Schwarzbein-Lilienhähnchen (Lilioceris lilii (Scopoli, 1763))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: 6–8 mm.

Kopf, Fühler und Beine schwarz, Halsschild und Flügeldecken glänzend rot.

Ähnliche Art: Maiglöckchenhähnchen (Lilioceris merdigera) mit rotem Kopf, Beine rot mit schwarzen Gelenken und Füßen (Tarsen).

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Synonyme

Attelabus lilii Scopoli, 1763: 36
Crioceris merdigera Fabricius, 1775: 120
Crioceris amurensis Pic, 1916
Crioceris liliorum Thomson, 1866

Merkmale

Bei dem von Fabre (1900: 194 ff.; dt. Übersetzung 2015: 174 ff.) behandelten "Lilienhähnchen ... Crioceris merdigera Lin." handelt es sich um das Lilienhähnchen (Lilioceris lilii), denn er schreibt: "es ist herrlich korallenrot, Kopf und Beine sind tiefschwarz."

Verbreitung

Diese auffällige Käferart war ursprünglich wohl nur im südlichen Bereich des gemäßigten Klimas in Eurasien beheimatet. Orlova-Bienkowskaja (2012) ermittelte 343 Nachweise des Lilienhähnchens in der Nearktis und Paläarktis anhand von Sammlungsmaterial am Zoologischen Institut in St. Petersburg und dem Zoologischen Museum der Staatlichen Universität in Moskau sowie aus der Fachliteratur. Basierend auf diesen Daten kommt sie zu dem Schluss, dass diese Käferart vor 1898 nicht in nördlichen und zentralen Regionen Russlands vorkam. Die ursprüngliche Verbreitung beschränkte sich auf westeuropäische Länder, südliche Regionen des europäischen Russlands (nördlich bis Woronesh) sowie Sibiriens und des Fernen Ostens.
In den nachfolgend genannten Regionen hat sich das Lilienhähnchen im Verlauf des 20. Jahrhunderts ausgebreitet bzw. wurde mit Kulturpflanzen durch den Menschen verbreitet. In Großbritannien ist diese Käferart nicht heimisch, wurde dort erstmalig im frühen 19. Jahrhundert als sehr selten gemeldet und etablierte sich in den 1940er bis 1970er Jahren im zentralen Südengland. Seit den 1980er Jahren breitet sich die Art nach Westen, Osten und Norden aus (Cox 2001). In Irland wurde das Lilienhähnchen erstmalig 2002 gefunden (Anderson & Bell 2002). Aus China wird das Lilienhähnchen erstmalig in den 1930er Jahren erwähnt, einen ersten Beleg gibt es aber erst aus dem Jahr 1964 (Yu et al. 2001). Desweiteren wurde es erstmalig in Griechenland im Jahr 2007 nachgewiesen (Papadoulis & Tsagkarakis 2012) sowie aus der Türkei erstmalig 2008 (Ozdikmen & Turgut 2008) gemeldet.
In Nordamerika wurde das Lilienhähnchen erstmalig 1943 auf der Insel Montreal (Quebec, Canada) nachgewiesen. Über Jahrzehnte beschränkte sich das Vorkommen auf dieses Gebiet, aber seit 1978 breitet sich die Art von dort in alle Richtungen aus (Bouchard et al. 2008).

Lebensweise

Die adulten Käfer verlassen Ende April ihre Überwinterungsverstecke und paaren sich. Die Weibchen legen die Eier an die Blattunterseite in Reihen von jeweils 3–12 Eiern. Daraus schlüpfen nach ein bis zwei Wochen die Larven. Diese entwickeln sich in Zyklen von vier Stadien über einen Zeitraum von einem Monat. Die Verpuppung erfolgt im Boden, nach etwa 20 Tagen schlüpft der adulte Käfer. Die Käfer fressen an ihren Nahrungspflanzen und wandern zur Überwinterung in den Boden.
Larven und Käfer fressen an Lilien (Lilium), Schachblumen (Fritillaria) und Riesenlilien (Cardiocrinum) (Haye & Kenis 2004), die alle zu den Liliengewächsen (Liliales: Liliaceae) gehören. Von diesen Pflanzengattungen kommen in Sachsen die Feuerlilie (Lilium bulbiferum) und die Türkenbundlilie (L. martagon) indigen vor, sind aber selten, sowie die Schachblume (Fritillaria meleagris) als eingebürgerter Neophyt (Hardtke & Ihl 2000).
Die adulten Käfer besitzen Stridulationsorgane, mit denen sie einfache Zirplaute in den Bereichen von etwa 1 kHz sowie 5–6 kHz erzeugen können, wobei ein Laut aus bis zu 90 Klicks besteht und 65 ms dauert. Es wurden weder artspezifische Unterschiede in den Lauten zu anderen Criocerinae (Chrysomelidae) noch geschlechtsspezifische Unterschiede in den Stridulationsorganen gefunden. Zudem gleichen die erzeugten Laute den Abwehr-Stridulations-Lauten anderer Insekten, so dass die Abwehr von Fressfeinden die wahrscheinliche biologische Funktion dieser Lauterzeugung ist (Schmitt & Traue 1990).

Lebensräume

Bestandssituation

Das Lilienhähnchen spielt als Schädling eine Rolle an kultivierten Lilien in Gärten, weil insbesondere die Larven den Zierwert der Pflanzen beeinflussen.

