Wasserlinsenzünsler (Cataclysta lemnata (Linnaeus, 1758))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge: Männchen 7–8 mm, Weibchen 9–11 mm.

Vorderflügel weiß (Männchen) bzw. braun (Weibchen); hellbraune Linie im äußeren Flügeldrittel; schwarzbrauner Diskalfleck; hellbraune Linie entlang des Flügelaußenrandes.

Hinterflügel vor dem Außenrand mit einem schwarzen Band, in dem sich eine weiße Punktreihe befindet.

Ähnliche Arten: Beim Krebsscherenzünsler (Parapoynx stratiotata) die Hinterflügel vor dem Außenrand ohne dunklem Band.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Falter: Die Vorderflügelfarbe der Männchen variiert und kann auch völlig braun sein (Speidel 2005: 55). Im Iran tritt diese braune Farbvariante überwiegend auf (Farahpour-Haghani et al. 2017).

Larven: Die L1-Larven leben aquatisch. Ihr Integument ist hydrophil und dient der Hautatmung, die Stigmen sind geschlossen. Ab dem L2-Stadium entstehen vor allem am Thorax dicht mit Dörnchen besetzte Bereiche, die eine Benetzung der Larven verhindern und so eine Luftschicht halten (Plastron), aus welcher die Larven über ihre Stigmen atmen (Plastronatmung). Diese Strukturen, ein zusammenhängendes Plastron an Thorax und Abdomen sowie hydrophobe Eigenschaften des Integuments sind deutlich erst ab dem L3-Stadium ausgeprägt. Das Plastron wird mit sauerstoffreicher Luft aus dem Aerenchym der Nahrungspflanzen gefüllt, wenn die Larven mit ihren Mandibeln beim Fressen die Lakunen in den Pflanzen öffnen. Die entweichenden Luftbläschen gelangen entlang einer rinnenförmigen Struktur seitlich am Kopf in den vorderen Teil des Plastrons, das in diesem Bereich bis dicht an den Hinterkopf reicht (Petrischak 2000).

Puppe: Körperlänge der Männchen 7,3–8,8 mm, der Weibchen 9,2–11,2 mm. Die Stigmen des 2. bis 4. Abdominalsegmentes sind stark vergrößert, vorgewölbt und von einer ringförmigen Wulst umgeben, innerhalb derer ein dichter Filz von Mikrotrichien die Öffnungen umgeben. Die übrigen Stigmen sind geschlossen. Die Puppen sind sexualdimorph. Bei den Männchen liegt die Geschlechtsöffnung auf dem Abdominalsegment A9, bei den Weibchen auf A8–A9. Folglich sind bei den Männchen hinter den Flügelscheiden und vor der Geschlechtsöffnung vier freie Abdominalsegmente, bei den Weibchen nur drei zu sehen. Die Fühlerscheiden der Männchen sind länger. Als mögliches Stridulationsorgan werden sieben Lamellen auf dem Abdominalsegment 10 vermutet, die gegen den Köcher gerieben werden. Damit wird ein für Menschen hörbares, rhythmisches Knarren erzeugt (Petrischak 2000).

Verbreitung

Von Großbritannien, Südnorwegen, Zentralschweden und Finnland südlich bis Spanien, Korsika, Sizilien und dem Peloponnes sowie in Nordafrika; östlich bis etwa 60°O in Russland sowie über den Libanon und die Türkei bis Aserbaidschan und Iran (Speidel 2005).

Lebensweise

Die Falter fliegen in zwei überlappenden Generationen von Mai bis September. Sie sind beim Schlupf aufgrund hydrophober Schuppen unbenetzbar und bleiben nach dem Schlupf auf der Wasseroberfläche bzw. den Teichlinsen sitzen, wenn keine aus dem Wasser ragenden Strukturen in unmittelbarer Nähe vorhanden sind. Die Flügel werden innerhalb von fünf Minuten aufgepumpt, weitere sieben Minuten zum Aushärten senkrecht gestellt und dann flach über den Körper gelegt. Werden die Falter in dieser Zeit gestört, können sie auf dem Wasser 2-5 cm vorwärts springen und das Körpergewicht mit den langen Beinen auf der Wasseroberfläche verteilen (Petrischak 2000).

