Waldbrettspiel (Pararge aegeria (Linnaeus, 1758))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 20–22 mm.

Flügeloberseiten braun mit mehreren weißlich gelben Flecken; Vorderflügel vor der Spitze mit Augenfleck; Hinterflügl vor dem Hinterrand mit einer Reihe Augenflecke. 

Flügelunterseiten: Vorderflügel mit gleicher, aber schwächerer Zeichnung; Hinterflügel hellbraun und weißlich gelb marmoriert, mit einer Reihe weißer Punkte vor dem Außenrand.

Eine unverwechelbare Art.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Gesetzlicher Schutz (BArtSchV, BNatSchG): Nicht besonders geschützt
Rote Liste Sachsen: ungefährdet
Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale 

Die gelblich weißen bis ockerfarbenen Flecken auf den Flügeloberseiten sind bei den Weibchen ausgedehnter als bei den Männchen.
Die schlanken Larven besitzen eine grüne Färbung mit feinen hellen Längslinien (Settele et al. 2009; Weidemann 1988).

Verbreitung

Bis auf die nördlichen Gebiete Skandinaviens und Großbritanniens zeigt das Waldbrettspiel in Europa eine fast flächendeckende Verbreitung, die bis nach Nordafrika und Zentralasien reicht (Ebert & Rennwald 1993; Weidemann 1988).
In Sachsen kommt die Art in fast allen Regionen vor (Reinhardt et al. 2007). Nur in Naturräumen mit wenig Waldanteil und ausgeräumten intensiv landwirtschaftlich genutzten Landschaften sind die Falter seltener oder fehlen (Reinhardt et al. 2007).

Lebensweise

In Deutschland treten die Falter der ersten Generation ab April bis Mitte Mai auf. Falter der zweiten Generation fliegen von Mitte Juni bis Anfang Oktober. In einigen Jahren oder bestimmten Gebieten ist eine partielle dritte Generation möglich. Dabei wird oft ein kontinuierliches Auftreten der Falter über den gesamten Flugzeitraum beobachtet (Settele et al. 2009). Eine Überwinterung ist sowohl als Larve (etwa 10 % der Population) als auch als Puppe möglich (Weidemann 1988). 

Als Nektarpflanzen dienen den Faltern unter anderem Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Pfaffenhütchen (Euonymus sp.) und Eberesche (Sorbus aucuparia) (Ebert & Rennwald 1993). Tatsächlich saugen sie aber weniger an Blüten, als am feuchten Boden, an Baumwunden, Honigtau oder reifen Früchten wie Brombeeren (Ebert & Rennwald 1993; Settele et al. 2009).

Als typische Waldrandbewohner meiden die Falter die direkte Sonneneinstrahlung und halten sich eher in dem diffusen Licht des Waldmantels oder auf Lichtungen auf (Weidemann 1988). Das Waldbrettspiel fällt besonders durch das spiralförmige Aufsteigen in den Sonnenflecken von Waldwegen auf. Dabei handelt es sich in der Regel um das Revierverhalten der Männchen, die ihre Reviere von einer Ansitzwarte in ein bis zwei Meter Höhe gegenüber Eindringlingen verteidigen. Die Männchen konkurrieren territorial um Sonnenflecken auf dem Waldboden, welche die geeignetsten Orte sind, um Weibchen zu finden. In Untersuchungen von Davies (1978) hatten zu jedem Zeitpunkt nur 60 % der Männchen Territorien, die anderen patrouillierte in den Baumkronen nach Weibchen. Männchen flogen ständig aus dem Kronenbereich herunter und übernahmen schnell freie Sonnenflecken. War der Sonnenfleck jedoch bereits besetzt, wurde der Eindringling vom Besitzer immer wieder zurückgedrängt. Experimente zeigten, dass dies auch dann zutraf, wenn der Besitzer nur wenige Sekunden zuvor das Territorium besetzt hatte. Das Verhaltensmuster verlief nach der Regel „Bewohner gewinnt, Eindringling zieht sich zurück“. Die Experimente zeigten, dass eskalierende Wettbewerbe nur dann stattfanden, wenn beide Teilnehmer „dachten“, sie seien der Resident. Der Grund, warum Eindringlinge eine Niederlage sofort ohne ernsthaften Kampf akzeptieren, könnte darin begründet sein, dass Wettbewerbe kostspielig sind und Territorien reichlich vorhanden sind.

