Großer Perlmuttfalter (Speyeria aglaja (Linnaeus, 1758))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 26–30 mm. 

Flügeloberseiten orange mit schwarzen Flecken; vor dem Außenrand eine Reihe Dreiecke, die mit ihren Spitzen nach Innen zeigen; Außenrand dunkel; Fransen schwarz-weiß gescheckt.

Flügelunterseiten orange; Vorderflügel mit schwarzen Flecken; Hinterflügel von der Basis bis zur Mitte meist olivgrün, dann matt orange; Perlmuttflecken mit typischer Anordnung: einige Flecke im basalen Bereich, eine Fleckenreihe in der Mitte sowie am Rand; zwischen diesen beiden Reihen orange, keinerlei Flecke (postdiskal).

Ähnliche Arten: Alle anderen Perlmuttfalter auf der Unterseite der Hinterflügel mit dunklen Punkten vor dem Außenrand im Postdiskalbereich.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: gefährdet
Rote Liste Deutschland: Vorwarnliste (noch ungefährdet)

Merkmale

Oberseits zeichnen sich die Falter durch eine schwarze Umrandung mit anschließender Zackenbinde an den Außenkanten der Flügel aus. Diese Zeichnungselemente besitzen ebenfalls der Feurige und Mittlere Perlmuttfalter (Fabriciana adippe, Fabriciana niobe).
In der Basis der Hinterflügelunterseite weist der Große Perlmuttfalter eine auffällige grünliche Färbung auf, die sich teilweise am äußeren Flügelrand fortsetzt.
Weibchen in der Regel etwas größer, oberseits das Orange etwas bräunlicher, die schwarzen Flecken tendenziell etwas größer und oft mit hellen Flecken zwischen dem dunklen Flügelrand und der Zackenbinde.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des Großen Perlmuttfalters erstreckt sich über Europa und die gemäßigten Breiten Asiens bis nach Japan und China. Auf den Mittelmeerinseln und in Nordafrika mit Ausnahme von Sizilien und Marokko fehlt die Art (Ebert & Rennwald 1993; Nuß 1998).
In Sachsen ergibt sich eine Konzentration der aktuellen Funde in den Wald- und Heidegebieten des Tieflandes (Dübener Heide, Königsbrück-Ruhländer Heiden, Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet) sowie in den Kammlagen des Erzgebirges. Aus den landwirtschaftlich stark genutzten und strukturarmen Gebieten stammen vor allem historische Funde (Reinhardt et al. 2007).

Lebensweise

Der Große Perlmuttfalter bildet eine Generation, deren Falter je nach Witterung und Höhenlage ab der dritten Dekade im Juni bis Ende August fliegen (Reinhardt et al. 2007). Diese ausgedehnte Flugzeit begründet sich mit der langen Lebensdauer der Falter, was besonders auf die Weibchen zutrifft (Fartmann 2004; Zimmermann et al. 2009). Bei der Nahrungsaufnahme bevorzugt die Art rote oder violett blühende Korbblütler (Asteraceae) wie beispielsweise Distel- und Flockenblumenarten (Cirsium spec., Centaurea spec.), wobei ebenfalls Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), Heilziest (Betonica officinalis), Herbst-Löwenzahn (Leontodon autumnalis), Nelkenarten (Dianthus spec.), Klee (Trifolium spec.) und Brombeere (Rubus fructicosus agg.) genutzt werden (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007; Zimmermann et al. 2009).
Bei den Faltern handelt es sich um starke und schnelle Flieger, die unter Umständen zwischen drei bis zehn Kilometer überwinden (Zimmermannn et al. 2009). Zur Partnerfindung patrouillieren die Männchen in den Lebensräumen und suchen aktiv nach Weibchen (Zimmermann et al. 2009). Die Eiablage findet einzeln und nicht unbedingt an Veilchenarten (Viola spec.), die den Larven als Wirtspflanze dienen, statt (Fartmann 2004; Zimmermann et al. 2009). Dabei existieren noch Unklarheiten, welche Strukturen die Falter in der Umgebung der Wirtspflanze oder des Eiablageplatzes bevorzugen (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007). In Sachsen gelten vor allem Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor) und Hunds-Veilchen (Viola canina) als Wirtspflanze der Larven. Settele et al. (2009) geben je nach Lebensraum in Kalkgebieten Rauhaariges Veilchen (Viola hirta), in bodensauren Magerrasen Hunds-Veilchen (Viola canina), in Wäldern Waldveilchen (Viola reichenbachiana) und in Mooren Sumpfveilchen (Viola palustris) an. Fartmann (2004) schätzt die Larven des Großen Perlmuttfalters als wenig wählerisch bei der Auswahl der Veilchenarten (Viola spec.) als Futterpflanzen ein. Nach Zimmermann et al. (2009) fressen die Larven ebenfalls Wiesen-Knöterich (Polygonum bistorta). Im halberwachsenen Zustand im Mai besitzen die Larven eine schwarze Grundfarbe mit silbrig weißen Längsstreifen auf dem Rücken (Weidemann 1988). Dagegen weist die ausgewachsene Larve auf ihrer schwarzen Grundfarbe an den Seiten rote Fleckenreihen auf (Weidemann 1988). Die Verpuppung erfolgt als Stürzpuppe in einer Höhle aus Moos unter Graspolstern (Weidemann 1988). Nach Fartmann (2004) lebt der Große Perlmuttfalter in einem Metapopulationssystem.