Unmittelbar nach der Kopulation, die an Röhrichthalmen stattfindet, legen die Weibchen die Eier an die Unterseite der Sprosse schwimmender Vielwurzeliger Teichlinse (Spirodela polyrrhiza) (92,6%) und Dreifurchiger Wasserlinse (Lemna trisulca) (7,4%) (Petrischak 2000). Wasserlinsen (Lemnoideae (Araceae): Lemna spp. – Name!) stellen die wichtigsten Larvennahrungspflanzen in unserer Natur. Nach der Überwinterung ist zunächst Lemna trisulca die wichtigste Nahrungsquelle, weil Spirodela polyrrhiza in Form von stärkereichen Ruhesprossen am Gewässerboden überwintert und erste Sprosse erst ab Anfang Mai an der Wasseroberfläche erscheinen; sie ist im weiteren Jahresverlauf aber die überwiegend genutzte Wasserlinse (Petrischak 2000). 
In freier Natur wurden die Larven auch an Tausendblatt (Myriophyllum) und Froschbiss (Hydrocharis) beobachtet. In Gartenteichen und unter Laborbedingungen nehmen sie auch zahlreiche weitere Pflanzen an (Speidel 2005). Van der Velde (1988) gibt einen Überblick über die bis dato von Cataclyta lemnata bekannten Larvennahrungspflanzen und zeigt, dass sich eine Population auch über Jahre ohne die Anwesenheit von Wasserlinsen entwickeln kann. Im Iran entwickelt sich die Art zudem an invasivem Wasserfarn (Azolla sp.) (Farahpour-Haghani et al. 2017).

Die L1-Larven sind hydrophil, hautatmend und leben in einem wassergefüllten Köcher. Eier und L1-Larven sind also aquatisch. Ab dem 2. Stadium atmen die Larven über ein offenes Tracheensystem, leben in luftgefüllten Köchern und ab dem 3. Stadium befindet sich an großen Bereichen von Thorax und Abdomen ein Plastron. Die Larven sind jetzt hydrophob. Die Atemluft der Raupen stammt aus dem Aerenchym der Wasserlinsen. Die Larven überwintern. Größere Larven wandern dazu in Schilfstängel ein, kleinere Larven verbleiben in ihrem Köcher und frieren mit diesem ein (Lübben 1907; Petrischak 2000).

Die Verpuppung erfolgt in frei schwimmenden Wasserlinsenköchern in Verbindung zu atmosphärischer Luft oder in Köchern, die an Röhricht befestigt werden und dort Anbindung zum Aerenchym haben. Die Puppe hat keinen unmittelbaren Wasserkontakt und kann stridulieren (Hasenfuß 1960; Petrischak 2000).

Lebensräume

Stehende Gewässer mit Wasserlinsen (Larvalhabitat) und Röhrichten (Habitat für die überwinternden Larven sowie für die Falter).

Bestandssituation

Die Art ist in Deutschland in ihrem Vorkommen nicht gefährdet (Nuss et al. 2012).

