Diagnose
Vorderflügellänge 23–25 mm.
Flügeloberseiten orange mit schwarzen Flecken; Männchen auf den Vorderflügeloberseiten mit deutlichen, länglichen, schwarz glänzenden Duftschuppenstreifen entlang der Flügeladern; beim Weibchen die schwarzen Zeichnungselemente überwiegend rundlich; manche Weibchen mit brauner anstatt oranger Grundfarbe.
Flügelunterseiten: Vorderflügel des Männchens orange mit schwarzen Flecken, des Weibchens orange oder braun mit schwarzen Flecken sowie olivgrünem Grundton in der Flügelspitze; Hinterflügel olivgrün, mit perlmuttfarbenen Längsstreifen und schwach durchscheinenden Flecken.
Ähnliche Arten: Andere Perlmuttfalter mit rundlichen Perlmuttflecken.
Gesetzlicher Schutz und Rote Liste
Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: ungefährdet
Rote Liste Deutschland: ungefährdet
Synonyme
Argynnis paphia f. valesina (Esper) – nomenklatorisch nicht verfügbarer Name für die braune Weibchenform des Kaisermantels.
Merkmale
Die ausgewachsene Larve ist auf dem Rücken schwarz mit zwei gelben Längsstreifen, seitlich braun mit schwarzen Flecken und die einzelnen Segmente tragen auf dem Rücken und seitlich stachelartige Auswüchse.
Die gezackte Stürzpuppe ist hellbraun, rotbraun oder schwarzbraun mit Gold glänzenden Dornen.
Verbreitung
Von Irland, Großbritannien, Skandinavien und Finnland südlich bis zur Iberischen Halbinsel, Balearen, Sardinien, Sizilien und Kreta sowie östlich über die gemäßigten Klimabereiche bis nach Japan (GBIF; PESI).
Lebensweise
Die Falter fliegen in Sachsen von Ende Juni bis Anfang September. Sie saugen Nektar an den Blüten von Brombeere (Rubus fructicosus agg.), Flockenblumen (Centaurea sp.), Kratzdisteln (Cirsium sp.), Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), Sommerflieder (Buddleja davidii), Bärenklau (Heracleum spondylium) und Linde (Tilia sp.) (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007). Die Männchen besetzen keine örtlich begrenzten Reviere, suchen aber in einem typischen Zickzackflug entlang sonnenbeschienener Waldränder und -wege aktiv nach Weibchen (Ebert & Rennwald 1993).
Nahrungspflanzen der Larven sind verschiedene Veilchenarten (Viola sp.), unter anderem Waldveilchen (Viola reichenbachiana), Wildes Stiefmütterchen (Viola tricolor), Rauhaariges Veilchen (Viola hirta) und Wohlriechendes Veilchen (Viola odorata) (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007). Die Eiablage erfolgt nicht an die Nahrungspflanze der Larven, sondern vor allem an Nadelbäumen wie Lärchen (Larix sp.) und Kiefern (Pinus sp.) in der Nähe des Waldsaumes (Reinhardt et al. 2007). Vor der Eiablage zeigen die Weibchen ein sehr charakteristisches Verhalten, wobei sie sich zunächst aus der Wipfelregion auf einen sonnenbeschienen Fleck am Waldboden 'fallen' lassen und sich anschließend sonnen. Im Anschluss untersuchen die Falter die Umgebung zu Fuß nach Veilchen (Viola sp.) und betrommeln die Blätter mit ihren Putzpfoten. Erst wenn diese Suche erfolgreich verlief, fliegt das Weibchen den nächsten Baumstamm an und legt dort das Ei versteckt in die Borke (Ebert & Rennwald 1993). Im Herbst schlüpfen die Larven, überwintern in den Rindenritzen ohne Nahrung aufzunehmen und wandern im Frühling zu den im Waldsaum stehenden Nahrungspflanzen (Weidemann 1988).
Individualentwicklung, beobachtet von Matthias Hartung in den Jahren 2014–2015 (siehe auch die dazugehörigen Fotos): Die Weibchen legten ihre Eier im August 2014 an Totholz und dürren Pflanzenteilen ab. 10 Tage später schlüpften die L1-Larven. Sie nahmen, obwohl Nahrungspflanzen vorhanden waren, bis zur Diapause keine Nahrung auf. Am 14.9. wurden die Tiere in eine Klimabox gebracht und langsam bis auf 6°C heruntergekühlt. Die Diapause der ersten Larve wurde am 18.1.2015 beendet, indem sie aus der Klimabox entnommen und die Umgebungstemperatur langsam auf 16–18°C erhöht wurde. Die Nahrungsaufnahme begann am 27.1. Die Larven fraßen am Rauen Veilchen nachts und tags. Häutungen zur L2 erfolgten vom 7.2. bis 26.2.2015. Die ausgewachsene Larve hatte eine Länge von 45 mm, ruhte an dürren Ästen, die in den Käfig gestellt wurden (zu Beginn fehlten die Äste in den Käfigen und die Larven liefen endlos umher; nach dem Einstellen der Äste wurden diese sofort aufgesucht und die Larven kamen zur Ruhe). Die Phasen zwischen den Häutungen sind kurz, nachdem die Larven eine Größe von 10 mm erreicht haben, wachsen sie schnell. Im letzten Stadium frisst eine Larve täglich bis zu vier große Veilchenblätter. Am 9.3.2015 verpuppte sich die erste Larve.
Lebensräume
Besonnte, blütenreiche Waldränder und -wege, Lichtungen, Kahlschläge sowie Schneisen in Nadel-, Laub-, und Mischwäldern. In der Nähe von Wäldern auf Streuobstwiesen, Magerrasen, Mooren, an Straßenrändern und Bachufern. Im Siedlungsbereich in baum- und blütenreichen Grün- und Parkanlagen sowie auf Friedhöfen (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007).
