Neue Rote Liste Deutschlands erschienen

22.03.2022

Die Roten Listen beschreiben die Gefährdungssituation der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und stellen mit ihren Gesamtartenlisten eine Inventur der Artenvielfalt dar. Sie werden etwa alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz für ganz Deutschland herausgegeben. Die neueste Rote Liste ist Band 5 des acht Bände umfassenden Gesamtwerkes und der letzte Sammelband der 2009 begonnenen Reihe. Er ist nach Band 3 und 4 der dritte Band, in dem wirbellose Tiere betrachtet werden. Die im Band 5 vorgelegten Listen sind das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, bei dem die Kenntnisse von mehr als 130 ehrenamtlich Mitwirkenden zu den jeweiligen Arten oder Unterarten für Deutschland zusammengetragen, analysiert und aufbereitet wurden. Eine übergreifende Auswertung aller seit 2009 erschienenen Roten Listen folgt zu einem späteren Zeitpunkt als letzter Teil des Rote-Liste-Zyklus.

In Deutschland sind mehr als 72.000 Arten von Tieren, Pflanzen und Pilzen heimisch. Etwa die Hälfte aller bekannten heimischen Arten sind Insekten. Mit dem in diesem Monat herausgegebenen 3. Teil der Wirbellosen liegen nun insgesamt die Ergebnisse für 14.067 Insektenarten vor. Von diesen stehen 5.324 auf der Roten Liste (38%), von denen 553 ausgestorben oder verschollen (4%) und 794 vom Aussterben bedroht (6%) sind. Für lediglich 3% der Arten konnte eine Verbesserung der Bestandssituation festgestellt werden.

Der Anteil bestandsgefährdeter Arten ist in den artenärmeren Gruppen der Steinfliegen mit 46,4 Prozent und der Eintagsfliegen mit 40,5 Prozent besonders hoch. Arten dieser Gruppen bewohnen Binnengewässer und bevorzugen insbesondere naturnahe Gewässer und Uferbereiche. In den vergangenen 150 Jahren sind die Bestände vieler Arten aufgrund verschmutzter Gewässer zurückgegangen. Davon konnten sich, trotz der deutlich verbesserten Wasserqualität vieler Gewässer in den letzten 25 Jahren, viele Bestände noch nicht vollständig erholen, insbesondere bei den Steinfliegen. Zudem sind die Larven beider Gruppen durch zahlreiche weitere vom Menschen verursachte Störungen in ihrem aquatischen Lebensraum gefährdet. „Der hohe Anteil bestandsgefährdeter Arten unter den aquatischen Insekten zeigt dringenden Handlungsbedarf: Um die besonders gefährdeten wassergebundenen Insektenarten wie Libellen, Steinfliegen und Eintagsfliegen und ihre Lebensräume besser zu schützen, müssen wir die Belastung der Gewässer weiter verringern, Gewässer naturnäher gestalten sowie naturnahe Gewässer und ihre Uferbereiche erhalten“, so BfN-Präsidentin Riewenherm.

Bei den Blatthornkäfern sind die Ursachen für die Bestandsrückgänge so unterschiedlich wie deren Lebensweise. Arten des Offenlandes und der halboffenen Landschaften sind beispielsweise vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch durch weitere Ursachen gefährdet. Auf dungfressende Arten wirkten sich unter anderem die Aufgabe der Weidewirtschaft zugunsten von Stallhaltung, die Flurbereinigung und Medikamentenzusätze in der Tierzucht negativ aus.

Insektengruppen, für die alle oder ein Teil der Arten im Rahmen der Roten Listen Deutschlands bearbeitet wurden:
Eintagsfliegen (Ephemeroptera): 122 Arten
Fransenflügler (Thysanoptera): 230 Arten
Hautflügler (Hymenoptera): 1431 Arten
Heuschrecken (Orthoptera): 85 Arten
Käfer (Coleoptera): 6143 Arten
Kamelhalsfliegen (Raphidioptera): 10 Arten
Köcherfliegen (Trichoptera): 315 Arten
Libellen (Odonata): 81 Arten
Netzflügler (Neuroptera): 107 Arten
Ohrwürmer (Dermaptera): 8 Arten
Schaben (Blattodea): 12 Arten
Schlammfliegen (Megaloptera): 3 Arten
Schmetterlinge (Lepidoptera): 1724 Arten
Steinfliegen (Plecoptera): 125 Arten
Wanzen (Heteroptera): 895 Arten
Zikaden (Auchenorrhyncha): 635 Arten
Zweiflügler (Diptera): 2141 Arten


Literatur
  • Binot-Hafke, M., S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch 2012 („2011“): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3).
  • Gruttke, H., S. Balzer, M. Binot-Hafke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Ries 2016: Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 4: Wirbellose Tiere (Teil 2). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (4).
  • Ries, M., S. Balzer, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig & G. Matzke-Hajek 2022: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 5: Wirbellose Tiere (Teil 3). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (5).
Die drei Rote-Liste-Bände wurden vom Bundesamt für Naturschutz herausgegeben und sind beim Landwirtschaftsverlag Münster erhältlich. Die Daten stehen zudem als Download auf der Webseite des Rote-Liste-Zentrums zur Verfügung.
Pressemitteilung des BfN vom 16. März 2022: Neue Rote Liste: Mehr als ein Viertel der Insekten-Arten bestandsgefährdet

 
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