Alpenstrauchschrecke (Pholidoptera aptera (Fabricius, 1793))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: Männchen: 20–22 mm, Weibchen: 22–25 mm.

Körperfarbe beim Männchen braun-schwarz bis rotbraun, beim Weibchen weniger kontrastreich von grau bis schwarzbraun, Bauch bei beiden Geschlechtern gelb gefärbt.

Kopf: Fühler länger als Körper.

Thorax: Halsschildseiten schwarz, am Hinterrand mit breiten gelb-weißen Band gesäumt; Flügel der Männchen etwa so lang wie Halsschild und gelbbraun gefärbt, Flügel der Weibchen überrangen Halsschild nur ein bis zwei Millimeter; Hinterschenkel unterseits leuchtend weiß; Cerci der Männchen gerade und an der Basis gezähnt; Legeröhre der Weibchen entspricht etwa Körperlänge und ist schwach gebogen.

Gesang der Männchen: unverkennbarer Gesang, welcher aus einzelnen Versen mit drei bis vier „zri“-Silben und anschließender Pause besteht. Nachts kommt es häufig zu Wechselgesängen zwischen mehreren Männchen, bei dem ein Männchen in der Pause des anderen singt. Der Gesang ist bis zu 70 Meter weit hörbar und wird ab Nachmittag bis weit in die Nacht vorgetragen.

Ähnliche Art: Bei der Gewöhnlichen Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) sind die Halsschildseiten hinten mit einem dünnen hellen Band gesäumt, bei den Männchen sind die Flügel kaum so lang wie der Halsschild und bei den Weibchen ist die Legeröhre kurz und Sensenförmig.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Sachsen: extrem selten
Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Verbreitung

Die Alpenstrauchschrecke ist eine Art der Gebirge Mittel- und Südeuropas. Das Areal erstreckt sich von Frankreich bis Bulgarien und Ungarn und umfasst insbesondere die Gebirgsmassive des Zentralmassivs, der Alpen, der Apenninen, des Dinarischen Gebirges, der Karpaten und des Balkans. Über dieses relativ geschlossene Areal hinaus existieren mehrere nördliche Exklaven, so im Bayrischen Alpenvorland bei München und Passau, in der Tschechischen Republik in Litomerice, in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz sowie in Polen. 
Die Verbreitung der Alpenstrauchschrecke in Sachsen beschränkt sich auf ein kleines Areal in der Sächsischen Schweiz. Hier ist die Alpenstrauchschrecke rund um den aus Basalt bestehenden Gipfel des Großen Winterbergs vor allem in einer Höhe von 500 bis 550 m ü. NN. Das Vorkommen reicht über die Deutsch-Tschechische Grenze hinaus in die Böhmische Schweiz hinein. Besiedelt ist hier z.B. der Růžovský vrch (Rosenberg) (E.-M. Bäßler) und der Mlýnský vrch (Mühlenberg) (M. Wilhelm, Beleg in SNHD).

Lebensweise

Die Alpenstrauchschrecke besitzt nach Ingrisch & Köhler (1998) eine mindestens zweijährige Entwicklungszeit, wobei die Eier ein Jahr überdauern und frühestens im übernächsten Frühjahr schlüpfen. Zum Auftreten der Larven liegen aus Sachsen keine Daten vor, die vorliegenden Daten umfassen nur Sichtbeobachtungen und akustische Nachweise von Imagines. Diese treten von Juni bis September auf.
Der bis zu 70 Meter weit zu hörende, vier Sekunden lange Gesang der Männchen ist vornehmlich ab Mittag bis in die späten Abendstunden hinein zu vernehmen. Die Geschwindigkeit variiert je nach Temperatur. So werden bei hohen Temperaturen bis zu 9 Verse pro Sekunde erzeugt, bei tiefen Temperaturen nur noch 2-3. Die gut abgesetzten Verse werden zu unterschiedlich langen Strophen zusammengesetzt. Das Frequenzspektrum reicht vom hörbaren Bereich bis weit in den Ultraschallbereich hinein und zeigt ein Maximum bei ca. 8-16 kHz (Roesti & Rutschmann 2015). Sind mehrere Männchen anwesend, kann sowohl ein Wechselgesang als auch eine Synchronisation der Gesänge auftreten (Stadelmann 2003, Roesti & Rutschmann 2015). Die Männchen verstummen, sobald sich Beobachter nähern und lassen sich in die Vegetation fallen. Die in Sachsen beobachteten Fluchtdistanzen bei vorsichtigem, langsamen und möglichst lautlosem anschleichen liegen bei über 2 Metern.

