Segelfalter (Iphiclides podalirius (Linnaeus, 1758))

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Diagnose

Vorderflügellänge: 32–45 mm.

Flügeloberseiten weißgelb, mit langen schwarzen Querlinien, die sich von vorn nach hinten verjüngen. Hinterflügel mit deutlicher, schwanzartiger Verlängerung.

Flügelunterseiten etwas blasser gefärbt.

Ähnliche Art: Der Schwalbenschwanz Papilio machaon am Vorderflügel-Vorderrand mit schwarzen Flecken, die Flügeladern schwarz und vor den Flügelrändern ein schwarze bzw. blaue Fleckenreihe.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: stark gefährdet
Rote Liste Deutschland: gefährdet

Merkmale

Vorderflügellänge 32–45 mm. Männchen und Weibchen mit gleicher Zeichnung. Die Weibchen sind etwas größer als die Männchen. Die Grundfarbe der Flügel ist hellgelb. Über die Flügel verlaufen schwarze Querbinden, die sich von vorn nach hinten verjüngen. Die Hinterflügel am Außenrand mit hellblauen, halbmondförmigen Flecken, einem orangefarbenen Fleck am Innenrand sowie hinten jeweils mit einem schwanzartigen Fortsatz.
Die Sommergeneration ist heller gefärbt als die Frühjahrgeneration.
In Deutschland nur mit dem Schwalbenschwanz Papilio machaon zu verwechseln, dessen Vorderflügel nicht die sich von vorn nach hinten verjüngenden schwarzen Querbinden und am Außenrand gelben Flecken zwischen den Adern aufweisen (beim Segelfalter befindet sich dort eine durchgehende gelbe Linie).

Die Larven sind im ersten Larvalstadium schwarz mit zwei gelbgrünen Flecken auf dem Rücken und zwei borstigen Auswüchsen auf jedem Segment; in den folgenden Stadien grün mit weißer Seitenlinie direkt oberhalb der Beine; Brustsegmente wirken aufgebläht, zum Hinterende hin abgeflacht; auf jedem Segment vier winzige orange-/pinkfarbene Punkte. Bei Gefahr kann sie ähnlich der Schwalbenschwanzraupe eine orangefarbene Nackengabel (Osmaterium) ausstülpen. Dabei handelt es sich um ein gabelförmiges Organ auf dem ersten Thoraxsegment direkt hinter dem Kopf, das bei Gefahrenabwehr ausgestülpt wird und einen unangenehmen Geruch verströmt). Die Larven sind mit ihrer äußeren Gestalt hervorragend an ihre Nahrungspflanze angepasst.

Die Raupen verpuppen sich zu einer grünen oder hellbraunen Gürtelpuppe.

Verbreitung

Iphiclides podalirius besiedelt Mittel- und Südeuropa (nördlich bis etwa zum 54. Breitengrad) und kommt in Nordafrika vor. Nach Osten reicht das Verbreitungsgebiet bis nach Westchina (Tolman & Lewington 1998).

Lebensweise

Die Falter fliegen in zwei Generationen. Die erste Generation fliegt ab Anfang Mai. Der Beginn der Flugzeit ist an warme Witterungsperioden im Mai gekoppelt und kann jahrweise um bis zu 14 Tagen variieren. Die zweite Generation beginnt im Juli, einzelne Falter kann man bis zum September beobachten. Die Weibchen legen ihre Eier in der Regel sowohl auf der Blattober- als auch -unterseite ab. Das frisch abgelegte Ei ist reinweiß und besitzt keine mit dem bloßen Auge erkennbaren Strukturen. Die Raupen sitzen stets sonnenexponiert auf einem flächigen, weißen Gespinst auf der Blattoberseite, das sie nur vorübergehend zum Fressen verlassen. Sie leben solitär und sind recht territorial. Wandern sie von ihrem Ruhegespinst zu Futterstellen, versehen sie ihren Pfad mit Seidenfäden und markieren ihn mit einer flüchtigen Substanz. Somit sind sie in der Lage, ihre eigene Spur von der anderer Artgenossen zu unterscheiden.

