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Lars Chittka: Im Cockpit der Biene – Wie sie denkt, fühlt und Probleme löst


07.04.2024

Lars Chittka 2024: Im Cockpit der Biene – Wie sie denkt, fühlt und Probleme löst. Deutsche Übersetzung von Karin Fleischanderl. – Folio Verlag, Wien und Bozen. 323 S. Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel The Mind of a Bee bei Princeton University Press.

Möchte man den gemeinsamen Ursprung der Entwicklungslinien von Insekten und uns Menschen ergründen, muss man den Stammbaum des Lebens hinab in die Erdgeschichte bis in die Zeit vor 680 Millionen Jahren klettern, als sich die Zweiseitentiere (Bilateria) in die Urmundtiere (Protostomia) und die Neumundtiere (Deuterostomia) auftrennten. Aus den Urmundtieren gingen später u.a. die Insekten und aus den Neumundtieren u.a. die Wirbeltiere hervor (Dohrmann & Wörheide 2017). Nach 680 Millionen Jahren getrennter Evolution besitzen Insekten und Wirbeltiere zwar sehr verschiedene ‚Nervenkostüme‘, aber aufgrund ihrer gemeinsamen Abstammung auch einige grundlegende Gemeinsamkeiten wie z. B. Synapsen, die Erregung nur in eine Richtung weiterleiten und ein zentrales Nervensystem (Lecointre & Le Guyader 2001). Anders als Wirbeltiere besitzen Insekten ein Außenskelett und sehen mit Komplexaugen, die aus vielen Einzelaugen (Ommatidien) bestehen. Wir Menschen nehmen Insekten visuell daher quasi als kleine ‚Ritter‘ in Rüstung mit heruntergelassenem Visier und somit ohne Mimik wahr. In ihrem gesamten inneren und äußeren Körperbau sind Insekten im Vergleich zu uns derart verschieden, dass Lars Chittka, Professor of Sensory and Behavioural Ecology an der Queen Mary University of London, sie respektvoll auch als ‚irdische Aliens‘ bezeichnet.

In seinem jetzt auf Deutsch erschienenen Buch „Im Cockpit der Biene“ nimmt der Autor uns mit auf eine Entdeckungsreise zum Bewusstsein der Bienen. Lange schon interessieren sich Menschen für die Frage, ob Tiere einschließlich Bienen ein Bewusstsein haben. Aber detaillierte Beobachtungen über das Verhalten von Bienen und daraus gezogene Überlegungen zur Intelligenz von Bienen gingen über lange Zeit nicht in das Bewusstsein einer breiten menschlichen Öffentlichkeit über. Es fehlten die wissenschaftlichen Beweise. Genau an diesem Punkt hat sich in den letzten drei Jahrzehnten viel getan und daran hat auch das wissenschaftliche Wirken von Lars Chittka und seiner Arbeitsgruppe einen großen Anteil. So erfahren wir in seinem Buch aus erster Hand, wie man sich als Wissenschaftler einem ‚irdischen Alien‘ nähert, welchen logischen Gedankengängen die Forscher folgen, welche Fragen sie stellen und wie sie dies in Experimente umsetzen. Nicht immer erhalten sie dabei die erwarteten Antworten und manchmal stellen sich auch ganz unerwartet Ergebnisse ein, etwa, wenn ein noch junger Lars Chittka seinen ersten Arbeitsplatz in einem fensterlosen Kellerraum beziehen darf.

In den einzelnen Kapiteln des Buches nimmt uns Lars Chittka Schritt für Schritt in die Sinneswelt der Bienen mit. Logisch aufeinander folgend beschreibt er die vielfältigen Sinne der Bienen und welche Umweltinformationen sie damit aufnehmen, gefolgt vom vielfältigen Repertoire angeborener Verhaltensweisen und ihrem Einfluss auf Psyche und Lernverhalten. Im nächsten Schritt erfahren wir, warum die Grundlage der Intelligenz der Bienen in ihrer ortsgebundenen Lebensweise zu suchen ist. Weiter geht es zur räumlichen Vorstellung der Bienen und zur grundlegenden Notwendigkeit, die Lage von Blumen, Farben und Gerüchen zu erkennen sowie während ihres kurzen Lebens Regeln und Konzepte für eine effiziente Nutzung der Ressourcen zu entwickeln. „Mittlerweile wissen wir, dass Bienen große Intelligenz besitzen, die sich jedoch von der anderer Tiere, auch des Menschen, grundsätzlich unterscheidet. Egal, über welche spezifischen Lösungsstrategien sie verfügen, Bienen besitzen kognitive Fähigkeiten, die man bis vor Kurzem für ein Privileg von Wirbeltieren mit viel größeren Hirnen hielt.“ Dann geht es weiter zum sozialen Lernen. Schon Darwin vermutete, dass Bienen voneinander lernen können, aber es musste noch das gesamte 20. Jahrhundert vergehen, bevor dies experimentell bewiesen wurde. Bienen können eine überraschend große Menge an Informationen erwerben, in dem sie andere Bienen, nicht nur solche der gleichen Art, beobachten. Ausgestattet mit diesem Grundlagenwissen geht es nun zum Mini-Nervensystem der Bienen und zu der Frage, wie dieses eine derartige Komplexität tragen kann. Danach erfahren wir, dass es auch bei Bienen unterschiedliche Persönlichkeiten gibt und welche individuellen Verhaltensunterschiede daraus resultieren. Schließlich kommt Lars Chittka zur wohl schwierigsten Frage: Haben Bienen ein Bewusstsein? Und welche Schlussfolgerungen müssen wir Menschen für den Schutz der Bienen aus der Wahrscheinlichkeit ziehen, dass sie zumindest ein elementares Gefühlsleben besitzen?

In allen Kapiteln beschreibt Lars Chittka anschaulich, verständlich, nachvollziehbar und mitreißend selbst komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge. An vielen Stellen helfen Illustrationen, Sachverhalte besser zu verstehen. Einem jeden Kapitel stellt er ein Zitat aus historischen Zeiten voran. Es erinnert daran, dass es stets Menschen gab, die keinen Zweifel an kognitiven Fähigkeiten der Bienen hatten. Auf dem Weg zu unserem heutigen Wissensstand gab es viele Forscherpersönlichkeiten, die große Entdeckungen veröffentlichten. Aber nicht für alle von ihnen resultierte daraus ein glückliches Leben und manche erfuhren zu Lebzeiten nicht einmal davon, dass ihre wissenschaftliche Leistung schließlich Beachtung fand. Deshalb ist dieses Buch so wichtig: Es informiert uns allgemeinverständlich über den Wissensstand zum Bewusstsein der Bienen. Mit diesem Wissen werden aus den entomologischen Forschungsobjekten Individuen, und unser Bewusstsein darüber wird die Entomologie nach den vielen technischen Innovationen der letzten Jahrzehnte wie der Molekularbiologie, der digitalen Makrofotografie und jetzt der Künstlichen Intelligenz weiter verändern. 

Man mag dieses Buch lesen und sich von der Spannung tragen lassen, stets neugierig darauf, was die nächsten Seiten an neuen Erkenntnissen zutage fördern werden. Man kann es aber auch studieren, und wem die Lektüre dafür noch zu kurz erscheint, der findet am Ende des Buches ein 40-seitiges Literaturverzeichnis, das für einen ersten Einstieg in diese Wissenschaft mehr als genügen sollte. Schließlich findet sich ein Inhaltsverzeichnis, über das man schnell an die indizierten Orte des Buches gelangt.

Nach dem Lesen dieses Buches bleibt ein großes Staunen über die komplexen Leistungen, die Bienen mit ihrem winzigen Nervensystem während ihrer sehr kurzen Lebensdauer vollbringen. Beeindruckend sind die Beschreibungen zu Struktur, Komplexität und Funktionalität ihres Nervensystems. Lars Chittka resümiert dazu: „Vielleicht ist eine auf Bewusstsein basierende allgemeine Intelligenz nicht nur flexibler bei der Problemlösung, sondern erfordert auch weniger Hirnleistung, ist somit weniger aufwendig und erfordert weniger Hirnzellen."

Danke für dieses Buch! (mn)



Weiterführende Quellen




Der Insekten Sachsen Jahresrückblick 2023


31.12.2023
Insekten Sachsen hat sich 2023 erfolgreich weiterentwickeln können. Wie in den Jahren zuvor führten wir einen Frühjahrs- und Herbstworkshop durch und unser Sommertreffen führte uns ins Lausitzer Oberland nach Sohland. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Exkursionen des Sommertreffens gaben 1.143 Fundmeldungen für 534 Insektenarten ein. Insgesamt gab es in diesem Jahr 36.789 Onlinemeldungen, so viel wie in keinem Jahr zuvor. Über Weihnachten ging auf Insekten Sachsen die insgesamt 250.000. Onlinemeldung ein. Für unsere Qualitästprüferinnen und -prüfer ist das eine immense quantitative Herausforderung. Wir haben 2023 deshalb eine KI-gestützte Qualitätsprüfung implementiert, mit der wir im kommenden Jahr etwa 40% aller eingehenden Fundmeldungen automatisch verifizieren und freigeben können. Die genutzte KI wurde im Naturalis Biodiversity Center in Leiden (Niederlande) entwickelt und wird es ermöglichen, viele Fundmeldungen zeitnah zu veröffentlichen. Die Qualitätsprüferinnen und -prüfer gewinnen damit Zeit für all jene Arten, die den fachkundigen Blick erfordern.  

Forschritte gab es auch im Rahmen der Kooperation mit dem Projekt Nationale Forschungsdateninfrastruktur für Biodiversität (NFDI4Biodiversity). Im Rahmen dieses Projektes ist Insekten Sachsen eines von 26 Use Cases – Pilotprojekte, in denen erprobt wird, wie sich Daten mobilisieren, Standards etablieren oder Speicherinfrastrukturen aufbauen lassen. Für Insekten Sachsen wurde die Datenstruktur an internationale Standards angepasst und entsprechend unseren Datenschutzregeln die Datenweitergabe nach GBIF erleichtert und automatisiert. Diese Daten können im Lebendigen Atlas Natur Deutschland (LAND) eingesehen und mit verschiedenen Tools analysiert werden.

Für alle Libellenarten wurden die Diagnosen von Susanne Kurze überarbeitet. Nach den Tagfaltern und Heuschrecken sind die Libellen nun die dritte Insektengruppe, die mit allen Arten in unserer App vertreten ist. Dank finanzieller Förderungen durch die Erika und Walter Datz-Stiftung und die Sächsische Landesstiftung für Natur und Umwelt konnten wir von Reinhard Weidlich aus Chemnitz die Nutzungsrechte für 750 Filme lebender Käfer erwerben. Darunter sind auch Arten, die wir damit erstmals mit einem Bild im Insekten Sachsen-Portal zeigen können.

Hinter all diesen Zahlen steckt sehr viel Engagement! Daher möchte ich mich ganz herzlich bei all jenen bedanken, die ihre Insektenbeobachtungen eingegeben haben sowie bei den Qualitästprüferinnen und -prüfern, die in ihrer Freizeit diese Daten prüfen, bei Bedarf korrigieren und dann freigeben. Herzlichen Dank an Martina Görner und Gert Schulze für die Organisation unseres Sommertreffens. Sie wurden bei den Exkursionen vor Ort von Konrad Thomas und Winfried Löbmann unterstützt. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich auch bei unseren Kooperationspartnerinnen und -partnern, dem Team von NFDI4Biodiversity, den Programmierern der Kunert Business Software GmbH in Leipzig, dem KI-Team von Naturalis in Leiden sowie für die finanzielle Unterstützung durch das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, die Erika und Walter Datz-Stiftung und die Sächsische Landesstiftung für Natur und Umwelt.

Ich wünsche allen im neuen Jahr viel Gesundheit und Frieden, und freue mich auf eine weitere gute Zusammenarbeit.

Im Namen des Insekten Sachsen-Teams
Ihr/Euer
Matthias Nuß


Exkursion während des Sommertreffens im Lausitzer Oberland. Foto: Tilmann Adler.



Smarte Insekten


13.10.2023

Wespen, Bienen, Hummeln oder Ohrwürmer sind hochintelligent. Sie können Gesichter erkennen, perfekt navigieren und schwierige Denkaufgaben lösen.

Neueste Forschung zeigt: Wir haben Insekten lange unterschätzt. Hummeln etwa bestehen Verhaltenstests, die auch intelligente Krähen schaffen. Sie nutzen Werkzeuge, um an Zuckerwasser in einer Kunstblüte zu kommen.

Reise in den Mikrokosmos der intelligenten Insekten
Die Verhaltensbiologin Elizabeth Tibbetts wundert sich immer wieder, wie viel Papierwespen lernen und verstehen. "Sie sind zwar keine Universalgenies wie Künstler, aber in ihren Bereichen sind sie brillant", sagt die Forscherin der Universität von Michigan. Die Tiere können Gesichter abspeichern, Kämpfe von Gegnerinnen analysieren und strategisch denken. Denksportaufgaben, die selbst Kleinkinder nicht lösen können, bewältigen sie.
Hummeln, die mit ihnen verwandten Bienen und Papierwespen sind nur drei von fast einer Million Insektenarten weltweit. Aber bei diesen Spezies ist sich die Wissenschaft einig: Das Bild von roboterhaften Wesen ohne Intelligenz, die nur zum Fressen, zum gefressen werden oder zum Zeugen von Nachwuchs existieren, ist veraltet.

Von mutig bis zickig
Unter, über und neben uns leben winzige Tiere, die lernfähig sind und smart agieren, die Bilder, Formen, Farben und Erfahrungen in ihrem Gehirn abspeichern können. Lange Zeit war die Ansicht verbreitet, intelligentes Verhalten bei Insekten sei auch deswegen überflüssig, weil die meisten im Schnitt nur wenige Wochen leben.
Ohrwurmbabys mit einer Lebenserwartung von circa einem Jahr lernen offenbar von ihren Müttern die richtige Brutpflege. Was noch überraschender ist: Insekten eines Geleges können sogar unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale ausprägen. Bei Meerrettichblattkäfern etwa sind manche mutiger als ihre Artgenossen. Und "Papierwespen sind so zickig wie die Protagonisten der Streaming-Serie 'Game of Thrones'", hat Evolutionsbiologin Elizabeth Tibbetts beobachtet. Die Tiere würden Intrigen schmieden, Kolleginnen verraten, und der Kampf um die Rolle der Königin würde bis aufs Blut ausgetragen.
Dass die Welt der Insekten vielschichtiger ist als angenommen, hat offenbar einen Grund: Eine Spezies, deren Individuen divers sind, kann sich besser an Umweltveränderungen anpassen - und das ist ein evolutionärer Vorteil für das Überleben der Art.

Dokumentarfilm
Buch und Regie: Berndt Welz
Produktion: Dokutopia im Auftrag von ZDF und 3sat
Erstausstrahlung: 12.10.2023, verfügbar in der 3sat mediathek bis 31.08.2028



Ein Quadratmeter für eine grünere Welt


04.05.2023
Der heutigen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ liegt eine Saatguttüte mit einer Blumenmischung für einen Quadratmeter bei. Damit startet eine deutschlandweite Mitmachaktion zur Förderung von Insekten. Es wird dazu aufgerufen, das Saatgut auf einem Quadratmeter im Garten oder auf dem Balkon auszubringen. Im Sommer wird es dann zwei Bioblitze geben, im Rahmen derer die Mitmachenden die Insekten auf den Blüten dieses Quadratmeters fotografisch dokumentieren. Anhand der eingesendeten Fotos werden die Insektenarten von Entomologinnen und Entomologen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung bestimmt und die Ergebnisse ausgewertet.

Private Gärten in Deutschland sind ein wichtiger Bestandteil der grünen Infrastruktur in Siedlungsgebieten. Die gesamte Fläche aller Privatgärten ist identisch zur Fläche aller Naturschutzgebiete in Deutschland und aufgrund der verstreuten Lage der Gärten im Siedlungsraum können sie ein Habitatmosaik für viele einheimische Arten bilden. Bislang aber fehlen in vielen Gärten Strukturen, die Insekten fördern und gepflasterte Höfe, Schottergärten und kurzgeschorene Rasenflächen bieten ihnen gar keinen Lebensraum. Ein Quadratmeter Blumenmischung soll ein Anfang sein, aktiv für Insekten im eigenen Garten oder auf dem Balkon zu werden.

Es werden zwei unterschiedliche Saatgutmischungen ausgegeben: eine Feldblumenmischung mit Arten, die als Kräuter angebaut werden oder als Begleitflur in der Kulturlandschaft wachsen sowie eine Wildblumenmischung mit Arten, die in artenreichen Wildblumenwiesen vorkommen. Das Saatgut für die Aktion wurde von der Rieger-Hofmann GmbH bezogen. In beiden Mischungen sind auch zwei- und mehrjährige Pflanzenarten enthalten. Es wird empfohlen, den Quadratmeter für mehrere Jahre zu belassen, damit dort Insekten nicht nur zum Blütenbesuch kommen, sondern sich auch überjährig entwickeln können. Nur so kann der Quadratmeter ein Lebensraum für Insekten werden. Im Rahmen des Bioblitzes soll dann auch analysiert werden, ob beide Mischungen ähnlich oder unterschiedlich zur Förderung von Insekten geeignet sind.

Wie man das Saatgut ausbringt erfährt man in der heutigen Druckausgabe der Wochenzeitung sowie bei ZEIT ONLINE unter zeit.de/1qm. Dort wird es auch regelmäßig Informationen rund um das Thema geben und es ist zu empfehlen, sich für den Green-Newsletter und die "1 m² Grün"-Sonderausgabe zu registrieren, die man dann jeden Donnerstag bzw. Samstag per E-Mail zugesandt bekommt. Wer die Zeitung nicht abonniert oder den Kauf im Zeitungsshop verpasst hat, kann die Samenmischung auch über den ZEIT-Shop (shop.zeit.de/1qm) erwerben. (mn)


zum Weiterlesen:
  • Jan-Uwe Heuser, 3. Mai 2023: Freude am Wachstum – Naturnahes Gärtnern hilft der Artenvielflat und ist ein nachhaltiges Erlebnis für die Menschen selbst. Machen Sie mit! zeit.de



Die Geschichte vom Orangeroten Heufalter


21.04.2023
Ein Dokumentarfilm von Jan Haft

Der Orangerote Heufalter, auch Regensburger Gelbling genannt, war einst weit über Europa bis nach Österreich und Deutschland verbreitet. Was ist passiert, dass es in Regensburg keine Heufalter mehr gibt? In grauer Vorzeit sind Herden mächtiger Pflanzenfresser übers Land gezogen, die durch Abknabbern von Schösslingen und Zweigen einen vielgestaltigen, offenen Lebensraum schufen. In der jüngeren Geschichte sorgten die Bauern mit ihrem Vieh dafür, dass die Heimstatt des Orangeroten Heufalters nicht vom Wald verschlungen wurde. Bis die Landwirtschaft modernisiert und industrialisiert wurde: Im 20. Jahrhundert zogen die Rinder von der Weide in geschlossene Ställe um. Die Schmetterlingswiesen wurden gedüngt oder aufgelassen, das große Aussterben begann. Der Regensburger Gelbling war der Erste, der verschwand.
Auch in Österreich sind die letzten Vorkommen, etwa bei Wien und Linz, der modernen Landwirtschaft zum Opfer gefallen. Die letzten großen Vorkommen des vom Aussterben bedrohten Schmetterlings liegen in Osteuropa. Etwa in Siebenbürgen in Rumänien. Dort vermittelt die traditionelle Landnutzung - und die daraus resultierende Landschaft - noch einen Eindruck, wie es vor langer Zeit auch bei Regensburg und überall in Mitteleuropa ausgesehen hat.
Und hier fliegen die Heufalter noch, in einem Lebensraum, der in puncto Artenvielfalt seinesgleichen sucht. Gebiete, die durch eine vielfältige, extensive Nutzung der Urlandschaft so nahekommen, dass derart empfindliche und spezialisierte Arten ein Auskommen finden.

"Die Geschichte vom Orangeroten Heufalter" ist ein Naturfilm im Gewand eines Roadmovies. Filmemacher Jan Haft und sein Team machen sich auf die Suche nach einem der seltensten Tagfalter Europas.
Das Filmteam um Jan Haft besucht für "Die Geschichte vom Orangeroten Heufalter" je einen Ort in Deutschland und Österreich, wo die Art jüngst verschwunden ist, und findet die europaweit vom Aussterben bedrohte Schmetterlingsart schließlich in Rumänien. Dabei wird klar, was den Falter überall bedrängt: das Verschwinden der extensiven Weidelandschaften, im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft. Nur in Rumänien, im Hochland Transsylvaniens, existieren noch großflächige Allmendeweiden, auf denen Rinder, Wasserbüffel und Pferde in kleinen Stückzahlen grasen, was eine halboffene, von Gehölzen und Wäldchen durchsetzte Wiesenlandschaft erhält.
Ein Lebensraum mit einem ungeahnten Artenreichtum, für den der Orangerote Heufalter Symbol steht. Rinder und Pferde sorgen nicht nur für den Erhalt des seltenen Schmetterlings. Sie schützen die Biodiversität, das Klima und die Landschaft. Wie, das erzählt dieser Film.
 
Regie: Jan Haft, Nautilus Film
Erstausstrahlung am 21.04.23, 18:30–19:20 auf arte

Wiederholung am 04.05.2023 um 10:25
Verfügbar in der arte Mediathek vom 21.04.2023 bis 19.07.2023

Weitere Informationen zum Regensburger Gelbling beim Umweltbundesamt: Erhalt des bedrohten Regensburger Gelblings (Colias myrmidone) in Natura 2000-Gebieten Rumäniens



Insektengerechte Landnutzung in Sachsen


02.04.2023

In einer umfangreichen und zusammenfassenden Rezension haben Sebastian Schuch, Stefan Meyer und Karsten Wesche ausgehend von den Kenntnissen zum Insektenrückgang und den Ursachen für die negativen Veränderungen der einheimischen Insektenfauna Maßnahmen zur Förderung von Insekten sowie Strategien zu deren Umsetzung abgeleitet. Die Autoren benennen relevante Ursachenkomplexe und ordnen diese den Bereichen Agrarland, Gewässer, Wald, urbaner Raum sowie übergeordneten Bereichen zu. Sie weisen ausdrücklich darauf hin, dass keiner der genannten Ursachenkomplexe allein die offensichtlichen Veränderungen in der Insektenvielfalt bedingt und deshalb breit gefächerte und umfassende Ansätze für Gegenmaßnahmen nötig sind. Insbesondere macht das Autorenteam darauf aufmerksam, dass Einzelmaßnahmen allein nicht ausreichend und neue, übergeordnete Strategien erforderlich sind, etwa in den Bereichen der gesetzlichen Raumordnung, der bestehenden sektoralen Beratung und der Förderpolitik.

Mit dieser Rezension empfehlen die Autoren basierend auf dem aktuellen internationalen Kenntnisstand in der Wissenschaft Maßnahmen für die Förderung von Insekten in Sachsen, inklusive einer inhaltlichen und räumlichen Priorisierung. Diese Empfehlungen dienen der weiteren Umsetzung des Handlungskonzepts Insektenvielfalt im Programm Sachsens Biologische Vielfalt 2030 – Einfach machen! und richten sich an alle Akteure des Naturschutzes und der Flächenbewirtschaftung. (mn)


Zur Publikation
Schuch, S., S. Meyer & K. Wesche 2023: Insektengerechte Landnutzung in Sachsen. – Herausgeber: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. 98 S.



Jugendökohaus Dresden nach 30 Jahren ohne Zukunft


22.02.2023
Seit drei Jahrzehnten vermittelt das Jugend-Ökohaus Kenntnisse über einheimische Arten und ökologische Zusammenhänge, hat einen Großteil der heute in Dresden auch beruflich tätigen Artenkenner:innen hervorgebracht und gleicht damit zum Teil aus, was unser Bildungssystem nur unzureichend leistet. Einrichtungen wie das Jugend-Ökohaus sind deshalb von zentraler Bedeutung für die nachhaltige Bewahrung der einheimischen Artenvielfalt. Dies wurde auf einem Workshop in Dresden im Jahr 2019 sowohl allgemein als auch im besonderen für das Jugend-Ökohaus gezeigt. Die Beiträge zu dieser Veranstaltung können hier nachgelesen werden.

In der Dresdner Strategie für biologische Vielfalt (Stadtnatur mit Perspektive, 2021) heißt es: "Dresden kann davon profitieren, dass Studiengänge mit fachlichem Bezug zum Naturschutz vorhanden sind ... und dass für die Naturschutzarbeit im Kinder- und Jugendbildungsbereich umfangreiche fakultative Angebote bestehen (zum Beispiel durch NABU-Naturschutzjugend, Jugend-Ökohaus oder Umweltzentrum Dresden e. V.)".

Im Jahr 2022 aber hat sich der langjährige Träger des Jugend-Ökohauses, das CJD Sachsen-Thüringen im Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands e.V., entschieden, das Jugend-Ökohaus in neue Trägerschaft abgeben zu wollen. Daraufhin erfolgte im August 2022 die Projekt-Ausschreibung durch das Jugendamt Dresden am Standort Großer Garten, worauf hin sich fünf Träger der freien Jugendhilfe bewarben. Nun wurde seitens Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH der Mietvertrag gekündigt und seitens der Landeshauptstadt Dresden das Ausschreibungsverfahren ohne Zuschlag beendet. Dadurch ist das Jugend-Ökohaus akut von der Schließung bedroht.

Der Förderverein des Jugend-Ökohauses startete daraufhin eine Petition für den Erhalt dieser herausragenden Einrichtung der Kinder- und Jugendumweltbildung. Bitte helft, das Jugend-Ökohaus mit all seinen Angeboten zu erhalten, indem Ihr die Petition unterzeichnet. (tk, mn)

 


Neues zu den Raubfliegen auf Insekten-Sachsen


23.01.2023

Derzeit erstellen Danny Wolff und Tommy Kästner die neue Rote Liste der Raubfliegen Deutschlands. Hierfür wurden aus dem Portal Insekten Sachsen fast 700 Datensätze unserer Melder:innen bereitgestellt und Tommy Kästner importierte aus seiner Datenbank 2.790 Datensätze mit Raubfliegennachweisen auf Insekten-Sachsen. Damit stehen nun insgesamt 3.474 Raubfliegennachweise bei Insekten-Sachsen zur Verfügung. Diese geben einen sehr guten Überblick über die aktuelle Bestandssituation sächsischer Raubfliegen. Geplant ist in naher Zukunft der Import historischer Literaturdaten. (tk)




Weltnaturschutzkonferenz in Montreal


22.12.2022

Im Jahr 1992 wurde auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Englisch: Convention on Biological Diversity, CBD) unterzeichnet. Zur Umsetzung der Biodiversitätskonvention und ihrer Weiterentwicklung treffen sich Vertreter der Vertragsstaaten in zeitlich unterschiedlichen Abständen auf Vertragsstaaten-Konferenzen (Conference of the Parties, COP). Obwohl in den zurückliegenden 30 Jahren 14 Vertragsstaaten-Konferenzen stattgefunden haben, konnte die weltweite Biodiversitätskrise nicht gestoppt werden. Im 21. Jahrhundert drohen nun jede 8. Art und ganze Ökosysteme, wie z. B. die Korallenriffe, für immer von unserem Planten zu verschwinden.

