Kopf mit langen Geißelantennen, großen, dorsal gelegenen Facettenaugen, die sich auf der Mitte des Kopfes berühren sowie auffälligen, siebengliedrigen Maxillarpalpen.
Thorax: Primär flügellose Insekten.
Hinterleibsende mit einem Paar Cerci und einem Terminalfilum.
Ähnliche Insekten: Den in der äußeren Gestalt ähnlichen Diplura fehlen Augen, die Mundwerkzeuge liegen in einer Kiefertasche verborgen und ein Terminalfilum fehlt. Die ähnlicheren Zygentoma unterscheiden sich von den Archaeognatha vor allem durch den abgeflachten Körper, kleinere, fünfgliedrige Maxillarpalpen, dafür aber auffälligere, viergliedrige Labialpalpen und kürzere Antennen.
Nomenklatur
Archaeognatha Börner, 1904 (3. Mai)
= Microcoryphia Verhoeff, 1904 (22. April)
Sturm & Machida (2001: 6–7) empfehlen die Verwendung des Namens Archaeognatha, weil es zum einen keine obligatorische Regel für eine prioritäre Verwendung des älteren Namens oberhalb der Familiegruppen gibt, und zum anderen Archaeognatha der häufiger verwendete und damit geläufigere Name ist.
Merkmale
Körperlänge (ohne Anhänge): 9–18 mm, Machilis ingens Bitsch, 1966 aus Frankreich erreicht eine Körperlänge von 23 mm.
Körper von Schuppen bedeckt (Artunterscheidung !), die als Mechanorezeptoren fungieren.
Kopf. Die großen Facettenaugen liegen dorsal und berühren sich auf der Mitte des Kopfes (Autapomorphie). Die langen Geißelantennen mit etwa 250 Gliedern inserieren unterhalb der Komplexaugen, hinter letzteren befinden sich drei
Ocellen. Die langen, siebengliedrigen Maxillartaster (höchste Anzahl bei Insecta) können mit Beinen verwechselt werden. Die Labialpalpen sind kurz und dreigliedrig. Die Mandibeln sind
dicondyl (Blanke et al. 2014).
Die Mundwerkzeuge liegen außen (Ectognatha).
Thorax. Primär flügellos. Meso- und Metathorax mit je einem Paar Stigmen.
Coxen der (Mittel- und) Hinterbeine mit Styli,
Tarsen 2- bis 3-gliedrig,
Prätarsus mit 2 Klauen. Die Beine können an einer präformierten Stelle zwischen zweigliedrigem Trochanter und Femur
abbrechen (Autotomie).
Verlorene Extremitäten können imVerlauf mehrerer Häutungen wiederersetzt werden.
Abdomen. Sternite A2–A9 mit je einem Paar, mit Muskeln versorgten Styli; die langen Styli der Genitalsegmente beteiligen sich am Sprung der Tiere sowie beim Abstreifen der alten Kutikula nach der Häutung.
A1(2)–7 mit je 1–2 Paar ausstülpbaren Coxalbläschen.
A2–A8 mit je einem Paar Stigmen.
A11 mit Cerci und (längerem) Terminalfilum.
Genitalanhänge der Weibchen: A8 mit paarigen Gonapophysen, A9 mit paarigen medialen und lateralen Gonapophysen (letztere: Valvifer und Stylus); posterior mit Sinnesborsten und manchmal mit Grabklauen versehen (Ovipositor);
Männchen mit kurzen, gegliederten Gonopoden, einem Penisrohr und paarigen Parameren.
Diversität und Verbreitung
480 Arten weltweit.
Archaeognatha sind weltweit verbreitet, fehlen aber in subarktischen und arktischen sowie subantarktischen und antarktischen Regionen (Sturm & Machida 2001).
Stammengeschichte und Klassifikation
Die ältesten apterygoten und ectognathen Insekten, welche ähnlich zu rezenten Arachaeognaten sind, stammen aus dem Unteren und Mittleren Devon Nordamerikas. Der älteste fossile Nachweis einer apterygoten Hexapode mit einem Terminalfilum stammt aus dem Oberen Karbon aus Frankreich. Das älteste, sicher den Arachaeognata zuordenbare Fossil stammt aus der Trias des südlichen Uralgebirges: Triassomachilis uralensis Sharov, 1948. Es zeigt die charakteristische Aufwölbung des Thorax, die Styli der abdominalen Sternocoxite sowie drei terminale Anhänge. Allerdings zeigt das Fossil schwach entwickelte Maxillarpalpen und die Augen sind dorsal voneinander entfernt, weshalb für dieses Taxon die Überfamilie Triassomachiloidea Sturm & Bach, 1993 innerhalb der Archaeognatha beschrieben wurde (Sturm & Machida 2001). Aus dem Baltischen (Eozän) und Dominikanischem Bernstein (Miozän) wurden mehrere Arten der Archaeognatha beschrieben.