Literatur

  • Anderson, R. & A. C. Bell 2002: A first record of the lily beetle Lilioceris lilii (Scopoli) in Ireland (Chrysomelidae: Criocerinae). – Coleopterist 11 (3): 90.
  • Bouchard, A.-M., J. N. McNeil & J. Brodeur 2008: Invasion of American native lily populations by an alien beetle. – Biological Invasions 10 (8): 1365–1372.    
  • Cox, M. L. 2001: The status of the lily beetle Lilioceris lilii (Scopoli, 1763) in Britain (Chrysomelidae: Criocerinae). – Coleopterist 10 (1): 5–20.
  • Emmel, L., 1936: Aus dem Leben des Lilienhähnchens (Crioceris lilii). – Natur und Volk 66: 424–428.
  • Fabre, J.-H. 1900: Souvenirs entomologiques. Études sur l'instinct et les mœrs des insectes VII. – Paris, 394 S. [Deutsche Übersetzung von 2015: Erinnerungen eines Insektenforschers. Matthes & Seitz, Berlin. 354 S.]
  • Fabricius, J. C. 1775: Systema entomologiae, sistens insectorvm classes, ordines, genera, species, adiectis synonymis, locis, descriptionibvs, observationibvs. – Flensbvrgi, Lipsiae, Kort. S. 1–31], 1–832.
  • Hardtke, H.-J. & A. Ihl 2000: Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie. Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege, Dresden. 806 S.
  • Haye T. & M. Kenis 2004: Biology of Lilioceris spp. (Coleoptera: Chrysomelidae) and their parasitoids in Europe. – Biological Control 29: 399–408.
  • Hesse, E., 1932: Insektenfrass an Lilium martagon L. – Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie 27: 29–31.
  • International Commission on Zoological Nomenclature  1979: Opinion 1130. Lilioceris Reitter, 1912 (Insecta: Coleoptera) correction of type species. – Bulletin of Zoological Nomenclature 36 (2): 79–81.
  • Kroon, H. 2009: Biology of Lilioceris lilii (Coleoptera:Chrysomelidae) and the occurrence of their parasitoids in Sweden. – Faculty of Landscape planning, Horticulture and Agricultural Science Department of Plant Protection Biology, SLU Alnarp, Sweden. 45 S.
  • Lu, W. & R. A. Casagrande (1998): Notes on distribution and host range of Lilioceris in China (Coleoptera: Chrysomelidae). – Chrysomela 35: 7–8.
  • Orlova-Bienkowskaja, M. Ja. 2012: Area of lily leaf beetle Lilioceris lilii Scopoli, 1763 (Coleoptera: Chrysomelidae: Criocerinae). – Caucasian Entomological Bulletin 8 (1): 55–61. 
  • Ozdikmen, H. & S. Turgut 2008: The subfamily Criocerinae of Turkey (Coleoptera: Chrysomelidae) with two new records and zoogeographical remarks. – Munis Entomology & Zoology  3 (1): 239–250.
  • Papadoulis, G. Th. & A. E. Tsagkarakis 2012: First record of Lilioceris lilii in Greece. – Entomologia Hellenica 21 (2): 69–73.
  • Ramert, B., M. Kenis, H. Kroon & U. Nilsson 2009: Larval parasitoids of Lilioceris lilii (Coleoptera:Chrysomelidae) in Sweden and potential for biological control. – Biocontrol Science and Technology 19 (3): 335–339.  
  • Reitter, E. 1912: Fauna Germanica – Die Käfer des Deutschen Reiches. Band 4. – K. G. Lutz‘ Verlag Stuttgart. 236 S., Taf. 129–152.
  • Salisbury, A., S. M. Cook, W. Powell & J. Hardie 2012: Odour-mediated orientation behaviour of the lily beetle Lilioceris lilii. – Physiological Entomology 37: 97–102.
  • Schmitt, M. & D. Traue 1990: Morphological and bioacoustic aspects of stridulation in Criocerinae (Coleoptera, Chrysomelidae). – Zoologischer Anzeiger 225 (5–6): 225–240.
  • Schaffner, U. & C. Müller 2001: Exploitation of the fecal shield of the lily leaf beetle, Lilioceris lilii (Coleoptera: Chrysomelidae), by the specialist parasitoid Lemophagus pulcher (Hymenoptera: Ichneumonidae). – Journal of Insect Behavior 14 (6): 739–757.
  • Scopoli, J. A. 1763: Entomologia Carniolica exhibens insecta Carnioliae indigena et distributa in ordines, genera, species, varietates, methodo Linneana. – Joannis Thomae Trattner, Vienna. [2]+[8]+[22]+420+[4] p. [43] plates. [S. 36: Originalbeschreibung von Attelabus lilii]
  • Yu, P., W. Lu & R. Casagrande 2001: Lilioceris lilii (Scopoli) occurs in China (Coleoptera: Chrysomelidae). – The Coleopterists Bulletin 55 (1): 65–66.

Links

Autor(-en): Ronny Gutzeit, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 03.12.2020

Lilienhähnchen in einem Garten in Chemnitz-Adelsberg am 08.05.2011
(© Michael Münch)


Lilienhähnchen (Lilioceris liliii), Oelsnitz/Erzgebirge, Garten, an Lilie
(© Katrin Schniebs)


Lilienhähnchen im Garten an Lilie, Mai 2016 in Pretzschendorf
(© Angela Kühne)


Chemnitz-Wittgensdorf, 07.07.2019
(© Benjamin Franke)
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