Kleine Rostbinde (Hipparchia statilinus (Hufnagel, 1766))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 25–29 mm.

Flügeloberseiten dunkelbraun, Vorderflügel mit zwei Augenflecken, zwischen denen zwei kleine weiße Punkte liegen; Hinterflügel mit einem kleinen Augenfleck.

Flügelunterseiten hellbraun, Vorderflügel mit einem großen, gelb umringten und einem kleineren Augenfleck; beide Augenflecke nach innen von einem mehr oder weniger deutlichen, dünnen weißen Band begrenzt.

Ähnliche Arten: Die Rostbinde (Hipparchia semele) oberseits mit (gelben und) orangen Flecken, unterseits der Vorderflügel mit ausgedehnter oranger Färbung. Der Kleine Waldportier (AS_Hipparchiahermione) oberseits mit bräunlich weißer Binde, die unterseits kontrastreicher hervortritt.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): streng geschützt
Rote Liste Sachsen: vom Aussterben bedroht
Rote Liste Deutschland: vom Aussterben bedroht

Merkmale

Sowohl auf den Flügelober- als auch Unterseiten dominiert die eisengraue Grundfarbe mit einer leicht bräunlichen Marmorierung die Falter dieser Augen- bzw. Grasfalterart (Satyrinae).
Als ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Rostbinde (Hipparchia semele) gelten die orangefarben eingefassten Augenflecken auf der Vorderflügelunterseite der Kleinen Rostbinde.
Ein gering ausgebildeter Sexualdimorphismus zeigt sich in der Färbung der Vorderflügeloberseiten, die bei den Weibchen der Kleinen Rostbinde am äußeren Rand eine Aufhellung besitzen. Dagegen heben sich die Augenflecken bei den Männchen nur geringfügig von der eintönig eisengrauen Grundfarbe ab.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nordafrika, der Iberischen Halbinsel, Italien, der Balkanhalbinsel und Vorderasien im Süden bis zur Ostseeküste im Norden. Von Westeuropa reicht das Areal mit Ausnahme der Britischen Inseln sowie dem nordwestlichen Küstenbereich bis nach Südrussland. Auf den großen Mittelmeerinseln wie Korsika, Sardinien, Kreta und Malta mit Ausnahme von Sizilien sowie in den höheren Lagen der Gebirge fehlt die Art.
Deutschlandweit besitzt die Kleine Rostbinde einen Vorkommensschwerpunkt in der Mark Brandenburg sowie in dem angrenzenden Gebiet der Oberlausitz in Sachsen.

Lebensweise

In Deutschland bildet die Kleine Rostbinde eine Generation mit einer Flugzeit von (Mitte Juli) Anfang August bis Anfang Oktober. Besonders häufig treten die Falter in der zweiten Augustdekade auf. Während die Männchen ein typisches Revierverhalten zeigen, besitzen die Weibchen nur eine sehr geringe Flugaktivität. Oft ruhen die Tiere auf der freien Sandoberfläche und lassen sich kaum aufscheuchen. Als Nektarpflanze dient neben weiteren Blütenpflanzen des Lebensraumes vor allem das Heidekraut (Calluna vulgaris).
Meistens werden die weißen, gerippten und tonnenförmigen Eier nicht an der Wirtspflanze, sondern von dieser entfernt einzeln an Streupartikel abgelegt. Als Hauptwirtspflanze der Larven dient in Deutschland das Silbergras (Corynephorus canescens). Darüber hinaus werden auch weitere Pflanzenarten aus der Familie der Sauer- und Süßgräser (Cyperaceae, Poaceae) wie zum Beispiel: Landreitgras (Calamagrostis epigejos) und Schafschwingel (Festuca ovina agg.) gefressen. Nach der Überwinterung entwickeln sich die Larven im Frühjahr mit der Produktionswelle von Silbergras am schnellsten bevor sie sich in einem Kokon unter der Erde verpuppen. Der Entwicklungszyklus der Larve nimmt zwischen 280 und 310 Tagen ein. Unter den Hipparchia-Arten gilt die Larve der Kleinen Rostbinde als eine der farbenfrohsten. In den letzten Larvenstadien weist sie eine hellbraune Grundfarbe mit dunkleren Längsstreifen von der Kopfkapsel bis zu den Analanhängen auf. Der Rückenstreifen, der je nach Variante eine grüne oder braune Färbung besitzt, ist auf beiden Seiten deutlich durch weiße Streifen abgesetzt.