Die 15. Vertragsstaaten-Konferenz (COP15) fand in zwei Teilen statt, vom 11.–15. Oktober 2021 in Kunming, China und jüngst vom 7.–19. Dezember 2022 in Montreal, Kanada. Das Abschlussdokument heißt deshalb auch offiziell „Kunming-Montreal-Rahmenabkommen“ (Kunming-Montreal global biodiversity framework). Das Rahmenabkommen enthält 23 handlungsorientierte globale Ziele für dringende Maßnahmen in der Dekade bis 2030, darunter die folgenden:

  • den Verlust von Gebieten mit hoher biologischer Bedeutung, einschließlich Ökosystemen mit hoher ökologischer Integrität, bis 2030 auf nahezu Null bringen.
  • bis 2030 mindestens 30 Prozent der Gebiete mit geschädigten Land-, Binnengewässer-, Küsten- und Meeresökosystemen wirksam wiederhergestellen
  • bis 2030 mindestens 30 Prozent der Land-, Binnengewässer sowie der Küsten- und Meeresgebiete, insbesondere Gebiete von besonderer Bedeutung für die Biodiversität und Ökosystemfunktionen und -leistungen, durch ökologisch repräsentative, gut vernetzte und gerechte Maßnahmen wirksam erhalten und bewirtschaften
  • Dringende Bewirtschaftungsmaßnahmen sicherstellen, um das vom Menschen verursachte Aussterben bedrohter Arten zu stoppen
  • Verringerung der Verschmutzungsrisiken und der negativen Auswirkungen der Verschmutzung aus allen Quellen bis 2030 auf ein Niveau, das für die Biodiversität und Ökosystemfunktionen und -leistungen nicht schädlich ist: Reduzierung überschüssiger Nährstoffe, die an die Umwelt verloren gehen, um mindestens die Hälfte; Verringerung des Gesamtrisikos durch Pestizide und hochgefährliche Chemikalien um mindestens die Hälfte
  • Land-, aquakultur-, fischerei- und forstwirtschaftliche Flächen nachhaltig bewirtschaften
  • Signifikante Erhöhung der Fläche sowie die Qualität und Anbindung von, den Zugang zu und den Nutzen von Grün- und Blauflächen in städtischen und dicht besiedelten Gebieten
  • Gewährleistung der vollständigen Integration der biologischen Vielfalt und ihrer vielfältigen Werte in Politik, Vorschriften, Planungs- und Entwicklungsprozesse
  • Sicherstellen, dass die besten verfügbaren Daten, Informationen und Kenntnisse Entscheidungsträgern, Praktikern und der Öffentlichkeit zugänglich sind, um eine wirksame und gerechte Governance, ein integriertes und partizipatives Management der Biodiversität sowie Kommunikation, Sensibilisierung, Bildung, Monitoring, Forschung und Wissensmanagement zu stärken.
Manche dieser Ziele sind bereits im European Green Deal und in der Biodiversitätsstrategie des Freistaates Sachsens für das Jahr 2030 formuliert (siehe dazu in dieser Nachrichtenrubrik die Einträge vom 22.05.2020 und 5.10.2022). Politisch sind damit die Weichen international, europäisch sowie im Freistaat Sachsen verbindlich gestellt, die Biodiversitätskrise zu stoppen. Nun kommt es darauf an, rasch wirksame Maßnahmen umzusetzen. (mn)

Links


Was ist Wildnis?


22.12.2022
Die größte Artenvielfalt herrscht dort, wo große Weidetiere Teil des Lebensraums sind. Große Teile Europas müssen einmal halboffene Graslandschaften gewesen sein und nicht etwa dicht bewaldet, wie man bislang vielfach angenommen hat. Das legen einerseits die Pflanzen des Grünlandes nahe, die enorm artenreich und samt und sonders mit zahllosen Anpassungen an große Weidetiere ausgestattet sind. Doch die artenreiche Großtierfauna ist mit dem Auftreten des modernen Menschen aus Europa verschwunden.
Die schiere Anzahl an Offenlandarten belegt, dass es sich beim Grasland kaum um ein künstliches, vom Menschen „erfundenes“ System handelt. Die Dokumentation stellt heraus, dass Gebiete mit sogenanntem Rewilding und naturnaher Ganzjahresbeweidung viel artenreicher sind als jene, die sich selbst überlassen sind und in denen keine Beweidung stattfindet. Letztlich bleibt die Erkenntnis, dass wilde Weiden, auf denen Wald und Offenland untrennbar miteinander vermischt sind, einer echten Wildnis ziemlich nahekommen, weil auf ihnen Haustiere als Stellvertreter für die ausgerotteten großen Pflanzenfresser grasen.
Die Dokumentation stellt nicht nur Tiere und Pflanzen vor, die in solchen Gebieten zu finden sind, sondern offenbart auch die große Chance, die in diesem Thema liegt. Nicht nur weil wilde Weiden nachweislich mehr Kohlenstoff speichern als der Wald. Der Mensch hat durch das Verdrängen der großen Pflanzenfresser die Welt für alle Zeiten verändert. Nun muss er sich entscheiden, welche natürlichen oder naturnahen Prozesse er in seiner Umwelt zulässt.

Erstausstrahlung: arte, 22.12.2022
Regie: Jan Haft
Verfügbar in der arte-Mediathek bis zum 19.02.2023


Wissenschaftsdoku: Licht aus


17.11.2022

Wenn Lichtverschmutzung die Nacht zum Verschwinden bringt, gerät ein fundamentaler Taktgeber für das Leben auf der Erde aus der Balance. Tiere und Pflanzen sind durch Kunstlicht bedroht. Viele Organismen haben ihre evolutionäre Nische im Dunkel der Nacht gefunden und müssen sich nun an helle Nächte anpassen. Manchen gelingt das, für viele aber wird die Helligkeit zur Todesfalle. Arten sterben aus.

Findet die Wissenschaft Lösungen? Tatsächlich sind mehr als die Hälfte aller Tiere nachtaktiv. Ihre Sinnesorgane, ihr Verhalten, ihre Orientierung und ihr Stoffwechsel sind auf Dunkelheit sowie Mond- und Sternenlicht abgestimmt. Zahllose künstliche Lichtquellen in Städten, Dörfern, Industriegebieten, auf Werbeflächen, Straßen und Wegen und selbst im Weltall erzeugen durch Reflexion und Streuung einen diffusen Lichtnebel, den Lichtsmog.

Das Kunstlicht stört die natürliche Lebensweise der Tiere und Pflanzen, zerstört Biotope und nicht zuletzt die Artenvielfalt: Die Lichtverschmutzung gilt in der Fachwelt seit Kurzem als eine mögliche Hauptursache für das globale Artensterben.

Doch noch immer wird die Dringlichkeit des Themas von der breiten Öffentlichkeit und der Politik unterschätzt. Im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts helfen Menschen in ganz Deutschland beim bundesweit größten Feldexperiment zur Lichtverschmutzung Wasserinsekten zu fangen, zu bestimmen und zu zählen. Franz Hölker, Ökologe am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin, und sein Forschungsteam wollen herausfinden, wie viele Tiere in der Todesfalle der Laternen landen.

Peter Südbeck, Leiter des niedersächsischen Nationalparks Wattenmeer, eine der immer noch dunkelsten Regionen in Europa, beobachtet bei Zugvögeln seit einiger Zeit eine besorgniserregende Veränderung des Verhaltens. Das Wattenmeer ist ein globaler Verkehrsknotenpunkt, Rast- und Futterplatz für Millionen von Vögeln. Bohrplattformen, Schiffe und Lichtsmog führen dazu, dass die Vögel von ihrer Route abkommen. Immer mehr sind dann so erschöpft, dass sie es nicht mehr zum überlebenswichtigen Rastplatz schaffen.

Der Film ist eine Reise durch die Nacht zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, der Natur und nicht zuletzt der Menschheit wieder mehr natürliche Dunkelheit zurückzugeben.

Hier geht's zum Film in der 3sat Mediathek
Verfügbar bis 3.11.2027
Eine Produktion von Marco Polo Film, 2022




Sächsische Staatsregierung beschließt neues Biodiversitätsprogramm


05.10.2022

Die Staatsregierung hat am Dienstag (4.10.) das Sächsische Biodiversitätsprogramm »Sachsens Biologische Vielfalt 2030 – Einfach machen!« beschlossen. Das Programm hat das Ziel, den signifikanten Rückgang der Artenvielfalt und Verlust von Lebensräumen zu stoppen und biologische Vielfalt in Sachsen wiederherzustellen, wo erforderlich.

Das Programm entwickelt das Biodiversitätsprogramm aus dem Jahr 2009 weiter und erfüllt das Ziel des sächsischen Koalitionsvertrags, Maßnahmen gegen Artensterben und Lebensraumverlust zu intensivieren. Zudem ist das Handlungskonzept Insektenvielfalt Bestandteil des neuen Programms.

Umweltminister Wolfram Günther: »Artensterben und Lebensraumverlust haben ein atemberaubendes Tempo erreicht. Der Zustand von Arten und Lebensräumen ist bedrohlich. Wir müssen entschlossener handeln. Gegenüber 2009, als die Staatsregierung das erste Biodiversitätsprogramm beschloss, hat sich die Lage noch einmal deutlich verschärft. Heute sind bei den europäisch geschützten Biotopen und Arten mehr als 50 Prozent der Lebensraumtypen und deutlich mehr als 40 Prozent der Arten stärker gefährdet als 2009. Deswegen haben wir ein neues, ehrgeiziges Programm erarbeitet. Ehrgeizig deshalb, weil wir bis 2030 die Trendwende erreicht haben wollen.
Das Biodiversitätsprogramm ist das strategische Dach für alle unsere Aktivitäten, die biologische Vielfalt zu erhalten und zu mehren. Und es ist die Grundlage für die Weiterentwicklung der zugrundliegenden Förderrichtlinien. Hier haben wir seit Beginn dieser Legislatur deutlich mehr Geld in die Hand genommen.
Der Schutz von Vögeln, Kleinsäugern, Insekten, Pflanzen oder Biotopen braucht ein klares Bekenntnis der Staatsregierung und er braucht eine finanzielle Ausstattung, die eine echte Verbesserung der Artenvielfalt und der Lebensräume bringt.
Wir brauchen Biodiversität für Lebensqualität und Wohlstand. Die abnehmende Zahl von Insekten etwa bedroht die Erträge in der Landwirtschaft. Umgekehrt dienen intakte, vitale Auen dem Hochwasserschutz und der Wasserverfügbarkeit und zahlen sich damit auch volkswirtschaftlich aus. Dasselbe gilt für artenreiche Mischwälder. Die Wiederherstellung von Mooren ist Klimaschutz, und Klimaschutz ist Wohlstandssicherung.
Schutz allein in isolierten, klar eingegrenzten Schutzgebieten reicht nicht aus, um zu Verbesserungen zu kommen. Der Schutzgedanke muss in alle Formen der Landnutzung integriert werden. Mein Dank geht an alle Stellen, an Verbände und Institutionen, die sich in das Sächsische Biodiversitätsprogramm eingebracht haben.«

Das Biodiversitätsprogramm umfasst 34 Ziele zur angestrebten Qualität der biologischen Vielfalt sowie 267 Handlungsziele, mit denen diese erreicht werden sollen. 159 Handlungsziele liegen in der Zuständigkeit der Ressorts der Staatsregierung und ihrer Geschäftsbereiche. Die Mehrzahl der Handlungsziele haben einen kurzfristigen Zeithorizont bis zum Jahr 2024. Das Programm definiert daneben Perspektiven bis 2030 und 2050.

Schlüsselvorhaben sind:
• »Natura 2000«-Flächen unter anderem durch Schwerpunkt-Naturschutzstationen stärken
• Biotopverbünde durch gezieltes Handeln auf landeseigenen Liegenschaften unterstützen
• Zulassen von Wildnisgebieten und Prozessschutz
• spezielle Hilfe für wildlebende Arten in besonderer Verantwortung des Freistaates
• das Leitprojekt Stadtnatur.

Bereits im Jahr 2030 soll die Trendumkehr hin zu einer positiven Entwicklung der Biodiversität nachweisen. Bis 2050 sollen alle Schutzgüter günstige Erhaltungszustände aufweisen.

Entsprechend dem Ansatz, die Aktivitäten aller relevanten Handelnden zusammenzuführen und zu vernetzen, sind auch Handlungsziele von nichtstaatlichen Akteurinnen und Akteuren nachrichtlich aufgeführt. Sie sind das Ergebnis einer Öffentlichkeitsbeteiligung zum Biodiversitätsprogramm: Im Sommer 2021 waren Verbände, Forschungseinrichtungen, Naturschutzstationen und andere relevante Einrichtungen in die Programmerstellung einbezogen worden. Ihre Hinweise zu Prioritäten und Inhalten sowie eigene Beiträge der Einrichtungen sind in das Biodiversitätsprogramm eingeflossen.

Das Programm erstreckt sich auf folgende zwölf Handlungsfelder:
I Schutz wildlebender Arten und ihrer Lebensräume
II Erhaltung genetischer Vielfalt
III Flächensicherung, Schutzgebiete, Natura 2000, Prozessschutz
IV Biotopverbund
V Wiederherstellung von Ökosystemen, Schutz von Wasser und Boden,
VI Landwirtschaft
VII Forstwirtschaft
VIII Jagd und Fischerei
IX Klimaschutz, Energie- und Rohstoffgewinnung
X Stadtgrün, Wohnen, Gewerbe und Verkehr
XI Wissen, Kommunikation, Beteiligung
XII Rechtliche, strategische, administrative Grundlagen, Akteure, Finanzierung

Das Sächsische Biodiversitätsprogramm »Sachsens Biologische Vielfalt 2030 – Einfach machen!« ist ab sofort unter https://lsnq.de/dt abrufbar. In den Jahren 2026 und 2031 wird das SMEKUL über das Erreichen der Qualitäts- und Handlungsziele berichten.

Quelle: Umweltminister Günther: »Der Zustand von Arten und Lebensräumen ist bedrohlich. Wir müssen entschlossener handeln« Pressemitteilung des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft vom 04.10.2022, 13:07 Uhr 



Nur 20 Familien stellen weltweit über 50% der Artenvielfalt flugaktiver Insekten


28.08.2022
Seit über 250 Jahren wird die Artenvielfalt unserer Erde von Wissenschaftlern erfasst. So wurden bislang über 1 Million Insektenarten entdeckt und wissenschaftlich beschrieben. Dennoch ist der größte Teil der Artenvielfalt der Insekten der Wissenschaft immer noch unbekannt. Aus diesem Grund war bislang unklar, ob Insektengemeinschaften auf der ganzen Welt von denselben oder unterschiedlichen Verwandtschafts-gruppen dominiert werden. Ein internationales Team von Entomologen hat diese Frage nun mit einer standardisierten Probenahme in fünf biogeografischen Regionen, acht Ländern, darunter auch Deutschland, und zahlreichen Lebensräumen untersucht. Insgesamt stellten sie 39 Malaise-Fallen auf, um fliegende Insekten zu erfassen, die das Gros aller Insektenarten ausmachen. Die Fallenfänge wurden mit DNA-Sequenzen ausgewertet und so die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften analysiert. Insgesamt fanden die Wissenschaftler mehr als 220.000 Exemplare, die zu über 25.000 Arten in 463 Familien gehören. Unerwarteterweise stellten sie fest, dass jeweils dieselben 20 Insektenfamilien über 50% der lokalen Artenvielfalt ausmachen, unabhängig von Kontinent, Klimaregion und Lebensraumtyp. Trotz dieser konsistenten Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften auf Familienebene wurden über 97% der Arten aus allen Fallen nur an einem einzigen Standort nachgewiesen.
Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass dieselben Familien, die die weltweite Insektenvielfalt dominieren, in ihrer wissenschaftlichen Erforschung extrem vernachlässigt werden und daher besonders wenig bekannt sind. Für einige dieser Familien gibt es noch nicht einmal einen deutschen Namen (siehe Tabelle). Die Ergebnisse wurden in einem Vorabdruck publiziert (Srivathsan et al. 2022). (mn)

Tab.: Bei der Untersuchung auf Familienebene gehören 61,7 % der Individuen und 51,9 % der Arten in jeder Falle zu einer Gruppe von nur 10 Insektenfamilien („Top-10“). Die nächsten 10 Familien stellen weitere 9,7 % der Individuen bzw. 12,2 % der Arten. Fast ein Fünftel der Arten pro Standort (durchschnittlich 19,98 %) gehörte nur einer Fliegenfamilie, den Gallmücken (Cecidomyiidae) an. Je nach statistischer Auswertung bestand der einzige qualitative Unterschied in den Ergebnissen darin, ob Mycetophilidae (Diptera) und Crambidae (Lepidoptera) in den Top 20 enthalten waren. Die Zahlen geben die Anzahl gefundener Arten an.
 
Literatur
Srivathsan, A., Y. Ang, J. Heraty, W. S. Hwang, J. F. A. Wan, S. N. Kutty, J. Puniamoorthy, D. Yeo, T. Roslin & R. Meier 2022: Global convergence of dominance and neglect in flying insect diversity. - bioRxiv 2022.08.02.502512.
Srivathsan, A., Y. Ang, J. M. Heraty, W. S. Hwang, W. F. A. Jusoh, S. Narayanan Kutty, J. Puniamoorthy, D. Yeo, T. Roslin & R. Meier 2023: Convergence of dominance and neglect in flying insect diversity. – Nature Ecology Evolution.

Redaktioneller Hinweis: Der Text wurde nach dem Preprint von Srivathsan et al. (2022) geschrieben. Die finale Publikation erschien 2023. Das dazugehörige Zitat wurde am Ende ergänzt (mn, 18. Juni 2023).



Wozu brauchen wir Parasiten?


26.06.2022
Etwa die Hälfte aller einheimischen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sind Insekten. Man kann die Arten dieser Organismengruppen nach ihrer Verwandtschaft klassifizieren oder auch nach ökologischen Gilden. Schaut man auf ihre Ernährungsweise, so gibt es unter den Insekten Primärkonsumenten (Pflanzenfresser oder Phytophage), Sekundärkonsumenten (Räuber und Parasiten) und Destruenten (Aasfresser oder Nekrophage, Kotfresser oder Koprophage, verrottendes Totholz Fressende oder Saproxylophage usw.). Unter den Parasiten finden wir die Plagegeister von Menschen und Tieren, wie Flöhe, Läuse, Bremsen, Dasseln und Mücken, um nur einige zu nennen. Aber auch jedes Insekt hat seine Parasiten. Neben Viren, Bakterien, Nematoden und Pilzen gehören dazu auch Raupenfliegen und vor allem Schlupfwespen. Jede Insektenart dürfte von wenigstens einer Schlupfwespenart parastiert werden. Und weil Schlupfwespen auch Schaderreger in Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau parasitieren, nennt man sie nicht Parasiten, sondern mit Respekt Parasitoide. Nun werden aber auch die Parasitoide ihrerseits von Parasiten heimgesucht, auch von Schlupfwespen, die dann Hyperparasitoide genannt werden. Dieser Reigen aus Wirt-Parasit(oid)-Beziehungen setzt nicht nur einen evolutiven Prozess aus Anpassung und Abwehrstrategien voraus, er hält diesen Prozess auch am Laufen. Allein in Deutschland sind die vielen Schlupfwespen noch längst nicht alle erforscht. Neueste molekulargenetische Auswertungen von Malaisefallenfängen lassen vermuten, dass noch etwa 2.000 Schlupfwespenarten auf unseren Faunenlisten fehlen, entweder, weil sie noch niemals in Deutschland nachgewiesen wurden, oder weil sie der Wissenschaft noch gänzlich unbekannt sind. „Wozu brauchen wir Parasiten?“ ist ein spannender Dokumentarfilm, der uns mitnimmt in eine verborgene Welt, auf die wir manchmal gern verzichten würden. (mn)

Ein Dokumentarfilm von Lina Schuller
Deutschland 2021
Verfügbar auf arte bis zum 25.02.2023 unter diesem Link


Neue Rote Liste Deutschlands erschienen


22.03.2022
Die Roten Listen beschreiben die Gefährdungssituation der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und stellen mit ihren Gesamtartenlisten eine Inventur der Artenvielfalt dar. Sie werden etwa alle zehn Jahre unter Federführung des Bundesamtes für Naturschutz für ganz Deutschland herausgegeben. Die neueste Rote Liste ist Band 5 des acht Bände umfassenden Gesamtwerkes und der letzte Sammelband der 2009 begonnenen Reihe. Er ist nach Band 3 und 4 der dritte Band, in dem wirbellose Tiere betrachtet werden. Die im Band 5 vorgelegten Listen sind das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, bei dem die Kenntnisse von mehr als 130 ehrenamtlich Mitwirkenden zu den jeweiligen Arten oder Unterarten für Deutschland zusammengetragen, analysiert und aufbereitet wurden. Eine übergreifende Auswertung aller seit 2009 erschienenen Roten Listen folgt zu einem späteren Zeitpunkt als letzter Teil des Rote-Liste-Zyklus.

In Deutschland sind mehr als 72.000 Arten von Tieren, Pflanzen und Pilzen heimisch. Etwa die Hälfte aller bekannten heimischen Arten sind Insekten. Mit dem in diesem Monat herausgegebenen 3. Teil der Wirbellosen liegen nun insgesamt die Ergebnisse für 14.067 Insektenarten vor. Von diesen stehen 5.324 auf der Roten Liste (38%), von denen 553 ausgestorben oder verschollen (4%) und 794 vom Aussterben bedroht (6%) sind. Für lediglich 3% der Arten konnte eine Verbesserung der Bestandssituation festgestellt werden.

Der Anteil bestandsgefährdeter Arten ist in den artenärmeren Gruppen der Steinfliegen mit 46,4 Prozent und der Eintagsfliegen mit 40,5 Prozent besonders hoch. Arten dieser Gruppen bewohnen Binnengewässer und bevorzugen insbesondere naturnahe Gewässer und Uferbereiche. In den vergangenen 150 Jahren sind die Bestände vieler Arten aufgrund verschmutzter Gewässer zurückgegangen. Davon konnten sich, trotz der deutlich verbesserten Wasserqualität vieler Gewässer in den letzten 25 Jahren, viele Bestände noch nicht vollständig erholen, insbesondere bei den Steinfliegen. Zudem sind die Larven beider Gruppen durch zahlreiche weitere vom Menschen verursachte Störungen in ihrem aquatischen Lebensraum gefährdet. „Der hohe Anteil bestandsgefährdeter Arten unter den aquatischen Insekten zeigt dringenden Handlungsbedarf: Um die besonders gefährdeten wassergebundenen Insektenarten wie Libellen, Steinfliegen und Eintagsfliegen und ihre Lebensräume besser zu schützen, müssen wir die Belastung der Gewässer weiter verringern, Gewässer naturnäher gestalten sowie naturnahe Gewässer und ihre Uferbereiche erhalten“, so BfN-Präsidentin Riewenherm.

Bei den Blatthornkäfern sind die Ursachen für die Bestandsrückgänge so unterschiedlich wie deren Lebensweise. Arten des Offenlandes und der halboffenen Landschaften sind beispielsweise vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch durch weitere Ursachen gefährdet. Auf dungfressende Arten wirkten sich unter anderem die Aufgabe der Weidewirtschaft zugunsten von Stallhaltung, die Flurbereinigung und Medikamentenzusätze in der Tierzucht negativ aus.

Insektengruppen, für die alle oder ein Teil der Arten im Rahmen der Roten Listen Deutschlands bearbeitet wurden:
Eintagsfliegen (Ephemeroptera): 122 Arten
Fransenflügler (Thysanoptera): 230 Arten
Hautflügler (Hymenoptera): 1431 Arten
Heuschrecken (Orthoptera): 85 Arten
Käfer (Coleoptera): 6143 Arten
Kamelhalsfliegen (Raphidioptera): 10 Arten
Köcherfliegen (Trichoptera): 315 Arten
Libellen (Odonata): 81 Arten
Netzflügler (Neuroptera): 107 Arten
Ohrwürmer (Dermaptera): 8 Arten
Schaben (Blattodea): 12 Arten
Schlammfliegen (Megaloptera): 3 Arten
Schmetterlinge (Lepidoptera): 1724 Arten
Steinfliegen (Plecoptera): 125 Arten
Wanzen (Heteroptera): 895 Arten
Zikaden (Auchenorrhyncha): 635 Arten
Zweiflügler (Diptera): 2141 Arten


Literatur
  • Binot-Hafke, M., S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch 2012 („2011“): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3).
  • Gruttke, H., S. Balzer, M. Binot-Hafke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Ries 2016: Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 4: Wirbellose Tiere (Teil 2). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (4).
  • Ries, M., S. Balzer, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig & G. Matzke-Hajek 2022: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 5: Wirbellose Tiere (Teil 3). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (5).
Die drei Rote-Liste-Bände wurden vom Bundesamt für Naturschutz herausgegeben und sind beim Landwirtschaftsverlag Münster erhältlich. Die Daten stehen zudem als Download auf der Webseite des Rote-Liste-Zentrums zur Verfügung.
Pressemitteilung des BfN vom 16. März 2022: Neue Rote Liste: Mehr als ein Viertel der Insekten-Arten bestandsgefährdet




Im Wald der wilden Bienen


09.01.2022

Die wilde Honigbiene nimmt eine Schlüsselrolle in der Ökologie unserer Wälder ein. Sie kämpft gegen Wespen und aggressive Schmetterlinge und fällt allerhand Räubern zum Opfer. Ein natürlicher Kreislauf. Dennoch verschwand ihre Urform, die Dunkle Biene, fast vollständig aus Mitteleuropa. Wie konnte es dazu kommen? Der Film zeigt, wie es in einem wilden Bienenstock zugeht.

Im Frühling stehen wir staunend vor unseren Obstbäumen und schauen den fleißigen Honigbienen beim Bestäuben der Blüten zu. Manche Arbeiterinnen sind grau gefärbt, andere tragen orangefarbene Flecken und wieder andere haben einen gelben Hinterleib. Nur eine der unterschiedlichen Honigbienen-Varietäten ist in unserem Land nicht mehr zu sehen: eine große, düster gefärbte Biene mit schmalen Filzbinden auf dem Hinterleib – die Dunkle Honigbiene, Apis mellifera mellifera, die bei uns seit Jahrtausenden heimische Urform unserer Honigbiene. Im Gegensatz zu ihren Schwestern, der gelben Italienischen Biene, der grauen Krainer Biene, der gelb gescheckten Buckfastbiene und all den Kreuzungen aus diesen Bienen, war sie perfekt an die Pflanzen und das Klima in Mitteleuropa angepasst.

Was viele erstaunen mag: Die "Dunkle" ist ein Waldtier und hat sich auf eine besondere Nische im Lebensraum Wald spezialisiert. Sie ist auf Spechte und deren Höhlen angewiesen, und von ihr wiederum profitiert eine Reihe anderer Waldbewohner. Die wilden Honigbienen bestäuben nicht nur Millionen von Blüten, sondern werden auch zu Millionen gefressen.

Die Dokumentation zeigt das Leben wildlebender Honigbienen, wie sie seit Urzeiten ohne Imker in unseren Wäldern auskommen. Ein Leben in enger Verbindung mit Vögeln, Fledermäusen, Insekten, Bäumen, Blütenpflanzen und vielen anderen. Der vielfach preisgekrönte Filmemacher Jan Haft führt uns mit seiner bildstarken und einfühlsamen Dokumentation vor Augen, was wir gewinnen, wenn wir den wilden Honigbienen wieder einen Platz in unseren Wäldern einräumen.

Deutschland, 2021 44 min
Arte Mediathek bis zum 3. April 2022




Erstmals Auszahlungen nach Insektenschutz-Förderrichtlinie in Sachsen


08.01.2022

Mit Stand vom 19.12.2021 zahlt Sachsen an 226 Antragstellerinnen und Antragsteller insgesamt knapp 940.000 Euro für Insektenschutzmaßnahmen aus. Gefördert werden Maßnahmen auf etwa 1.260 Hektar. Damit unterstützt der Freistaat  Landwirtschaftsbetriebe sowie andere Landbewirtschafterinnen und -bewirtschafter bei der Anlage von Blüh- beziehungsweise Brachestreifen auf Ackerrändern oder bei der insektenfreundlichen Mahd von Grünland.

Agrar- und Umweltminister Wolfram Günther betonte: »Wir haben das Förderprogramm Anfang des Jahres [2021] beschlossen und können nun eine erste positive Bilanz ziehen. Wir brauchen Insekten, wir brauchen Artenvielfalt in der Kulturlandschaft. Gleichzeitig sind gerade die Insektenbestände rapide dezimiert. Deshalb gilt es, Schmetterlinge, Bienen, Käfer und andere mitsamt ihren Lebensräumen zu schützen. Mit unserer Förderung ergänzen wir andere Programme und Aktivitäten zur Artenvielfalt. Sie schafft einen Anreiz und einen Ausgleich, wenn Landbewirtschafterinnen und -bewirtschafter mehrjährige Blühstreifen anlegen oder ihre Wiesen schonend mähen. Ich freue mich über die Resonanz. Letztlich brauchen wir Rahmenbedingungen, damit Landnutzer Teil eines ökologischen Ansatzes sein können.«

Die Förderung unterteilt sich entsprechend der Maßnahmen wie folgt:

- mehrjährige Blühstreifen am Feldrand auf dem Acker: rund 667 ha,
- mehrjährige selbstbegrünende Brachestreifen am Feldrand auf dem Acker: rund 129 ha,
- partielle Mahd auf Grünland: rund 463 ha.

Grundsätzlich gefördert werden auf dem Acker zum Schlag gehörende, über fünf Jahre ortsfeste Blüh- bzw. Brachestreifen am Schlagrand. Die Streifen müssen mindestens sechs Meter und dürfen maximal zwanzig Meter breit sein. Insbesondere müssen Überwinterungsstrukturen bestehen bleiben. Die Ansaatmischungen für die Blühstreifen werden vorgegeben.

