Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina (Lang, 1789))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Vorderflügellänge 20–22 mm.

Flügeloberseiten orange mit schwarzen Adern sowie schwarzen Flecken, die zu Bändern (Gitterzeichnung) sowie auf dem Hinterflügel großflächig verschmolzen sind, so dass die Falter sehr dunkel wirken. Außenrand schwarz, Fransen schwarz-weiß gescheckt. 

Flügelunterseiten: Vorderflügel orange mit schwarzen Flecken. Hinterflügel mit fünf abwechselnd gelblich-weißen und orangen Bändern, die seitlich von schwarzen Linien und längs von schwarzen Adern durchzogen sind und so einzelne Zellen ergeben. Das äußere orange Band nur matt orange und mit schwarzen Flecken in den Zellen.

Ähnliche Art: Bei Melitaea athalia auf den Oberseiten der Flügel die dunkle Zeichnung meist deutlich weniger verschmolzen und auf der Unterseite der Hinterflügel im äußeren orangen Band leuchtend orange Punkte, die keine schwarzen Punkte enthalten.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Sachsen: vom Aussterben bedroht
Rote Liste Deutschland: gefährdet

Merkmale

Die Falter von M. diamina erreichen eine Flügelspannweite von etwa 32 bis 38 mm. Den deutschen Namen Silberscheckenfalter verdankt M. diamina den hellen silbrig schimmernden Binden auf der Hinterflügelunterseite. Auf der gleichen Flügelseite befinden sich in den Zellen der Postdiskalbinde am oberen Rand oft helle Flecken.
Das männliche Kopulationsorgan besitzt einen Processus posteriores mit nach außen gebogener Spitze und an der Basis einem „umgeknickten Zahn“ sowie unbezahnte Harpen.

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet von M. diamina erstreckt sich vom Norden der Iberischen Halbinsel über die klimatisch gemäßigte Zone bis nach Ostasien in das Amurgebiet. In Europa reicht die Nord-Süd-Ausdehnung von Südskandinavien (62. Breitengrad) bis in den Norden der Balkanhalbinsel (Ebert & Rennwald 1993).

Lebensweise

In Deutschland bildet M. diamina eine Generation, deren Falter von Mitte Mai bis Mitte August fliegen (Settele et al. 2009; Weidemann 1988). In Sachsen liegt die Hauptflugzeit zwischen Mitte Juni und Mitte Juli (Reinhardt et al. 2007). Nur in Teilen des südlichen Verbreitungsgebietes tritt die Art in zwei Generationen auf (Nuß 1998). Als Nektarpflanzen dieser Scheckenfalterart spielen Arnika (Arnica montana), Kratzdistel-Arten (Cirsium spec.), Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), Heilziest (Betonica officinalis) und Sumpf-Pippau (Crepis paludosa) eine Rolle (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007; Settele et al. 2009).
Zur Partnerfindung patrouillieren die Männchen sehr ausdauernd in geringer Höhe über der Vegetation (Reinhardt et al. 2007; Wahlberg 1997).
Die Eiablage findet in Gelegen an der Blattunterseite der Larvenwirtspflanzen statt, wobei in der Regel keine blühenden Pflanzen genutzt werden (Wahlberg 1997). Ein Gelege kann zwischen 30 bis 200 Eiern beinhalten, wobei an einer Pflanze häufig mehrere Gelege abgelegt werden (Wahlberg 1997). Zunächst fressen die jungen Larven gesellig in einem Gespinst an der Wirtspflanze, wobei sie in der Regel die Epidermes verschmähen (Reinhardt et al. 2007; Wahlberg 1997). Nach der Überwinterung, die ebenfalls in kleinen Gruppen stattfindet, vereinzeln sich die Larven (Wahlberg 1997). Als sichere Wirtspflanzen gelten Echter und Kleiner Baldrian (Valeriana officinalis, Valeriana dioica), daher stammt auch der deutsche Name Baldrian-Scheckenfalter (Ebert & Rennwald 1993; Wahlberg 1997; Weidemann 1988). Dagegen bestehen über weitere Futterpflanzen wie Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) sowie Hain- und Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum nemorosum, Melampyrum pratense) Zweifel, ob diese Pflanzen im Freiland gefressen werden (Ebert & Rennwald 1993). Wenn die Larve erwachsen ist, besitzt sie eine Länge von 18 mm, eine schwarze Grundfarbe mit weißer Äderung und gelben sowie an der Spitze weißlichen Scheindornen (Lenz 1917; Wahlberg 1997; Weidemann 1988). Die Stürzpuppe von M. diamina besitzt eine weiße Grundfarbe mit schwarzen und auf der dorsalen Seite ebenfalls orangenen Flecken (Lenz 1917; Wahlberg 1997; Weidemann 1988). Sowohl bei den Larven als auch Puppen besteht eine hohe Verwechslungsgefahr mit den anderen Arten aus der Gattung Melitaea (Reinhardt et al. 2007).
Nach den Beobachtungen von Wahlberg (1997) lebt die sehr standorttreue M. diamina häufig in einem Metapopulationssystem, in dem keine starke Kernpopulation existiert.