Innerhalb der rezenten Archaeognatha werden zwei Familien unterschieden:
Meinertellidae: 19 Gattungen mit 170 Arten, Antennen, Beine und abdominale Styli nicht beschuppt
Machilidae: 42 Gattungen mit 310 Arten, Antennen, Beine und abdominale Styli beschuppt.
Lebensweise
Archaeognatha leben in Steinhaufen und auf Geröll. Einige Arten kommen nur in der felsigen Spritzwasserzone der Meeresküsten vor, andere im Gebirge.
Sie besitzen ein ausgeprägtes Sprungvermögen. Unter Buckelbildung wird der Körper mit Beinen, Cerci, Terminalfilum und dem letzten Styli-Paar abgestoßen.
Bei der Paarung erfolgt die Samenübertragung indirekt. Das Männchen stellt einen Spinnfaden her, an den es 1–5 Spermatropfen anbringt und trommelt mit den Maxillarpalpen auf den Boden, um ein Weibchen anzulocken. Dieses nimmt die Spermatropfen über die Geschlechtsöffnung am Abdominalsegment 8 auf. Im Detail variiert dieses Paarungsverhalten zwischen den Arten.
Die Eier werden vom Weibchen mit dem gut entwickeltemOvipositor an Substrat (Boden,Pflanzen) geklebt. Die Tiere sind nach 9–10 Häutungen geschlechtsreif und machen danach 15–20 weitere Häutungen durch.Die Gesamtlebensdauer eines Individuums beträgt 2–5 Jahre.
Literatur
- Blanke, A., R. Machida, N. U. Szucsich, F. Wilde & B. Misof 2015: Mandibles with two joints evolved much earlier in the history of insects: dicondyly is a synapomorphy of bristletails, silverfish and winged insects. – Systematic Entomology 40: 357–364.
- Birket-Smith, J. R. 1974. On the abdominal morphology of Thysanura (Archaeognatha and Thysanura s. str.). – Entomologica Scandinavica, Suppl. 6: 5–67.
- Dunger, W. 2003: Archaeognatha (Microcoryphia), Felsenspringer. S. 97–101. – In: H. H. Dathe, Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band 1: Wirbellose Tiere. 5. Teil: Insecta. – Spektrum Akademischer Verlag und Gustav Fischer Verlag Jena.
- Goldbach, B. 2000. The evolutionary changes in the reproductive biology of the Archaeognatha (Insecta). – Zoologischer Anzeiger 239: 215–229.
- Larink, O. 1997. Aspekte der speziellen Zoologie von Archaeognatha und Zygentoma. – Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Görlitz, 69 (2):
119–134.
- Matushkina, N. A. & K.-D. Klass 2020: Male genitalia of Charimachilis (Insecta: Archaeognatha) and the status of archaeognathan "paleoforms". – Organisms Diversity & Evolution 20: 253–266.
- Meusemann, K. 2013: Wie sind die Urinsekten miteinander verwandt? Die Erforschung der Phylogenie der Urinsekten mittels molekularer Daten. – Koenigiana, Bonn 7 (1): 37–44.
- Montagna, M. 2020: Comment on Phylogenetic analyses with four new Cretaceous bristletails reveal inter‐relationships of Archaeognatha and Gondwana origin of Meinertellidae. – Cladistics 36: 227–231.
- Sturm, H. 1997: Kommentiertes Verzeichnis der Felsenspringer-Arten (Machilidae, Archaeognatha, Insecta) Deutschlands. – Entomologische Mitteilungen aus dem Zoologischen Museum Hamburg 12 (Nr. 155): 123–140.
- Sturm, H. 2001: Verzeichnis der Felsenspringer (Archaeognatha (= Microcoryphia). – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 6: 3–6.
- Sturm, H. & R. Machida 2001: Archaeognatha. – In: N. P. Kristensen & R. G. Beutel, Arthropoda: Insecta. – Handbuch der Zoologie IV (37). – Walter de Gryter, Berlin, New York. 213 S.
- Zhang, W., H. Li, C. Shih, A. Zhang & D. Ren 2018: Phylogenetic analyses with four new Cretaceous bristletails reveal inter‐relationships of Archaeognatha and Gondwana origin of Meinertellidae. – Cladistics 34: 384–406.
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Autor(-en): Matthias Nuß, Christian Schmidt. Letzte Änderung am 21.05.2024