Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella Deschka & Dimic, 1986)

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Merkmale

Flügelspanne 6–7,5 mm. Vorderflügel orange-braun glänzend, basal mit einer weißen Längslinie, gefolgt von zwei durchgehenden weißen Querlinien, die fast gerade und überwiegend nach außen schwarz begrenzt sind. Es folgt eine dritte Querlinie, die aus einem in einem stumpfen Winkel zueinander liegenden Paar Punkte, welche sich in der Flügelmitte fast treffen, besteht. Im Terminalbereich des Vorderflügels zwei weitere weiße Bänder, die fast einen rechten Winkel zueinander bilden.

Verbreitung

Die Rosskastanienminiermotte wurde erstmalig 1984 am Ohrid-See (wissenschaftlicher Name!) in Mazedonien entdeckt und 1986 wissenschaftlich beschrieben (Deschka & Dimic 1986).
Die Nahrungspflanze der Larve ist die Rosskastanie, welche in den Gebirgen Mazedoniens, Albaniens und Griechenlands beheimatet ist und in Europa nördlich bis Südskandinavien als Zierbaum angepflanzt wird. Die Rosskastanienminiermotte hat sich seit ihrer Entdeckung im Jahr 1984 in nur 16 Jahren bis in den Ostseeraum ausgebreitet. Valade et al. (2009) zeigten, dass die genetische Variabilität von Populationen auf dem Balkan am höchsten ist und dort deshalb die ursprüngliche Heimat dieser Miniermotte zu vermuten ist.  Dies konnten Lees et al. (2011) nach der Untersuchung alter Herbarbelege bestätigen. Die ältesten von ihnen untersuchten Rosskastanienblätter mit den typischen Minen stammen aus dem Jahr 1879 vom Balkan. Einige dieser Minen enthielten sogar noch die Puppen, die mittels DNA-Analyse sicher als Cameraria ohridella  identifiziert werden konnten.

Lebensweise

Die Larven minieren in den Blättern der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.). Siehe unter Bestandssituation.

Lebensräume

In Gärten, Parks, Alleen. Auf allen Rosskastanienbäumen, auch Solitärbäumen, zu finden.

Bestandssituation

Trotz einiger polyphager Parasitoide und Singvögel hat die Rosskastanienminiermotte in Sachsen bislang keine natürlichen Gegenspieler, die ihre potenzielle Vermehrung behindern. Die einzigen nennenswerten Mortalitätsfaktoren sind Nahrungsmangel, nachdem die Blätter komplett ausgefressen sind, sowie Frosteinwirkung auf all jene Larven, die vor Frosteintritt im Herbst ihre Entwicklung nicht bis zur Verpuppung abschließen konnten. So können, abhängig von Witterungsverlauf und örtlichen Standortfaktoren, alle Blätter eines Baumes schon im August völlig nekrotisiert sein. Die Bäume reagieren daraufhin im Herbst oft mit erneutem Laubaustrieb und Blütenbildung. Aufgrund der starken Assimilationseinschränkung kann der Holzzuwachs vollständig ausbleiben. Es ist deshalb davon auszugehen, dass alle Rosskastanienbäume in Mitteleuropa mittlerweile stark geschwächt sind.

Anstrengungen, den Massenbefall durch Falllaubentfernung im Herbst einzudämmen, können nach 15 Jahren als Misserfolg gewertet werden. Dies wurde bereits im Jahr 2001 im Rahmen einer Schülerarbeit im Großraum Dresden belegt, im Rahmen derer 5 Altbäume an unterschiedlichen Standorten untersucht wurden. Dabei wurden nach dem letzten Laubfall und erfolgter Laubentfernung im November unter jedem Baum auf einer Fläche von 20 x 20 cm die noch vorhandenen Blattreste aufgesammelt. Je nach Standort konnten darin noch 10 bis 55 Puppen festgestellt werden. Rechnet man dies auf die Fläche unter der Krone (A=ƣr2; Kronenradius 5,5 m) hoch, befinden sich unter einem Baum 23.746 bis 130.603 Puppen. Wohlgemerkt nach der Laubentfernung! Bei einer angenommenen Mortalitätsrate von Null (die Puppen überlebten im Gefrierschrank 2 Monate bei -30°C), einem Geschlechtsverhältnis von 1:1 sowie einer Anzahl von 90 Eiern pro Weibchen würden sich daraus im Folgejahr in der zweiten Generation 1.068.570 - 5.877.090 sowie in der dritten Generation 48.085.650 - 264.469.050 Falter pro Baum entwickeln (Heidrich et al. 2003).

Sowohl die Rosskastanie als auch die Rosskastanienminiermotte sind in Mitteleuropa Neobiota.

Literatur

  • Deschka, G. & N. Dimic 1986: Cameraria ohridella sp. n. aus Mazedonien, Jugoslavien (Lepidoptera; Lithocolletidae). – Acta Entomologica Jugoslavica 22 (1): 11–23.
  • Heidrich, J., C. Wittkowske & S. Weichert 2003. Verkehrte Welt – Warum der Jahreszeitenrhytmus der Rosskastanien durcheinander gekommen ist. – skunk.de, Das Jugendmagazin für Dresden 5 (26): 10–11.
  • Lees, D. C., H. W. Lack, R. Rougerie, A. Hernandez-Lopez, T. Raus, N. D. Avtzis, S. Augustin & C. Lopez-Vaamonde 2011: Tracking origins of invasive herbivores through herbaria and archival DNA: the case of the horse-chestnut leaf miner. – Frontiers in Ecology and the Environment.
  • Nuss, M. & A. Stübner 2000: Aktuelle Daten zur Fauna der Lithocolletinae in Sachsen (Lep., Gracillariidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 44 (4): 225–228.
  • Schnee, H. 1999: Roßkastanienminiermotte - ein neuer Schädling in Sachsen. – Krankheiten und Schädlinge im öffentlichen Grün, Dresden(5).
  • Sobczyk, T. 2002: Roßkastanien- und Robinienminiermotte in der Westlausitz. – Veröffentlichungen des Museums der Westlausitz 24: 79–84.
  • Valade, R., M. Kenis, A. Hernandez-Lopez, S. Augustin, N. Mari Mena, E. Magnoux, R. Rougerie, F. Lakatos, A. Roques & C. Lopez-Vaamonde 2009: Mitochondrial and microsatellite DNA markers reveal a Balkan origin for the highly invasive horse-chestnut leaf miner Cameraria ohridella (Lepidoptera, Gracillariidae). – Molecular Ecology 18 (16): 3458–3470.
Autor(-en): Matthias Nuß. Letzte Änderung am 18.01.2016

Rosskastanienminiermotte am 16. April 2014 am Schafberg Baruth unter einer Rosskastanie
(© Friedmar Graf)


Ein mit zahlreichen Larven der Rosskastanienminiermotte befallenes Rosskastanienblatt
(© Matthias Nuß)


Zu Beginn der Rosskastanienblüte sind die frisch geschlüpften Falter der ersten Generation der Rosskastanienminiermotte an den Stämmen der Rosskastanien zu finden. Dresden, Mai 2017
(© Matthias Nuß)
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