Ebenfalls gefördert wird die partielle Mahd auf Grünland. Dabei ist besonders insektenschonende Technik vorgeschrieben. Gemäht werden darf zweimal jährlich mit einer längeren Nutzungspause. Zugleich müssen bei jeder Mahd Grünlandstreifen als Überlebensraum für die Insekten ungenutzt bleiben.

Mehrjährige Blühstreifen am Feldrand auf dem Acker werden mit 909 Euro pro Hektar und Jahr, mehrjährige selbstbegrünende Brachestreifen am Feldrand mit 635 Euro pro Hektar und Jahr gefördert. Bei der partiellen Mahd auf dem Grünland beläuft sich die Unterstützung auf 702 Euro pro Hektar und Jahr.

Das sächsische Kabinett hat im Februar 2021 die neue Förderrichtlinie Insektenschutz- und Artenvielfalt (FRL ISA/2021) verabschiedet. Grundlage hierfür ist der Sonderrahmenplan »Insektenschutz in der Agrarlandschaft«. Er wurde seitens des Bundes im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) eingerichtet. Die Bundesmittel werden durch Landesmittel kofinanziert.

Pressemitteilung des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft vom 19.12.2021

Förderrichtlinie Insektenschutz und Artenvielfalt - REVOSax

Förderrichtlinie »Insektenschutz und Artenvielfalt (FRL ISA/2021)« - zur Antragstellung




Trauer um Edward O. Wilson


28.12.2021

E. O. Wilson wurde durch seine Forschungen zu einem weltweit herausragenden Entomologen, Evolutionsbiologen und Naturschützer. Er trug Spitznamen wie ‘Ameisenmann’ oder ‘Darwin des 21. Jahrhunderts’. 1996 zählte ihn das "Time"-Magazin zu den 25 einflussreichsten Menschen Amerikas. Am 26. Dezember starb er im Alter von 92 Jahren.

E. O. Wilson ist Autor von über 430 wissenschaftlichen Arbeiten und beschrieb 429 neue Ameisenarten sowie sieben Gattungen und eine Unterfamilie. Aber es wäre zu kurz gegriffen, seine Leistungen nach diesen Quantitäten zu bemessen.
In den 1960er Jahren entwickelte er zusammen mit dem Mathematiker und Ökologen Robert H. MacArthur die Theorie des Artengleichgewichts, die zu Wilsons und MacArthurs Buch ‘The Theory of Island Biogeography’ (‘Die Theorie der Inselbiogeographie’) führte, das heute ein Standardwerk der Ökologie ist und die Grundlage für das wissenschaftliche Prinzip der ‘halben Erde’ bildet.
Seinen ersten Pulitzer-Preis erhielt er 1978 für das Buch ‘On Human Nature’, das sich mit der Rolle der Biologie in der Evolution der menschlichen Kultur befasst. Mit diesem und seinen vorangegangenen Büchern ‘The Insect Societies’ (1971) und ‘Sociobiology: The New Synthesis’ (1975) machte er die Soziobiologie populär.
In seinem Buch ‘Biophilia’ (1984) und später zusammen mit Stephen Kellert in ‘The Biophilia Hypothesis’ (1993) formuliert er die Theorie der Biophilie aus evolutionsbiologischer Perspektive als eine angeborene Neigung des Menschen, auf das Leben und lebensnahe Prozesse zu achten. Er beschreibt unsere engen Beziehungen zur Natur, die leider viel zu oft missachtet werden und leitet aus der Affinität des Menschen zu den vielen Formen des Lebens, den Lebensräumen und Ökosystemen eine Naturschutzethik für die Bewahrung und den Schutz des Lebens und der Artenvielfalt ab.
Mit dem von ihm 1986 herausgegebenen Symposiumsbericht ‘Biodiversity’ (auf Deutsch erschienen 1992 unter dem Titel ‘Ende der biologischen Vielfalt? Der Verlust an Arten, Genen und Lebensräumen und die Chancen für eine Umkehr’) prägte er den bis heute in Wissenschaft und Politik gängigen Begriff Biodiversität.
Seinen zweiten Pulitzer-Preis erhielt E. O. Wilson 1990 gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen Bert Hölldobler für das Buch ‘The Ants’. Auf über 700 Seiten geben die Autoren u.a. einen weltweiten Überblick über die Verwandtschaftsgruppen der Ameisen, ihre Kommunikation und sozialen Beziehungen sowie über ökologische Beziehungen mit ihrer Umwelt. Beim Studium des Buches kann der Leser den wissenschaftlichen Gedankengängen der Autoren folgen und angesichts der detailreichen Beschreibung des Lebens der Ameisen erscheint es manchem, als sei das Buch aus der Perspektive der Ameisen geschrieben.
Sein Buch ‘The Creation’ (‘Die Schöpfung’) schrieb er als einen fiktiven Brief an einen baptistischen Pastor. Er prophezeit darin, dass zum Ende unseres Jahrhunderts die Hälfte aller Arten ausgestorben oder vom Aussterben bedroht sein werden und dieser Biodiversitätsverlust zusammen mit der Verschmutzung der Umwelt und dem Klimawandel auch uns Menschen bedroht. Wilson konzentriert sich deshalb nicht auf die Unterschiede von Religion und Wissenschaft, sondern auf die Gemeinsamkeiten und ruft alle Menschen dazu auf, sich gleichermaßen für den Erhalt der Artenvielfalt auf unserem Planeten einzusetzen.

1996 trat E. O. Wilson offiziell in den Ruhestand. Er war Ehrenkurator für Entomologie und emeritierter Forschungsprofessor an der Harvard University. Nachdem er die Society of Conservation Biology mitbegründet hatte und in den Vorständen von The Nature Conservancy, Conservation International und dem American Museum of Natural History saß, gründete Wilson 2005 die E. O. Wilson Biodiversity Foundation mit. Im Jahr 2016 veröffentlichte Wilson das Buch ‘Half-Earth, Our Planet's Fight for Life’ (auf Deutsch erschienen unter dem Titel ‘Die Hälfte der Erde – Ein Planet kämpft um sein Leben’) und gründete zusammen mit Paula J. Ehrlich das Half-Earth Project. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die nächsten Generationen über die biologische Vielfalt aufzuklären sowie die Erhaltung der Hälfte des Landes und der Meere für die Artenvielfalt in die Praxis umzusetzen.

E. O. Wilson erhielt über einhundert Auszeichnungen, darunter die U.S. National Medal of Science und den Crafoord-Preis, der von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften für die Ehrung und Förderung von Grundlagenforschung in Disziplinen vergeben wird, die der Nobelpreis nicht abdeckt.

"E. O. Wilsons heiliger Gral war die schiere Freude am Streben nach Wissen. Als unermüdlicher Ideensammler veränderte er mit seinem mutigen wissenschaftlichen Fokus und seiner poetischen Stimme unser Verständnis von uns selbst und unserem Planeten. Seine größte Hoffnung war, dass Studenten auf der ganzen Welt seine Leidenschaft für Entdeckungen als ultimative wissenschaftliche Grundlage des künftigen Umgangs mit unserem Planeten teilen. Sein Geschenk war der tiefe Glaube an die Menschen und an unsere gemeinsame menschliche Entschlossenheit, die natürliche Welt zu retten", sagte Paula J. Ehrlich, CEO und Präsidentin der E. O. Wilson Biodiversity Foundation und Mitbegründerin des Half-Earth Project.                                                                                                                                      (mn


Pressestimmen




Insekten Sachsen – Jahresrückblick 2021


24.12.2021

2021 war für Insekten Sachsen ein Jubiläumsjahr, und es war das zweite Covid-19-Jahr. Unser Frühjahrs-Workshop im April musste als Online-Veranstaltung stattfinden, aber wir können mittlerweile diesem Format auch eine positive Seite abgewinnen. 2020 führten wir erstmals einen Online-Bestimmungs-Workshop durch, was sich großer Beliebtheit erfreute. Das haben wir 2021 im Januar und November fortgesetzt. Für die Organisation und Durchführung dieser Veranstaltung hat sich ganz besonders Ronny Gutzeit engagiert.

Im Juli war die Covid-19-Infektionslage schließlich entspannter. Für Eva-Maria Bäßler war die Organisation des Sommertreffens aber trotzdem nicht ganz einfach, da noch im Juni die Jugendherbergen geschlossen waren und nicht alle gleichzeitig wieder öffnen durften. So blieb es bis zum Schluss ein Nervenkitzel, ob das Treffen durchgeführt werden kann. Im Erzgebirge fanden wir schließlich Unterschlupf in der Jugendherberge Hormersdorf. Das Wetter war nicht ideal, unsere Samstagsexkursion führte Wolfgang Dietrich und wir nutzten alle Regenkleidung. Insgesamt aber gab es ausreichend Regenpausen und so erbrachten wir 504 Fundmeldungen für 260 Insektenarten.

Anfang Oktober konnten wir dann die Veranstaltung zu unserem 10. Jubiläum mit 66 Teilnehmer:innen durchführen. Zu Gast waren Staatsminister Wolfram Günther und Carsten Enders, Abteilungsleiter für Natur- und Strahlenschutz im sächsischen Umweltministerium. Kulturell wurde die Veranstaltung von Alexej Vancl, Aleš Vancl, Susanne Bolf & Beate Furcht begleitet. Im Anschluss an diesen Text findet sich ein Rückblick auf die Vorträge.

Auch in diesem Jahr stieg bei Insekten Sachsen die Anzahl der Mitmachenden und damit die Anzahl der eingegangenen Fundmeldungen. 496 registrierte Nutzer:innen waren auf Insekten Sachsen aktiv und es gingen 26.229 Onlinemeldungen ein, das sind durchschnittlich 72 pro Tag. Jede Meldung wird von Artenkenner:innen noch einmal geprüft, wenn nötig und möglich korrigiert. Manchmal gibt es dabei auch Rückfragen an die Melder:innen. Für unsere ehrenamtlichen Artenkenner:innen bedeutet all das einen regelmäßigen, immensen Zeitaufwand. Bis zum heutigen Tag sind bereits 23.534 Meldungen geprüft und freigegeben worden. 1.967 Fundmeldungen sind derzeit noch ungeprüft, 288 noch in Bearbeitung und lediglich 440 wurden abgelehnt.

Dank finanzieller Unterstützung aus dem sächsischen Umweltministerium konnten wir in diesem Jahr die Programmierung im Portal und in der App weiter voranbringen. Weitere Programmierarbeiten hat der AK Entomologie in Auftrag gegeben; diese werden 2022 durchgeführt.

Im Namen des INSEKTEN SACHSEN-Teams möchte ich ganz herzlich Danke sagen an alle, die sich in diesem Jahr mit dem Melden von Insektenbeobachtungen, der Qualitätsprüfung oder der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen engagiert haben. Danken möchte ich auch unseren Kooperationspartner:innen und Unterstützer:innen. Ich wünsche allen besinnliche Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr.

Euer
Matthias Nuß

Vorträge auf der Jubiläumsveranstaltung "10 Jahre Insekten Sachsen",
am 9. Oktober 2020 in Dresden


Matthias Nuß:       Insekten Sachsen – Von der Idee bis heute PDF
Michael Münch:     10 Jahre Insekten-Sachsen.de – Unsichtbare Fakten, geheime Hitlisten
                            und Statistiken, die keiner braucht PDF
Tommy Kästner:    Von der Beobachtung zum wissenschaftlichen Ergebnis –
                            Wo werden die Daten von Insekten Sachsen genutzt? PDF
Eva-Maria Bäßler:  10 Jahre Insekten Sachsen – 10 Jahre Sommertreffen –
                            Weil es gemeinsam noch mehr Spaß macht PDF
Ronny Gutzeit:      Workshops – Von Insekten, die bis dato kaum jemand kannte PDF
Kurzportraits:        PDF 


Wesmaelius sp., ein Taghafter Netzflügler, im Mai 2021 im Osterzgebirge. © Matthias Nuß



Pflanzenschutzmittel in Naturschutzgebieten


17.12.2021

Im Jahr 2017 publizierte ein internationales Wissenschaftlerteam, unter ihnen Krefelder Entomologen, Ergebnisse aus 27 Jahren Monitoring von Fluginsekten in 63 Schutzgebieten Deutschlands. Sie zeigten, dass von 1989 bis 2016 die Biomasse der Fluginsekten um 75 Prozent zurückgegangen ist (Hallmann et al. 2017). Der Insektenrückgang war in Deutschland auch zuvor über einen Zeitraum von 100 Jahren zahlreich dokumentiert worden, aber das Ausmaß seit 1989 war erschreckend. In der Öffentlichkeit wird das Problem des Insektenrückganges allzu oft auf die Bestäuberinsekten und hier auf die Bienen sowie nicht selten sogar auf die Honigbiene reduziert, aber die Dimensionen sind weitaus größer.
Erstens muss ein so starker Rückgang der Insektenbiomasse Auswirkungen auf die Nahrungskette und damit alle Wirbeltiere haben, die sich ausschließlich oder überwiegend von Insekten ernähren, wie zum Beispiel zahlreiche Fischarten, Amphibien, Eidechsen, Mauersegler, Schwalben, die Küken der Singvögel sowie Fledermäuse. Zweitens wurde uns vor Augen geführt, dass die Biomasse der Fluginsekten in Schutzgebieten zurückgeht, die eigentlich für den Schutz der Biodiversität eingerichtet worden sind. Damit entstand folgerichtig eine Diskussion über die wichtigsten Ursachen für diesen Rückgang, wobei auch Pflanzenschutzmittel in Betracht gezogen wurden. So sind Insektizide dafür gemacht, Insekten zu töten, aber ein Zusammenhang zwischen diesen Giften, Insekten und Naturschutzgebieten war noch nicht gezeigt worden.

In dem Projekt „Diversität von Insekten in Naturschutzgebieten“ (DINA) haben nun neun Kooperationspartner, darunter der NABU, finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über einen Zeitraum von zwei Jahren deutschlandweit die Insektenvielfalt in 21 Fauna-Flora-Habitat-Gebieten erfasst. Darunter war auch ein Standort in Sachsen, der von Michael Braune, NABU-Mitglied und aktiver Forscher im Projekt „Insekten Sachsen“, betreut wurde. Alle untersuchten Schutzgebiete befinden sich in der Agrarlandschaft und sind von konventionell genutzten landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Frühere Untersuchungen lieferten bereits Daten über die Verbreitung von Pflanzenschutzmitteln über die Luft und die Anreicherung in Böden. Nun aber wurden die Insekten selbst auf ihre Kontamination mit Pflanzenschutzmitteln untersucht (Brühl et al. 2021). Die Wissenschaftler nutzen, wie zuvor in den Untersuchungen, Malaisefallen, in denen Fluginsekten in Ethanol gefangen werden. Da nur lebende Fluginsekten in die Malaisefallen gelangen, werden Insekten, die zuvor aufgrund von Insektizidanwendungen gestorben sind, in diesen Untersuchungen also gar nicht berücksichtigt. Das Ethanol aus den Fangflaschen wurde schließlich auf 92 gängige Pflanzenschutzmittel untersucht. Insgesamt wurden Rückstände von 47 gebräuchlichen Wirkstoffen nachgewiesen und die Insektenproben waren durchschnittlich mit 16,7 verschiedenen Wirkstoffen kontaminiert (Minimum: 7, Maximum: 27). Rückstände der Herbizide Metolachlor-S, Prosulfocarb und Terbuthylazin sowie der Fungizide Azoxystrobin und Fluopyram wurden an allen Standorten festgestellt. Das Neonikotinoid Thiacloprid wurde in 16 von 21 Naturschutzgebieten nachgewiesen, was höchstwahrscheinlich auf die letzte Verwendung vor einem EU-weiten Verbot zurückzuführen ist.

Eine Raumanalyse in derselben wissenschaftlichen Publikation zeigt, dass Insekten in einem Umkreis von zwei Kilometern mit Pflanzenschutzmitteln in Berührung kommen, Naturschutzgebiete in Deutschland in der Regel aber sehr viel kleiner sind, im Durchschnitt 300 Hektar, 60 Prozent sind sogar kleiner als 50 Hektar. Pufferzonen von 10 bis 20 Metern reichen da nicht aus. Die Autoren fordern deshalb eine drastische Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in großen Pufferzonen um Naturschutzgebiete, um eine Kontamination ihrer Insektenfauna zu vermeiden. Diese Pufferzonen müssen ökologisch bewirtschaftet werden. Eine Umsetzung solcher Pufferzonen für alle Naturschutzgebiete in der deutschen Agrarlandschaft würde 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche betreffen und entspräche dem EU-Ziel von 25 Prozent bzw. dem der neuen Bundesregierung, die bis 2030 einen Anteil von 30 Prozent Ökolandbau anstrebt. (mn)

Literatur

  • Brühl, C. A., N. Bakanov, S. Köthe, L. Eichler, M. Sorg, T. Hörren, R. Mühlethaler, G. Meinel & G. U. C. Lehmann 2021: Direct pesticide exposure of insects in nature conservation areas in Germany. – Scientific Reports 11: 24144. https://doi.org/10.1038/s41598-021-03366-w 
  • Hallmann, C. A., M. Sorg, E. Jongejans, H. Siepel, N. Hofland, H. Schwan, W. Stenmans, A. Müller, H. Sumser, T. Hörren, D. Goulson & H. de Kroon 2017: More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. – PLOS ONE 12 (10): e0185809. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0185809 



Insektensterben in Mitteleuropa: Ursachen und Gegenmaßnahmen


14.07.2021

Im Jahr 2017 zeigte die „Krefelder Studie“ einen dramatischen Rückgang der Biomasse flugaktiver Insekten im Verlauf von 27 Jahren in Deutschland auf. Seitdem wird über Ursachen und Folgen des Insektensterbens diskutiert. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen sind seit dem zu diesem Thema erschienen.

In dem im Juni neu erschienenen Buch von Fartmann et al. wird der Wissensstand zu den Ursachen des Insektensterbens umfassend zusammengefasst, erläutert und systematisch auf unsere Landschaftsräume bezogen dargestellt. An Beispielen gefährdeter Arten beschreiben die Autoren komplizierte Wirkungsgefüge und schlagen konkrete Maßnahmen für die Naturschutzpraxis vor: Fartmann, T., E. Jedicke, M. Streitberger & G. Stuhldreher 2021: Insektensterben in Mitteleuropa. Ursachen und Gegenmaßnahmen. Ulmer Verlag, 303 S.

In der Zeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung erschien mit der Juli-Ausgabe ein Themenheft mit dem Schwerpunkt Insektenschutz. In drei Artikeln werden die Bedeutung der Habitatqualität und der extensiven Beweidung sowie ein Fahrplan mit 33 prioritären Maßnahmen für den Insektenschutz vorgestellt.



Libellen: Gewinner und Verlierer in Deutschland


13.07.2021
In den letzten 35 Jahres hat sich die Verteilung der Libellenarten in Deutschland stark verändert. So wurden Rückgänge vor allem bei Arten an stehenden Gewässern verzeichnet. Zuwächse gab es hingegen bei Libellen, die an Fließgewässern leben und wärmere Temperaturen bevorzugen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Die Studie unterstreicht die Bedeutung von Bürgerwissenschaften und Naturkundegesellschaften für die Datenerhebung sowie von Naturschutzmaßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität.

Deutschland ist das Land mit den meisten Libellenarten in Europa, was vor allem an der Vielfalt von Lebensräumen und Klimata hierzulande liegt. Während viele aktuelle und vor allem lokal angelegte Studien auf einen langfristigen Rückgang der Insektenpopulationen in verschiedenen Teilen Europas hinweisen, zeigen Untersuchungen der Frischwasserinsekten – einschließlich der Libellen – bei einigen Arten einen gegensätzlichen Trend. Forschende von iDiv, FSU und UFZ haben nun eine landesweite Untersuchung des Vorkommens und der Verbreitung von Libellen in Deutschland vorgestellt, die sich auf den Zeitraum von 1980 bis 2016 bezieht. Dafür analysierten sie über eine Million Dateneinträge zum Vorkommen von 77 Arten aus verschiedenen regionalen Datenbanken. Die meisten Daten wurden von ehrenamtlichen Bürgerwissenschaftlern gesammelt und von der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen (GdO) zusammengeführt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten sowohl Zu- als auch Abnahmen fest. Besorgt zeigen sie sich über den Rückgang bei Arten, die an stehenden Gewässern leben. Abnahmen wurden bei 29 % aller Libellenarten festgestellt. Besonders betroffen sind dabei die Arten, die kühlere Temperaturen und stehende Gewässer wie Sümpfe und Moore bevorzugen. Viele dieser Arten sind bereits gefährdet. Sie sind auf kleine oder flache Gewässer angewiesen, die durch Trockenheit und niedrige Grundwasserspiegel immer seltener werden. „Diese Arten leiden sehr unter dem Rückgang ihres Lebensraumes. Hier sehen wir noch immer große Herausforderungen für den Schutz und Erhalt dieser Habitate“, sagt Erstautorin Dr. Diana Bowler von iDiv, FSU und UFZ.

Die Studie legt nahe, dass vor allem Libellenarten, die an kühlere Temperaturen und stehende Gewässer angepasst sind, durch weitere Umweltveränderungen einschließlich den Klimawandeln besonders gefährdet sind.

Die Ergebnisse der Studie zeigen Zuwächse beim Vorkommen von 45 % aller Libellenarten, größtenteils handelt es sich dabei um wärmeliebende Arten. „Bislang seltene Arten wie die Feuerlibelle und das Kleine Granatauge sind mittlerweile in Deutschland viel häufiger geworden“, meint Diana Bowler. „Diese Arten bevorzugen wärmere Temperaturen, ihre Zuwächse in Deutschland liegen also höchstwahrscheinlich am langfristigen Klimawandel.“

Unter den Gewinnern sind auch Arten an Fließgewässern, was auf erste Erfolge entsprechender Schutzmaßnahmen hindeutet, die durch besseres Umweltmanagement erzielt wurden. „Die Zuwächse bei diesen Arten zeigen eine Erholung von den Auswirkungen früherer Wasserverschmutzung und der fast vollständigen Zerstörung natürlicher Flussauen“, sagt Klaus-Jürgen Conze, Vorsitzender der GdO. In Deutschland wurden erste Projekte zur Verbesserung der Frischwasserqualität und zum Schutz von Fließgewässern bereits in den 1990ern ins Leben gerufen. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde im Jahr 2000 verabschiedet.

Ein Großteil der Daten wurde von ehrenamtlichen Bürgerwissenschaftlern und Naturkundegesellschaften wie der GdO zusammengetragen. „Unsere Studie unterstreicht den großen Beitrag, den dieses Engagement und die Fachexpertise dabei leisten, das Vorkommen von Arten zu untersuchen. Unsere Ergebnisse deuten auf einen stärkeren Rückgang in den letzten zehn Jahren hin, was deutlich macht, wie wichtig die Unterstützung durch Fachgesellschaften und Bürgerwissenschaften auch in der Zukunft sein wird“, sagt Letztautorin Prof. Aletta Bonn von UFZ, FSU und iDiv.

Diese Studie wurde u.a. durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG; FZT 118) im Rahmen des Projektes “sMon - Biodiversitätstrends in Deutschland” gefördert. sMon ist ein iDiv-Syntheseprojekt mit dem Ziel, exemplarische Datensätze zu verschiedenen Taxa und Habitaten zusammenzuführen und die Möglichkeiten und Grenzen für die Analyse von Biodiversitätsveränderungen auszuloten. Darauf aufbauend sollen Perspektiven für zukünftige Monitoring-Programme in Deutschland abgeleitet werden. sMon bringt Vertreterinnen und Vertreter der Landesämter aller Bundesländer, Mitglieder verschiedener Fachgesellschaften sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen.

Quelle: idw - Volker Hahn Medien und Kommunikation, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, 18.06.2021

Zur Publikation: Bowler, D. E., D. Eichenberg, K.-J. Conze, F. Suhling, K. Baumann, T. Benken, A. Bönsel, T. Bittner, A. Drews, A. Günther, N. J. B. Isaac, F. Petzold, M. Seyring, T. Spengler, B. Trockur, C. Willigalla, H. Bruelheide, F. Jansen & A. Bonn 2021: Winners and losers over 35 years of dragonfly and damselfly distributional change in Germany. – Diversity and Distributions


Onlinebeteiligung - Sachsens Biodiversitätsstrategie 2030


04.07.2021
Unter der Überschrift "Sachsens Biologische Vielfalt 2030 – einfach machen!" lädt das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft alle Bürgerinnen und Bürger dazu ein, eigene Ideen und Vorschläge für die Biodiversitätsstrategie 2030 noch bis zum 22. Juli 2021 einzubringen. 

Die Biologische Vielfalt oder kurz: Biodiversität umfasst die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten, Lebensräumen und Ökosystemen. Sie ist wichtig für unsere Lebensqualität und unseren Wohlstand. Das Artensterben hat eine in der Erdgeschichte nie dagewesene Dimension erreicht. Der im Jahr 2019 vom Weltbiodiversitätsrat (IPBES) vorgelegte Bericht über den globalen Zustand der Artenvielfalt sieht bis zu eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Trotz ermutigender Beispiele erfolgreicher Schutzanstrengungen ist die Bilanz auch für Sachsen unbefriedigend. Der Freistaat Sachsen beabsichtigt deshalb, sein Biodiversitätsprogramm weiter zu entwickeln. Kernbestandteile sollen Handlungsziele für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 sein. Damit sollen das Artensterben aufgehalten, die Trends zum Besseren gedreht und die Biodiversität langfristig wiederhergestellt werden. Jeder kann einen Beitrag leisten, ob Behörden, Unternehmen oder Bürgerinnen und Bürger.

Formulieren Sie Ziele für sich oder Ihre Einrichtung! Ob und wann Sie die Ziele erreicht haben, entscheiden Sie selbst.

Beteiligen Sie sich mit Hilfe des folgenden Fragebogens an der Aufstellung unseres Programms und erzeugen Sie Ihr eigenes Programm!




Je größer die Insel des Wissens, desto länger die Bank der Fragen


13.06.2021

Im Herbst 2018 führte Umweltpsychologin Nicola Moczek (Berlin) bei "Insekten Sachsen" eine Online-Umfrage durch. Sie wollte herausfinden, welche Motivationen dazu führen, sich freiwillig in diesem Projekt zu engagieren. Seinerzeit gab es 202 Aktive (registrierte Nutzer, die in den letzten 12 Monaten aktiv waren), von denen sich 116 an der Umfrage beteiligten. Dabei kam ein Abfragewerkzeug zum Einsatz, welches Nicola Moczek im Rahmen ihrer Promotion entwickelte und u.a. mit dieser Umfrage testete: Motivational and ORganisational Functions of voluntary ENgagement in Citizen Science (MORFEN-CS).

In der Umfrage wurden die Mitmachenden nach aktuellen und früheren Freiwilligentätigkeiten, ihren Motivationen, ihrer Bewertung von Organisationsangeboten, ihrem Wissen, ihrer Zufriedenheit mit dem Projekt und ihrem persönlichen Beitrag sowie ihre beabsichtigte zukünftige Beteiligung befragt. Die Studienteilnehmer waren überwiegend Männer (72%), gut ausgebildet, über 50 Jahre alt und engagierten sich seit langer Zeit freiwillig in Biodiversitätsprojekten. Sie wurden sowohl von pro-sozialen (altruistischen) als auch von eigennützigen (egoistischen) Motivationen angetrieben, bewerteten die pro-sozialen Funktionen jedoch als wichtiger für ihr Engagement. Kommunikation und Feedback wurden als die wichtigsten organisatorischen Angebote bewertet. Die Teilnehmer berichteten auch über einen Wissenszuwachs während der Projektteilnahme. Während die Freiwilligen mit dem Gesamtprojekt zufrieden waren, waren sie mit ihrem eigenen Beitrag deutlich weniger zufrieden. 

Den Ergebnissen der Umfrage folgte eine Gruppendiskussion (N = 60). Die Teilnehmer bedauerten, nicht mehr Zeit für ihr Hobby zu haben und betonten die Herausforderungen, die sich aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen verschiedener Disziplinen ergeben. Die meisten Teilnehmer gaben an, dass sie ihre Freiwilligenarbeit fortsetzen möchten. (mn)

  • Moczek, N., M. Nuss & J. K. Köhler 2021: Volunteering in the Citizen Science Project “Insects of Saxony”—The Larger the Island of Knowledge, the Longer the Bank of Questions. – Insects 12: 262. https://doi.org/10.3390/insects12030262 



Onlinebeteiligung: Für mehr Insektenvielfalt in Sachsen


18.04.2021

Das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft ruft im Rahmen einer Onlinebeteiligung dazu auf, Erfahrungen und Ideen zum Insektenschutz mitzuteilen und so die Erarbeitung der weiteren Strategie des Freistaates Sachsen zum Insektenschutz zu unterstützen.

