Waldohrwurm (Chelidurella acanthopygia (Gené, 1832))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: 12–17 mm (Körper + Zange).

Körper: dunkelbraun bis rötlichbraun.

Kopf: rötlichorange, 13 braune Antennenglieder mit feiner, abstehender Behaarung.

Thorax: Flügeldecken verkümmert und kurz sowie mittig verbunden. Hinterflügel fehlen vollständig.

Hinterleib: rötlichbraun, Tergite 5–7 mit deutlicher Längskante. Zange rötlich bis orange; beim Männchen ohne Bewehrung, zu den Spitzen hin eingebogen und im Querschnitt zylindrisch; Pygidium zwischen den Zangenbasen zahnförmig nach oben gebogen, in Größe und Form variabel.
Beim Weibchen ist die Zange an der Basis breit abgeflacht, dann zylindrisch und spitz auslaufend, Innenrand mit scharfer Kante, die auch dunkler gefärbt und mit leichten Zähnchen versehen sein kann; Pygidium anders gestaltet als beim Männchen.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Nomenklatur

Forficula acanthopygia Gené, 1832
Forficula xanthopygia Schmidt, 1866
Chelidura acanthopia Steinmann, 1989
Chelidurella guentheri Galvagni, 1994

Merkmale

Eier: weißlich bis gelblich Größe 0,8 x 1,2 mm. 

Larven: Körper gelbbraun bis dunkelbraun, Beine einfarbig hellbraun, genauso die Zange, deren Innenrand ist gezähnt.

L1:   8 Fühlerglieder, 5,3–6,2 mm (Körperlänge mit Zange) 
L2: 10 Fühlerglieder, 6,8–7,0 mm (Körperlänge mit Zange)
L3: 11 Fühlerglieder, 8,5–10,5 mm (Körperlänge mit Zange)
L4: 12 Fühlerglieder, 12,1–13,0 mm (Körperlänge mit Zange)

Adulte: Eine ausführliche morphologische Beschreibung des Waldohrwurmes wird von Harz (1976) gegeben.

Verbreitung

Von Großbritannien, Mittel-Norwegen, Mittel-Schweden, Finnland und Litauen südlich bis zu den Pyrenäen, Norditalien, Montenegro und Rumänien, östlich bis zur Ukraine.

Lebensweise

Der Waldohrwurm reagiert sensibel auf Temperaturschwankungen und andere klimatische Einflüsse. Dies beeinflusst maßgeblich seine Entwicklung. In klimatisch kühleren Regionen wie Nordeuropa oder in Gebirgslagen hat er in der Regel einen zweijährigen Entwicklungszyklus (bivoltin). In südlicheren Regionen und im Tiefland hat er eher einen einjährigen Entwicklungszyklus (univoltin). In Mitteleuropa können beide Entwicklungsvarianten manchmal lokal nebeneinander vorkommen (Franke 1985).

Während des einjährigen Entwicklungszyklus beginnen die Weibchen ab etwa April–Mai mit der Ablage eines Geleges aus 30–60 Eiern. Nach dem Schlupf der Larven führen sie die für Ohrwürmer übliche Brutpflege durch. Meist noch vor der Häutung zum 2. Larvenstadium stirbt das entkräftete Weibchen und stellt so die Nahrung für die Larven dar. Die Larven verbleiben dann noch wenige Zeit in der Brutkammer, verlassen sie aber im Verlauf des 2. Stadiums. Die Häutungen zum 3. und 4. Stadium erfolgen im Juni–Juli. Das Wachstum und somit auch die Zeitspanne der einzelnen Larvenstadien sind temperaturabhängig. Im Hochsommer, wenn im Boden hohe Temperaturen erreicht werden, beschleunigt dies die Entwicklung des 3. und 4. Stadiums,  wohingegen die Entwicklung des 2. Stadiums im Frühjahr aufgrund niedrigerer Temperaturen langsamer verläuft (Franke 1985). Deshalb schwankt auch die Gesamtzeit der Postembryonalentwicklung, die insgesamt über vier Larvenstadien verläuft. 

Franke (1985) stellte fest, dass geringe Temperaturschwankungen vor allen in den Monaten Juli und August Auslöser für eine ein- oder zweijährige Entwicklung sind. Im letzteren Fall ist der Prozentsatz von überwinternden Larven im 3. Stadium sehr hoch. Die Häutung zum 4.Stadium und die Imaginalhäutung erfolgen dann im darauf folgendem Jahr. Dadurch kann es zu zeitlichen Überschneidungen verschiedener Generationen kommen. 

Der Waldohrwurm kann gerade bei milden Wintern das ganze Jahr über als Imago oder Larve aktiv sein. Die Art ist ein Allesfresser.

Lebensräume

Der Waldohrwurm besiedelt Laub- und Mischwälder, Parks und Restwälder. Er ist besonders in Buchenwäldern anzutreffen, die auf eher nährstoffarmen Böden mit einer mittlere Bodenfeuchte stehen und hier insbesondere in der Bodenstreu im Laub, aber auch auf Sträuchern und im Kronenraum der Bäume. Nadelwälder und vor allen reine Fichtenmonokulturen auf besonders sauren Böden werden gemieden.

Bestandssituation

In denen für ihn günstigen Habitaten kommt er häufig vor. Die Populationsdichte kann aber lokal sehr unterschiedlich ausfallen (Franke 1985; Irmler & Hingst 1993). Sowohl für Sachsen (Klaus & Matzke 2011) als auch für Deutschland (Matzke & Köhler 2012) wurde die Art in der Roten Liste als nicht gefährdet eingestuft.  

Literatur

  • Franke, U. 1985: Zur Biologie eines Buchenwaldbodens. 7. Der Waldohrwurm Chelidurella acanthopygia. – Carolinea 43: 105–112. 
  • Harz, K. & A. Kaltenbach 1976: Die Orthopteren Europas III (Ord. Phasmoptera, Mantodea, Blattoptera, Dermaptera und Isoptera). – Dr. W. Junk, The Haque: 434 S.
  • Irmler, U. & R. Hingst 1993: Zur Ökologie des Waldohrwurms (Chelidurella acanthopygia) in Schleswig-Holstein (Dermaptera).– Faunistisch-Ökologische Mitteilungen 9/10: 377-390.
  • Kirstová, M., R. Kundrata & P. Kočárek 2020: Molecular phylogeny and classification of Chelidurella Verhoeff, stat. restit. (Dermaptera: Forficulidae). – Insect Systematics & Evolution: 1–37.
  • Klaus, D. & D. Matzke 2011 ("2010"): Heuschrecken, Fangschrecken, Schaben und Ohrwürmer – Rote Liste und Artenliste Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 36 Seiten.
  • Matzke, D. & G. Köhler 2012 („2011“): Rote Liste und Gesamtartenliste der Ohrwürmer (Dermaptera) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 629–642.

 

Autor(-en): Danilo Matzke, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 06.01.2023

Männchen des Waldohrwurms. Dresdner Heide, 27.12.2013
(© Franziska Bauer)


Weibchen des Waldohrwurms. Östlich von Wachau, 25.10.2019
(© Tilmann Adler)


Zange einer Larve im 4. Stadium
(© Danilo Matzke)


Hutberg Kamenz, Oktober 2021
(© Tilmann Adler)


Hutberg Kamenz, Oktober 2021
(© Tilmann Adler)
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