Lebensräume

In Sachsen beschränken sich die M. diamina Vorkommen auf feuchte oder nasse Standorte, während in anderen Bundesländern auch trockene Biotope (Halbtrockenrasen) besiedelt werden (Reinhardt et al. 2007). Zu den Lebensräumen von M. diamina gehören Feuchtwiesenkomplexe oft im Randbereich von Mooren, Niedermoorvegetation sowie Kohldistel- und Binsenwiesen an Waldrändern oder auf Waldlichtungen (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007). Im Bergland nutzt die Art ebenfalls Arnika- oder blütenreiche Glatthafer-Wiesen (Ebert & Rennwald 1993).
Die Falter halten sich vor allem in blütenreichen Beständen der Reproduktionshabitate auf, die ein ausreichendes Vorkommen von Baldrian (Valeriana spec.) besitzen müssen (Reinhardt et al. 2007).

Bestandssituation

Die Gefährdung von M. diamina lässt sich auf den Verlust von potenziellen Lebensräumen durch Aufforstung, Umwandlung in Ackerland, Entwässerung und die Aufgabe der extensiven Nutzung und damit Verbrachung und Sukzession der Feuchtwiesen zurückführen. Schutzmaßnahmen für diese Art sollten die genannten Faktoren ausschalten. Außerdem nimmt die Erhaltung von Streuwiesen mit einer einschürigen Mahd im mehrjährigen Turnus, bei der staudenreiche Säume und Randstreifen erhalten bleiben, eine wichtige Rolle ein (Ebert & Rennwald 1993; Reinhardt et al. 2007).
Historisch kam M. diamina in Sachsen in allen drei Großlandschaften vor. Die Bestandsentwicklung in Sachsen ist stark negativ und die Populationsdichte der Restvorkommen im Vogtland und im westlichen oberen Erzgebirge gering (Reinhardt et al. 2007).

Literatur

  • Ebert, G. & E. Rennwald 1993: Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1: Tagfalter 1. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 552 S.
  • Eliasson, C. U. & M. R. Shaw 2003: Prolonged life cycles, oviposition sites, foodplants and Cotesia parasitoids of Melitaeini butterflies in Sweden. – Oedippus 21: 1–52.
  • Lenz, F. 1917: Über die Melitaeen der Umgegend Münchens, ihre Raupen und ihre Puppen. – Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft 8: 26–39.
  • Reinhardt, R., Sbieschne, H., Settele, J., Fischer, U. & G. Fiedler 2007: Tagfalter von Sachsen. In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.): Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11, Dresden. 695 S.
  • Settele, J., R. Feldmann & R. Reinhardt 1999: Die Tagfalter Deutschlands. – Eugen Ulmer, Stuttgart. 452 S.
  • Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R., Feldmann, R. & G. Hermann (Hrsg.) 2009: Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands. 2. Aufl. – Ulmer, Stuttgart. 256 S.
  • Wahlberg, N. 1997: The life history and ecology of Melitaea diamina (Nymphalidae) in Finland. – Nota Lepidopterologica 20 (1/2): 70-81.
  • Weidemann, H.-J. 1988: Tagfalter. Band 2 Biologie - Ökologie - Biotopschutz. – Neumann-Neudamm, Melsungen. 372 S.

Links

Autor(-en): Susanne Kurze, Matthias Nuß. Letzte Änderung am 26.04.2016

Baldrian-Scheckenfalter am 25.06.2015 am Ufer der Altmühl (Bayern)
(© Eva-Maria Bäßler)


Trockenaue des Rheines bei Griesheim im Mai 2003 (Baden-Württemberg, Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald)
(© Michael Münch)


Elterlein, NSG Hermannsdofer Wiesen, 06.07.2019
(© Uwe Kaettniß)


Männliches Kopulationsorgan von Melitaea diamina, Sarajevo, Bosnien, MTD (prep. S. Kurze)
(© Susanne Kurze)
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