Mehrere wissenschaftliche Studien, Rote Listen und der Bericht zur Lage der Natur 2020 belegen erhebliche Rückgänge der Artenvielfalt und Biomasse der Insektenfauna in Deutschland. Die Ursachen für diesen Rückgang sind vielfältig. Dazu gehören der Verlust und die Isolation von Lebensräumen und lebenswichtigen Strukturen, fehlende Nahrung, der Eintrag von Pflanzenschutzmitteln, Nährstoffen und anderen Schadstoffen, die Art und Weise der Bewirtschaftung sowie die Lichtverschmutzung in der Nacht.

Der Schutz und die Förderung der einheimischen, wildlebenden Insekten und ihrer Lebensräume ist dem Freistaat Sachsen ein großes Anliegen. Aus diesem Grund hat die Staatsregierung den Beschluss und die Umsetzung eines „Handlungskonzeptes Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ im Koalitionsvertrag 2019 bis 2024 verankert. Das Konzept liegt als Entwurf vor und befindet sich in Überarbeitung. Im Zuge der Umsetzung des Konzeptes sollen kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Förderung der Insektenwelt initiiert und durchgeführt werden. Einige Projekte und Maßnahmen befinden sich bereits in Vorbereitung bzw. Umsetzung.

Im Vorfeld der Erstellung des Konzeptentwurfs fanden Fachgespräche mit verschiedenen Akteuren und Interessenvertretern statt. Die Fortsetzung dieses Präsenzformates wurde jedoch durch die Covid-19-Pandemie unterbrochen. Nun wird der Prozess aufgegriffen und in einem neuen Format – als Onlinebeteiligung fortgeführt. Wir möchten von Ihnen erfahren, welche Projekte und Maßnahmen Sie für den Erhalt und die Förderung der einheimischen Insektenwelt bereits umsetzen, wo Sie die nächsten wichtigen Schritte zum Schutz der Insekten sehen und auf welche Hindernisse Sie dabei in der Praxis treffen.

Die Umfrage findet im Zeitraum vom 15.04.–31.05.2021 statt.

Zur Umfrage gelangen Sie über das Beteiligungsportal des Freistaates Sachsen: https://buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/smul/beteiligung/themen/1021660





Umweltminister Günther: »Förderprogramm für Insektenvielfalt macht Landwirte zu Partnern des Artenschutzes«


03.02.2021

Sachsen unterstützt zusätzliche Maßnahmen zum Insektenschutz

Das sächsische Kabinett hat am Dienstag (02.02.21) die Förderrichtlinie Insektenschutz- und Artenvielfalt (FRL ISA/2021) verabschiedet. Damit unterstützt Sachsen Landwirtschaftsbetriebe sowie andere Landbewirtschafterinnen und –bewirtschafter bei der Anlage von Blüh- beziehungsweise Brachestreifen auf Ackerrändern oder bei der insektenfreundlichen Mahd von Grünland. Insgesamt stehen dafür in diesem Jahr 2,2 Millionen Euro zur Verfügung.

Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther: »Wir brauchen Insekten, wir brauchen Artenvielfalt in der Kulturlandschaft. Gleichzeitig nimmt diese Vielfalt ab. Gerade die Insektenbestände sind rapide dezimiert. Deshalb gilt es, Schmetterlinge, Bienen, Käfer und andere mitsamt ihren Lebensräumen zu schützen. Mit unserer Förderung wenden wir uns vor allem an Landwirtinnen und Landwirte, aber auch an Umwelt- und Landschaftspflegeverbände. Ihnen wollen wir einen Anreiz für mehr Insektenschutz bieten und einen Ausgleich zahlen, wenn sie mehrjährige Blühstreifen anlegen oder zum Beispiel ihre Wiesen schonender mähen. Ich hoffe hier auf breite Resonanz. Schließlich brauchen wir ein ganzes Netz an Biotopen, wenn wir Artenvielfalt wirksam schützen oder entwickeln wollen. Dabei sind die Landwirte wichtige Partner. Letztlich brauchen wir Rahmenbedingungen, damit Landnutzer Teil eines ökologischen Ansatzes sein können. Außerdem freue ich mich, dass der Bund sich über den Sonderrahmenplan »Insektenschutz« finanziell beteiligt.«

Gefördert werden auf dem Acker zum Schlag gehörende, über fünf Jahre ortsfeste Blüh- bzw. Brachestreifen am Schlagrand. Die Streifen müssen mindestens sechs Meter und dürfen maximal zwanzig Meter breit sein. Insbesondere müssen Überwinterungsstrukturen bestehen bleiben. Die Ansaatmischungen für die Blühstreifen werden vorgegeben.

Ebenfalls gefördert wird die partielle Mahd auf Grünland. Dabei ist besonders insektenschonende Technik vorgeschrieben. Gemäht werden darf zweimal jährlich mit einer längeren Nutzungspause. Zugleich müssen bei jeder Mahd Grünlandstreifen als Überlebensraum für die Insekten ungenutzt bleiben.

Mehrjährige Blühstreifen am Feldrand auf dem Acker werden mit 909 Euro pro Hektar und Jahr, mehrjährige selbstbegrünende Brachestreifen am Feldrand mit 635 Euro pro Hektar und Jahr gefördert. Bei der partiellen Mahd auf dem Grünland beläuft sich die Unterstützung auf 702 Euro pro Hektar und Jahr.

Der Bund hat im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes« (GAK) den Sonderrahmenplan »Insektenschutz in der Agrarlandschaft« eingerichtet. Die Bundesmittel werden durch Landesmittel kofinanziert. Einzelheiten zur Förderrichtlinie werden unter https://www.smul.sachsen.de/foerderung/foerderrichtlinie-insektenschutz-und-artenvielfalt-frl-isa-2021-10301.html veröffentlicht.

Quelle: SMEKUL, 02.02.2021



Neues nationales Monitoringzentrum zur Biodiversität


29.01.2021

Die Bundesregierung hat am 27. Januar 2021 auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Einrichtung des nationalen Monitoringzentrums zur Biodiversität beschlossen. Damit wird ein Grundstein gelegt, um die Datenbasis zu Entwicklungen der biologischen Vielfalt deutlich zu verbessern. Das nationale Monitoringzentrum wird beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Leipzig angesiedelt und nimmt bereits in diesem Monat die Arbeit auf.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Arten und Ökosysteme sind weltweit stark gefährdet und auch in Deutschland geht die biologische Vielfalt deutlich zurück. Die Vielfalt von Arten und Ökosystemen ist unsere Lebensgrundlage, darum ist ihr Verlust auch ein existenzielles Problem für die Menschheit. Wir brauchen belastbare Daten, um möglichst zielgenaue Maßnahmen gegen den Artenschwund zu erarbeiten. Mit dem Monitoringzentrum schaffen wir deshalb jetzt ein festes Fundament, um zukünftig das gesamte Wissen zum Zustand der Arten und Lebensräume in Deutschland zusammenführen und zugänglich zu machen. Dieses Wissen wird uns auch dabei helfen, die Wirkung von Naturschutzmaßnahmen besser zu überprüfen."

Um dem Verlust der Artenvielfalt wirksam entgegenzutreten, sind belastbare Daten zum Zustand und zur Veränderung von Natur und Landschaft sowie zu wichtigen Einflussgrößen notwendig. Auf einer solchen Grundlage lassen sich Ursachen von Biodiversitätsveränderungen fundierter analysieren sowie Handlungsmöglichkeiten zur Förderung, Schutz und nachhaltiger Nutzung der biologischen Vielfalt genauer aufzeigen.

Das Ziel des nationalen Monitoringzentrums zur Biodiversität ist es deshalb, das bundesweite Biodiversitätsmonitoring auszubauen und langfristig zu sichern. Biodiversitätsmonitoring nutzt standardisierte, wissenschaftlich fundierte Methoden, um über einen langen Zeitraum repräsentative Daten mit Hilfe von Stichproben zu erheben. In Deutschland gibt es bereits einige etablierte Monitoringprogramme wie z.B. das bundesweite Vogelmonitoring. Diese Programme erheben bereits wertvolle Daten zu bestimmten Artengruppen oder Lebensräumen. Um eine Beobachtung und Bewertung des Zustands der Biodiversität zu ermöglichen, ist es jedoch notwendig, Informationen aus bestehenden Programmen zusammenzuführen sowie diese durch neu zu entwickelnde Monitoringprogramme zu ergänzen.

Das nationale Monitoringzentrum zur Biodiversität wird deshalb die bestehenden Monitoringprogrammekoordinieren und erweitern. Es wird die Daten auch einfacher verfügbar und zugänglicher machen. Die Digitalisierung eröffnet dabei neue Möglichkeiten, um das Biodiversitätsmonitoring durch Mustererkennung oder künstliche Intelligenz voranzubringen, um so automatisch Arten zu erkennen oder den Zustand von Lebensräumen zu bewerten. Zu den Aufgaben des Monitoringzentrum gehört es auch die Öffentlichkeit sowie in der Beobachtung Aktive über die gewonnenen Erkenntnisse zu informieren.

Die Zentrale des nationalen Monitoringzentrums wird beim BfN an der Außenstelle in Leipzig angesiedelt. So lässt sich auf den langjährigen Arbeiten und Erfahrungen des BfN im Bereich des Biodiversitätsmonitorings aufbauen. Für die Anschubfinanzierung wurden Mittel im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen in Höhe von knapp 73 Millionen Euro beantragt. Perspektivisch werden rund 60 Personen für das Biodiversitätsmonitoring arbeiten. Das neue Zentrum wirkt daher auch als Stärkung des Wissenschaftsstandorts im Raum Leipzig-Halle-Jena. Zu den dortigen Einrichtungen zählen neben den Universitäten beispielsweise das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig sowie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Darüber hinaus wird das Monitoringzentrum weitere Forschungseinrichtungen, die Länder sowie ehrenamtlich getragene Fachgesellschaften, Verbände und Kartiererinnen und Kartierer eng einbeziehen. Schon jetzt spielen diese eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Biodiversitätsmonitorings in Deutschland. Auch auf europäischer und internationaler Ebene wird das Monitoringzentrum eng mit den relevanten Institutionen zusammenarbeiten.

Quelle: BMU



Schwerpunktausgabe zum globalen Insektenrückgang erschienen


15.01.2021

Am 12. Januar 2021 ist eine Schwerpunktausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) zum globalen Insektenrückgang erschienen. Die Ausgabe enthält 13 Publikationen, die den Rückgang von Insekten aus geografischen, ökologischen, soziologischen und taxonomischen Perspektiven untersuchen sowie Hauptgefährdungen bewerten, sich damit befassen, wie die breite Öffentlichkeit Nachrichten über Insektenrückgänge wahrnimmt und Maßnahmen zum Schutz von Insekten empfehlen.

Der Schwerpunktausgabe der PNAS war ein Symposium auf dem Annual Meeting der Entomological Society of America in St. Louis, Missouri im November 2019 vorausgegangen. Das Programm dieses Symposiums und die 13 Vorträge sind im Internet verfügbar.  

Ein wichtiger Fokus der Schwerpunkteausgabe der PNAS liegt auf einer kritischen Bewertung der Datenlage und dem Aufzeigen von Wissenslücken. So gibt es eine große räumliche, zeitliche und taxonomische Variation beim Insektenrückgang und vier Publikationen bringen auch Beispiele dafür, dass sich die Abundanz einiger Insekten nicht geändert oder sogar zugenommen hat.

Unter den Beiträgen ist auch eine Publikation, die eingehender das Originalmaterial der Krefelder Entomologen untersucht, anhand dessen der 75%ige Biomasserückgang der Fluginsekten in deutschen Schutzgebieten aufgezeigt wurde (Hallmann et al. 2017). Am Beispiel der Schwebfliegen zeigen die Autoren (Hallmann et al. 2021), dass der Rückgang der Biomasse an die Abundanz und Artenvielfalt gekoppelt ist.

Nachfolgend alle Artikel der Schwerpunktausgabe The Global Decline of Insects in the Anthropocene Special Feature.

                                                                                                                                                 (mn)

Insect decline in the Anthropocene: Death by a thousand cuts
David L. Wagner, Eliza M. Grames, Matthew L. Forister, May R. Berenbaum, and David Stopak
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2023989118; https://doi.org/10.1073/pnas.2023989118

To understand the plight of insects, entomologists look to the past
Amy McDermott
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2018499117; first published December 16, 2020. https://doi.org/10.1073/pnas.2018499117

Agricultural intensification and climate change are rapidly decreasing insect biodiversity
Peter H. Raven and David L. Wagner
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002548117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002548117

To us insectometers, it is clear that insect decline in our Costa Rican tropics is real, so let’s be kind to the survivors
Daniel H. Janzen and Winnie Hallwachs
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002546117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002546117

Insects and recent climate change
Christopher A. Halsch, Arthur M. Shapiro, James A. Fordyce, Chris C. Nice, James H. Thorne, David P. Waetjen, and Matthew L. Forister
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002543117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002543117

The decline of butterflies in Europe: Problems, significance, and possible solutions
Martin S. Warren, Dirk Maes, Chris A. M. van Swaay, Philippe Goffart, Hans Van Dyck, Nigel A. D. Bourn, Irma Wynhoff, Dan Hoare, and Sam Ellis
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002551117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002551117

A window to the world of global insect declines: Moth biodiversity trends are complex and heterogeneous
David L. Wagner, Richard Fox, Danielle M. Salcido, and Lee A. Dyer
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002549117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002549117

Deep learning and computer vision will transform entomology
Toke T. Høye, Johanna Ärje, Kim Bjerge, Oskar L. P. Hansen, Alexandros Iosifidis, Florian Leese, Hjalte M. R. Mann, Kristian Meissner, Claus Melvad, and Jenni Raitoharju
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002545117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002545117

No buzz for bees: Media coverage of pollinator decline
Scott L. Althaus, May R. Berenbaum, Jenna Jordan, and Dan A. Shalmon
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002552117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002552117

Arthropods are not declining but are responsive to disturbance in the Luquillo Experimental Forest, Puerto Rico
Timothy D. Schowalter, Manoj Pandey, Steven J. Presley, Michael R. Willig, and Jess K. Zimmerman
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002556117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002556117

Insect biomass decline scaled to species diversity: General patterns derived from a hoverfly community
Caspar A. Hallmann, Axel Ssymank, Martin Sorg, Hans de Kroon, and Eelke Jongejans
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002554117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002554117

Nonlinear trends in abundance and diversity and complex responses to climate change in Arctic arthropods
Toke T. Høye, Sarah Loboda, Amanda M. Koltz, Mark A. K. Gillespie, Joseph J. Bowden, and Niels M. Schmidt
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002557117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002557117

Opinion: Eight simple actions that individuals can take to save insects from global declines
Akito Y. Kawahara, Lawrence E. Reeves, Jesse R. Barber, and Scott H. Black
PNAS January 12, 2021 118 (2) e2002547117; https://doi.org/10.1073/pnas.2002547117




Hochwertige Lebensräume statt Blühflächen


14.01.2021

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Naturschutz und Landschaftsplanung werden in einem Beitrag von Martin Sommer und Andreas Zehm die vielen Facetten der sehr in Mode gekommenen Anlage von Blühflächen diskutiert und der Wissensstand zum Thema zusammengefasst. Dabei geht es nicht nur um die Fragen ob ein- oder mehrjährige Blühflächen angelegt sowie welche Pflanzenarten und -herkünfte verwendet werden sollten, sondern auch, ob auf einer konkreten Fläche die Anlage einer Blühfläche überhaupt zu empfehlen ist. Neben einer differenzierten Betrachtung für Agrarlandschaft und Siedlungsraum zeigen die Autoren einen Handlungsleitfaden in mehreren Schritten auf. Dazu gehören:

- Analyse der Ausgangssituation: Sind bereits artenreiche Lebensräume vorhanden und ist die Anlage
  einer Blühfläche überhaupt empfehlenswert? Expertenrat hinzuziehen.
- Prüfen, ob eine Optimierung von Landschaftspflege oder -bewirtschaftung ausreichend ist, um die
  Artenvielfalt zu fördern.
- Selbstbegrünung durch Nutzung der vorhandenen Samenbank bevorzugen und gegebenenfalls
  stimulieren.
- Standortwahl: Blühflächen nur dort anlegen, wo sie nicht zu einer ökologischen Falle werden, weil
  angelockte Tiere an stark befahrenen Straßen oder durch Pflanzenschutzmittel umkommen.
- Die Mahdgutübertragung von artenreichen Wiesen aus der Region dem Ausbringen von käuflich
  erworbenem Saatgut vorziehen.
- Wenn Saatgut für die Anlage von Blühflächen beschafft werden muss, dann zertifiziertes Regiosaatgut
  verwenden.
- Wichtig ist eine richtige Bodenbearbeitung zur Schaffung eines Saatbettes sowie auf den Eintrag von
  Humus zu verzichten.
- Anwendung eines auf Insektenerhalt ausgerichteten Mahdmanagements.
- Öffentlichkeitsarbeit.


Literatur
Sommer, M. & A. Zehm 2021: Hochwertige Lebensräume statt Blühflächen. In wenigen Schritten zu wirksamem Insektenschutz. – Naturschutz und Landschaftsplanung 53 (1): 20–27.

(mn)


Insekten Sachsen wünscht Frohe Weihnachten und alles Gute für 2021!


24.12.2020

2020 war mit Covid-19 ein Jahr der besonderen Art. Wir hatten aber das Glück, dass wir unseren Frühjahrsworkshop vor und die Sommerexkursion nach dem Frühjahrs-Lockdown wie gewohnt durchführen konnten, während der Herbstworkshop dann als Videokonferenz stattfinden musste. In diesem Jahr waren 436 registrierte Nutzer:innen auf Insekten Sachsen aktiv, so viele wie noch nie und es gingen 21.113 Onlinemeldungen ein, das sind durchschnittlich 59 pro Tag. Jede Meldung wird von Artenkenner:innen noch einmal geprüft, gegebenenfalls korrigiert und manchmal gibt es auch Rückfragen an die Melder:innen. Bis zum heutigen Tag sind bereits 18.288 Meldungen geprüft und freigegeben worden. 2.213 Fundmeldungen sind derzeit noch ungeprüft, 333 noch in Bearbeitung und lediglich 279 wurden abgelehnt. Damit sind nicht nur viele zusätzliche Punkte in unsere Karten und Phänologie-Diagramme gekommen, sondern auch weitere Tausende Fotos, die die Steckbriefe, Bestimmungshilfe und App illustrieren. In letzterer sind nunmehr 450 Arten mit Diagnose und Fotos vertreten, darunter alle Tagfalter und Heuschrecken sowie Vertreter fast aller Insektenordnungen. Für die Heuschrecken wurden die Gesänge in den Diagnosen ergänzt und man kann mit der Fundmeldung jetzt auch Gesänge aufnehmen.

Nun möchte ich im Namen des gesamten INSEKTEN SACHSEN-Teams ganz herzlich Danke sagen an alle, die sich in diesem Jahr mit dem Melden von Insektenbeobachtungen oder der Qualitätsprüfung engagiert haben und wünsche allen besinnliche Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr.

Euer
Matthias Nuß


Braunkolbiger Braundickkopf, Zinnwald-Georgenfeld, August 2020 © Matthias Nuß




Mehr Wildnis für Deutschland


13.12.2020

"Zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands sollten bis 2020 als große Wildnisgebiete gesichert sein. Das ist nicht viel im internationalen Vergleich. Dennoch wurde dieses Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) deutlich verfehlt. Bis heute sind gerade einmal 0,6 Prozent erreicht. Wie schwerwiegend diese Zielverfehlung ist, belegt auch die jüngst verabschiedete EU-Biodiversitätsstrategie 2030. Darin wurden zehn Prozent streng geschützte Gebiete als Ziel für die Mitgliedstaaten festgelegt. Wildnisgebiete leisten hierzu einen wichtigen Beitrag."

Nun legen 19 Naturschutzverbände und -stiftungen eine "Agenda für Wildnis" mit 5 Kernforderungen vor: Wildnis ermöglichen - gebiete sichern, erhalten und vernetzen, Wildnis schützen - Gesetzgebung anpassen, Wildnis verzahnen - Synergien mit Klimaschutz, Hochwasserschutz und Bergbausanierung nutzen, Wildnis honorieren - Anreize für Flächenbesitzer schaffen und Von der Wildnis lernen - Monitoring implementieren. 

Die Agenda richtet sich vor allem an Bund und Länder und ist eine Aufforderung zur Erreichung politisch gesteckter Ziele.

Agenda für Wildnis. Zentrale Forderungen der Initiative "Wildnis in Deutschland" PDF


Die Dänische Eintagsfliege ist „Insekt des Jahres 2021“


27.11.2020

Heute, am 27.11.2020, wurde die Dänische Eintagsfliege (Ephemera danica) zum Insekt des Jahres 2021 gekürt. Das Kuratorium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Thomas Schmitt, Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg und dem Schirmherr Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg, prämierte das Insekt aus einer Reihe von Vorschlägen. Anders als der Name vermuten lässt, umfasst der Lebenszyklus einer Eintagsfliege – von der im Wasser lebenden Larve bis zum Fluginsekt – im Schnitt zwei Jahre. Die erwachsenen Insekten leben dann jedoch nur noch zwei bis vier Tage.

Es gibt sie schon seit etwa 355 Millionen Jahren: Eintagsfliegen. Heute leben in Mitteleuropa aber nur etwa 140 Arten. „Mit der Dänischen Eintagsfliege (Ephemera danica) wird ein Vertreter einer sehr alterstümlichen Gruppe zum ‚Insekt des Jahres’. Die zwischen einem und über zwei Zentimer langen Tiere sind weit in Europa verbreitet und besiedeln ein breites Spektrum von Gewässern – von kleinsten Bächen bis hin zu großen Flüssen. Einzigartig macht die Eintagsfliege ihr Lebenszyklus: vom im Wasser abgelegten Ei bis hin zum flug- und paarungsfähigem Insekt, das nach wenigen Tagen stirbt“, begründet Prof. Dr. Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und Vorsitzender des Kuratoriums, die Wahl.

Der Entwicklungszyklus des, mit auffälligen schwarzen Flecken auf seinen etwa zwei Zentimeter langen Flügeln erkennbaren, Insekts beginnt mit der Eiablage im Gewässer. Zwischen Mai und September fliegen die Weibchen der Dänischen Eintagsfliege im Zick-Zack-Kurs über das Wasser und tauchen dabei immer wieder mit der Spitze ihres Hinterleibs ein. Auf diese Weise legen sie portionsweise insgesamt mehrere Tausend Eier, die im Anschluss auf den Gewässergrund sinken, wo sie mit ihrer klebrigen Außenhülle hängenbleiben.
Nach einigen Tagen schlüpfen die Larven, die zunächst durch die Haut atmen. Während des Wachstums häuten sie sich immer wieder und entwickeln dabei deutlich sichtbare Kiemen. Die Anzahl dieser Häutungen ist mit 20 bis 30 im Vergleich zu anderen Insektenordnungen sehr hoch. Eingegraben im feinkiesigen bis sandig-schlickigen Grund der Gewässersohle dauert die Entwicklung der Larve ein bis drei Jahre, in Abhängigkeit verschiedener Umweltfaktoren, wie der Wassertemperatur oder dem Nahrungsangebot.
„Kurz vor dem Übergang vom Wasser- zum Landleben bildet sich bei der ausgewachsenen Larve zwischen der alten und der neuen Haut eine Luftschicht. Durch die Verringerung des spezifischen Gewichts steigt die Larve an die Wasseroberfläche. Dort angekommen, platzt die Larvenhaut und innerhalb weniger Sekunden schlüpft eine flugfähige Eintagsfliege“, ergänzt Schmitt. Diese ist aber noch nicht fortpflanzungsfähig, hierfür benötigt das Insekt noch eine letzte Häutung. Die fertig entwickelte Eintagsfliege besitzt weder Mundwerkzeuge noch einen funktionsfähigen Darm. Daher drängt die Zeit: Für Paarung und Eiablage bleiben nur wenigen Tagen bevor die Tiere sterben.

„Für unser ‚Insekt des Jahres 2021’ existiert glücklicherweise keine akute Gefährdung. Die Dänische Eintagsfliege ist aber aufgrund ihres speziellen Entwicklungszyklus auf ökologisch intakte Gewässer mit ausreichendem Sauerstoffgehalt angewiesen“, erklärt Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg und diesjähriger Schirmherr des „Insekt des Jahres“, und fährt fort: „Ein umfassender Gewässerschutz unter Förderung natürlicher Gewässerstrukturen gehört daher zu unseren Zielen – nur so können wir die Dänische Eintagsfliege und viele weitere Organismen schützen!“

Das Insekt des Jahres wird seit 1999 proklamiert. Die Idee hierzu stammte vom Prof. Dr. Holger Dathe, damaliger Leiter des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg. Ein Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler*innen und Vertreter*innen wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen angehören, wählt jedes Jahr aus verschiedenen Vorschlägen aus. 

(Text nach der Pressemitteilung von Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen)


Das war unser Herbstworkshop 2020


24.11.2020
Das Jahr 2020 mit der Covid-19-Pandemie wird uns sicher noch lange in Erinnerung bleiben. Diese Umstände bewogen uns beizeiten, den diesjährigen Herbstworkshop als Videokonferenz durchzuführen, um die Veranstaltung nicht ganz ausfallen zu lassen und im fachlichen Austausch bleiben zu können. Tatsächlich spitzte sich das Infektionsgeschehen weiter zu, so dass zum Zeitpunkt des Workshops am 14. November die politisch verordneten Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung eine Durchführung als Präsenzveranstaltung nicht mehr zuließen.

Am Vorabend haben Referentinnen, Referenten und Moderator die technischen Abläufe geprobt. So konnten wir am Samstagmorgen pünktlich und pannenfrei um 9 Uhr starten und alle Vorträge wie geplant hören und sehen. Im Nachgang wurde die zur Verfügung stehende Zeit bis 13 Uhr genutzt, verschiedene Themen zu diskutieren. Darunter waren die Anlockung von Glasflüglern (Sesiidae) mit synthetischen Pheromonen, technische Probleme bei Insekten Sachsen und die Terminfindung für die nächsten Veranstaltungen im Jahr 2021. Obwohl einige zuvor skeptisch waren, wurde das digitale Format sehr positiv aufgenommen und die baldige Durchführung eines digitalen Bestimmungs-Workshops angeregt. Die 53 Teilnehmer:innen waren überwiegend mit der technischen Qualität sehr zufrieden. Lediglich in einem Fall funktionierte die Verbindung nicht richtig, was sehr Schade ist. Auch deshalb gibt es nachfolgend die Vorträge noch einmal zum Nachsehen als PDF.

Allen Referentinnen und Referenten danke ich ganz herzlich für die Vorbereitung der Vorträge, einschließlich der Geduld bei der technischen Vorbereitung der Videokonferenz.

Bleibt alle gesund!
Euer Matthias

Eva-Maria Bäßler: Rückblick auf das Sommertreffen 2020. PDF
Martina Görner: Besondere Insektenfunde in der Oberlausitz. PDF
Ralf Britz: Die Käferfauna einer anbrüchigen Buche in der Dresdner Heide. PDF
Bernd-Jürgen Kurze: Bestimmungshinweise zu leicht verwechselbaren Nachtfalterarten. PDF
Rolf Einspender: Registrierung von Nachtfaltern am Köder mit automatischer Bildaufzeichnung. PDF



Update für die App INSEKTEN SACHSEN


07.11.2020

Die App INSEKTEN SACHSEN ist diese Woche in der Version 4.1.3. erschienen. Anlass für dieses Update sind Erweiterungen für die Bestimmung und Erfassung von Heuschrecken. Diese Insektengruppe ist besonders gut geeignet, den Zustand von Wiesen und Weiden zu beurteilen und soll deshalb bei der Bewertung von Schmetterlingswiesen in Sachsen zukünftig eine größere Rolle spielen. Mit dem neuen Update können jetzt neben den einheimischen Tagfaltern auch die Heuschrecken interaktiv bestimmt werden. In den Diagnosen sind jetzt für die meisten Heuschreckenarten Audiodateien enthalten, die den für die Artbestimmung charakteristischen Gesang der Heuschrecken wiedergeben. Die Meldefunktion wurde erweitert um die Funktionalität, Heuschreckengesänge aufzunehmen oder zuvor aufgenommene Gesänge auszuwählen und der Fundmeldung anzuhängen. Die App enthält jetzt Diagnosen und Fotos für 450 Insektenarten, darunter alle einheimischen Tagfalter und Heuschrecken sowie Vertreter fast aller in Sachsen vorkommenden Insektenordnungen.