Die Individualentwicklung verläuft nach einer Beobachtung von Matthias Hartung in den Jahren 2014–2015 wie folgend beschrieben (siehe auch die dazugehörigen Fotos). Die Eiablage erfolgte am 6.8.2014 an abgestorbenen Ästen und am Duftveilchen (Viola odorata), der Nahrungspflanze der Raupen. Am 18.8.2014 schlüpften die Räupchen aus ihren Eiern. Sie nahmen bis zur Diapause keine Nahrung auf und wurden am 30.8.2014 in eine Klimabox gebracht. Am 18.1.2015 wurde die Überwinterung unterbrochen und die Raupen an Zimmertemperatur gewöhnt. Am 24.1.2015 konnte die erste Nahrungsaufnahme beobachtet werden. Am 1.2.2015 häutete sich das erste mal eine kleine Raupe. Sie frisst auch am Tag, eine weitere Häutung erfolgte am 9.3.2015. Die Jungraupen legten zusätzlich zu den Häutungspausen auch immer wieder längere Fresspausen von 4-5 Tagen ein. Die ausgewachsene Raupe ruhte gerne am Boden und nutzte nur selten die im Käfig eingestellten Äste. Wird die Raupe gestört, zieht sie sich zusammen und vibriert stark. Am 23.3.2015 verpuppte sich die Raupe als Stürzpuppe am Käfigdeckel in einem zusätzlich angefertigten Gespinst. Der gesamte Verpuppungsvorgang dauerte über 3-4 Tagen. Im Gegensatz dazu  dauerte der Vorgang bei Argynnis paphia nur einen Tag. Es scheint, als hätte die Puppe des Großen Perlmuttfalters ein dünnes Außenskelet. Vielleicht fertigte die raupe deshalb ein Gespinst für die Puppe an. Bei Störungen reagiert die Puppe mit starken Bewegungen.

Lebensräume

In Sachsen besiedelt der Große Perlmuttfalter nährstoffarme bis nährstoffreiche Lebensraumkomplexe frischer bis feuchter Standorte, wobei besonders Saumstrukturen eine Bevorzugung erfahren. Zu den möglichen Lebensräumen gehören Bergwiesen, Sumpfwiesen, Feuchtwiesen, Waldränder, lichte Nadelwälder, Fichtenschonungen mit Blütenpflanzen, Waldwiesen in und an Kiefernwäldern und Ränder von Moorkomplexen sowie Heiden (Reinhardt et al. 2007).  

Bestandssituation

Trotz mehrfacher Schwankungen ist die langfristige Bestandsentwicklung hinsichtlich der Fundorte und Individuendichte des Großen Perlmuttfalters in Sachsen eher negativ einzuschätzen (Reinhardt et al. 2007). Zu den gefährdenden Faktoren zählen der Verlust von Lebensräumen durch Bebauung oder Aufforstung, der Abdrift von Chemikalien aus der Landwirtschaft, die Zerstörung von Saumbereichen sowie die Intensivierung der Grünlandwirtschaft (Reinhardt et al. 2007). Für gezielte Schutzmaßnahmen sind bessere Kenntnisse über die Lebensräume der Larven nötig (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007).

Literatur

  • Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter I. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 552 S.
  • Nuß, M. 1998: Deutsche Übersetzung und fachliche Überarbeitung. – T. Tolman & R. Lewington, Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. – Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart. 319 S.
  • Fartmann, T. 2004: Die Schmetterlingsgemeinschaften der Halbtrockenrasen-Komplexe des Diemeltals. Biozönologie von Tagfaltern und Widderchen in einer alten Hudelandschaft. – Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde 66 (1): 1–256.
  • Reinhardt, R., Sbieschne, H., Settele, J., Fischer, U. & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.): Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11, Dresden. 695 S.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R., Feldmann, R. & G. Hermann (Hrsg.) 2009: Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands. 2. Aufl. – Ulmer, Stuttgart. 256 S.
  • Weidemann, H.-J. 1988: Tagfalter. Band 2 Biologie - Ökologie - Biotopschutz. – Neumann-Neudamm, Melsungen. 372 S.
  • Zimmermann, K., Konvicka, M., Fric, Z. & V. Čihakova 2009: Demography of a common butterfly on humid grasslands: Argynnis aglaja (Lepidoptera: Nymphalidae) studied by mark-recapture. – Polish Journal of Ecology 57 (4): 715-727.

Links

Autor(-en): Susanne Kurze, Matthias Hartung, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 04.08.2021

Großer Perlmuttfalter an den Nixenteichen in Kromlau, Ende Juni 2019
(© Peter Diehl)


Weibchen des Großen Perlmuttfalters vom 27.07.2011 aus Zinnwald-Georgenfeld, auf dem Weg zum Hochmoor
(© Eva-Maria Bäßler)


Im NSG "Am Galgenteich" bei Altenberg fanden wir am 17.07.2015 diese Großen Perlmutterfalter
(© Karin Brümmer)


Großer Perlmuttfalter an den Nixenteichen in Kromlau, Mitte Juni 2018
(© Peter Diehl)


Ei vom Großen Perlmutterfalter am 8.8.2014 bei Jägersgrün an Duftveilchen (Viola odorata)abgelegt.
(© Matthias Hartung)


Erwachsene Raupe des Großen Perlmutterfalters. Studioaufnahme vom 11.3.2015. (ex ovo Zucht, Ei vom 8.8.2014)
(© Matthias Hartung)


Puppe des Großen Perlmutterfalters. Studioaufnahme vom 24.3.2015. (ex ovo Zucht, Ei vom 8.8.2014).
(© Matthias Hartung)
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