Lebensräume

Die Alpenstrauchschrecke ist typische Art der Waldränder, Lichtungen, Schlagfluren und natürlichen Störstellen in Wäldern. Der Lebensraum ist gekennzeichnet durch ein reiches Vorkommen an Hochstauden sowie einer Durchsetzung mit Gebüschen oder niedrig wachsenden Bäumen. In Sachsen werden vorwiegend Waldwiesenbrachen sowie lichte Waldränder besiedelt, die sich durch ein reiches Vorkommen von Hochstauden und Brombeergebüschen auszeichnen. Zudem ist häufig Carex brizoides in der Bodenvegetation dominant. Die Alpenstrauchschrecke profitiert von Borkenkäfer- und Sturmschäden, da hierdurch neue, lichte Waldstrukturen entstehen, die bis zur Wiederbewaldung besiedelt werden können.

Bestandssituation

Die Alpen-Strauchschrecke ist eine in Sachsen extrem seltene Art und kommt nur sehr lokal vor. Das einzige Vorkommen Sachsens liegt im Nationalpark Sächsischen Schweiz. Auf Grund ihrer Seltenheit ist eine potentielle Gefährdung anzunehmen. Gefährdungen können vor allem aus einer Nutzungsintensivierung der besiedelten Habitate entstehen (häufige Mahd, großflächige Entbuschungsmaßnahmen ebenso wie Aufforstungen der besiedelten Waldlichtungen). Auch die natürliche Sukzession kann zu einem Verlust von Habitaten führen. Durch das Zulassen natürlicher Walddynamik mit einem hohen Anteil absterbender Bäume und dem tolerieren von Schadereignissen wie Windwürfen und Borkenkäfer-Schadflächen kann jedoch die natürliche Entwicklung neuer Habitate im Vorkommensgebiet gefördert werden.

Literatur

  • Börner, J., K. Richter, M. Schneider & S. Straube 1994: Rote Liste Heuschrecken. - In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Radebeul. 12 S.
  • Fischer, J., D. Steinlechner, A. Zehm, D. Poniatowski, T. Fartmann, A. Beckmann & C. Stettmer 2016: Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols - Bestimmen - Beobachten – Schützen. – Quelle & Meyer, 368 S.
  • Klaus, D. & D. Matzke 2010: Heuschrecken, Fangschrecken, Schaben und Ohrwürmer - Rote Liste und Artenliste Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie – Druckerei Wagner GmbH. 36 S.
Autor(-en): Tommy Kästner, Charlotte Kricke. Letzte Änderung am 28.09.2020

Männchen der Alpenstrauchschrecke, Großer Winterberg im Nationalpark Sächsische Schweiz, Juli 2015
(© Tommy Kästner)


Männchen der Alpenstrauchschrecke, Großer Winterberg im Nationalpark Sächsische Schweiz, Juli 2015
(© Tommy Kästner)


Alpenstrauchschrecke, gefunden auf dem Großen Winterberg im Nationalpark Sächsische Schweiz im Juli 2015
(© Tommy Kästner)


Männchen der Alpenstrauchschrecke Anfang Juli 2000 im Ammergebirge westlich Linderhof (Bayern)
(© Michael Münch)


Feldaudioaufnahme. 21°C, Sonnenschein. Sony WM-D3 mit Universum mono, Kassette: UX-Pro60, Kassettennr. SO7/90:320-385. Nachträglich zugeschnitten mit Audacity V. 2.4.2.
(© Sigfrid Ingrisch, DORSA)
Login
Termine (Archiv)
Statistik
  • 495742 Beobachtungen
  • 258766 Onlinemeldungen
  • 3420 Steckbriefe
  • 190501 Fotos
  • 8577 Arten mit Fund
  • 5896 Arten mit Fotos

      

Verwendung von Cookies

Wir verwenden Cookies ausschließlich, um diese Website für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.