Die App INSEKTEN SACHSEN funktioniert im Gelände auch Offline, inklusive der automatischen Georeferenzierung (lediglich die Kartenanzeige ist dann nicht verfügbar). Die Fundmeldungen können später mit INSEKTEN SACHSEN synchronisiert werden.

Das neue Update wurde ermöglicht durch das sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft und mitfinanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. (mn)

Die App ist unter den folgenden Links zu finden: Google Play     App Store  




Fliegende Edelsteine – Monographie über die Goldwespen Mitteleuropas erschienen


28.10.2020

Trotz ihrer geringen Körperlänge von weniger als einem Zentimeter ziehen die farbenprächtigen, metallisch glänzenden Goldwespen unsere Blicke auf sich und wer sich dann schon einmal daran gemacht hat, diese Insekten zu fotografieren weiß, dass dies nicht nur eine Herausforderung ist, weil sie so klein, sondern auch, weil sie so schnell sind.

Goldwespenlarven leben auf Kosten anderer Insekten, insbesondere von Grabwespen, Wegwespen und Wildbienen, aber auch von Pflanzenwespen, Honigwespen oder Schmetterlingen, wobei die einzelnen Goldwespenarten bei der Nutzung der Wirte hochspezialisiert sind. Sie leben also parasitisch, entweder als Kuckuck auf Kosten anderen Insektenlarven, was mit dem Tod letzterer einhergeht, oder auf Kosten des eingelagerten Proviants, was man Kleptoparasitismus nennt. Die adulten Goldwespen hingegen sind Vegetarier und so kann man sie beim Blütenbesuch beobachten. Auf der Suche nach Wirten findet man sie dann zum Beispiel regelmäßig an Bienennisthilfen.

Schnell kann man sich für Goldwespen begeistern, aber die kleine Körpergröße bringt es mit sich, dass deren Artbestimmung nicht ganz einfach ist. Viele Arten können nach Makrofotos bestimmt werden, vor allem, wenn die Tiere von oben, von der Seite und von vorn fotografiert werden, aber es verbleiben auch einige Artengruppen, die selbst für Spezialisten eine Herausforderung sind, wie z. B. die Chrysis ignita-Artengruppe, bzw. es werden selbst in Mitteleuropa noch unbekannte Arten entdeckt und wissenschaftlich beschrieben. Die Forschung wird in den nächsten Jahren viele neue Erkenntnisse zu diesen Insekten zutage fördern.

Vor diesem Hintergrund ist nun ein Buch von Heinz Wiesbauer, Paolo Rosa und Herbert Zettel über die mitteleuropäischen Goldwespen erschienen, dass alle Arten behandelt. Ein ausführlich einführender Teil gibt Einblicke in die Erforschungsgeschichte der Goldwespen sowie ihre interessante und hochkomplexe Lebensweise. Die einzelnen Arten werden im Hauptteil des Buches behandelt. Ein Bestimmungsschlüssel führt zu den Gattungen und Artengruppen. 652 Farbfotos und Farbzeichnungen illustrieren die Lebensweise, Lebensräume und erleichtern die Artbestimmung erheblich.

Dieses Buch ist für alle zu empfehlen, die sich mit Goldwespen beschäftigen möchten, sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene. Letzte finden über ein ausführliches Literaturverzeichnis schließlich zu den wissenschaftlichen Publikationen zur Bestimmung von äußerlich ähnlichen Arten, molekulargenetischen Untersuchungen u.w.m. Und wer sich nur für Goldwespen begeistern und die schönen Fotos genießen möchte, dem sei das Buch allemal empfohlen. mn

Wiesbauer, H., P. Rosa & H. Zettel 2020: Die Goldwespen Mitteleuropas. Biologie, Lebensräume, Artenportraits. – Ulmer, Stuttgart. 256 S.


Erste Rote Liste der Köcherfliegen Sachsens erschienen


12.09.2020

Für die aquatischen Insekten ist nach den Libellen (2006), Steinfliegen (2015), Wasserkäfern (2016) und Eintagsfliegen (2017) nun die erste Rote Liste für die sächsischen Köcherfliegen erschienen. Köcherfliegen sind sowohl als Larven wie auch als Adulte eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele andere Tierarten. Sie werden zudem als Bioindikatoren zur Einschätzung der Gewässergüte herangezogen. Nach der nun erschienenen Roten Liste sind in Sachsen 221 Köcherfliegenarten heimisch. Die Populationen vieler Arten haben sich aufgrund der Verbesserung der Wasserqualität in vielen sächsischen Gewässern wieder erholt und manche vor 25 Jahren verschollene Arten konnten wieder gefunden werden. Trotzdem hat sich die Situation bei manchen Arten auch verschlechtert und so stehen 89 Arten (40,3 %) auf der Roten Liste, 22 von ihnen sind ausgestorben oder verschollen, darunter auch Rhyacophila pascoei und Ylodes conspersus, die in ganz Deutschland als ausgestorben gelten. Weitere vier Arten gelten in Sachsen aktuell als vom Aussterben bedroht.

Zu den Gefährdungsursachen zählen die Autoren:
- Verrohrung und / oder Drainage von Quellgebieten und Bachoberläufen
- Begradigung von Fließgewässern
- fehlende Gewässerrandstreifen
- Eintrag von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
- wasserbauliche Maßnahmen (Stützmauern, Sohl- und Uferbefestigungen)
- Fichtenbestockungen in Quellgebieten
- Einrichtung forstlicher Rückegassen entlang von Gewässern
- Kalkung und Biozid-Einsatz über Wäldern
- Verlust von Lebensstätten insbesondere für Moorarten
- punktuelle Schadstoffeinträge
- Veränderung der Wasserführung bzw. Trockenfallen von Gewässern
  infolge des Klimawandels  
- Naturschutzmaßnahmen, wenn die jeweiligen Arten keine
  Berücksichtigung finden.

Damit zeigen die Autoren Handlungsbedarf für eine weitere Verbesserung der Umweltqualität auf.
(mn)

Literatur
Voigt, H., R. Küttner & B. Plesky 2020: Rote Liste und Artenliste Sachsens - Köcherfliegen. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. 47 S.


Erster gesamtdeutscher Atlas der Tagfalter und Widderchen erschienen


03.06.2020

Wie sehen die aktuellen Trends bei den deutschen Tagfaltern und Widderchen aus? Welche Arten kommen wo vor? Welche Bestände sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden? Wo haben sich Neuankömmlinge etabliert?

Solche Informationen bietet der neue Atlas für die 184 in Deutschland einheimischen Tagfalter- und 24 Widderchenarten, die ebenfalls tagsüber aktiv sind. Jede dieser insgesamt 208 Arten stellen Autoren in einem kurzen Portrait mit Informationen zu Lebensräumen und Biologie, Gefährdung und Schutz sowie attraktiven Fotos vor. Für die Tagfalter gibt es detaillierte Verbreitungskarten, die in zehn mal zehn Kilometer große Quadrate unterteilt sind. Die Symbole für die Nachweise zeigen an, ob eine Art dort bis zum Jahr 1900, in verschiedenen Abschnitten des 20. Jahrhunderts oder nach dem Jahr 2000 nachgewiesen wurde.
All diese Informationen zusammenzutragen, war eine echte Herausforderung. "Als wir vor etwa zehn Jahren die Idee und das Konzept für den Atlas entwickelten, war nicht abzusehen, welchen materiellen, technischen, personellen und administrativen Aufwand es zu bewältigen galt", sagt Erst-Autor Rolf Reinhardt aus dem sächsischen Mittweida, als Vertreter der Entomofaunistischen Gesellschaft. Nur dank der meist ehrenamtlichen Mitarbeit zahlreicher Falter-Enthusiasten aus ganz Deutschland habe man das Mammut-Projekt überhaupt realisieren können.
Denn hinter jedem Punkt auf der Karte steckt viel Arbeit und Erfahrung. Schließlich galt es, möglichst zahlreiche Informationen über die Vorkommen der einzelnen Arten auszuwerten, auf ihre Plausibilität und Aktualität zu prüfen und wenn möglich auch über längere Zeiträume zu vergleichen. Da Tagfalter populäre Insekten sind, gibt es zu diesem Thema auch reichlich Beobachtungen. Landesämter und Behörden haben ebenso Daten zusammengetragen wie Vereine, Museen, Arbeitsgemeinschaften, wissenschaftliche Projekte oder interessierte Privatleute. Das UFZ hat 2005 zudem gemeinsam mit der Gesellschaft für Schmetterlingsschutz (GfS) ein Citizen Science-Projekt namens "Tagfalter-Monitoring Deutschland" ins Leben gerufen, bei dem alle Interessierten mitmachen können. Bundesweit laufen Falter-Fans seither im Sommerhalbjahr immer wieder festgelegte Strecken ab und zählen die dabei beobachteten Tiere.
Das Problem war, dass all diese Informationen in unterschiedlichen Datenbanken gespeichert waren, die nicht unbedingt miteinander kompatibel sind. Diesen Wissensschatz verwertbar zu machen, war für Bioinformatiker Alexander Harpke vom UFZ daher ein hartes Stück Arbeit. Mehr als sechs Millionen Datensätze hat er dafür im Laufe der Jahre aufbereitet. "Die eigens für den Atlas entwickelte Daten-Infrastruktur ist wegweisend und soll als Basis auch für zukünftige Biodiversitätsprojekte dienen", betont der Forscher.
Mit ihrer Hilfe ist es nun zum ersten Mal gelungen, einen kompletten Überblick über die Vorkommen sämtlicher Tagfalter und Widderchen Deutschlands zu gewinnen. Das einzige vergleichbare Werk, das es bisher gab, stammte noch aus den 1980er Jahren und beschränkte sich auf das Gebiet der DDR. Ansonsten war die Falterwelt nur für einzelne Bundesländer oder Regionen genau erfasst worden. Entsprechend stolz ist man beim Verlag Eugen Ulmer auf den ersten bundesweiten Atlas. "Der Band ist ein Highlight unseres äußerst erfolgreichen Buchprogramms zu Natur- und Artenschutz, in dem in den letzten Jahren Standardwerke zu Wildbienen, Amphibien und dem Wolf veröffentlicht wurden", sagt Programmleiter Volker Hühn.
In ihrem Vorwort zum Atlas betont Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN): "Mit dem ersten bundesweiten Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen liegen ein beeindruckender Überblick und ein Referenzwerk vor. Er soll aber auch dazu anregen, am Schutz der Tagfalter aktiv mitzuwirken und sich im Rahmen von Kartierprojekten weiter zu engagieren. Denn die kontinuierliche Erfassung der Artenvielfalt und die Durchführung von gezielten Schutz- und Pflegemaßnahmen sind zum dauerhaften Erhalt der biologischen Vielfalt unbedingt notwendig".
Selbst wer sich nur aus ästhetischen Gründen für Schmetterlinge interessiert, kommt dank der zahlreichen Fotos auf seine Kosten. Vor allem aber können sich Behördenvertreter und Wissenschaftler, Naturschützer und andere Falter-Fans nun einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Schmetterlingswelt verschaffen - sei es bundesweit oder vor der eigenen Haustür.
So tauchen in dem Atlas auch Arten auf, die bis vor kurzem in Deutschland gar nicht vorkamen. Der wärmeliebende Karst-Weißling, der inzwischen auf Schleifenblume und Wilder Rauke in Gärten lebt, ist zum Beispiel erst im Jahr 2008 aus der Schweiz eingewandert und breitet sich nun auch hierzulande aus.
"Die Karten zeigen aber auch sehr deutlich, wo welche Arten im Laufe des 20. Jahrhunderts verschwunden sind", erklärt Schmetterlingsexperte Prof. Josef Settele vom UFZ. Das sei vor allem für den Naturschutz interessant. So werde man bei der Erstellung künftiger Roter Listen auf diese Informationen zurückgreifen. "Und wir können auch leicht erkennen, welche Regionen eine besondere Verantwortung für den Erhalt bestimmter Arten haben." Vom Blauschillernden Feuerfalter zum Beispiel gibt es größere Vorkommen nur noch in der Eifel und im Westerwald sowie im Voralpenraum. Falls die Schutzmaßnahmen für den Feuchtgebietsbewohner dort nicht greifen sollten, hat Deutschland in vermutlich nicht allzu ferner Zukunft eine Falterart weniger.

Der Atlas enthält auch die Tagfalterdaten aus dem INSEKTEN SACHSEN-Projekt. Insgesamt wurden 18.363 Tagfalter-Datensätze übermittelt (Stand: 6. Mai 2019).

Reinhardt, R., A. Harpke, S. Caspari, M. Dolek, E. Kühn, M. Musche, R. Trusch, M. Wiemers & J. Settele 2020: Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. – Ulmer, Stuttgart. 430 S., 568 Farbfotos, 218 farbige Verbreitungskarten, gebunden.




'Bericht zur Lage der Natur 2020' in Deutschland und Europäische Kommission bringt 'Biodiversitäts'- und 'Vom Hof auf den Tisch'-Strategien auf den Weg


22.05.2020

Am 19. Mai 2020 präsentierten Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Prof. Dr. Beate Jessel den Bericht zur Lage der Natur 2020.

Alle sechs Jahre nehmen Bund und Länder eine Bewertung des Zustands der Natur in Deutschland vor. Dazu werden umfassende Berichte erstellt, die durch die Bundesregierung an die EU-Kommission zur Erfüllung der europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie und der EU-Vogelschutz-Richtlinie übermittelt werden. Grundlage für die Analyse ist ein Datenschatz, den ehrenamtliche Naturschützerinnen und Naturschützer und Behörden bundesweit zusammentragen: In rund 14.000 Stichproben haben sie im Zeitraum von 2013 bis 2018 den Zustand von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen erfasst, die über die europäischen FFH- und Vogelschutzrichtlinien geschützt sind. Für den Vogelschutzbericht liefern die Programme des bundesweiten Vogelmonitorings eine weitere wichtige Datenbasis. Aus den Daten lassen sich auch Rückschlüsse auf die Lage der Natur in Deutschland insgesamt ziehen.

Svenja Schulze: "Die Generalinventur unserer biologischen Vielfalt in Deutschland zeigt ein sehr gemischtes Bild. In manchen Teilen des Landes erholt sich die Natur: Vielen Buchenwäldern geht es gut, in den Wäldern und Siedlungen gibt es wieder mehr Vögel. Auch die Renaturierung von Flüssen und Auen trägt zur Erholung der Natur bei. Vor allem in der Agrarlandschaft geht es der Natur dagegen besorgniserregend schlecht. Das gilt besonders für Schmetterlinge und andere Insektenarten, die auf blütenreiche Wiesen und Weiden angewiesen sind. Denn diese wichtigen Ökosysteme gibt es in der intensiven Landwirtschaft immer seltener. Starke Verluste sehen wir auch bei vielen Vogelarten der Agrarlandschaft wie Kiebitz und Rebhuhn."

Beate Jessel: „Artenreiche Wiesen und Weiden verzeichnen sowohl in der Fläche als auch in ihrer Artenvielfalt starke Rückgänge. Dieser Trend setzt sich seit dem ersten nationalen FFH-Bericht im Jahr 2001 ungebrochen fort. Mehr als die Hälfte aller FFH-Grünland-Lebensraumtypen befindet sich in Deutschland in einem ungünstig-schlechten Erhaltungszustand. Der Schutz des Grünlands muss deshalb nicht nur auf europäischer, sondern auch auf nationaler Ebene verbessert werden. Wenn wir Arten und Lebensräume erfolgreich schützen und erhalten, kann die Natur ein Teil von Lösungen sein. Auch das verdeutlicht unser Bericht: Renaturierte Feuchtgebiete, intakte Moore und nachhaltig genutzte Wälder können entscheidend zu Klimaschutz und Klimaanpassung beitragen."
Im Einzelnen sind 25 Prozent der untersuchten Arten in einem günstigen Erhaltungszustand, darunter der Seehund und die Kegelrobbe in der Nordsee oder der Steinbock in den Alpen. 30 Prozent sind in einem unzureichenden Zustand. 33 Prozent sind in einem schlechten Zustand, das betrifft vor allem Schmetterlinge, Käfer und Libellen. Bei den Lebensräumen sieht es ähnlich aus. Hier sind 30 Prozent in einem günstigen Zustand, zum Beispiel verschiedene Wald-Lebensräume, alpine Heiden und Gebüsche sowie Fels-Lebensräume. 32 Prozent weisen einen unzureichenden Zustand auf, während sich 37 Prozent der untersuchten Lebensräume in einem schlechten Zustand befinden, vor allem die landwirtschaftlich genutzten Grünland-Flächen, aber auch Seen und Moore.

In Brüssel geht es in Sachen Umwelt zügig voran. Erst im Dezember 2019 wurde der europäische Green Deal vorgestellt. Dieser umfasst ein Bündel von Maßnahmen und sieht vor, dass bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt wird und niemand, weder Mensch noch Region, im Stich gelassen wird. Am 20. Mai 2020 hat die Europäische Kommission nun ihre „Biodiversitäts Strategie für 2030“ sowie die „Vom Hof auf den Tisch“-Strategie (Farm-to-Fork – F2F) vorgelegt. Beide Strategien sind Teil des New Green Deal der Europäischen Kommission.

 

EU Biodiversitäts Strategie für 2030

Die EU ist bereit Ehrgeiz zu zeigen, den Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren, der Welt mit gutem Beispiel und Maßnahmen voranzugehen und auf der 15. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt nach 2020 einen transformativen globalen Rahmen zu vereinbaren und zu verabschieden. Dies sollte auf dem Hauptziel aufbauen, sicherzustellen, dass bis 2050 alle Ökosysteme der Welt wiederhergestellt, belastbar und angemessen geschützt sind. Die Welt sollte sich dem Nettogewinnprinzip verpflichten, der Natur mehr zurückzugeben, als sie braucht. Als Teil davon sollte sich die Welt zu keinem vom Menschen verursachten Aussterben von Arten verpflichten, zumindest wenn dies vermeidbar ist.

Als Meilenstein soll sichergestellt werden, dass die biologische Vielfalt Europas bis 2030 auf dem Weg der Erholung sein wird.

Die neue EU-Biodiversitätsstrategie sieht vor, mindestens 30% der Landfläche der EU und 30% der Seefläche derEU sowie 10% der marinen und terrestrischen Ökosysteme streng zu schützen, inklusive primärer und alter Wälder.

Um ein wirklich kohärentes und widerstandsfähiges transeuropäisches Naturnetzwerk zu haben, ist es außerdem wichtig, ökologische Korridore einzurichten, um die genetische Isolierung zu verhindern, die Migration von Arten zu ermöglichen und gesunde Ökosysteme zu erhalten und zu verbessern. In diesem Zusammenhang sollten Investitionen in grüne und blaue Infrastruktur und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert und unterstützt werden, auch durch die Europäische Territoriale Zusammenarbeit.

Teil der Biodiversitätstrategie ist der EU-Natur-Wiederherstellungs-Plan. Schlüsselverpflichtungen bis 2030 sind:
1.   Rechtsverbindliche EU-Ziele für die Wiederherstellung der Natur, die 2021 vorgeschlagen werden
      sollen, vorbehaltlich einer Folgenabschätzung. Bis 2030 werden bedeutende Gebiete degradierter
      und kohlenstoffreicher Ökosysteme wiederhergestellt. Lebensräume und Arten zeigen keine
      Verschlechterung der Erhaltungstrends und des Erhaltungszustands; und mindestens 30%
      erreichen einen günstigen Erhaltungszustand oder zeigen zumindest einen positiven Trend.
2.   Der Rückgang der Bestäuber ist umgekehrt.
3.   Das Risiko und der Einsatz chemischer Pestizide werden um 50% und der Einsatz gefährlicherer
      Pestizide um 50% reduziert.
4.   Mindestens 10% der landwirtschaftlichen Fläche befinden sich in Landschaftsmerkmalen mit
      großer Vielfalt.
5.   Mindestens 25% der landwirtschaftlichen Flächen werden ökologisch bewirtschaftet, und die Akzeptanz
      agroökologischer Praktiken wird erheblich gesteigert.
6.   In der EU werden unter Einhaltung der ökologischen Grundsätze drei Milliarden neue Bäume gepflanzt.
7.   Bei der Sanierung kontaminierter Bodenstandorte wurden erhebliche Fortschritte erzielt.
8.   Mindestens 25.000 km frei fließende Flüsse werden wiederhergestellt.
9.   Die Anzahl der Arten der Roten Liste, die von invasiven gebietsfremden Arten bedroht sind, verringert
      sich um 50%.
10. Die Nährstoffverluste aus Düngemitteln werden um 50% reduziert, was zu einer Reduzierung des
      Düngemittelverbrauchs um mindestens 20% führt.
11. Städte mit mindestens 20.000 Einwohnern haben einen ehrgeizigen Plan zur Begrünung der Städte.
12. In sensiblen Gebieten wie den städtischen Grünflächen der EU werden keine chemischen Pestizide
      eingesetzt.
13. Die negativen Auswirkungen auf empfindliche Arten und Lebensräume, einschließlich des
      Meeresbodens durch Fischerei und Abbauaktivitäten, werden erheblich verringert, um einen
      guten Umweltzustand zu erreichen.
14. Der Beifang von Arten wird beseitigt oder auf ein Niveau reduziert, das den Arten Erholung und
      Schutz Arten ermöglicht.

Vom Hof auf den Tisch (Farm to Fork - f2f) – Strategie der Europäischen Kommission

Die Farm-to-Fork-Strategie befasst sich umfassend mit den Herausforderungen nachhaltiger Lebensmittelsysteme und erkennt die untrennbaren Verbindungen zwischen gesunden Menschen, gesunden Gesellschaften und einem gesunden Planeten an. Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung eines robusten und widerstandsfähigen Lebensmittelsystems unterstrichen, das unter allen Umständen funktioniert und den Bürgern den Zugang zu einer ausreichenden Versorgung mit erschwinglichen Lebensmitteln gewährleisten kann. Es ist dringend erforderlich, die Abhängigkeit von Pestiziden und antimikrobiellen Mitteln zu verringern, die Überdüngung zu verringern, den ökologischen Landbau zu steigern, den Tierschutz zu verbessern und den Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren.

Die Kommission wird zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um den Gesamtverbrauch und das Risiko chemischer Pestizide bis 2030 um 50% und den Einsatz gefährlicherer Pestizide um 50% zu verringern.

Der Überschuss an Nährstoffen (insbesondere Stickstoff und Phosphor) in der Umwelt, der sich aus dem übermäßigen Verbrauch und der Tatsache ergibt, dass nicht alle in der Landwirtschaft verwendeten Nährstoffe effektiv von Pflanzen aufgenommen werden, ist eine weitere Hauptquelle für Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung sowie Klimaauswirkungen. Es hat die Artenvielfalt in Flüssen, Seen, Feuchtgebieten und Meeren verringert. Die Kommission wird Maßnahmen ergreifen, um die Nährstoffverluste um mindestens 50% zu verringern und gleichzeitig sicherzustellen, dass sich die Bodenfruchtbarkeit nicht verschlechtert. Dadurch wird der Einsatz von Düngemitteln bis 2030 um mindestens 20% reduziert.

Antimikrobielle Resistenz (AMR) im Zusammenhang mit dem übermäßigen und unangemessenen Einsatz antimikrobieller Mittel im Gesundheitswesen von Tieren und Menschen führt in der EU / im EWR zu geschätzten 33.000 Todesfällen pro Jahr und zu erheblichen Gesundheitskosten. Die Kommission wird daher Maßnahmen ergreifen, um den EU-Gesamtabsatz an antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und in der Aquakultur bis 2030 um 50% zu senken.

Bis 2030 sollen mindestens 25% der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU im Rahmen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet und die ökologische Aquakultur erheblich gesteigert werden.

Es ist klar, dass der Übergang von einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) unterstützt werden muss, die sich auf den Green Deal konzentriert. Die neue GAP, die die Kommission im Juni 2018 vorgeschlagen hat, soll den Landwirten helfen, ihre Umwelt- und Klimaleistung durch ein ergebnisorientierteres Modell, eine bessere Nutzung von Daten und Analysen, verbesserte verbindliche Umweltstandards, neue freiwillige Maßnahmen und eine stärkere Ausrichtung auf Investitionen in grüne und digitale Technologien und Praktiken zu verbessern. Ziel ist es auch, ein angemessenes Einkommen zu gewährleisten, das es ihnen ermöglicht, für ihre Familien zu sorgen und Krisen aller Art standzuhalten. Das Erfordernis, die Effizienz und Effektivität von Direktzahlungen zu verbessern, indem die Einkommensunterstützung auf Landwirte begrenzt und gezielter ausgerichtet wird, die diese benötigen und die grünen Ambitionen erfüllen, und nicht auf Unternehmen, die lediglich Ackerland besitzen, bleibt ein wesentliches Element der Zukunft GAP.

Die neuen „Eco-Schemes“ bieten einen großen Finanzierungsstrom zur Förderung nachhaltiger Praktiken wie Präzisionslandwirtschaft, Agrarökologie (einschließlich ökologischer Landbau), Kohlenstoffzucht und Agrarforstwirtschaft. Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen sicherstellen, dass sie über angemessene Mittel verfügen und in die Strategiepläne aufgenommen werden. Die Kommission wird die Einführung eines Mindestbudgets für Umweltschutzmaßnahmen unterstützen. Die Kommission wird jedem Mitgliedstaat auch Empfehlungen zu den neun spezifischen Zielen der GAP vorlegen, bevor sie den Entwurf der Strategiepläne formell vorlegt. Die Kommission wird der Erreichung der Green-Deal-Ziele sowie der aus dieser Strategie und der Biodiversitätsstrategie für 2030 resultierenden Ziele besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie wird die Mitgliedstaaten auffordern, unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Situation und der oben genannten Ziele explizite nationale Werte für diese Ziele festzulegen. Auf der Grundlage dieser Werte werden die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen in ihren Strategieplänen festlegen.

