Körperlänge: 18–30 mm (ohne Zange), bis über 40 mm (mit Zange). Größte einheimische Ohrwurmart.
Körperfärbung gelblich weiß bis rotbraun, regional unterschiedlich helle oder dunkle Individuen.
Kopf: Fühler schnurrartig mit bis zu 30 Gliedern.
Thorax: Seitenrand des Halsschildes und Beine gelblich weiß. Die Ausbildung der Flügel variiert; oft sind sie reduziert; nur einzelne Individuen sind flugfähig.
Hinterleib einschließlich des letzten Tergites und der Zangen (Cerci) gelblich weiß. Beide Geschlechter besitzen lange, nur schwach gekrümmte Zangen. Männchen an der Basis des letzten Tergites mit zwei kleinen Zähnen sowie auf der Mitte der langen und nur schwach gekrümmten Zangen jeweils einen kleinen Innenzahn; beide Innenzähne können bei schwach entwickelten Männchen fehlen. Weibchen mit geraden und spitz zulaufenden Zangen, deren Innenränder gezähnt sind.
Merkmale
Verbreitung
Der Sandohrwurm ist weltweit verbreitet und vor allem in den Subtropen sehr häufig anzutreffen. In Deutschland reicht sein Verbreitungsgebiet nördlich bis an die Nord- und Ostsee.
Lebensweise
Der Sandohrwurm ernährt sich räuberisch von allem, was er mit seinen Zangen überwältigen kann, aber auch von toten Insekten. Die Paarung erfolgt in der Zeit von Mai bis September. Nach der Überwinterung legt das Weibchen etwa 60 bis 90 Eier in einer Brutkammer und pflegt sie. Mit der 2. Larvenhäutung verlassen die Larven das Nest und bauen ihre eigenen Röhren. Nach etwa hundert Tagen Larvenentwicklung mit 5 Häutungen sind die Tiere erwachsen. Sollte die Imaginalhäutung nicht bis spätestens Mitte September erfolgen, überwintern sie als Larven (L5). Je nach Witterung beginnt der Sandohrwurm im September/ Oktober mit dem Bau der Überwinterungsgänge, die bis zu 2 m tief in den Boden reichen können.
Lebensräume
Ursprünglicher Lebensraum des Sandohrwurms sind sandige, vegetationsfreie Fluss- und Seeufer sowie sandige Heidegebiete. Sekundär besiedelt er auch Sand-, Kies- und Tongruben sowie Tagebaue und Bergbaufolgelandschaften. Als warm-stenotherme Art bevorzugt er sehr warme Standorte mit guter Bodenfeuchte, die für den Bau der Erdröhren und Gänge unabdingbar sind. Deshalb kommt er meist in den zusagenden Biotopen nur an der tiefsten und feuchtesten Stelle vor. Der Sandohrwurm lebt in und außerhalb der selbst gegrabenen Röhren, die er im feuchten Sandboden unter verschiedenen Strukturen wie Holz und Steine anlegt.
Bestandssituation
Der Sandohrwurm lebt im Norden Deutschlands (MV, BB, HH, NI) gegenwärtig noch in Primärhabitaten, wie Dünen und sandige Flussufer, während er in Mitteldeutschland (SN, ST, TH) fast ausschließlich in stark anthropogen überprägten Sekundärhabitaten vorkommt, die jedoch in den letzten beiden Jahrzehnten starken Veränderungen unterlagen. Mit der intensiven Umgestaltung der Ursprungshabitate (Uferverbauung an Flüssen) sowie fortschreitender Sukzession und Tagebaurenaturierung in den Sekundärlebensräumen ist ein Rückgang der Art zu beobachten. Es ist absehbar, dass sich die Bestandsentwicklung innerhalb der nächsten zehn Jahre verschlechtern wird, wenn nicht geeignete Schutz- und Pflegemaßnahmen in den Lebensräumen durchgeführt werden. Eine Wiederbesiedlung wird in Zukunft recht schwierig werden, da die Entfernungen zwischen den Populationen recht groß sind. Der Sandohrwurm ist in Deutschland stark gefährdet (Matzke & Köhler 2012).
Literatur
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Albouy, V. & C. Caussanel 1990: Faune de France: Dermaptères ou Perce-Oreilles. – Paris, 245 S.
- Gueth, M., G. Wiegleb & W. Durka 2021: Colonisation of secondary habitats in mining sites by Labidura riparia (Dermaptera: Labiduridae) from multiple natural source populations. – Journal of Insect Conservation 25: 349–359.
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Matzke, D. 2011: Fauna der Ohrwürmer (Dermaptera) und Schaben (Blattoptera) Sachsens. – In: B. Klausnitzer & R. Reinhardt, Beiträge zur Insektenfauna Sachsens Band 9. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen Suppl. 9: 9–81.
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Matzke, D. & G. Köhler 2012 („2011“): Rote Liste und Gesamtartenliste der Ohrwürmer (Dermaptera) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 629-642.
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Weidner, H. 1941: Vorkommen und Lebensweise des Sandohrwurms Labidura riparia. – Zoologischer Anzeiger 133 (9/10): 185−202.
Autor(-en): Danilo Matzke, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 20.08.2021