Die Larven fressen an den Blättern von Kirschen (Prunus) und wurden in Sachsen u.a. an Vogel-Kirsche (P. avium), Sauerkirsche (P. cerasus), Pflaume (P. domestica), Steinweichsel (P. mahaleb), Pfirsich (P. persica), Spätblühender Traubenkirsche (P. serotina) und Schlehe (P. spinosa) gefunden (Reinhardt et al. 2007).

Die Verpuppung erfolgt an der Nahrungspflanze, oft an der Rückseite von Blättern. Die Subitanpuppe (= Puppe, die nicht überwintert, sondern sich ohne Pause gleich zum Falter entwickelt) ist grün. Raupen, die aus der Hochsommergeneration hervorgehen, tragen ab einem der mittleren Larvalstadien weinrote Punkte auf dem Rücken, die erkennen lassen, dass sie als Puppe überwintern werden. Vor der Verpuppung verfärben sie sich dann gelblich, wandern von ihrer Nahrungspflanze ab und überwintern als braune Latenzpuppe (= Puppe, die eine bestimmte Jahreszeit, bei dieser Art den Winter, überdauert) in niedriger Vegetation.

Lebensräume

Der Segelfalter besiedelt in Sachsen wärmebegünstigte Lebensräume, wie beispielsweise südexponierte Schlehenhecken, Gebüschränder und extensiv bewirtschaftete Obstwiesen und Weinberge. Falter werden auch weitab von diesen Standorten gefunden.
Seit etwa 30 Jahren entwickelt sich die Art auch auf den Rekultivierungsflächen des Braunkohlebergbaus in der Lausitz. Als Larvalhabitat dienen dort kümmernde Büsche von Prunus serotina auf offenen Sandflächen (Landeck et al. 2000).

Bestandssituation und Schutzstatus

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Segelfalter in Sachsen eine ‘verbreitet’ vorkommende Art (Möbius 1905). Zahlreiche historische Vorkommen sind im Verlauf des 20. Jahrhunderts erloschen (Reinhardt et al. 2007). Von 1990 bis 2010 konzentrierten sich die Nachweise auf zwei getrennte Gebiete im Elbtal und in der nördlichen Oberlausitz. Rezent hat sich der Segelfalter wieder ausgebreitet, so dass ein kontinuierliches Vorkommen von Nordwest-Sachsen bis zur nordöstlichen Lausitz sowie über die Dresdner Elbtalweitung bis ins Osterzgebirge besteht.

Rote Liste Sachsen (Reinhardt 2007): stark gefährdet. Rote Liste Deutschland (Reinhardt & Bolz 2012): gefährdet. Schutzstatus: besonders geschützt (BArtSchV Anlage 1 Spalte 2; BNatSchG § 7 Abs. 2 Nr. 13).