Im Gegensatz zu vielen anderen Augenfalterarten legen die Weibchen des Waldbrettspiels ihre Eier in der Regel einzeln direkt an grüne Teile der Wirtspflanze ab (Shreeve 1986). Als Wirtspflanze der Larven dienen verschiedenen Gras- und Seggenarten (Poaceae, Cyperaceae), unter anderem die Wald-Segge (Carex sylvatica), Hain-Rispengras (Poa nemoralis), Knaulgras (Dactylis sp.), Wolliges Honiggras (Holcus lanatus), Glatthafer (Arrhenatherum elatius) und Reitgras (Calamagrostis sp.) (Ebert & Rennwald 1993; Settele et al. 2009). 

Lebensräume

Die Variationsbreite der Lebensräume des Waldbrettspiels reicht vom extrem trockenen Flaumeichengebüsch bis zu feuchten Moorrandwäldern, sodass sowohl Auenwälder, Laubmischwälder, Trockenwälder sowie sekundär auch Nadelwälder einschließlich Fichtenforste besiedelt werden. Eine deutliche Bevorzugung erfahren lichte, laubholzreiche Wälder.
Obwohl die Bindung an den Wald stark ausgeprägt ist, können einzelne Falter auch außerhalb des Waldes in (waldnahen) Streuwiesen, Gärten, gebüschreichen Wiesenwegen, an beschatteten Bahndämmen, in baumreichen Anlagen (Parks) oder in natürlichen Waldresten von Städten beobachtet werden (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007)

Bestandssituation

Das Waldbrettspiel ist in Deutschland nicht gefährdet und gehört zu den wenigen Waldarten, die mit einer kahlschlagsfreien Waldwirtschaft gut zurechtkommen (Settele et al. 2009).
In Sachsen hat sich der Bestand des Waldbrettspiels positiv entwickelt (Reinhardt et al. 2007).

Literatur

  • Davies, N. B. 1978: Territorial defence in the speckled wood butterfly (Pararge aegeria): The resident always wins. – Animal Behaviour 26 (1): 138–147.
  • Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2: Tagfalter II. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 535 S.
  • Reinhardt, R., Sbieschne, H., Settele, J., Fischer, U. & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.): Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11, Dresden. 695 S.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R., Feldmann, R. & G. Hermann (Hrsg.) 2009: Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands. 2. Aufl. – Ulmer, Stuttgart. 256 S.
  • Shreeve, T. G. 1986: Egg-laying by the speckled wood butterfly (Pararge aegeria): the role of female behavior, host plant abundance and temperature. – Ecological Entomology 11: 229–236.
  • Weidemann, H.-J. 1988: Tagfalter. Band 2 Biologie - Ökologie - Biotopschutz. – Neumann-Neudamm, Melsungen. 372 S.

Links

Autor(-en): Susanne Kurze, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 06.08.2022

Männchen des Waldbrettspiels im Teichgebiet bei Hähnichen-Trebus, April 2014
(© Peter Diehl)


Weibchen des Waldbrettspiels am 7.05.2010 auf einem Wanderweg in einem Glashütter Laubwald
(© Stefan Höhnel)


Waldbrettspiel im Juli 2014 in der Gemarkung Hohenprießnitz im Schlosspark
(© Michael Happ)


Ei vom Waldbrettspiel, abgelegt  am 16.6.2012 im Talsperrengebiet Eibenstock am Waldrand.
(© Matthias Hartung)


Erwachsene Raupe vom Waldbrettspiel. Studioaufnahme vom 21.7.2012 aus ex ovo Zucht vom 16.6.2012 Talsperrengebiet Eibenstock.
(© Matthias Hartung)


Puppe vom Waldbrettspiel. Studioaufnahme vom 23.7.2012 aus ex ovo Zucht vom 16.6.2012 Talsperrengebiet Eibenstock.
(© Matthias Hartung)
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