 

Pressestimmen

Bioland Präsident Jan Plagge zur f2f-Strategie: „Das ist heute ein sehr ermutigendes Signal aus Brüssel – Europas Land- und Lebensmittelwirtschaft soll bis 2030 deutlich ökologischer werden. Die Zielmarke von 25 Prozent Ökolandbau bis 2030 ist ein wichtiger Wegweiser in Richtung Landwirtschaft der Zukunft. Wenn wir die Klimakrise und die immensen Herausforderungen im Bereich der Biodiversität angehen und unsere landwirtschaftlichen Systeme widerstandsfähiger machen wollen ist das genau der richtige Weg… Mit der Farm-to-Fork-Strategie als Grundlage kann die GAP in Richtung einer nachhaltigen Ernährung gelingen.“

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes und Präsident der COPA-COGECA, dem Zusammenschluss der europäischen Bauernverbände hingegen sieht die Farm to Fork-Strategie als einen „Generalangriff auf die europäische Landwirtschaft.“


Entomologie in Zeiten von Covid-19


17.04.2020
Seit Ende Dezember 2019 führt uns SARS-CoV-2, der Erreger von Covid-19, vor Augen, wie schnell ein Krankheitserreger von anderen Arten auf den Menschen überspringen und sich weltweit rasend schnell ausbreiten kann. Wie auch bei anderen Organismen, die dann anderen Ortes zu Neobiota werden, spielte der globale Verkehr bei der weltweiten Ausbreitung eine große Rolle. In vielen Ländern haben die Regierungen daraufhin einen "Shut down" beschlossen, der darauf abzielt, die weitere Übertragung und Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu stoppen. Momentan sieht es in Deutschland so aus, dass dieses Ziel erreicht worden ist. Trotzdem halten die Maßnahmen vorläufig noch an. Derweil ist draußen Frühling und nicht nur Exkursionen, auch Vortragsveranstaltungen u.a.m. fallen aus. Nachfolgend werden ein paar digitale Angebote aufgelistet, die vielleicht einen gewissen Ausgleich schaffen können. Gern nehmen wir weitere Vorschläge entgegen und binden diese hier ein. Ich hoffe, dass wir uns alle bald gesund wiedersehen werden! mn

"Libellen: Urzeitjäger an unseren Teichen," ein Vortrag von Peter Diehl. Laufzeit: ca. 67 Min.
In Ostsachsen anzutreffende Libellenarten und Szenen aus deren Leben werden vorgestellt: Schlupf, Jagd, Paarung, Eiablage. Dies geschieht mit Fotos und Video-Clips, die seit 2013 bei Kartierungsarbeiten im Rahmen des wissenschaftlich betreuten Mitmach-Projekts Insekten Sachsen entstanden sind. Dabei wird auch auf die 300 Mio. Jahre dauernde Geschichte der Libellen eingegangen, sowie auf Veränderungen, die in den letzten Jahren zu beobachten sind - wie die verstärkte Zuwanderung von wärmeliebenden Arten.
Link: http://www.wise-uranium.org/odo/

Lernpaket „Bestäuber in Gefahr“
Weltweit verschwinden immer mehr bestäubende Tiere. Das bedroht nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch unsere Nahrungsmittelsicherheit. Was können wir tun, um Bienen, Fliegen, Schmetterlinge & Co. zu schützen? In diesem Lernpaket geht es um die Welt der Bestäuber. Warum sind sie gefährdet? Und was können wir tun, um sie zu schützen? Das Lernpaket umfasst:
1 Lernheft mit Arbeitsblättern und erklärenden Handreichungen
12 Quizkarten
4 Videos und 4 Artikel
Die Materialien sind für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren geeignet und ermöglichen es Lehrkräften, das Thema Bestäuberschutz spielerisch und interaktiv im Unterricht zu behandeln. Sie können kostenfrei zu nicht-kommerziellen Zwecken eingesetzt werden.
Link: https://www.dw.com/de/lernpaketbestaeuber/a-51638534 

Senckenberg @ Home
Viele Menschen sind in diesen Tagen zu Hause – vielleicht weil sie Home Office machen, ihre Kinder betreuen oder aus anderen Gründen. Um etwas Abwechslung zu bieten, hat die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung unterhaltsame und aufschlussreiche Informationen zusammengetragen.
Link: https://www.senckenberg.de/de/athome/

Lernsoftware "Simulation von Schmetterlingen und Szenarien für Schulen (SITAS)"
Die biologische Vielfalt, also die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensräume und die genetische Vielfalt, ist zunehmenden Risiken ausgesetzt. Insgesamt 105.000 Arten stehen auf der "Roten Liste" der Weltnaturschutzunion (IUCN), 28.000 gelten als direkt vom Aussterben bedroht. Ökosysteme mit reicher Vielfalt sind jedoch unsere Lebensgrundlage, denn sie sind auf Dauer stabiler als artenarme Ökosysteme. Sind wir bei der Frage nach der Zukunft auf Spekulationen angewiesen? SITAS zeigt, wie in der Wissenschaft mit Unsicherheiten und Risiken umgegangen wird. SITAS wurde in enger Zusammenarbeit von Wissenschaft und Schule entwickelt.
Link: https://webapp.ufz.de/sitas/ 





Der entomologische Jahresrückblick 2019


31.12.2019

Das Jahr 2019 brachte weitere wissenschaftliche Befunde für den Insektenrückgang zutage, gleichzeitig aber auch kritische Handlungsanleitungen und politischen Willen für den Insektenschutz, ein Wort, dessen Bedeutung sich von „Schutz vor Insekten“ zu „Schutz von Insekten“ wandelte. Die sächsischen Projekte INSEKTEN SACHSEN und „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ sind auch in diesem Jahr auf einem guten Weg.

Gleich zu Beginn des Jahres 2019 gaben die australischen Wissenschaftler Francisco Sánchez-Bayo und Kris A. G. Wyckhuys einen weltweiten Überblick über den Insektenrückgang anhand von 73 wissenschaftlichen Publikationen. Danach könnten in den nächsten Jahrzehnten 40% der Insektenarten aussterben. Dungkäfer, Hautflügler und Schmetterlinge sind am stärksten von diesem Rückgang betroffen.

Im April und Mai 2019 kam die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES), auf Deutsch “Weltbiodiversitätsrat” der Vereinten Nationen (UN) zu ihrer siebten Vollversammlung in Paris zusammen („Weltkonferenz zur Artenvielfalt“). Auf dieser wurde der in den drei Jahren zuvor erarbeitete Globale Bericht über den Zustand der Artenvielfalt mit mehr als 1.500 Seiten Umfang erörtert und schließlich öffentlich vorgestellt. Für Entscheidungsträger gibt es dazu eine Zusammenfassung (summary for policymakers) sowie Auszüge aus dieser in deutscher Sprache. Zu den ernüchternden Zahlen des Berichtes gehört die Tatsache, dass seit Beginn des 16. Jahrhunderts durch den Einfluss des Menschen bereits 680 Wirbeltierarten ausgerottet wurden. Demgegenüber konnten durch den Naturschutz nur 32 Vogel- und Huftierarten gerettet werden. Der Anteil der vom Aussterben bedrohten Insektenarten wird vorläufig auf 10 % geschätzt. Von schätzungsweise acht Millionen Tier- und Pflanzenarten (davon 75% Insekten) sind 500.000 bis 1 Mio. Arten vom Aussterben bedroht. Robert Watson, Präsident des IPBES, sagt dazu „Der Verlust der Artenvielfalt ist genau wie der von Menschen verursachte Klimawandel nicht nur ein ökologisches Problem. Er sei ebenso ein wirtschaftliches, soziales, moralisches, aber auch ethisches Thema. Alle Menschen müssten Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Und Audrey Azoulay, Generaldirektorin der UNESCO, sagte „Nach dieser Konferenz könne niemand mehr sagen, dass er nicht gewusst habe, wie dramatisch die Lage sei. Der IPBES-Bericht sei das Ergebnis jahrelanger Arbeit und konfrontiere alle Beteiligten damit, was getan werden müsse. „Wir wissen, dass das ein kritischer Moment in der Menschheitsgeschichte ist.“

Am 27. Juni 2019 wurde der Entwurf für ein „Handlungskonzept Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ veröffentlicht. Wir berichteten darüber in dieser Nachrichtenrubrik am 2. Juli 2019.
Im Koalitionsvertrag von CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und SPD für die sächsische Regierung von 2019 bis 2024 heißt es dazu „Wir werden ein „Handlungskonzept Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ beschließen und umsetzen“, wobei die Insekten auch von der Realisierung vieler anderer Ziele im Kapitel „Umwelt- und Naturschutz“ (S. 82 ff.) des Koalitionsvertrages profitieren würden. Den Koalitionsvertrag gibt es bei CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und SPD zum Download.

In Bayern startete 2018 das Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“, bekannt unter dem Motto „Rettet die Bienen!“. Im November 2018 unterschrieben 94.700 stimmberechtigte Bürger*innen den Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens (25.000 Stimmen wurden benötigt). Vom 31. Januar bis 13. Februar 2019 trugen sich 1.745.383 Wahlberechtigte in die Listen ein. Damit wurde es das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte in Bayerns. Am 17. Juli 2019 verabschiedete der Bayerische Landtag das Gesetz mit 167 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen (Drucksache 18/1736). Das Gesetz trat am 1. August 2019 in Kraft. Die rund 100 neuen Regelungen für einen verbesserten Natur- und Artenschutz in Bayern treten am 1. August in Kraft. Demnach müssen in Bayern künftig unter anderem Biotope besser vernetzt werden. Zudem muss entlang von Gewässern ein mindestens fünf Meter breiter Grünstreifen von landwirtschaftlicher Nutzung frei bleiben. Entlang von Straßen und Äckern sollen Blühstreifen entstehen, der Einsatz von Pestiziden soll eingeschränkt, der Öko-Landbau deutlich ausgeweitet und die „Lichtverschmutzung“ während der Nacht eingedämmt werden. Für zusätzliche Aufgaben und Belastungen erhalten die Landwirte Ausgleichszahlungen in Höhe von 70 Millionen Euro im Jahr.
Ein Volksbegehren "Rettet die Bienen" startete auch in Baden-Württemberg sowie in Brandenburg die Volksinitiative "Artenvielfalt retten - Zukunft sichern".

Am 4. September 2019 beschloss die Bundesregierung das “Aktionsprogramm Insektenschutz”  (Download). Damit werden 100 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für die Förderung von Insektenschutz, vor allem in der Agrarlandschaft, und für den Ausbau der Insektenforschung bereitgestellt. Zu den wichtigsten Zielen gehören der Schutz und die Wiederherstellung von Insektenlebensräumen in allen Landschaftsbereichen und in der Stadt, klare Vorgaben für eine umwelt- und naturverträgliche Anwendung von Pestiziden und deutliche Reduzierung des Eintrags von Pestiziden und anderen Schadstoffen in Insektenlebensräume, die Eindämmung des "Staubsaugereffekts" auf Insekten durch insektenfreundliche Lichtquellen sowie die Förderung und Unterstützung des Engagements für Insekten in allen Bereichen der Gesellschaft. 

Es wird darauf ankommen, die politischen Initiativen umzusetzen und mit Leben zu erfüllen. Für die anstehenden Aufgaben im Bereich Insektenschutz werden der Erwerb und die Vermittlung von Artenkenntnissen, die Gewinnung von Artenkennern sowie die Bereitstellung von Informationen eine bedeutende Rolle einnehmen. Der Arbeitskreis Entomologie im NABU Sachsen hat seit 2019 einen neuen Webauftritt, womit die Sächsische Entomologische Zeitschrift (SEZ) als Open Access Zeitschrift erscheint. Dies bedeutet, dass alle Artikel online publiziert werden und frei verfügbar sind. 2019 wurden im Projekt INSEKTEN SACHSEN 22.105 Beobachtungen mitgeteilt, so viel, wie nie zuvor. Zudem konnten dank einer Förderung durch die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt die Plattform sowie die App „Tagfalter Sachsen“ zur App INSEKTEN SACHSEN weiterentwickelt werden.
Im Projekt „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ entstand ein Erklärfilm, die Anzahl der registrierten Nutzer erhöhte sich auf über 350 und die der Schmetterlingswiesen im Freistaat auf über 400. Auf Anregung des sächsischen Landtages wurde die Initiative „Sachsen blüht!“ in das Projekt implementiert, im Rahmen derer für die Neuanlage oder Aufwertung von Flächen mit einer Größe von 1.000 bis 2.000 Quadratmetern gebietseigenes Saatgut bereitgestellt wird. Die Evaluierung mit der 100-Kescherschlagmethode im Verlauf von fünf Begehungen auf neun Schmetterlingswiesen ergab eine Arthropodenbiomasse von 6,32–22,55 g, auf den nahegelegenen intensiv gemähten Flächen von 0,05–1,64 g. Aus diesem Fang wurden Bienen, Heuschrecken, Käfer, Raubfliegen, Schwebfliegen, Tagfalter und Wanzen auf Artniveau bestimmt. Die Artenzahlen auf den Schmetterlingswiesen betragen 49–84, auf den intensiv gemähten Flächen 0–10. Insektenlarven und damit Reproduktionsnachweise wurden auf den neun Schmetterlingswiesen für 94 Arten, auf den neun intensiv gemähten Flächen für zwei Arten erbracht. Die Schmetterlingswiesen unterscheiden sich damit signifikant von den intensiv gemähten Grünflächen hinsichtlich Artenanzahl und Biomasse. Im Herbst wurde das Projekt erneut von der UN Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Im Schmetterlingswiesenprojekt wird es zukünftig darum gehen, die Flächenanteile mit einer insektengerechten Mahd im Freistaat zu erhöhen und danach zu schauen, wie die Artenvielfalt auf den jetzigen Projektflächen weiter erhöht werden kann.

Allen, die sich in diesem Jahr für die Insekten in Politik, beim Monitoring, bei der Qualitätsprüfung auf INSEKTEN SACHSEN oder bei der Pflege der Schmetterlingswiesen engagiert haben, danke ich hiermit ganz herzlich und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im kommenden Jahr. Es gibt viel zu tun – packen wir es an!

Matthias Nuß


INSEKTEN SACHSEN jetzt auch für Unterwegs


18.12.2019

Mit dem neuen Update wird aus der App „Tagfalter Sachsen“ die App INSEKTEN SACHSEN. Nunmehr können Beobachtungen von allen in Sachsen vorkommenden Insekten mitgeteilt werden. Dazu ist eine Namensliste der Insektenarten hinterlegt. Belegfotos können aus dem Foto-Ordner oder direkt von der Kamera mit der Fundmeldung verknüpft sowie Koordinaten des Fundortes automatisch über das GPS-Modul des Smartphones erfasst und der Standort in der Karte angezeigt werden. Die Funktionalität der App ist im Gelände auch dann gewährleistet, wenn kein Funk- oder WLAN-Kontakt besteht, lediglich wird die Karte nicht angezeigt. Die Fundmeldungen können später synchronisiert werden.

Die App INSEKTEN SACHSEN enthält Diagnosen und Fotos für 306 Insektenarten. Darunter sind die 200 seit 2011 auf INSEKTEN SACHSEN am häufigsten gemeldeten Arten, alle in Sachsen einheimischen 126 Tagfalterarten sowie einzelne Vertreter fast aller weiteren einheimischen Insektenordnungen. Informationen für weitere Arten werden zur Verfügung gestellt und können über den Button „Aktualisierung“ in die App geladen werden.

Die Diagnosen enthalten für die Artbestimmung wichtige Merkmale und Hinweise zur Unterscheidung von ähnlichen Arten. Ein Ampelsystem signalisiert, ob eine Art im Gelände bestimmt werden kann (grün sowie gelb mit Vergrößerung durch Lupe oder Makrofoto) oder für diesen Zweck Belegexemplare entnommen werden müssen (rot: Untersuchung mit Stereomikroskop, grau genetische Untersuchungen).

Die interaktive Bestimmung aller einheimischen Tagfalterarten bleibt ein integraler Bestandteil der App, wurde um drei Arten sowie Korrekturen in der zugrunde liegenden Merkmalsmatrix erweitert. Die zur Auswahl stehenden Merkmale sind Flügellänge, Flügelform sowie Farben und Muster auf den Flügelober- und Unterseiten.

Der Nutzer kann sich mit seinem Konto von INSEKTEN SACHSEN oder Schmetterlingswiesen anmelden und so eine Fundmeldung abschicken. Eine Registrierung ist auch über die App möglich. Hierfür wird eine Internetverbindung benötigt.

Die Fundmeldungen werden in bewährter Weise auf INSEKTEN SACHSEN geprüft und freigegeben. Nach Freigabe sind die Fundmeldungen bei der jeweiligen Art in der interaktiven Karte mit der Information Quadrant der Topografischen Karte 1:25.000, Name des Melders und Jahr der Meldung sichtbar. Werden bei dieser Prüfung Änderungen der Artbestimmung notwendig, werden die korrigierten Datensätzen auch in der Fundliste der App automatisch abgeglichen. (mn)

Diese App ist im Rahmen des Projektes "Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge" mit dem Titel "Tagfalter Sachsen" (2016–2018) erschienen und 2019 im Rahmen einer Förderung durch die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt zur App "Insekten Sachsen" erweitert worden. "Puppenstuben gesucht" ist ein Kooperationsprojekt der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt, des Senckenberg Museums für Tierkunde Dresden, des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) Landesverband Sachsen e. V., des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) Landesverband Sachsen e. V. und des Sächsischen Landeskuratoriums Ländlicher Raum e. V. Das Projekt wird unterstützt aus Zweckerträgen der Lotterie Glücksspirale.
„Insekten Sachsen“ ist ein Kooperationsprojekt der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt, dem Arbeitskreis Entomologie im NABU Landesverband Sachsen e. V. und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Die Erweiterung zur App "Insekten Sachsen" wurde mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes gemäß § 5 (2).




Sächsische Entomologische Zeitschrift erscheint Open Access


03.09.2019
Der Arbeitskreis Entomologie im NABU Landesverband Sachsen hat einen neuen Webauftritt unter www.ak-entomologie.nabu-sachsen.de. Damit gibt es auch eine neue Seite für die Sächsische Entomologische Zeitschrift (SEZ), die ab sofort als Open Access Zeitschrift erscheint. Dies bedeutet, dass alle Artikel über diese Seite frei verfügbar sind. Eingereichte Manuskripte werden unmittelbar begutachtet und bearbeitet sowie Online veröffentlicht. Am Jahresende werden alle Artikel in gewohnter Weise als Sammelband gedruckt. Die SEZ ist verfügbar unter www.sez.nabu-sachsen.de. (mn)


Förderung der Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen


02.07.2019

Am 27. Juni 2019 hat Thomas Schmidt, Sächsischer Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, das „Handlungskonzept Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ bekanntgegeben.

Darin werden die vielfältigen Ursachen für den Insektenrückgang berücksichtigt und neun Handlungsfelder für die Förderung der Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen formuliert. Diese umfassen die Landwirtschaft und Landschaftsstrukturen, Wald, Gewässer, den Siedlungsbereich, den Natur- und speziellen Artenschutz für Insekten, Umweltbildung, Monitoring und Versuchswesen. So sollen beispielsweise der Anteil insektenfreundlich bewirtschafteter Landwirtschaftsflächen (ökologischer Landbau, Blühflächen/-streifen unter Verwendung gebietseigenen Saatguts, Brachen) bis 2030 signifikant erhöht, Landschaftsstrukturen erweitert, der Waldumbau forciert und Wälder mit besonders langer Habitattradition erhalten, Gewässerränder insektengerecht bewirtschaftet, im Siedlungsbereich die Verwendung einheimischer Pflanzen (Kräuter, Stauden, Gehölze) propagiert und die nächtliche Lichtverschmutzung vermindert sowie Lebensräume erhalten oder renaturiert werden. Um diese Ziele erreichen zu können, sind alle Akteure der Gesellschaft gefragt, so Staatsminister Schmidt. Deshalb muss die Förderung der Insekten auch als Schwerpunkt in der Umweltbildung verankert werden. Vorgesehen ist weiterhin, Maßnahmen zur Förderung der Insekten durch ein Monitoring zu begleiten, um gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können sowie die Bestandsentwicklung der Insekten insgesamt im Blick zu behalten. Im landwirtschaftlichen Versuchswesen sollen zudem Verfahren zur weiteren Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln erprobt werden.

Der Entwurf für ein „Handlungskonzept Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ wurde in den zurückliegenden Monaten am Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) erarbeitet. Dazu gab es mehrere Fachgespräche mit Akteuren und Interessenvertretern des Naturschutzes und der Landwirtschaft. Als fachlicher Berater stand Dr. Matthias Nuß zur Verfügung.

Der Entwurf des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) wird jetzt in einem breit angelegten Konsultationsprozess zu einem Programm der Staatsregierung weiterentwickelt werden. Im Herbst 2019 ist eine Kabinettsbefassung vorgesehen. Auf dieser Grundlage wird ein Programm „Erhaltung und Förderung der Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ entwickelt und dabei die im Konzept aufgeführten Handlungsschwerpunkte und Umsetzungsvorschläge in konkrete, zielgruppenspezifische Maßnahmen überführt. Diese werden als Schwerpunktteil in das auch andere Artengruppen und Lebensräume umfassende Biodiversitätsprogramm („Biologische Vielfalt 2020“) integriert. Die Staatsregierung wird im Rahmen der Fortschreibung über den Status und die Ergebnisse des Programms „Erhalt und Förderung der Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ dem Sächsischen Landtag sowie der Öffentlichkeit Bericht erstatten. (mn)

Links
Handlungskonzept für Insektenschutz vorgestellt, Pressemitteilung des SMUL vom 27.06.2019, 13:30 Uhr
Entwurf „Handlungskonzept Insektenvielfalt im Freistaat Sachsen“ (PDF)



Initiative „Sachsen blüht“


02.07.2019

Die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt (LaNU) stellt im Rahmen des Projekts „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ kostenlos gebietseigenes zertifiziertes Saatgut für geeignete Flächen zur Verfügung.

Das standortgerechte Saatgut dient zur Begrünung von neu anzulegenden oder aufzuwertenden blütenreichen Wiesenflächen. Diese Flächen sollen langfristig insektenfreundlich bewirtschaftet werden (Teilflächenmahd, Verzicht auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel u.a.), denn nur dann können sie als Lebensraum für viele Insektenarten dienen und die Biotopvernetzung in Sachsen fördern.

„Sachsen blüht“ ist eine Initiative des Sächsischen Landtages (gemäß Beschluss des Sächsischen Landtages zum Doppelhaushalt 2019/2020).

Aufruf zur Initiative „Sachsen blüht“


Teilnahmebedingungen

Teilnahmebogen




Extensive Beweidung als Gegenmaßnahme zum Insektensterben gefordert


01.07.2019

Ein Bündnis deutscher Naturschutzakteure macht darauf aufmerksam, dass ein entscheidender Faktor für das Insektensterben das Verschwinden von Weidetieren in naturverträglicher Haltung aus der freien Landschaft ist. Dabei kommen dem Rind und dem Pferd eine besonders große ökologische Bedeutung zu. Der durch extensive Beweidung geschaffene Strukturreichtum der einstigen Huteweiden mit ihren Geilstellen, Trampelpfaden, Suhlen, Dornensträuchern, Hutebäumen u.v.m. und der Wechsel zwischen offenen und mit Gehölzen bestandenen Bereichen bot fast allen unseren Offenlandarten Lebensraum. Dazu gehören neben vielen Insektenarten auch Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Zugleich waren die Tiere Medium für den Transport unzähliger Samen von Pflanzenarten und sogar wirbelloser Tiere, die heute in der Landschaft an isolierten Standorten genetisch degenerieren oder schon verschwunden sind.

In der Resolution wird die Rückkehr der großen Weidetiere in die Landschaft gefordert: in geringer Besatzdichte, mit möglichst robusten Rassen, ohne prophylaktische Medikamentierung (nur bei Bedarf), möglichst ganzjährig und auf mindestens 5% der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche.

Initiator der Resolution ist Dr. Herbert Nickel. Er ist Spezialist für Zikaden und Autor zahlreicher Publikationen über diese Insekten, u.a. einer umfangreicher Monographie der Zikaden Deutschlands (Nickel 2003) und der aktuellen Roten Liste der Zikaden Deutschlands (Nickel et al. 2016). Herbert Nickel setzt sich dafür ein, dass wir mit einem systemischen Ansatz das Gros der Artenvielfalt fördern und wegkommen vom „Einartenschutz“. Nachweislich sind 13% der 624 einheimischen Zikadenarten Deutschlands durch falsches Naturschutzmanagement, insbesondere eine allein an Orchideen oder Wiesenbrüter orientierte Mahd, gefährdet. Aus mehreren Untersuchungen ist bekannt, dass die Artenzahl der Zikaden mit abnehmender Schnitthäufigkeit und Besatzdichte der Weidetiere zunimmt: Zweischürige Glatthaferwiesen weisen 10 bis 20 Arten auf, hochwertige Streuwiesen 25 bis 40, extensive Rinderweiden 30 bis 50. Auf historisch alten Standorten hingegen mit kleinräumiger Strukturierung werden Zahlen von über 200 Zikadenarten erreicht (Nickel 2019). (mn)


Literatur
  • Nickel, H. 2019: Fallbeispiel: Rückgang und Gefährdungsursachen von Zikaden. – Natur und Landschaft 94 (6/7): 242.
  • Nickel, H. 2003: The Leafhoppers and Planthoppers of Germany (Hemiptera, Auchenorrhyncha): Patterns and strategies in a highly diverse group of pyhtophagous insects. – Pensoft, Sofia-Moskau und Goecke & Evers, Keltern. X + 460 S.
  • Nickel, H., R. Achtziger, R. Biedermann, C. Bückle, U. Deutschmann, R. Niedringhaus, R. Remane, S. Walter & W. Witsack 2016: Rote Liste und Gesamtartenliste der Zikaden (Hemiptera: Auchenorrhyncha) Deutschlands. S. 249–298. – In: H. Gruttke, S. Balzer, M. Binot-Haffke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Reis, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 4: Wirbellose Tiere (Teil 2). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (4). Bonn - Bad Godesberg.

Links
Vorträge von Dr. Herbert Nickel:
Evolution im Naturschutz: Von der Weide zur Wiese und zurück PDF 
Das Insekten- und Vogelsterben vor dem Hintergrund der Natur- und Kulturlandschaftsgeschichte und wie wir es überwinden können Video

Verein zur Förderung naturnaher Weidelandschaften Süddeutschlands e.V.

Redaktionelle Ergänzung: Die Resolution wurde bereits am 25. April 2019 an Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, gesandt. (12.07.2019, mn)



Rückgang der Insektenvielfalt


16.06.2019

Mit über 33.800 Arten machen die Insekten etwa die Hälfte der Artenvielfalt aller in Deutschland beheimateten Tiere, Pflanzen und Pilze aus. In der Natur erfüllen sie wichtige ökologische Funktionen als Konsumenten und Destruenten, auch für uns Menschen, indem sie Kulturpflanzen bestäuben, Schaderreger von Kulturpflanzen regulieren, fruchtbare Böden erzeugen, Samen verbreiten und Exkremente der Weidetiere oder tote Tiere entsorgen. Nicht zuletzt sind sie selbst Nahrung für viele einheimische Tierarten. Der Rückgang der Insekten in Deutschland ist durch zahlreiche Untersuchungen belegt, sei es ihr Arten- oder Biomasserückgang auf lokaler oder nationaler Ebene.

Hintergründe dazu vermittelt die Zeitschrift Natur und Landschaft, herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, in ihrer aktuellen Ausgabe (Band 94, Heft 6/7).

Weitere Artikel beleuchten die Insektenvielfalt und ökologische Prozesse in Agrar- und Waldlandschaften, mögliche Methoden für ein Insektenmonitoring, Insektenrückgang und -schutz in fragmentierten Landschaften, eine kritische Analyse von Pflanzenschutzmitteln, Handlungsperspektiven für eine insektenfreundliche Landnutzung, Empfehlungen für naturschutzfachlich wertvolle Flächen, Instrumente der Datenerhebung, Analysen und Aussagen des Weltbiodiversitätsrats zu Bestandsentwicklungen und zum Schutz der Insekten sowie einen Kommentar der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie zum Verlust der Insektenvielfalt.

Mit dieser Schwerpunktausgabe liegt eine umfassende Sammlung zur ökologischen und ökonomischen Bedeutung von Insekten, die wesentlichen Fakten zum Insektenrückgang und dessen Ursachen sowie einigen Lösungsansätzen zum Gegensteuern vor. Der Leser erhält einen sehr guten Einblick in den aktuellen Stand des Wissens und kann sich über die zahlreichen Literaturzitate weiter in das Thema vertiefen. (mn)




Masterplan Stadtnatur


09.06.2019
Das Bundeskabinett hat am 06. Juni 2019 den von Bundesumweltministerin Svenja Schulze vorgelegten Masterplan Stadtnatur beschlossen. Mit insgesamt 26 Maßnahmen will die Bundesregierung die Kommunen dabei unterstützen, die Arten- und Biotopvielfalt in unseren Städten zu erhöhen. So sollen natürliche, grüne Lebensräume geschaffen werden, die nicht nur Pflanzen und Insekten nützen, sondern den Stadtbewohnern grüne Oasen der Erholung bieten.
Bundesumweltministerin Schulze: "Mehr Stadtnatur ist gut für die Menschen und für die Natur. Der jüngste Bericht des Weltbiodiversitätsrates hat uns deutlich vor Augen geführt, wie dramatisch der Schwund unserer biologischen Vielfalt voranschreitet. Angesichts der vielerorts intensiven Landwirtschaft gewinnen die Städte mit ihrer Vielfalt an Lebensräumen eine zunehmende Bedeutung für den Naturschutz. Zugleich ziehen immer mehr Menschen in die Städte. Ich will, dass trotzdem jeder Mensch in seinem Umfeld Zugang zur Natur hat. Wir wollen daher mehr Natur in unsere Städte bringen. Wir wollen mehr unversiegelte Flächen, mehr Natur in Stadtparks, privaten Gärten, Sportstätten, Schulen und Kindergärten, an Gewässern, an Gebäuden und auf Brachen mit Grün."
Der Masterplan Stadtnatur unterstützt Kommunen dabei, natürliche Lebensräume zu schaffen. Das ist gut für die Artenvielfalt, aber auch für die Menschen in den Städten. Zu den Maßnahmen zählt unter anderem ein neuer Förderschwerpunkt Stadtnatur beim Bundesprogramm Biologische Vielfalt des BMU. Das Bundesnaturschutzgesetz soll geändert werden, um die kommunale Landschaftsplanung zu stärken.
Weitere konkrete Beispiele: Es soll einen bundesweiten Wettbewerb für Insektenschutz in den Kommunen geben. Es soll mehr Ökologieschulungen und Informationsmaterial für Klein-, Haus- und Gemeinschaftsgärten geben. Des Weiteren soll die Arten- und Biotopvielfalt in den Städten weiter erforscht und kartiert werden.
All diese Maßnahmen dienen dazu, dass Stadtbewohner mehr Grün zur Naherholung vor ihrer Haustür finden und dass Deutschlands Tier-, Insekten- und Pflanzenarten auch in Städten gedeihen können. (bmu)

Masterplan Stadtnatur - Maßnahmenprogramm der Bundesregierung für eine lebendige Stadt


Insekten - Die besseren Schädlingsbekämpfer?