Bestandssituation
In Sachsen kommt der Kaisermantel in allen Regionen und Naturräumen bis in die Kammlagen des Erzgebirges vor. Nur Gebiete mit einem geringen Waldanteil, wie die intensiv landwirtschaftlich genutzten Lössgefilde, werden gemieden. Die Bestandsentwicklung zeigt kurzfristige Fluktuationen, gilt langfristig aber als stabil (Reinhardt et al. 2007).
Literatur
- Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter I. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 552 S.
- Reinhardt, R. 2007: Rote Liste Tagfalter Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.). 29. S.
- Reinhardt, R. & R. Bolz, unter Mitarbeit von S. Caspari, J. Gelbrecht, S. Hafner, J. Händel, A. Haslberger, G. Hermann, A. Hofmann, K.-H. Jelinek, D. Kolligs, A. C. Lange, J.-U. Meineke, A. Nunner, A. Schmidt, R. Thust, R. Ulrich, V. Wachlin und weiteren Spezialisten 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. S. 165–194. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg.
- Reinhardt, R., H. Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden Beiheft 11: 1–695, 1–48.
- Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
- Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R., Feldmann, R. & G. Hermann 2009 (2. Aufl.): Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands. – Ulmer, Stuttgart. 256 S.
- Tolman, T. & R. Lewington 1998: Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart. 319 S., 104 Tafeln. (Übersetzung und fachliche Bearbeitung der 1. Aufl. von M. Nuss; 2. Aufl. 2012 von Heidrun Melzer).
- Weidemann, H.-J. 1988: Tagfalter. Band 2 Biologie - Ökologie - Biotopschutz. – Neumann-Neudamm, Melsungen. 372 S.
Links
Autor(-en): Susanne Kurze, Matthias Nuß, Matthias Hartung. Letzte Änderung am 02.07.2022
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bei Reitzenhain, 14.08.2019
(© Wolfgang Dietrich)
Oranges Weibchen des Kaisermantels. Oelsnitz/Erzgebirge, Bürgerpark, Ende Juli 2021
(© Katrin Schniebs)
Oranges Weibchen des Kaisermantels. Oelsnitz/Erzgebirge, Bürgerpark, Ende Juli 2021 (© Katrin Schniebs)( Bild vergrößern)
Braunes Weibchen des Kaisermantels am 10.08.2014 im Tharandter Wald
(© Lothar Brümmer)
Braunes Weibchen des Kaisermantels am 10.08.2014 im Tharandter Wald (© Lothar Brümmer)( Bild vergrößern)
Kaisermantel. Zu sehen ist die grüne Unterseite des Hinterflügels. Großteich Deutschbaselitz, Juli 2014
(© Peter Diehl)
Kaisermantel. Zu sehen ist die grüne Unterseite des Hinterflügels. Großteich Deutschbaselitz, Juli 2014 (© Peter Diehl)( Bild vergrößern)
Kopula. Waldweg Nähe Hermannshagen-Heide, Landkreis Nordvorpommern-Rügen, Juli 2017
(© Martin Feike)
Kopula. Waldweg Nähe Hermannshagen-Heide, Landkreis Nordvorpommern-Rügen, Juli 2017 (© Martin Feike)( Bild vergrößern)
Ei des Kaisermantels, abgelegt am 31.8.2014 an Viola bei Kössen (Österreich)
(© Matthias Hartung)
Ei des Kaisermantels, abgelegt am 31.8.2014 an Viola bei Kössen (Österreich) (© Matthias Hartung)( Bild vergrößern)
Erwachsene Raupe des Kaisermantels. Studioaufnahme am 2.3.2015. Als Nahrungspflanze wurde Raues Veilchen ( Viola hirta) gegeben. Ex ovo Zucht (Ei vom 31.8.2014 an Viola bei Kössen, Österreich)
(© Matthias Hartung)
Erwachsene Raupe des Kaisermantels. Studioaufnahme am 2.3.2015. Als Nahrungspflanze wurde Raues Veilchen ( Viola hirta) gegeben. Ex ovo Zucht (Ei vom 31.8.2014 an Viola bei Kössen, Österreich) (© Matthias Hartung)( Bild vergrößern)
Puppe des Kaisermantels. Studioaufnahme am 9.3.2015. Ex ovo Zucht (Ei vom 31.8.2014 an Viola bei Kössen, Österreich)
(© Matthias Hartung)
Puppe des Kaisermantels. Studioaufnahme am 9.3.2015. Ex ovo Zucht (Ei vom 31.8.2014 an Viola bei Kössen, Österreich) (© Matthias Hartung)( Bild vergrößern)
Larve des Kaisermantels am 19.05.2013 im Spitzgrund in Coswig
(© Eva-Maria Bäßler)
Larve des Kaisermantels am 19.05.2013 im Spitzgrund in Coswig (© Eva-Maria Bäßler)( Bild vergrößern)
Weibchen des Kaisermantels in Zinnwald am 3.08.2006 am Aschergraben auf Distelblüten
(© Stefan Höhnel)
Weibchen des Kaisermantels in Zinnwald am 3.08.2006 am Aschergraben auf Distelblüten (© Stefan Höhnel)( Bild vergrößern)
Argynnis paphia f. valesina, NSG Ruhmberg/Parthe, August 2022
(© Tilmann Adler)
Argynnis paphia f. valesina, NSG Ruhmberg/Parthe, August 2022 (© Tilmann Adler)( Bild vergrößern)
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