Waldgrille (Nemobius sylvestris (Bosc, 1792))

DE Deutschland , DE-SN Sachsen Druckansicht

Diagnose

Körperlänge: Männchen 7–10 mm, Weibchen 9–11 mm.

Körper mit dunkelbrauner Grundfärbung.

Kopf: Gelbe Zeichnung auf der Stirn, deren Linien ein nach unten geöffnetes Fünfeck ergeben.

Thorax: Halsschild hell- und dunkelbraun marmoriert; Hinterschienen innen und außen mit je drei Dornen; Vorderflügel der Männchen reichen etwa bis zur Hälfte des Hinterleibs, Vorderflügel der Weibchen nur bis zum ersten Drittel des Hinterleibs.

Hinterleib: Legeröhre der Weibchen dünn, gerade und knapp körperlang.

Gesang der Männchen: mäßig laute Verse, die in unterschiedlichen Abständen aneinander gereiht werden. Die Versdauer ist recht variabel, was dem Gesang einen stotternden Charakter verleiht. Der wohlklingende Gesang erinnert entfernt an das Gurren von Tauben, ähnelt aber bei gewissen Bedingungen auch dem Gesang des Weinhähnchens (Oecanthus pellucens).

Ähnliche Arten: Das Heimchen (Acheta domesticus) besitzt eine leicht hellere, braune Färbung sowie dornartig verlängerte Hinterflügel.

Gesetzlicher Schutz und Rote Liste

Rote Liste Sachsen: Vorwarnliste
Rote Liste Deutschland: ungefährdet

Merkmale

Verbreitung

Von Großbritannien und Frankreich bis zur Ukraine, südlich bis Portugal, Spanien und Italien sowie Algerien (OSF, PESI).

Lebensweise

Die Eiablage der etwa 150 Eier erfolgt Anfang August einzeln in die obersten Bodenschichten unterhalb des Falllaubes. Die Art besitzt einen zweijährigen Entwicklungszyklus, dabei überstehen die Eier den Winter in einer Diapause und der Schlupf der Larven erfolgt im Juni bis September des darauffolgenden Jahres. Im Anschluss überwintern die Larven im fünften oder sechsten Larvenstadium. Insgesamt durchlaufen die Larven etwa neun Larvenstadien. Adulte treten ab Juni beziehungsweise Juli bis Oktober auf, mit Hochzeit im August. Larven können das ganze Jahr über gefunden werden. Die Tiere sind ausgesprochen flink und können sich daher bei Annäherung sofort in die tieferen Bereiche der Falllaubschicht zurückziehen (Krach 2003; Fischer et al. 2016).
Die Waldgrille ernährt sich überwiegend herbivor von abgefallenem und bereits in Abbau begriffenem Laub verschiedener Gehölze. Pilze, Fallobst, überreife Beeren, Blattgallen und tote Insekten zählen ebenfalls zum Nahrungsspektrum der Tiere. In Gefangenschaft wurde beobachtet, wie sie sich auch von Jungspinnen und Blattläusen ernähren (Krach 2003).

Lebensräume

Überwiegend halten sich die Tiere im Falllaub auf, wo unter der trockenwarmen Oberfläche eine höhere Luftfeuchtigkeit herrscht. Anzutreffen ist die Art an Rändern von Laub- beziehungsweise Mischwäldern, in Feldgehölzen sowie gehölzreichen Magerrasen und Kalkmagerrasen, Wirtschaftsgrünland, Steinbrüchen und Kiesgruben. Besonders Eichenwälder werden bevorzugt. Trotz der Besiedlung von warmen, sonnigen und südexponierten Lebensräumen ist die Art relativ empfindlich gegen Austrocknung und bevorzugt eine Temperatur von 20 bis 25 °C (Krach 2003; Fischer et al. 2016).

Bestandssituation

Die Waldgrille wird in der Vorwarnliste geführt (Klaus & Matzke 2010). Sie ist aktuell nicht gefährdet, negative Bestandstrends sind jedoch zu verzeichnen.

Literatur

  • Börner, J., K. Richter, M. Schneider & S. Straube 1994: Rote Liste Heuschrecken. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Radebeul. 12 S. 
  • Brouwers, N. C. & A. C. Newton 2010: The influence of barriers and orientation on the dispersal ability of wood cricket (Nemobius sylvestris) (Orthoptera: Gryllidae). – Journal of Insect Conservation 14 (3): 313–317.
  • Fischer, J., D. Steinlechner, A. Zehm, D. Poniatowski, T. Fartmann, A. Beckmann & C. Stettmer 2016: Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols - Bestimmen - Beobachten – Schützen. – Quelle & Meyer, 368 S.
  • Klaus, D. & D. Matzke 2010: Heuschrecken, Fangschrecken, Schaben und Ohrwürmer - Rote Liste und Artenliste Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie – Druckerei Wagner GmbH. 36 S.
  • Köhler, G. & J. Samietz 2006: Semivoltine Entwicklung der Waldgrille, Nemobius sylvestris (Bose), an ihrem mitteldeutschen Arealrand. – Articulata 21: 183–194.
  • Krach, S. 2003: Waldgrille Nemobius sylvestris (Bosc, 1792). S. 154–156. – In: H. Schlumprecht & G. Waeber, Heuschrecken in Bayern. – Eugen Ulmer, Stuttgart.

 

Autor(-en): Tommy Kästner, Matthias Nuß, Jennifer Wintergerst, Charlotte Kricke. Letzte Änderung am 13.10.2020

Männliche Waldgrille, Niederschlesische Oberlausitz nahe Weißwasser, 12.10.2008
(© T. Kästner)


Weibliche Waldgrille, Niederschlesische Oberlausitz nahe Weißwasser, 12.10.2008
(© T. Kästner)


Larven der Waldgrille, Bad Muskau (sehr weit östlich gelegenes Vorkommen der Art am östlichen Arealrand), Mai 2014
(© Tommy Kästner)


Waldgrille , Dresden, Nov 2019
(© Andreas Post)


Feldaudioaufnahme. Bad Muskau, 03.10.2020. Zoom H6, SGH-6 Shotgun Mic Capsule, in der Lautstärke verstärkte Aufnahme.
(© Tommy Kästner)
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