Lebensräume

Zu den typischen Lebensräumen der Kleinen Rostbinde gehören trocken-heiße Felslagen oder große, offene und trockenwarme Sandstandorte mit einer spärlichen Vegetation, die oft zwischen Heidekraut-Heiden, Birken-Vorwäldern oder lichten Kiefernwäldern liegen. Neben den natürlichen Vorkommen solcher Biotope auf Binnendünen und zu Beginn der Sukzession auf übersandeten Grund- und Endmoränen sowie Sandern bieten zahlreiche durch menschliche Einflüsse entstandene Sekundärstandorte wie zum Beispiel Truppenübungsplätze, Braunkohlenbergbaufolgelandschaften, Kahlschläge oder Sand- und Kiesgruben der Art günstige Bedingungen.

Bestandssituation

Die Kleine Rostbinde zählt zu den seltensten Tagfalterarten in Deutschland. Der hohe Gefährdungsgrad dieser Art steht in Verbindung mit ihren speziellen Lebensraumansprüchen. Viele geeignete Habitate gehen durch die Aufgabe des militärischen Übungsbetriebes auf Truppenübungsplätzen, die zunehmende Sukzession, Bebauung oder gezielte Aufforstungen verloren.
Nach Reinhardt et al. (2007) hat sich das Areal der Kleinen Rostbinde in Sachsen in den letzten Jahren kaum verändert, wobei die Individuendichte abnahm, sodass im Vergleich zu anderen „Sandheidefaltern“ die negative Bestandsentwicklung weniger stark ausfällt.
Aufgrund der Gesamtsituation und der Verbreitung der Kleinen Rostbinde in Deutschland besitzt Sachsen eine Verantwortung für die Erhaltung dieser Augenfalterart (Reinhardt et al. 2007).

Literatur

  • Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2: Tagfalter II. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 535 S.
  • Gelbrecht, J., Dommain, R., Rödel, I. & W. Renner 2001: Aktueller Stand der Verbreitung von Hipparchia statilinus (Hufnagel, 1766) in Brandenburg (Lepidoptera, Satyrinae). – Märkische Entomologische Nachrichten. Band 3 (1): 21–25.
  • Jutzeler, D. 1998: Ecology and rearing of Hipparchia statilinus (Hufnagel, 1766) from Mount Faito (Campania, Italy) (Lepidoptera: Nymphalidae, Satyrinae). – Linneana Belgica 16 (6): 236–241.
  • Kurze, S. & F. Dziock 2017: Sonne Sand und Silbergras – Ökologie des Eisenfarbigen Samtfalters Hipparchia statilinus (Hufnagel, 1766). Oedippus 33: 34–55.
  • Kühne, K. & J. Gelbrecht 1997: Zur Faunistik und Ökologie der Schmetterlinge in der Mark Brandenburg VII. Verbreitung und Ökologie von Hipparchia statilinus Hufnagel in der Mark Brandenburg und den südlich angrenzenden Gebieten der Oberlausitz (Lep., Satyridae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 41 (1): 27–32.
  • Reinhardt, R., Sbieschne, H., Settele, J., Fischer, U. & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11, Dresden. 695 S.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Steiner, R. & R. Trusch 2000: Eiablageverhalten und -habitat von Hipparchia statilinus in Brandenburg (Lepidoptera: Nymphalidae: Satyrinae). – Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde Serie A (606): 1–10.
  • Weidemann, H.-J. 1988: Tagfalter. Band 2 Biologie - Ökologie - Biotopschutz. – Neumann-Neudamm, Melsungen. 372 S. 

Links

Autor(-en): Susanne Kurze, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 29.03.2021

Männchen der Kleinen Rostbinde vom 2. August 1929 aus Bautzen, leg. J. Skell. Coll. Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden
(© Matthias Nuß)


Weibchen der Kleinen Rostbinde. Deutlich erkennbar sind die beiden weißen Punkte auf der Vorderflügeloberseite zwischen den Augenflecken, 20.09.2010.
(© Susanne Kurze)


Kleine Rostbinde auf einem Sandtrockenrase in der Tagebaufolgelandschaft um Nochten, 19.08.2010
(© Tommy Kästner)


Kleine Rostbinde am 29.08.2011 im Außengelände des Findlingsparks Nochten
(© Eva-Maria Bäßler)


Eier der Kleinen Rostbinde, 28.08.2010.
(© Susanne Kurze)


Larve der Kleinen Rostbinde (braune Farbvariante) an der Wirtspflanze Silbergras, 06.07.2010.
(© Susanne Kurze)


Larve der Kleinen Rostbinde (grüne Farbvariante), 20.06.2010.
(© Susanne Kurze)
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