Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum (Linnaeus, 1758))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge: 19–23 mm.

Vorderflügel oberseits grau bis graubraun mit zwei schwarzen Querlinien. Hinterflügel orange. Alle Flügel unterseits matt orange.

Hinterleibsende mit weiß und schwarz gefärbtem Schuppenbüschel (deutscher Name!).

Die überwiegend tagaktiven Falter sind meist schon von Weitem aufgrund ihres kolibriähnlichen Fluges beim Blütenbesuch zu erkennen. Dieses Flugverhalten zeigen auch Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis) und Skabiosenschwärmer (Hemaris tityus), deren Flügel aber großteils unbeschuppt sind.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Die Oberseite der Vorderflügel, des Kopfes, des Brustabschnittes und der größte Teil des Hinterleibes sind graubraun bis olivgrün gefärbt. An den letzten Hinterleibsabschnitten befinden sich weißliche und schwärzliche Büschel (deutscher Name!). Auf den Vorderflügeln heben sich zwei dunkle gewellte Linien ab.
Mit Ausnahme des dunklen Außenrandes und der grauen Basis ist die Oberseite der Hinterflügel orange gefärbt. Diese Färbung, weniger intensiv, dominiert auch auf den Unterseiten der Vorder- und Hinterflügel.

Die Larven besitzen das für Schwärmer typische Horn auf dem letzten Körpersegment. Erwachsene Larven erreichen eine Körperlänge von etwa 50 mm. Die Grundfärbung variiert in verschiedenen Grüntönen bis hin zum Braun und der Körper ist mit vielen kleinen weißen Punkten besetzt. Charakteristisch sind neben den schwarzen Stigmen (Atemöffnungen) zwei hellere Linien an den Körperseiten, von denen die untere stets stärker ausgeprägt ist.

Verbreitung

Vom nördlichen und südlichen Mittelmeerraum östlich bis Japan. Als Wanderfalter im Sommer nördlich bis zum Polarkreis, im Winter südlich bis in die Sahelzone, nach Indien und Indochina (Traub 1994).

In Deutschland war die Art größtenteils nicht bodenständig, weil sie nicht ausreichend dem Frost widersteht. Einzelne Beobachtungen zur Überwinterung von Faltern lagen lediglich aus der Oberrheinebene vor. Die Falter wandern alljährlich aus dem Süden ein und pflanzen sich im Laufe des Sommers hier fort, während weiterhin Falter einwandern können. Eine klare Trennung zwischen eingewanderten und hier aufgewachsenen Individuen ist schwer möglich (Traub 1994; Händel 2010). Händel schreibt im Jahr 2013, dass "in den letzten Jahren zunehmend ein Trend zu verzeichnen [ist], daß einige Falter erfolgreich in Deutschland überwintern." Seit Anfang der 2000er Jahre und verstärkt seit 2014 gibt es in Sachsen Falternachweise aus dem zeitigen Frühjahr, die ein Hinweis auf erfolgreiche Überwinterungen in unseren Breiten sind.

Lebensweise

Je nach Witterungsverlauf beginnt der jährliche Einflug der Falter aus dem Süden in den Monaten April bis Juni.
Die Falter sind tagaktiv, werden aber auch nachts von künstlichen Lichtquellen angelockt. Zum Nektarsaugen fliegen sie bevorzugt blaue und rotviolette Blüten mit einem langen und engen Blütenkelch an. Die Liste der dabei genutzten Pflanzenarten ist sehr lang, wobei auch Garten- und Balkonblumen wie Fuchsie, Geranie, Petunie, Phlox, Rittersporn und Verbenen sowie auf landwirtschaftlichen Flächen Luzerne und Rotklee genutzt werden (Traub 1994). Charakteristisch ist der an einen Kolibri erinnernde Schwirrflug beim Nektarsaugen. Die Falter halten sich auf diese Weise oft nur wenige Sekunden an einer Blüte auf und wechseln meist blitzschnell zur nächsten. Das Verhalten, dass sich die Falter zum Nektarsaugen nicht auf die Blüte setzen, zeigen viele Schwärmer. Es wird als eine evolutive Vermeidungsstrategie vor Krabbenspinnen interpretiert, die gut getarnt auf Blüten lauern, um Bestäuber zu erbeuten.
Die Weibchen legen die Eier im Schwirrflug an die Spitzen der Triebe ab, bevor diese blühen. Dazu wird der Hinterleib nach vorn gebogen und das Ei an die Pflanze geheftet. Die Eiablage erfolgt hauptsächlich in der Zeit von 17 bis 18 Uhr.
Die Larven ernähren sich von verschiedenen Labkrautarten (Gallium sp.). Von den vielen bei uns vorkommenden Arten sind die Larven des Taubenschwänzchens jedoch nur an Waldlabkraut (Gallium sylvaticum), Wiesenlabkraut (Gallium mollugo), Echtem Labkraut (Gallium verum) und Klettenlabkraut (Gallium aparine) beobachtet worden. Sie sind nachtaktiv und fressen bevorzugt an herabhängenden Blütenständen (Pleisch 1997).
Im Jahresverlauf vermischen sich Zuwanderer mit den Nachkommen der Einwanderer, so dass keine klare Generationentrennung möglich ist. Blütenbesuchende Falter sind bis in den Oktober zu beobachten. Es ist nicht geklärt, ob und in welchem Umfang die Tiere im Herbst abwandern oder versuchen, hier zu überwintern (Traub 1994). Aktuelle Beobachtungen lassen auf Überwinterungsversuche und erfolgreiche Überwinterungen schließen.