Literatur

  • Bembenek, H. 1978: Der Segelfalter in Sachsen. – Naturschutz und naturkundliche Heimatforschung in Sachsen, Berlin 20: 39–42.    
  • Ebert, G. & E. Rennwald 1991: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1, Tagfalter I+II. – Ulmer, Stuttgart. 552 +535 S.
  • Koch, M. 1984: Wir bestimmen Schmetterlinge. – Neumann Verlag, Leipzig & Radebeul. 792 S.
  • Landeck, I., T. Wiesner & K.-U. Heinzel 2000: Eine neue Raupennahrungspflanze des Segelfalters (Iphiclides podalirius L.) (Lep., Papilionidae) - die Spätblühende Traubenkirsche (Padus serotina Ehrh.). – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden 44: 183–187.
  • Möbius, E. T. A. 1905: Die Grossschmetterlings-Fauna des Königreiches Sachsen. – Deutsche entomologische Zeitschrift Iris, Dresden 18 (1): i–xxi, [i]–[xi], 1–235, Taf. 1–2.
  • Reinhardt, R. 2007: Rote Liste Tagfalter Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.). 29. S.  
  • Reinhardt, R. & R. Bolz, unter Mitarbeit von S. Caspari, J. Gelbrecht, S. Hafner, J. Händel, A. Haslberger, G. Hermann, A. Hofmann, K.-H. Jelinek, D. Kolligs, A. C. Lange, J.-U. Meineke, A. Nunner, A. Schmidt, R. Thust, R. Ulrich, V. Wachlin und weiteren Spezialisten 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. S. 165–194. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg.
  • Reinhardt, R., H. Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Dresden Beiheft 11: 1–695, 1–48.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands – Ein Handbuch für Freilandökologen, Umweltplaner und Naturschützer. – Ulmer-Verlag, Stuttgart. 452 S.
  • Tolman, T. & R. Lewington 1998: Die Tagfalter Europas und Nordwestafrikas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart. 319 S., 104 Tafeln. (Übersetzung und fachliche Bearbeitung der 1. Aufl. von M. Nuss; 2. Aufl. 2012 von Heidrun Melzer).
  • Weidemann, H.-J. 1995 (2., überbearb. Aufl.): Tagfalter: beobachten, bestimmen. – Naturbuch-Verlag, Augsburg. 659 S.
  • Weyh, R. & U. Maschwitz 1982: Individual trail marking by larvae of the scarce swallowtail Iphiclides podalirius L. (Lepidoptera; Papilionidae). – Oecologia 52 (3): 415–416.

Links

der Segelfalter im Lepiforum
der Segelfalter in Wikipedia

Autor(-en): Matthias Nuß, Franziska Bauer. Letzte Änderung am 01.05.2020

Segelfalter am 26.5.2012 in Radebeul-Zitzschewig
(© Eva-Maria Bäßler)


Segelfalter auf Sommerwiese nahe Frauenteich, Berbisdorf, 15.08.2013
(© Thomas Naundorf)


Ei auf der Blattoberseite von Prunus spinosa, gefunden am 18.08.2013 in Radebeul-Zitzschewig
(© Franziska Bauer)


Die L1-Larve hat eine mimetische Vogelkotzeichnung. Gefunden am 18.08.2013 in Radebeul-Zitzschewig auf Prunus spinosa.
(© Franziska Bauer)


Die L2-Larve ist wie in allen folgenden Larvenstadien durch ihre grüne Farbe und die dezente Zeichnung perfekt an die Blätter ihrer Nahrungspflanze angepasst. Gefunden am 18.08.2013 in Radebeul-Zitzschewig auf Prunus spinosa.
(© Franziska Bauer)


Nahezu ausgewachsene, an Prunus mahaleb fressende Larve, die aus der ersten Faltergeneration hervorgegangen ist; am 21.07.2013 Juli in Radebeul-Zitzschewig
(© Franziska Bauer)


Segelfalter (Iphiclides podalirius (Linnaeus, 1758)) Raupe auf Kirschblatt, Dresden, 18.06.2018
(© Stefan Uhlig)


Raupe mit ausgestülptem Osmaterium; gefunden in La Morra (Italien) am 01.08.2008 an Prunus armeniaca.
(© Franziska Bauer)


Verpuppungsbereite Raupe des Segelfalters am 11.8.2009 in Radebeul-Zitzschewig, Rietzschkegrund
(© Eva-Maria Bäßler)


Praepupa an Prunus avium am 01.07.2007 in Radebeul-Zitzschewig
(© Franziska Bauer)


Iphiclides podalirius-Puppe Mitte Juli 2016 in Radbeul
(© Franziska Bauer)


Leere Puppenhülle (Exuvie) an Prunus spinosa am 18.08.2013 in Radebeul-Zitzschewig. Aus dieser Puppe ist ein Falter geschlüpft, der die zweite Generation bildet. Die Exuvie ist von einem Raupengespinst der Gespinstmotte Scythropia crataegella (Yponomeutidae) umgeben.
(© Franziska Bauer)
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