18.05.2019
Chemische Pestizide galten jahrelang als effiziente Methode, Schädlingen in der Landwirtschaft den Garaus zu machen. Doch auf lange Sicht schaden sie nicht nur den vermeintlichen Angreifern, sondern auch Mensch und Umwelt. Eine umweltfreundliche und natürliche Alternative bietet die Methode der biologischen Schädlingsbekämpfung – denn wer könnte Schädlinge effizienter bekämpfen als ihre eigenen natürlichen Gegner? Wissenschaftler in aller Welt erforschen Lebewesen, die den Traum von einer pestizidfreien Landwirtschaft näher rücken lassen. Dazu gehören Schlupfwespen, die sich in die Eier der Zuckerrohrzünslers einnisten oder auch der Asiatische Marienkäfer, der sich von Blattläusen ernährt: kleine „Soldaten” mit großer Wirkung, solange man sie richtig im Griff hat. Eine gezielte Züchtung und Aussetzung dieser Insekten kann befallene Agrarflächen auf natürliche Weise von Schädlingen befreien. In Indien wird derzeit ein noch umweltschonenderer Ansatz verfolgt: Ökologen setzen auf die biologische Schädlingsbekämpfung durch Bewahrung. Die vorhandenen Anbauflächen sollen ökologisch so umgestellt werden, dass die natürlichen Feinde der Schädlinge dort dauerhaft gute Lebensbedingungen vorfinden und nicht erst herangezüchtet werden müssen. Auch in Europa und Brasilien setzen bereits zahlreiche Erzeuger auf die biologische Schädlingsbekämpfung. Nachdem sich zunächst nur die staatlich geförderte Forschung für das Thema interessierte, investiert nun auch die Agrochemie massiv in den neuen Wirtschaftssektor. Doch die vielversprechenden Methoden sind noch nicht ausgereift und bei weitem nicht unfehlbar …

Ein Dokumentarfilm von Claude-Julie Parisot
Frankreich, 2016
ARTE

Verfügbar bis zum 16.07.2019 in der Arte Mediathek

Und weiter geht's hier zum gleichen Thema:
Xenius: Kleine Krabbler - Pflanzenschutz mit Hilfe der Natur

Wie könnte man sich ganz ohne Chemo-Keule gegen Pflanzen-Schädlinge wehren? "Xenius" besucht die Obstplantage des LTZ Augustenberg unweit der deutsch-französischen Grenze. Gemeinsam mit Dr. Olaf Zimmermann, einem Insektenforscher, machen die Moderatoren eine Inventur der dort lebenden Schädlinge und Nützlinge. Kann man Schädlinge mit den Waffen der Natur bekämpfen?
Pflanzen in Haus und Garten sind permanent bedroht. Ganze Kolonien kleiner grüner Blattläuse verschandeln ausgerechnet die schönsten Schmuckstücke und saugen sie aus. Solche Probleme kennen Hobbygärtner genauso wie Landwirte. Oft wird dann gespritzt. Denn fast gegen jeden Schädling gibt es eine spezielle Chemo-Keule. Was aber, wenn man das nicht will? Es gibt immer mehr Resistenzen gegen häufig angewendete Mittel, und viele Mittel sind gesundheitsschädlich. Und gerade auf Lebensmitteln möchte man schließlich keine Pestizide haben. Doch wie soll man sich sonst gegen die Schädlinge wehren? Caroline du Bled und Gunnar Mergner besuchen die Obstplantage des LTZ Augustenberg unweit der deutsch-französischen Grenze. Gemeinsam mit Dr. Olaf Zimmermann, einem Insektenforscher, machen sie eine Inventur der dort lebenden Schädlinge und Nützlinge. Sie wollen herausfinden, ob man Schädlinge mit den Waffen der Natur bekämpfen kann, mit anderen Insekten. Und sie erfahren, ab wann auch Nützlinge gefährlich werden.

Moderation: Caroline du Bled, Gunnar Mergner
Deutschland, 2017
Bayerischer Rundfunk

verfügbar bis zum 25.05.2019 in der Arte Mediathek


Neue Rote Liste der Zikaden Sachsens in Planung


05.05.2019
Das Landesamt für Umwelt Landwirtschaft und Geologie plant eine Aktualisierung der Roten Liste der Zikaden in Sachsen. In Vorbereitung dazu sollen die sächsischen Zikadendaten möglichst vollständig zusammengestellt werden. Hierfür wurden ca. 500 Zikadennachweise von INSEKTEN SACHSEN an Frau Sabine Walter entsprechend der von den Meldern in ihrem Profil eingestellten Genauigkeit übermittelt. Besonders erfreulich waren hierbei der Fund der Sumpfschmuckzikade Cicadella lasiocarpae durch Tilmann Adler, für welche es nun 3 Einzelfunde aus Sachsen gibt sowie ein neuer Fund der Seerosenzirpe Erotettix cyane durch Familie Brümmer, welche nur an sehr wenigen Stellen in Sachsen zu finden ist. Beide Arten gelten nach der aktuellen Roten Liste der Zikaden Sachsens als vom Aussterben bedroht. Auch die Daten anhand der übermittelten Fotos nicht sicher bestimmbaren aber artenschutzfachlich relevanten Tiere werden herangezogen, um an den entsprechenden Fundorten nun gezielt nach den Arten suchen und diese dann bestimmen zu können. An dieser Stelle sei ausdrücklich allen Fundmeldern gedankt, die der Weitergabe ihrer Beobachtungsdaten zugestimmt haben und so die Naturschutzarbeit in Sachsen wie die Aktualisierung Roter Listen und die Dokumentation von Vorkommen gefährdeter Arten unterstützen. (Tommy Kästner)


Jetzt im Kino: Die Wiese - Ein Paradies nebenan


05.04.2019

Der Film zeigt die faszinierende Tier- und Pflanzenwelt des Lebensraums Wiese, aber auch die dramatischen Landschaftsveränderungen und ihre Ursachen. Für den Tierfilmer Jan Haft ist der Film auch ein Appell: „Die Menschen können ganz leicht die Verhältnisse ändern – wenn sie nur wollen!“

Der auf Naturfilme spezialisierte Regisseur Jan Haft befasst sich in seinem neuesten Dokumentarfilm mit der Vielfalt von Flora und Fauna auf deutschen Wiesen. Nirgendwo gibt es mehr Farben zu sehen, als auf einer blühenden Wiese im Sommer. Hier tummeln sich täglich die verschiedensten Arten von Vögeln, Insekten und anderen Tieren zwischen den Gräsern und Kräutern der Wiese. Diese Vielfalt macht die bunte, saftige Sommerwiese zu einer faszinierenden Welt, in der ein Drittel unserer heimischen Pflanzen- und Tierarten sein zuhause hat. Jan Haft ermöglicht mit hohem technischen Aufwand, nie da gewesene Bilder. So begleitet er zum Beispiel ein junges Reh, das sich sowohl im Waldrand als auch auf der Wiese wohlfühlt und den Zuschauer an seinen Abenteuern teilhaben lässt. Obwohl jeder meint, die Wiesen Deutschlands zu kennen, zeigt der Filmemacher, wie viele Überraschungen eine scheinbar einfach Weide bereithalten kann.

Trailer auf YouTube

Ein Dokumentarfilm von Jan Haft

Premiere: 28. März 2019

Ab 4. April 2019 in den deutschen Kinos!

Mit Förderung der deutschen Wildtierstiftung




9. Nationales Forum zur biologischen Vielfalt – Aktionsprogramm Insektenschutz


11.10.2018
Das 'Nationale Forum zur biologischen Vielfalt' ist ein Dialogforum, zu dem jährlich bundesweit viele verschiedene Akteure/innen eingeladen werden, um sich über wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen bei der Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt auszutauschen. Das 9. Nationale Forum fand am 10. Oktober 2018 in Berlin statt und stand unter dem Motto "Aktionsprogramm Insektenschutz – Gemeinsam wirksam gegen das Insektensterben".
Bundesumweltministerin Svenja Schulze stellte in Ihrer Eröffnungsrede die wichtigsten Eckpunkte des „Aktionsprogramms Insektenschutz“ vor. Bereits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode der Bundesregierung vom März 2018 wurde ein "Aktionsprogramm Insektenschutz" angekündigt und im Juni 2018 Eckpunkte dafür vom Bundeskabinett beschlossen. Dieses Aktionsprogramm wird nun öffentlich diskutiert, sowohl auf dem Forum in einer Podiumsdiskussion und in 10 Arbeitskreisen, welche den neun Handlungsfeldern des Aktionsprogramms entsprechen sowie zusätzlich ein Jugendforum. Die Ergebnisse dieser Arbeitskreise wurden in einer Abschlussdiskussion vorgestellt.
Vom 10. Oktober bis 8. November 2018 17 Uhr können sich zudem alle Bürgerinnen und Bürger am Online-Dialog zum Aktionsprogramm beteiligen.
Auf dem Forum wurden auch die Jahressieger der UN-Dekade Biologische Vielfalt verliehen. Jahressieger 2018 des Projektwettbewerbs wurde „Pferde fördern Vielfalt“ mit dem „Biodiversity Quick Check“ und dem Katalog beispielhafter Maßnahmen der Deutsche Reiterlichen Vereinigung e.V. - Bundesverband für Pferdesport und Pferdezucht. Der Sonderpreis „Soziale Natur“ ging an das Projekt A.L.M. Alpen Leben Menschen, einer Initiative des Malteser Hilfsdienstes und des Deutschen Alpenvereins. Ziele der von der DBU geförderten Initiative sind das Kennenlernen der Heimat, Interkulturelle Kompetenz zu erlangen, Natur- und Umweltbewusstsein zu schaffen und die Integrationsarbeit zu verstetigen. (mn)

Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums vom 10.10.2018



Die Wildbienen Deutschlands


28.09.2018
Paul Westrich 2018: Die Wildbienen Deutschlands. Eugen Ulmer, Stuttgart. 824 S.

Einige Jahre schon sind die Bienen Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Mit dem Colony Collapse Disorder war zunächst nur die Westeuropäische Honigbiene (Apis mellifera) und deren erhöhte Mortalitätsraten in Nordamerika gemeint, aber bald schon wurde das Phänomen auch aus Europa bekannt und vor allem, dass es den vielen Wildbienenarten ebenfalls nicht so gut geht. Von den in Deutschland einheimischen Arten sind 39 bereits ausgestorben, weitere 31 sind vom Aussterben bedroht und insgesamt stehen 293 (54%) Arten auf der Roten Liste (Westrich et al. 2012).
Alle reden über Wildbienen, aber nur wenige kennen sie wirklich! Die Anzahl der Spezialisten, die in der Lage sind, die 565 einheimischen Arten zuverlässig zu bestimmen, ist sehr überschaubar. Viele dieser Arten sind tatsächlich nicht einfach zu bestimmen, da die dafür benötigten Merkmale winzig klein sind und die Anschaffung eines Stereomikroskopes erfordern. Zu dieser Hürde kommt eine weitere hinzu: Auf dem Büchermarkt fehlt ein Bestimmungsbuch, mit dessen Hilfe alle einheimischen Arten bestimmt werden können.
Eine weitere große Lücke wurde nun aber dennoch geschlossen: die Darstellung der Lebensweise und Ökologie aller einheimischen Arten! In seinem neuen Buch hat Paul Westrich dafür das Wissen aus etwa 3.000 Fachpublikationen zusammengetragen und gibt uns einen Überblick über Verbreitung, Brutverhalten, Nahrungsgewohnheiten, Flugzeiten und Lebensräume einer jeden Art. Illustriert ist das Buch mit etwa 1.700 hervorragenden Farbfotos, die überwiegend vom Autor selbst stammen. Sie verschaffen uns einen Eindruck vom Aussehen der Arten und geben uns Einblick in ihren natürlichen Lebensraum.
Mit seinem Buch gibt uns Paul Westrich auch einen Einblick in unterschiedliche Auffassungen der Wissenschaftler und zeigt Kenntnislücken auf. Eine solche Situation erfordert es manchmal, sich auf ein Konzept von mehreren zu berufen, um einen übersichtlichen und verständlichen Stil zu wahren. Dabei ist in einzelnen Fällen der Mut zur Lücke wichtig, dort, wo sich offene Fragen in den Tiefen wissenschaftlicher Publikationen verlieren. Die Spezialisten mögen es dem Autor nachsehen, der interessierte Naturfreund wird dieses Buch ohnehin als eine Quelle schier umfassender Information immer wieder gern zur Hand nehmen und stauen, welche Vielfalt an Lebensgewohnheiten unsere einheimischen Wildbienen hervorgebracht haben.
Wer in Zukunft in Deutschland über Wildbienen mitreden will, wird an diesem Buch nur schwerlich vorbeikommen! (mn)


Zitierte Literatur
  • Westrich, P., U. Frommer, K. Manderey, H. Riemann, H. Ruhnke, C. Saure & J. Voith 2012 ("2011"): Rote Liste und Gesamtartenliste der Bienen (Hymenoptera, Apidae) Deutschlands. S. 373–416. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch, Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg.




Büchermarkt in diesem Sommer


04.09.2018
Die Kleinschmetterlinge der Oberlausitz
Nachdem in den ersten vier Teilen der „Schmetterlingsfauna der Oberlausitz“ die Großschmetterlinge bearbeitet wurden, liegt nun der erste von zwei Teilbänden für die Kleinschmetterlinge vor. Im vorliegenden Band werden 761 Arten behandelt, von denen 746 in der Oberlausitz vorkommen oder vorkamen. Im 2019 erscheinenden zweiten Band werden die restlichen der mehr als 1500 Arten behandelt. Für die Oberlausitz erscheint damit die vierte zusammenfassende Fauna der Kleinschmetterlinge nach Möschler (1861), Sommer (1895–1898) und Schütze (1899–1902). Für jede Art werden die historischen Angaben zitiert und die Belege in den Museen dokumentiert. Aktuelle Nachweise ab 1950 werden nach Landschaftsräumen gegliedert aufgeführt. Damit ergeben sich interessante Vergleiche zur Bestandsentwicklung der einzelnen Arten. Angaben zur Lebensweise, Larvennahrungspflanzen u.w.m. werden in der Rubrik Bemerkungen ergänzt. Die Falter aller Arten sind farbig abgebildet, meist mit Fotos lebender Tiere. Bei den Nepticulidae werden überwiegend die typischen Blattminen abgebildet. Preis: 60 €, zuzüglich Versandkosten. Das Buch kann im multibase-shop bestellt werden. 
  • Sobczyk, T., D. Stöckel, F. Graf, H. Jornitz, T. Karisch & S. Wauer 2018: Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz.Teil 5: Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) 1. Teil: Micropterigidae (Urmotten), Eriocraniidae (Trugmotten), Nepticulidae (Zwergminiermotten), Opostegidae, Heliozelidae (Erzglanzmotten), Adelidae (Langhornmotten), Prodoxidae (Rosen-Blattsackmotten), Incurvariidae (Miniersackmotten),Tischeriidae (Schopfstirnmotten), Meessiidae und Tineidae (Echte Motten), Roeslerstammiidae, Douglasiidae (Wippflügelfalter), Bucculatricidae (Zwergwickler), Gracillariidae (Blatttütenmotten, Miniermotten und Faltenminierer), Batrachedridae, Momphidae (Fransenmotten), Blastobasidae, Autostichidae, Amphisbatidae, Cosmopterigidae (Prachtfalter), Gelechiidae (Palpenmotten), Alucitidae (Federgeistchen), Pterophoridae (Federmotten), Pyralidae und Crambidae (Zünsler). – Beiträge zur Insektenfauna Sachsens 20. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 22: 439 Seiten, 2 Karten. ISSN 0232-5535.

Rote Liste und Artenliste Sachsens – Eulenfalter
Eulenfalter sind in Deutschland die artenreichste Gruppe der Großschmetterlinge. Die meisten Arten sind dämmerungs- und nachtaktiv, einige aber auch tagaktiv. Eine Rote Liste für diese Arten erschien in Sachsen zuletzt 1995. Mit der neuen Roten Liste gelten 392 Arten in Sachsen als etabliert. Davon sind 151 Arten (38,5%) ausgestorben oder gefährdet. Viele Bewohner trockener Offenlandbiotope, der Moore und des Feuchtgrünlandes sind bereits ausgestorben. Viele weitere Arten dieser Lebensräume sind vom Aussterben bedroht oder hochgradig gefährdet. Hinzu kommen hochgradig gefährdete Eulenfalterarten verschiedener Feuchtlebensräume an Gewässern. Wesentliche Gefährdungsfaktoren sind die allgemeine Eutrophierung der Standorte, die Nutzungsaufgabe oder der Verlust extensiv genutzter Standorte sowie Veränderungen im Wasserhaushalt von Feuchtlebensräumen. Auch der Einsatz von Insektiziden kann sich direkt auf Raupen und Falter auswirken. Die Rote Liste Eulenfalter steht als PDF-Datei frei zur Verfügung.
  • Fischer, U. 2018: Rote Liste und Artenliste Sachsens - Eulenfalter. – Herausgeber: Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. 70 S.





Das war das Sommertreffen 2018


10.08.2018
Nachdem im letzten Jahr das Vogtland entomologisch untersucht wurde, führte uns das diesjährige Sommertreffen ins Erzgebirge. Über 30 Insektenfreunde, die zum Teil ihre Familien mitgebracht hatten, verbrachten eine schöne Zeit in Schellerhau bei Altenberg. Auch Benni, unser vierbeiniges Maskottchen war wieder mit dabei.
Am Freitag, den 29.06. 2018 leuchteten wir an den Weißeritzwiesen und am Landheim Mayenhof, wo wir untergebracht waren. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Eva-Maria Bäßler für die Organisation dieser schönen Unterkunft. Schon vor dem Lichtfang die erste Sensation, am Rand der Wiese hatte sich ein Großer Schillerfalter (Apatura iris) zum Schlafen niedergesetzt. Da es schon etwas kühl war, ließ sich das Tier bereitwillig von allen Seiten fotografieren, mit geschlossenen und offenen Flügeln, von unten und von oben. Rund um die Weißeritzwiesen wurden 3 Lichtsäulen aufgestellt, die von Nachtfaltern, Käfern und sogar Heuschrecken gut besucht wurden. Die blauen Säulen in der Landschaft ließen bei den Anwohnern viel Raum für Spekulationen, was wir wohl da machen, aber wir konnten sie aufklären.
Am Samstag, den 30.06.2018 fuhren wir zum NSG Am Großen Galgenteich Altenberg. Auf einem Gelände, wo in den 60 er Jahren ein Biathlon-Stadion gebaut wurde, konnten wir Orchideen, Bläulinge, Libellen und Dukatenfalter (Lycaena virgaureae) feststellen. Unser jüngster Teilnehmer, der dreijährige Anton, bekam immer etwas Neues im Gläschen zu sehen, und sein Vater hatte Mühe, begehrte Fotomotive abzulichten, bevor Anton sie im Visier hatte und mit dem Käscher verfolgte. Fast am Ende der Exkursion ging uns noch ein Feuriger Perlmuttfalter (AS_Argynnisadippe) ins Netz, besser gesagt ein Jugendlicher musste sehr schnell rennen, um ihn im Flug zu kriegen. Weiter ging es zum NSG Grenzwiesen Fürstenau und Fürstenwalde. Gefangen vom schönen Ausblick auf die strukturreiche Landschaft und dem Gesang der Feldlerchen erklommen wir den Hutberg. Beim Aufstieg wurde fleißig gekäschert. Es flogen sehr viele Falter, Schachbrett (Melanargia galathea) und Schornsteinfeger (Aphantopus hyperantus) waren ein gewohnter Anblick. Ganz oben auf dem Hügel flog ein Schwalbenschwanz (Papilio machaon) von Rotklee zu Rotklee.
Zurück im Mayenhof gingen wir an die Selbstversorgung. In der Küche wurde Gemüse geschnippelt. Michael Münch hatte sich als Koch verpflichtet und bereitete ein vorzügliches Kesselgulasch über dem offenen Feuer zu. Gestärkt fuhren wir zu unserem zweiten Lichtfangort, dem Georgenfelder Hochmoor. Da wir schon vor dem Anbruch der Dunkelheit da waren, konnten wir auch noch Wollgras und Sonnentau sehen. Schnell wurden drei Lichtsäulen aufgebaut. Leider war es ziemlich kalt, so dass die Insekten auf sich warten ließen. Dafür hörte Tommy Kästner den Ruf eines Wachtelkönigs und fand ihn in der Nähe des Lugsteins.
Am Sonntag, den 01.07.2018 verließ unsere Gruppe den Mayenhof, um die Insekten auf den Wiesen im NSG Gimmlitztal zu erfassen. Die Kinder warfen inzwischen auch mit den lateinischen Namen um sich, am meisten wurde Brenthis ino genannt, der Mädesüß-Perlmutterfalter. Von seiner Art flogen sehr viele herum, denn auf den Kalkwiesen wuchs die Futterpflanze. Aber auch Landkärtchen (Araschnia levana), Braunauge (AS_Lasiommata maera), Schwarzspanner (AS_Odezia atrata) und verschiedene Widderchen wurden notiert. Auf dem Rückweg spürten wir noch eine Waldeidechse in ihrem Versteck auf. Die Kinder freuten sich. Bei einem gemeinsamen Picknick auf der Wiese klang das Wochenende aus. Jetzt fängt die Arbeit an. Sämtliche Funde werden bestimmt und bei www.insekten-sachsen.de eingepflegt und den Untersuchungsgebieten zugeordnet, ein wertvoller Beitrag zur Naturschutzarbeit für die Behörden vor Ort. Beatrice Jeschke


Foto: Eva-Maria Bäßler


Foto: Tilmann Adler



Bundeskabinett beschließt Eckpunkte für Aktionsprogramm zum Insektenschutz


20.06.2018
Die Bundesregierung hat heute auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze Eckpunkte für ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ beschlossen. Auf Basis der Eckpunkte wird das Bundesumweltministerium das Aktionsprogramm nach einer breiten öffentlichen Diskussion bis 2019 fertigstellen und anschließend unverzüglich mit den Maßnahmen beginnen. Als Sofortmaßnahme stellt Bundesumweltministerin Schulze 5 Mio. Euro pro Jahr aus dem „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ für den Insektenschutz bereit.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Wir wissen längst nicht alles über das Insektensterben. Aber wir wissen genug, um schnell zu handeln. Darum war es mir wichtig, dass das Kabinett diese Eckpunkte schon in den ersten 100 Tagen meiner Amtszeit beschließt. Das Insektensterben aufzuhalten ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Wir sind uns in der Bundesregierung nun einig, in welchen Bereichen wir handeln werden, um das Insektensterben zu stoppen. Dazu gehört ein grundsätzlich restriktiverer Umgang mit Pestiziden, nicht nur mit Glyphosat. Wir brauchen zudem mehr Vielfalt in der Landschaft: Hecken und blütenreiche Wiesen statt Monokulturen sind überlebenswichtig für Insekten, Vögel und viele andere Tierarten.“

Mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz sollen Maßnahmen in folgenden Bereichen ergriffen werden:
- Förderung von Insektenlebensräumen und der Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft,
- Wiederherstellung und Vernetzung von Insektenlebensräumen in anderen Landschaftsbereichen,
- Stärkung von Schutzgebieten als Lebensräume für Insekten,
- Minderung der Anwendung von Pestiziden,
- Reduktion von Nähr- und Schadstoffeinträgen in Böden und Gewässer,
- Reduktion der Lichtverschmutzung.

Außerdem soll das Aktionsprogramm dazu beitragen, bestehende Wissenslücken über das Insektensterben zu schließen und ein bundesweit einheitliches Insektenmonitoring einzuführen. Auch Wirtschaftsverbände und Unternehmen, Forschung und Bildung sowie zivilgesellschaftliche Akteure bis hin zur einzelnen Bürgerin und zum einzelnen Bürger sollen angesprochen, informiert und dazu angeregt werden, aktiv zu werden.

Das Bundesumweltministerium hat heute im Rahmen des „Bundesprogramms Biologische Vielfalt“ zudem dazu aufgerufen, Praxisprojekte zur Förderung von Insekten und ihrer Artenvielfalt einzureichen. Für diese Projekte werden 5 Mio. Euro im Jahr bereitgestellt. Über die nächsten sechs bis acht Jahre können so insgesamt 30 bis 40 Mio. Euro aus dem BMU-Förderprogramm in den Insektenschutz fließen.

Bundesumweltministerin Schulze: „Sowohl die Gesamtmenge der Insekten als auch die Vielfalt der Insektenarten ist in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Das Insektensterben droht die Natur aus dem Gleichgewicht zu bringen. Mit den Insekten verschwinden nicht nur Vögel, Fledermäuse und andere Tiere. Was den Insekten schadet, schadet letztlich auch uns Menschen: Verloren gehen auch wertvolle Leistungen, die Insekten für die Menschen erbringen – von der Bestäubung, über die natürliche Schädlingsbekämpfung, die Gewässerreinigung bis hin zur Erhaltung fruchtbarer Böden.“


Weitere Informationen zum Thema Insekten samt Video-Statement der Bundesumweltministerin und die Eckpunkte zum Aktionsprogramm Insektenschutz gibt es hier: www.bmu.de/insektenschutz  

Informationen zum „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ können abgerufen werden unter:
https://biologischevielfalt.bfn.de/insektenaufruf.html  

(Pressemitteilung des BMU, 20.06.2018



Schönheitskur auf dem Markt für Pflanzenschutzmittel


28.04.2018
Für die seit längerem besonders im Fokus öffentlicher Diskussionen und wissenschaftlicher Untersuchungen stehenden Neonikotinoide Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam hatte die EU bereits seit 2013 ein Teilverbot erlassen. Es untersagte die Saatgutbeizung einiger landwirtschaftlicher Kulturen mit diesen Mitteln, deren Ausbringung nun am 27.04.2018 im Freiland gänzlich verboten wurde. Dazu hat es in den zurückliegenden Jahren entsprechende Forderungen von Umweltverbänden und Initiativen gegeben. Zweifelsohne zeichnen sich diese drei Wirkstoffe durch eine besonders hohe Giftigkeit aus, dafür müssen weniger giftige Wirkstoffe in größeren Mengen ausgebracht werden, um denselben Effekt bei der Regulierung von Schaderregern zu erzielen. Ein Beispiel dafür ist das Neonikotinoid Thiacloprid, das in Deutschland als „nicht bienengefährlich (B4)“ zugelassen ist, obwohl es das Heimfindevermögen von Honigbienen ebenso negativ beeinflusst, wie die drei anderen Wirkstoffe. Der BUND hatte 2015 deshalb eine Kampagne gegen Thiacloprid und Bayer gestartet. Den daraus entstandenen Rechtsstreit hatte der BUND zwar gewonnen, aber Thiacloprid ist nach vorübergehenden Zulassungsänderungen wieder „zurück in die Blüte“, wie es von Bayer beworben wird. Auch Acetamiprid, ebenfalls ein Neonikotinoid, und weitere insektizide Wirkstoffe sind in Deutschland zugelassen. Deshalb wird das Verbot der drei genannten Neonikotinoide in der Praxis lediglich dazu führen, dass andere verfügbare insektizide Wirkstoffe vermehrt eingesetzt werden. Eine Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln wird sich daraus nicht ergeben und deshalb ist auch nicht zu erwarten, dass dieses Verbot einen messbaren positiven Effekt für die Biodiversität haben wird. Dafür werden sich Umweltverbände, Landwirtschaft und Politik tiefergreifendere Gedanken machen müssen. (mn)


Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung: EU-Staaten verbieten bienenschädliche Neonicotinoide

Handelsblatt: Kampf gegen Bienensterben – EU verbannt drei Insektengifte vom Acker

BBC News: EU member states support near-total neonicotinoids ban

The Guardian: EU agrees total ban on bee-harming pesticides

The Washington Post: EU moves to full ban on pesticides that harm bees




Neue Insektenart in Deutschland entdeckt


21.04.2018
Die moderne Entomologie hat in Mitteleuropa eine über 250-jährige Tradition. Seit Carl von Linné 1758 die binominale Nomenklatur in die Zoologie einführte und damit auch die ersten Insektenarten auf eine Weise wissenschaftlich beschrieb, wie es bis heute nach dem International Code of Zoological Nomenclature üblich ist, wurde kaum eine Region in der Welt entomologisch so intensiv erforscht wie Mitteleuropa. Die Insektenarten gelten hier weitestgehend als vollständig inventarisiert, wenngleich jedes Jahr noch weitere, bereits bekannte Insektenarten beispielsweise erstmalig für Deutschland nachgewiesen werden.
Nun aber wurde in Deutschland eine Insektenart entdeckt, die der Wissenschaft bislang gänzlich unbekannt war. Drei US-Amerikanische Wissenschaftler machten sich daran, mithilfe hochauflösender Hellfeldmikroskopie, Fotostacking sowie konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie in Kombination mit Fluoreszenzanregungen parasitoide Wespen der Familie Ceraphronidae zu untersuchen. Diese Tiere sind winzig klein und parasitieren als Larven andere Hautflügler, oft solche, die selbst als Parasitoide in anderen Insekten, z. B. Blattläusen, leben (Hyperparasitismus).
Kopf, Thorax, Abdomen sowie Fühler, Flügel und Beine der 1 mm langen Ceraphronidae wurden mit Hellfeldmikroskopie und Fotostacking visualisiert. Die nur 100–200 µm langen Genitalien wurden mithilfe konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie in Kombination mit mehreren Fluoreszenzanregungen erfasst. Solche Abbildungen erlauben nicht nur die Visualisierung der winzigen Organe, sondern zeigen zusätzlich zu den sklerotisierten Strukturen auch deren Muskeln. Die mit diesen Verfahren erreichte Genauigkeit in winzigen Details erlaubte es, die winzigen Ceraphron-Wespen genauer zu analysieren und machte die Entdeckung einer bislang unbekannten Art möglich. Diese wurde zu Ehren einer der beiden Sammler, Lars Krogmann, als Ceraphron krogmanni wissenschaftlich beschrieben. (mn)


Partielle Mahd von Wiesen im Freistaat ab sofort auch auf geförderten Flächen möglich!