Lebensräume

Das Taubenschwänzchen ist in allen Bereichen des Offenlandes zu finden, sofern ein reiches Blütenangebot vorhanden ist. Das Vermehrungshabitat ist durch eine enge Verzahnung von blühenden Nektarpflanzen- und Larvennahrungsbeständen gekennzeichnet, da die Weibchen zwischen einzelnen Eiablagen immer wieder Nektar saugen.

Bestandssituation

Das Taubenschwänzchen dürfte in Sachsen überall zu beobachten sein, wo es ein reiches Blütenangebot gibt. Seit wenigen Jahren werden Imagines auch im Zeitraum November bis März beobachtet, was auf erfolgreiche Überwinterungen zumindest einzelner Individuen des Taubenschwänzchens in Sachsen hinweist.

Literatur

  • Dietrich, W. 2013: Beobachtung von Nektarpflanzen im Erzgebirge und den Krusne hory: Spanner, Eulenfalter und Schwärmer (Lep-Geo, Lep-Noc, Lep-Sph). – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 32 (104): 35–40.
  • Eckstein, K. 1915: Die Schmetterlinge Deutschlands mit besonderer Berücksichtigung der Biologie. 2. Band. – Schriften des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde 32. 84 S., Taf. 17–32.
  • Händel, J. 2010: Sphingidae 2009. – Atalanta 41 (1/2): 167–183.
  • Händel, J. 2013: Sphingidae 2012. – Atalanta 44 (1–4): 75–82.
  • Koch 1984: Wir bestimmen Schmetterlinge. – Neumann Verlag, Leipzig & Radebeul. 792 S.
  • Pleisch, E. 1997: Sphingidae - Schwärmer. S. 513–574. – In: Pro Natura – Schweizerischer Bund für Naturschutz, Schmetterlinge und ihre Lebensräume. Arten, Gefährdung, Schutz. Schweiz und angrenzende Gebiete. Band 2. Egg, Fotorotar AG.
  • Reinhardt, R. 2011: Fruhjahrsfund des Taubenschwanzchens Macroglossum stellatarum (Linnaeus, 1758) (Leo-Sph). – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 97: 1.
  • Traub, B. 1994: Sphingidae. S. 118–209. – In: G. Ebert & E., Rennwald, Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 4: Nachtfalter 2. – Stuttgart, Eugen Ulmer.

Links

Autor(-en): Matthias Nuß, Tommy Kästner, Bernd-Jürgen Kurze. Letzte Änderung am 23.08.2022

Taubenschwänzchen, Zadel, Juni 2018
(© Michael Braune)


Taubenschwänzchen am Sommerflieder, August 2015, Delitzsch
(© Hans-Dieter Knopf)


Taubenschwänzchen an Sommerflieder, Großdrebnitz, 2015
(© W.-D. König)


Am 8.10.2013 patrouillieren zwei Taubenschwänzchen auf einem Feldweg bei Glashütte in etwa 20 cm Höhe, ohne Blüten anzufliegen. Ein Falter lässt sich dann gut getarnt nieder, so dass ich ein paar Aufnahmen machen kann
(© Stefan Höhnel)


Ei des Taubenschwänzchens (aus Zucht, November 1981)
(© Andreas Ihl)


Larve in Radebeul-Zitzschewig an Galium verum fressend
(© Franziska Bauer)


Larve aus Radebeul-Zitzschewig, an Galium verum fressend
(© Franziska Bauer)


Larve im vorletzten Stadium in Radebeul-Zitzschewig an Galium verum fressend
(© Franziska Bauer)


Larve des Taubenschwänzchens; braune Farbvariante.
(© Bernd-Jürgen Kurze)


Larve des Taubenschwänzchens; hell gestreifte Farbvariante.
(© Bernd-Jürgen Kurze)


Gezogen aus einer Larve, die am 22.07.2013 in Dresden-Kleinzschachwitz gefunden wurde
(© Franziska Bauer)
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