschließend regungslos auf dem Rücken des Weibchens verweilt, dann intensiv mit seinen Fühlern selbige des Weibchens umspielt, mit den Mundwerkzeugen die oberen Kopfbereiche sowie mit den Beinen die Flügeldecken und den Hinterleib des Weibchens. Erst danach erfolgt die Kopulation, vorausgesetzt, der gesamte Werbeprozess verlief erfolgreich (Lückmann & Niehuis 2009). 

Ein Weibchen legt fünf- bis sechsmal im Abstand von ein bis zwei Wochen 3.000 bis 9.500 Eier 3–5 cm tief in den Boden ab (Lückmann 2001).
Die daraus schlüpfenden, orangen Primärlarven (Triungulus-Larven, L1) versammeln sich an erhöhten Punkten von Pflanzen und ergeben dort Scheinblüten. Landet dort eine solitäre Wildbiene, springen die Larven auf diese und gelangen mit der Biene in deren Nest (Phoresie). Gelangt eine Primärlarve in eine Bienenzelle, frisst sie das Bienenei und häutet sich zur madenförmigen Sekundärlarve (L2–L5). Diese ernährt sich von dem von den Bienen eingetragenen Pollen und Nektar. Die ausgewachsene Larve (L5) verlässt das Nest und häutet sich im Boden zur Scheinpuppe (L6), die keine Nahrung aufnimmt und überwintert. Im Frühjahr folgt die Häutung zu einer den Sekundärlarven ähnlichen Tertiärlarve (L7), die sich in der Erde verpuppt. Nach dem Schlupf der adulten Käfer führen diese zunächst einen Reifungsfraß an Pflanzen aus, wobei das Körpergewicht der Weibchen um das Sechsfache zunehmen kann (Lückmann 2001; Klausnitzer 2005; Lückmann & Niehuis 2009).

Die Triungulus-Larven des Schwarzblauen Ölkäfers hängen sich an verschiedene Insekten und lassen sich von diesen forttragen, u.a. Zweiflügler, Käfer und Grabwespen (Sphecidae) sowie im Boden brütende Sandbienen (Andrena), Pelzbienen (Anthophora), Seidenbienen (Colletes), Langhornbienen (Eucera) und Furchenbienen (Halictus). Tatsächlich ist die erfolgreiche Entwicklung bis zum Käfer bislang nur bei Sand- und Seidenbienen beobachtet worden. Honigbienen, Hummeln oder andere Insekten sind ungeeignet (Lückmann & Niehuis 2009).

Das hochgiftige Cantharidin schützt die Käfer vor Fressfeinden. Bei Gefahr wird dieses an den Beingelenken mit einer gelblichen Flüssigkeit (Name: Ölkäfer!) abgegeben, ein Vorgang, der auch "Reflexbluten" genannt wird. Die LD50 des Cantharidins liegt beim Menschen bei etwa 0,5 mg/ kg Körpergewicht. Damit ist Cantharidin deutlich giftiger als beispielsweise Strichnin. Das Fühlerspiel während der Balz trägt wahrscheinlich dazu bei, den Cantharidingehalt der Partner als Merkmal der Fitness zu prüfen (Lückmann & Niehuis 2009). 

Cantharophile Insekten wie z. B. Gemeiner Einhornkäfer (Notoxus monoceros), Feuerkäfer (Pyrochroa coccinea), Rotköpfiger Feuerkäfer (Pyrochroa serraticornis) und Orangefarbener Feuerkäfer (Schizotus pectinicornis) nutzten das Cantharidin der Ölkäfer, um sich selbst zu schützen. Dazu attackieren sie die Ölkäfer, was bis zu Verletzungen führen kann, nutzen tote Tiere oder Exkremente der Ölkäfer (Lückmann & Niehuis 2009).

Lebensräume

Offenland, wie Trockenrasen, trockene Wiesen und mesophile Wiesen, Heiden, Waldränder, lichte und trockene Wälder (Kiefern und Esskastanien), Abbaugruben, Steinbrüche und Gärten (Lückmann & Niehuis 2009).

Bestandssituation

Die adulten Käfer sind sehr auffällig und werden deshalb leicht gesichtet. Unter Experten gilt der Bestand in Deutschland als rückläufig (Lückmann & Niehuis 2009).

Literatur

  • Klausnitzer, B. 2005: Beobachtungen zur Lebensweise von Meloe proscarabaeus Linnaeus, 1758 (Coleoptera: Meloidae). – Gredleriana 5: 209–216.
  • Lückmann, J. 2001: Zur Natur- und Kulturgeschichte der Meloiden (Coleoptera). – Verhandlungen Westdeutscher Entomologentag, Düsseldorf 2000: 159–166.
  • Lückmann, J. & M. Niehuis 2009: Die Ölkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. – Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz e. V., Landau. 480 S.

Links

Autor(-en): Tommy Kästner, Matthias Nuß, Ronny Gutzeit. Letzte Änderung am 01.09.2022

Männchen des Schwarzblauen Ölkäfers im April 2015 auf einem Ampferblatt in Friedebach. Beachte die deutlich geknickten Fühler.
(© Tim Schreier)


Weibchen des Schwarzblauen Ölkäfers Anfang Mai 2016 in Diera-Zehren
(© Michael Fritzsche)


Weibchen des Schwarzblauen Ölkäfers, Elbtal bei Meißen, April 2019. Beachte den fast geraden Hinterrand des Halsschildes.
(© Michael Braune)


Ölkäfer-Pärchen im NSG Königsbrücker Heide im April 2017
(© Tommy Kästner)


Schwarzer Maiwurm in der Gemarkung Hohenprießnitz, Rieselgraben am Fichtbusch, April 2014
(© Michael Happ)


Viele Larven (L1 Triungulinus-Stadium) des Schwarzblauen Ölkäfers (Meloe proscarabaeus) vereinigen sich hier an Pflanzenspitzen zu einer wildbienengroßen Ansammlung
(© Michael Braune)


eine Wildbiene landet zielstrebig auf einer Larvenansammlung des Schwarzblauen Ölkäfers und stürzt umgehend damit auf den Boden. Rottewitz, April 2019
(© Michael Braune)


Sechs Larven des Schwarzblauen Ölkäfers (Meloe proscarabaeus) auf einer Kuckucksbiene (Nomada lathburiana) als Überträgerin. Beide Arten parasitieren Wildbienen. Elbtal bei Meißen, Mai 2019
(© Michael Braune)


Sieben Larven des Schwarzblauen Ölkäfers (Meloe proscarabaeus) auf einem Zottigem Bienenkäfer, beide Arten parasitieren bei Wildbienen. Elbtal bei Meißen, Mai 2019
(© Michael Braune)
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