Literatur

  • Farahpour-Haghani, A., M. Hassanpour, F. Alinia, G. Nouri-Ganbalani, J. Razmjou & D. Agassiz  2017: Water ferns Azolla spp. (Azollaceae) as new host plants for the small China-mark moth, Cataclysta lemnata (Linnaeus, 1758) (Lepidoptera, Crambidae, Acentropinae). – Nota Lepidopterologica 40 (1): 1–13.
  • Hannemann, H.-J. 1964: Kleinschmetterlinge oder Microlepidoptera II. Die Wickler (s.l.) (Cochylidae und Carposinidae). Die Zünslerartigen (Pyraloidea). – In: F. Dahl, Die Tierwelt Deutschlands Teil 50. – Gustav Fischer, Jena. S. i–viii, 1–401, Taf. 1–22.
  • Hasenfuß, I. 1960: Die Larvalsystematik der Zünsler (Pyralidae). – Abhandlungen zur Larvalsystematik der Insekten, Berlin 5: 1–263.
  • Hering, M. 1935: Die Blattminen Mittel- und Nord-Europas einschliesslich Englands: Bestimmungstabellen aller von Insektenlarven der verschiedenen Ordnungen erzeugten Minen. Verlag Gustav Feller, 631 S.
  • Hering, E. M. 1957: Bestimmungstabellen der Blattminen von Europa. – Dr. W. Junk, s’-Gravenhage. Bände. 1–2: 1185 S., Band. 3: 47 S., 86 Taf.
  • Lübben, H. 1907: Ueber die Lebensgewohnheiten von Cataclysta lemnata L. und einige biologische Beziehungen zwischen Pyraliden und Chiloniden. – Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie 3: 174–179.
  • Müller, G. W. 1892: Beobachtungen an am Wasser lebenden Schmetterlingsraupen. – Zoologische Jahrbücher. Abteilung für Systematik, Geographie und Biologie der Tiere, Jena 6 (5): 617-630, pl. 28.
  • Nuss, M. unter Mitarbeit von G. Baisch, W. Biesenbaum, H. Blackstein, U. Büchner, U. Deutschmann, D. Eichstädt, R. Gaedike, M. Gerstberger, T. Karisch, C. Kayser, I. Landeck, H. Leutsch, H.-J. van Loh (†), R. Mörtter, H. Pröse (†), H. Retzlaff, T. Rutten, A. Segerer, R. Seliger, W. Speidel, A. Stübner, R. Sutter, F. Theimer, H. Wegner & A. Werno 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Zünslerfalter (Lepidoptera: Pyraloidea) Deutschlands. S. 325–370. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg.
  • Petrischak, H. 2000: Untersuchungen zur Lebensweise des Wasserschmetterlings Cataclysta lemnata L., 1758 in einem schleswig-holsteinischen Kleingewässer (Lepidoptera: Pyralidae). – Faunistisch-Ökologische Mitteilungen, Kiel 8 (1-2): 61–99.
  • Slamka, F. 2010: Pyraloidea (Lepidoptera) Mitteleuropas. – Bratislava. 176 S.
  • Reichholf, J. 1978: Zur Nischenwahl mitteleuropäischer Wasserschmetterlinge. – Nachrichtenblatt bayerischer Entomologen 27 (6): 116–126.
  • Rinnhofer, G. 1988: Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Lepidoptera-Nymphulinae, Schoenobiinae, Acentropidae. – Beiträge zur Entomologie, Berlin 38 (1): 169–182.
  • Speidel, W. 1984: Revision der Acentropinae des palaearktischen Faunengebietes (Lepidoptera: Crambidae). – Neue Entomologische Nachrichten 12: 1–157.
  • Speidel, W. 2002: Insecta: Lepidoptera: Crambidae: Acentropinae. S. 87–148, 2 Taf. – In: J. Schwoerbel & P. Zwick, Süßwasserfauna von Mitteleuropa 17. – Heidelberg & Berlin, Spektrum Akademischer Verlag.
  • Speidel, W. 2005: Acentropinae. S. 33–68, 182–183, 188–189, 204–207, 240–244. – In: Goater, B., M. Nuss & W. Speidel, Pyraloidea I. – In: P. Huemer & O. Karsholt, Microlepidoptera of Europe 4. – Apollo Books, Stenstrup.
  • Van der Velde, G. 1988: Cataclysta lemnata L. (Lepidoptera, Pyralidae) can survive for several years consuming macrophytes other than Lemnaceae. – Aquatic Botany 31(1): 183–189.  
  • Wesenberg-Lund, C. 1943: Biologie der Süsswasserinsekten. – Springer Verlag, Berlin, Wien, 682 S.
  • Wichard, W., W. Arens & G. Eisenbeis 1995: Atlas zur Biologie der Wasserinsekten. – Gustav Fischer, Stuttgart.

Links

Autor(-en): Matthias Nuß, Franziska Bauer. Letzte Änderung am 04.09.2022

Männchen des Wasserlinsenzünslers im Juni 2015 bei Moritzburg
(© Matthias Nuß)


Männchen des Wasserlinsenzünslers. Moritzburg, 31. Mai 2022
(© Karin Brümmer)


Wasserlinsenzünsler am 16.07.2017 im Tharandter Wald am Jungfernteich.
(© Lothar Brümmer )


Weibchen des Wasserlinsenzünslers. Hochhalde Trages bei Espenhain, Anfang Juni 2017
(© Bernd Garbe)


Langenhanshäger Bach bei Löbnitz (Landkreis Vorpommern-Rügen), 04.11.2020
(© Martin Feike)
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