17.04.2018
Eine Wiese muss gemäht werden, um sie als solche zu erhalten. Gleichzeitig beeinträchtigt die maschinelle Mahd aber alle Insektenarten, die im Offenland leben. Insbesondere für jene Arten, deren frühe Entwicklungsstadien wie Eier, Larven und Puppen in der Vegetation leben (Heuschrecken, Schmetterlinge), kann schon eine einmalige Komplettmahd einer Fläche einen Auslöschungseffekt haben. Grundsätzlich trifft dies auch die adulten Insekten, die sich in der Vegetation aufhalten (Heuschrecken) oder Blüten besuchen (Bienen, Schwebfliegen, Tagfalter). Wachsen die krautigen Pflanzen nach der Mahd wieder und gelangen zur Blüte, sehen wir auf solchen Wiesen nur sehr wenige Insekten fliegen. Dem kann entgegengewirkt werden, wenn bei jedem Mahdtermin ein Teil der Fläche ungemäht verbleibt. Dort können sich die verbliebenen Insekten weiter entwickeln und später die übrige Fläche wieder besiedeln. Im sächsischen Schmetterlingswiesenprojekt ist dies von 2015–2017 erfolgreich auf Flächen in Siedlungsgebieten praktiziert worden. Mit der Novellierung der Richtlinie „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUK/2015)“ ist in Sachsen mit Gültigkeit ab dem Antragsjahr 2018 das Belassen von ungenutzten Bereichen von weniger als 10% der Förderfläche optional möglich, welche nicht im unmittelbaren Randbereich der Schläge liegen. Damit ist förderpolitisch in Sachsen ein wichtiger Schritt getan, Insekten im Offenland zu fördern. Nun kommt es darauf an, dass die Flächennutzer von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen. Bei Förderbewilligungen in Naturschutzgebieten sollte diese Regelung zukünftig nicht nur optional, sondern obligatorisch angewendet werden. (mn)

Weitere Links im Förderportal Sachsen:




Die Raubfliegen Deutschlands


27.03.2018
Raubfliegen zählen neben den Schwebfliegen durch ihre Größe und Formenvielfalt, ihr Verhalten und ihre gute Abgrenzbarkeit von anderen Fliegenfamilien zu den markanteren und attraktiveren Fliegen. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der hohen Zahl an Raubfliegenfotos, welche in Naturfotoforen gepostet werden. Dennoch gab es bisher kein einziges Werk, welches das Wissen über die Raubfliegen Deutschlands zusammenfasst. Nun legt das Autorenteam um Danny Wolff mit den „Raubfliegen Deutschlands“ ein Buch vor, welches die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Systematik, Biologie und Verbreitung der einzelnen Raubfliegenarten umfangreich und dabei allgemeinverständlich darstellt. Das Buch darf aufgrund der fachlichen Tiefe als Raubfliegen-Standardwerk gelten und kann zudem mit einem Format von nur 19 x 13 cm als Feldführer bei Exkursionen im Rucksack mitgeführt werden.
Am Beginn besticht das Buch durch eine umfassende Einführung zur Stammesgeschichte, Individualentwicklung, Lebensweise und zum Verhalten der Raubfliegen. Die Larvalentwicklung der Raubfliegen Deutschlands wird erstmals zusammenfassend dargestellt sowie Lebensräume und Gefährdungsursachen ausführlich besprochen. Dieser allgemeine Teil, welcher etwa ein Drittel des Buches einnimmt, wird durch Exkurse in die Geschichte der Raubfliegenforschung in Deutschland, zur Bedeutung der wissenschaftlichen Artnamen, zu bisher unbeantworteten Fragen zu Ökologie und Verbreitung der Raubfliegen sowie mit Hinweisen zum Fangen, Sammeln und Fotografieren von Raubfliegen bereichert.
Der spezielle Teil des Buches beginnt mit einem sehr gut illustrierten und auch deshalb sehr gut verständlichen Bestimmungsschlüssel von Fritz Geller-Grimm, der die Bestimmung aller aktuell in Deutschland nachgewiesenen Arten ermöglicht. Hervorzuheben ist, dass mit diesem Schlüssel erstmals auch diejenigen Weibchen bestimmt werden können, deren Determination mithilfe bisher vorliegender Schlüssel nicht möglich war.
Anschließend wird jeder der 75 in Deutschland etablierten Raubfliegenarten eine Doppelseite gewidmet. Jede Art wird mit ein bis zwei Makrofotografien, entstanden meist im natürlichen Lebensraum, sowie mit Angaben zur Flugzeit, zum Vorkommen in Deutschland, zur Gesamtverbreitung, zum Lebensraum und zur Lebensweise vorgestellt. Die bestimmungsrelevanten Merkmale sind bei dem überwiegenden Teil der abgebildeten Arten auf den hervorragenden Fotos von Markus Gebel zu erkennen. Weitere 10 Arten, deren Etablierung in Deutschland fraglich ist, werden in Kurzportraits mit Hinweisen zu Merkmalen und zur Gesamtverbreitung behandelt.
Das Buch kann jedem empfohlen werden, der sich für diese überaus faszinierenden Tiere interessiert oder sich begeistern lassen möchte. Es ist sowohl ein neues Nachschlagewerk zu Ökologie und Biologie der Raubfliegen Deutschland als auch ein hervorragender Feldführer für Wanderungen und Exkursionen. Den Autoren gratuliere ich an dieser Stelle zu diesem Werk, das für die nächsten Jahre ganz sicher das Standardwerk für die Raubfliegen Deutschlands darstellen wird. (Tommy Kästner)
  • Danny Wolff, Markus Gebel & Fritz Geller-Grimm 2018: Die Raubfliegen Deutschlands. – Quelle & Meyer, 339 S. Preis: 24,95 €



Widerstandsfähigkeit des Lebens gegenüber astrophysikalischen Ereignissen


24.03.2018
Es mag nicht jedem behagen, sich mit der Möglichkeit eines astrophysikalischen Ereignisses zu beschäftigen, welches das Potenzial hat, alles Leben auf der Erde auszulöschen. Eine solche Betrachtung kann aber hilfreich sein, mögliche Voraussetzungen für die Existenz von exoplanetarem Leben einzugrenzen und die Suche danach zu optimieren.
Dazu gilt es zunächst, Arten ausfindig zu machen, die dafür bekannt sind, extreme Bedingungen zu überstehen. Im Tierreich sind dies die Bärtierchen, die einige Minuten bei -272°C oder +150°C sowie -20°C über Jahrzehnte überdauern können. Darüber hinaus überstehen sie Drücke von 0 atm im Weltraum genauso wie 1200 atm am Grund des Marianengrabens sowie Strahlungen von ∼5000–6200 Gy.

Bärtierchen (Tardigrada) gehören mit den Stummelfüßern (Onychophora) und Gliederfüßern (Arthropoda; einschließlich der Insekten) zu den Panarthropoda. Die verschiedenen Arten leben im Meer- oder Süßwasser oder an Land, dort u.a. in Moosen oder in der Laubstreu. Sie ernähren sich von Algen, abgestorbener organischer Substanz, Pilzen, Rädertierchen u.a.m. Ihre Körpergröße reicht von 50 µm bis maximal 1,5 mm.

Nachdem diese extrem widerstandsfähigen Tiere ausgemacht sind, gilt es, astrophysikalische Ereignisse ausfindig zu machen, die diesen Tieren den Garaus machen könnten. Dafür analysierten die Wissenschaftler David Sloan, Rafael Alves Batista und Abraham Loeb (2017) die Wirkungen von Ereignissen wie Supernovae, Gammablitzen, Einschlägen von Himmelskörpern (Impakt) sowie vorbeiziehenden Sternen.
Aber nicht allein die Art des Ereignisses, sondern auch dessen Ausmaß muss untersucht werden. Das wahrscheinlichste Szenario wäre der Einschlag eines Asteroids. Der Asteroid, der vor 65 Millionen Jahren auf der Erde einschlug und den Chicxulub-Krater schuf, löschte 75% der damals existierenden Arten aus. Nur wenige exotherme Tierarten mit einem Körpergewicht von mehr als 25 kg überlebten diese Katastrophe, aber 90% der Knochenfische überlebten und auf die Arten der Tiefsee hatte dieses Ereignis so gut wie keinen Einfluss. Hier wird deutlich, dass das menschliche Leben etwas fragil ist, wie die Autoren es formulieren.
Einen sterilisierenden Effekt auf alles Leben unseres Planeten sehen die Autoren am ehesten in Ereignissen, welche die Ozeane zum Kochen bringen, die Atmosphäre zerstören sowie weiterer Hitze- und Strahlungseinwirkungen. Die beruhigende Nachricht für Bärtierchen ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses auf der Erde und Exoplaneten geringer als 10-7 pro Milliarden Jahre ist.
Organismen mit ähnlichen Strahlen- und Temperaturtoleranzen wie Bärtierchen wären die einzige Art von Leben, die unter Bedingungen, wie sie beispielsweise auf dem Mars herrschen, langfristig überleben könnten, und selbst dann müssten sie sich deutlich unter der Oberfläche befinden. Die unterirdischen Ozeane, die auf Europa und Enceladus existieren sollen, hätten ähnliche Bedingungen wie die tiefen Ozeane der Erde. Die Suche nach Extremophilen an diesen Orten wäre ein bedeutender Schritt, um die Suche nach dem Leben auf Exoplaneten einzuengen.
Derweil hat die Artenvielfalt auf unserem Planeten ganz andere Probleme. Das Ausmaß der menschengemachten Produktion von Treibhausgasen, die landschaftlichen Veränderungen, welche in ihrem Umfang die natürliche jährliche Sedimentproduktion erheblich übertreffen, die Übersäuerung der Ozeane und die fortdauernde Vernichtung von Lebewesen finden in den letzten Millionen Jahren keine Entsprechung, so dass man von einem neuen Erdzeitalter, dem Anthropozän, spricht (Crutzen 2002). Das durch den Menschen verursachte Artensterben hat bereits ein Ausmaß erreicht, dass es als sechstes Massenaussterben in der Geschichte unseres Planten bezeichnet wird (Ceballos et al. 2017). Auch hier scheinen sich die Bärtierchen wacker zu halten. In toxikologischen Untersuchungen aquatischer Systeme reagierten verschiedene Organismengruppen negativ auf Ivermectin, ein Arzneimittel in der Veterinärmedizin, sowie Endosulfan, ein neurotoxisches Insektizid. Die Bärtierchen hingegen profitierten von der Präsenz dieser Stoffe und waren anschließend häufiger als zuvor (Barry & Logan 1998; Brinke et al. 2010). Was sie jedoch nicht zu mögen scheinen, ist die Belastung der Umwelt mit Schwermetallen. Diese reduzieren sowohl die Anzahl der Arten als auch die Anzahl der Individuen von Bärtierchen in Moospolstern (Vargha et al. 2002). So müssen wir nicht so sehr astrophysikalische Ereignisse fürchten, die katastrophale Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben könnten, als vielmehr die Auswirkungen unseres eigenen Handelns. (mn)

Literatur
Barry, M. J. & D. C. Logan 1998: The use of temporary pond microcosms for aquatic toxicity testing: direct and indirect effects of endosulfan on community structure. – Aquatic Toxicology 41 (2): 101–124.
Brinke, M., S. Hoess, G. Fink, T. A.Ternes, P. Heininger & W. Traunspurger 2010: Assessing effects of the pharmaceutical ivermectin on meiobenthic communities using freshwater microcosms. – Aquatic Toxicology 99 (2): 126–137.
Ceballos, G., P. R. Ehrlich & R. Dirzo 2017: Biological annihilation via the ongoing sixth mass extinction signaled by vertebrate population losses and declines. – Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 114 (30): E6089–E6096.
Crutzen 2002: Geology of mankind. – Nature 415: 23.
Sloan, D., R. A. Batista & A. Loeb 2017: The Resilience of Life to Astrophysical Events. – Nature Scientific Reports 7: 5419.
Vargha, B., E. Otvos & Z. Tuba 2002: Investigations on ecological effects of heavy metal pollution in Hungary by moss-dwelling water bears (Tardigrada), as bioindicators. – Annals of Agricultural and Environmental Medicine 9 (2): 141–146. 

Siehe auch:
Das Leben auf der Erde ist kein Einzelfall. Welt, 25.04.2007
Leben auf dem Mars - Wikipedia


Tagfalter Sachsen 2.0 erschienen


18.03.2018
Die App Tagfalter Sachsen 1.0 ging im Jahr 2016 für Android, iPhone und Windows Phone an den Start. Sie bietet eine interaktive Artbestimmung von Tagfaltern, Artsteckbriefe und die Möglichkeit, Beobachtungen an Insekten Sachsen zu melden.
Die interaktive Artbestimmung basiert auf den Merkmalskomplexen Vorderflügellänge, Flügelform sowie Muster und Farben von Flügelober- und -unterseite und ist auch für Einsteiger verständlich. Die Auswahl von Merkmalen erfolgt über eine UND-Funktion, so dass mit jedem ausgewählten Merkmal die Ergebnisliste eingeschränkt wird. Diese enthält Vorschaubilder der Falter, über die man in die Artsteckbriefe gelangt.
In den Artsteckbriefen kann das Bestimmungsergebnis noch einmal überprüft werden. Sämtliche Informationen dazu werden auf Insekten-Sachsen.de gepflegt und aktualisiert. Dazu gehören der deutsche und wissenschaftliche Name, das Ampelsystems, welches den technischen Schwierigkeitsgrad bei der Artbestimmung signalisiert, die Fotos, die Diagnose mit Unterscheidung von ähnlichen Arten sowie Angaben zum gesetzlichen Schutz und der Roten-Liste-Kategorie. Über einen Link kann man weitere Informationen auf Insekten-Sachsen.de erhalten. Ein Button führt zu einer weiteren wichtigen Funktion der App, die Fundmeldung.
Die Fundmeldung nutzt das GPS-Modul für die automatische Georeferenzierung. Das Datum ist automatisch voreingestellt, so dass man nur die Felder Fundort und Anzahl manuell bedienen muss. Zusätzliche Informationen können in einem Bemerkungsfeld erfasst werden. Fotos können zuvor aufgenommen und aus dem Fotoarchiv oder aber direkt aufgenommen und angehängt werden. Mit dem Absenden gelangen die Fundmeldungen auf Insekten-Sachsen.de und werden dort von Spezialisten geprüft, insbesondere auf die korrekte Artbestimmung anhand der angehängten Fotos.
Die Version für Windows lief leider nicht einwandfrei und aufgrund des geringen Marktanteils von WindowsPhone haben wir die Weiterentwicklung dieser Version schließlich eingestellt. Mit den Versionen für Android und iPhone konnten wir aber viele Erfahrungen sammeln, die in die neue, am 9. März 2018 erschienene Version mündete.
Die Version 2.0 wurde völlig neu programmiert. Installation und Nutzung laufen richtig flott. Die Merkmalsliste für die interaktive Artbestimmung wurden verschlankt: alle Merkmale, die nur für eine Art kodiert waren, wurde eliminiert. Bei der Vorderflügellänge ist es jetzt möglich, auch zwei Größenklassen auszuwählen, was über eine ODER-Funktion arbeitet, da die Einschätzung bei den geringen Unterschieden oft nicht richtig ausfiel. Die Ergebnisse kann man sich wahlweise als genaue Treffer oder absteigend nach den am meisten zutreffenden Merkmalen anzeigen lassen. Bei der Fundmeldung kann bei abgeschalteter Ortungsfunktion die Lokalisierung auch manuell erfolgen. Die Fundmeldungen können als Entwurf gespeichert und nachbearbeitet werden. Auf allen Seiten der App wurde zudem eine kontextsensitive Hilfefunktion eingeführt.
Tagfalter Sachsen 2.0 ist auf Google Play frei verfügbar. Die App wurde im Rahmen des Projektes „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ entwickelt. (mn)


Anhörung im Sächsischen Landtag zum Insektensterben


13.03.2018
Am 2. März 2018 gab es im Umweltausschuss des Sächsischen Landtages eine Anhörung zu den Ursachen des Insektensterbens. Die Anhörung der Sachverständigen kam auf einen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie auf einen Antrag der Fraktion DIE LINKE zustande.

Heute [sic] ist dazu im Sächsischen Landtag das Stenographische Protokoll erschienen. (mn)

Pressemitteilungen
05.03.2018: Gemeinsame Medienmitteilung von iDiv, Senckenberg und UFZ „Wissenschaftler sind sich einig: Die Zeit zum Handeln ist jetzt“ 

02.03.2018: CDU Fraktion des Sächsischen Landtages „Ideologische Scheuklappen verstellen Blick auf mögliche Ursachen“

02.03.2018: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag „Das Artensterben unter den Insekten ist dramatisch: Der Umweltminister muss endlich handeln!“

28.02.2018: Fraktion DIE LINKE. im Sächsischen Landtag „Immer weniger Insekten – mit schlimmen Folgen“ 








Buchtipp: Wildbienenhelfer – Wildbienen und Blühpflanzen


11.02.2018
Es war eine Frage der Zeit, dass ein Buch auf den Markt kommt, welches die Verbindung schafft zwischen den Lebensanforderungen der Wildbienen und wie man ihnen in Gärten durch gezielte Pflanzenauswahl helfen kann. Nun ist es endlich da! Geschrieben hat es nicht eine Biologin, sondern eine Designerin, die sich eigene Gedanken darüber macht, was sie im Garten beobachtet. Im Verlauf von drei Jahren trug sie Wissen und Fotos zusammen und machte daraus ein reichlich und farblich illustriertes Buch (kaum eine Seite ohne Farbabbildung).
Nach einer kurzen Einleitung in die sozialen Lebensformen der Bienen, ihren Körperbau, ihre Bedeutung als Bestäuber sowie ihren Rückgang und die Bedeutung von Gärten für Bienen nimmt uns die Autorin mit auf eine Reise durch das Jahr, von Februar bis in den August. Für jeden Monat werden Bienenarten portraitiert, die in diesem Monat beginnen zu fliegen. Jeweils auf einer Doppelseite werden für eine Art mehrere aussagefähige Farbfotos wiedergegeben, zusammen mit einem kurzen Steckbrief und ein paar ausführlicheren Hinweisen zu Besonderheiten in der Lebensweise, bei der Artbestimmung oder Tipps, wie man sie fördern kann. Eine Grafik zeigt ihre natürliche Größe. Für jeden Monat werden zudem mehrere Pflanzenarten besprochen, eine jede farbig abgebildet, mit kurzem Steckbrief über die Eignung für Wildbienen, Blühzeiten und Standortansprüchen sowie einem kurzen Text. Der Abspann des Buches widmet sich der Nahrungsspezialisierung der weiblichen Bienen, die ihre Brut mit Pollen versorgen und gibt einen Überblick über etwa 100 spezialisierte Wildbienenarten und die Pflanzen, auf die sie zum Pollensammeln angewiesen sind. Wer keinen Garten hat, bekommt nun auch ein paar Tipps für seinen Balkon. Das Buch schließt mit ein paar sehr schönen, großformatigen Fotos von Wildbienen.
Anja Eders Buch ist für Einsteiger wie für Fortgeschrittene geeignet, Anregungen für die Förderung von Wildbienen durch geeignete Pflanzenwahl im Garten zu erhalten. Die Autorin hat es dabei vermieden, unbedingte Vollständigkeit zu erreichen. Auch hat sie darauf verzichtet, die sehr in Mode geratenen Bienennisthilfen in den Vordergrund zu rücken. Zu diesen gibt es bereits genügend Literatur und sie hat die künstlichen Nisthilfen gebührend neben den natürlichen Nistgelegenheiten eingereiht, welche die meisten unserer heimischen Wildbienenarten benötigen.
„Wildbienenhelfer“ ist ein leicht verständliches und schönes Buch, das man immer wieder gern zur Hand nimmt. Es ist informativ und kurzweilig zugleich. Möge es eine weite Verbreitung und Anwendung finden! (mn)

Anja Eder 2018 (1. Aufl.): Wildbienenhelfer – Wildbienen und Blühpflanzen. Jeder kann zum Wildbienenhelfer werden und damit zum Erhalt unserer Artenvielfalt beitragen. – TiPP4, Rheinbach. 248 S.

Einen Einblick in das Buch kann man auch unter https://www.wildbienen-garten.de/ bekommen.


Zum Insektenbestand in Deutschland


15.01.2018
Bereits am 5. Dezember 2017 veröffentlichte der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages einen Sachstandbericht zum Insektenbestand in Deutschland. Darin wird insbesondere auf die wissenschaftliche Publikation von Hallmann et al. 2017 zum Rückgang der Biomasse flugaktiver Insekten in Deutschland Bezug genommen. Diese wissenschaftliche Publikation hatte in den deutschen und internationalen Medien ein sehr großes Echo erzeugt. So gab es dazu in Deutschland Berichterstattungen u.a. in der Tagesschau, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Süddeutschen Zeitung, im Spiegel und Spektrum der Wissenschaft sowie international im Guardian, Daily Mail, der Washington Post, New York Times und in den US-amerikanischen Fachzeitschriften Nature und Science.
Der Sachstandbericht gibt einen Überblick über die Rezeption durch deutsche Wissenschaftler, Naturschutzverbände und dem Deutschen Bauernverband, als auch der Thematisierung im Deutschen Bundestag selbst. Die beiden letzten Kapitel beleuchten mögliche ökologische Auswirkungen und Gegenmaßnahmen.
Die Darstellungen im Sachstandbericht sind eine Zusammenfassung des Anfang Dezember 2017 bestehenden Diskussionstandes in der Öffentlichkeit und nehmen keine Bewertungen einzelner natürlicher oder juristischer Personen vor. (mn)

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar.



Aktuelle Zahlen zum Insektensterben sind keine Unstatistik


07.01.2018
Zusammenfassung
Aus momentaner wissenschaftlicher Kenntnis gibt es keinen Grund, an einer 76%igen Abnahme der Biomasse fliegender Insekten in den Naturschutzgebieten Norddeutschland zu zweifeln. Im Oktober 2017 durch die Statistiker-Gruppe Unstatistik verbreitete Darstellungen zum Insektensterben sind verzerrt, falsch und entsprechen nicht der gängigen Wissenschaftspraxis.

Einleitung
Am 18. Oktober 2017 publizierten Wissenschaftler der Radboud University (NL), des Krefelder Entomologischen Vereins (D) und der University of Sussex (GB) die Ergebnisse von Freilanderfassungen in 63 Naturschutzgebieten Norddeutschlands. Danach nahm über die Jahre 1989 bis 2016 die Biomasse fliegender Insekten gemittelt um 6,1 % pro Jahr bzw. über den gesamten Zeitraum um 76,7 % ab (im folgenden kurz Krefelder Studie genannt). Diese besorgniserregenden Zahlen fanden weite Beachtung in den Medien, darunter auch in Sachsen und bei dem Projekt „Insekten-Sachsen“ mit einem Offenen Brief. Es gab auch verschiedene Kritiker der Krefelder Studie. Zum einen gab es Personen, die eine Zunahme von Mücken oder Wespen in den letzten Jahren bemerkt haben wollen. Zum anderen wurde auch der Obstbauverband Sachsen als Kritiker zitiert mit dem Hinweis, dass es zu viele bestäubende Insekten gäbe und Äpfel ausgegeizt werden müssen. Auf meine Anfrage hin wurde mir jedoch erklärt, dass es keine Daten zu dieser Aussage gäbe. Außerdem wurde mir bestätigt, dass Wanderimker die Plantagen des Obstbauverbandes besuchen - damit entbehrt der Hinweis auf angeblich zu vieler Insekten jeder Grundlage. Schließlich bezog sich ein Teil der Kritiker auf die populäre Webseite Unstatistik, nach der die Daten der Krefelder Studie harmlos und statistisch fehlerhaft dafür aber geeignet seien "mit möglichst erschreckenden Zahlen Panik zu machen“.
Die Unstatistik Webseite wird von drei Professoren der Wirtschaftswissenschaften der Ruhr-Universität Essen, der TU Dortmund und dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung betrieben, mit dem Ziel, monatlich jeweils eine weit verbreitete, aber falsche bzw. irreführend Statistik aufs Korn zu nehmen. Diese Initiative ist sehr löblich. Im Falle der Daten zum Insektensterben möchte ich dieser Webseite hiermit entgegentreten, denn sie enthält eine Falschaussage und stellt statistische Ergebnisse so verzerrt dar, dass es in die Argumentation der Autoren passt.

Ich beginne mit der These, dass es - in guter Näherung - in Deutschland keine staatlich geförderten Langzeituntersuchungen im ökologischen Bereich gibt. Das ist im Übrigen weltweit der Fall - es gibt nichts den täglichen Wetterbeobachtungen (oder Aktienkursaufzeichnungen) Äquivalentes im Bereich der Ökologie. Niemand hätte vor 30 Jahren ahnen können, dass nicht nur Insektenarten, sondern auch die Biomasse fliegender Insekten so stark abnehmen würde, dass es einmal nützlich sein könnte, überhaupt über die Biomasse Bescheid zu wissen! Es existieren also keine vorher geplanten Versuche und ohne vorab geplanten Messreihen bleibt nur der Rückgriff auf zufällig getätigte Untersuchungen. Glücklicherweise gibt es einige wenige solcher Untersuchungen, zum Beispiel die Krefelder Studie, wo mit gleicher Methodik in verschiedenen Habitaten und logischerweise unter verschiedenen Witterungsbedingungen die Biomasse fliegender Insekten durch Malaise-Fallen ermittelt wurde. Um eine unterschiedliche Biomasse in verschiedenen Habitaten und bei unterschiedlicher Witterung zu berücksichtigen, wurden statistische Verfahren angewendet, um aus der tatsächlich gemessenen Biomasse jene abzuschätzen, die die unterschiedlichen Witterungs- bzw. Habitatunterschiede berücksichtigt (ein Beispiel: Angenommen, Gebiete, die 21 statt 20 Grad warm sind, weisen eine 10% höhere Insektenbiomasse auf. Sollten nun in frühen Jahren gerade viele Gebiete mit 21 Grad Temperatur untersucht worden sein und in späten Jahren viele mit nur 20 Grad, würde allein dadurch eine (falsche!) Biomasse-Abnahme registriert werden. Deshalb werden jene Temperatureinflüsse 'herausgerechnet'). Das sind Verfahren, die von Statistikern entwickelt wurden und die jeder Ökologe kennt.

Die Autoren von Unstatistik haben nicht im wissenschaftlich üblichen Sinne auf die angeblichen Fehler der Studie reagiert, sondern sind direkt an ein statistisch nicht geschultes Publikum gegangen - die Öffentlichkeit. Diese Beifallsheischerei ist meines Erachtens ungeeignet, ein wichtiges gesellschaftliches Problem zu diskutieren. Auf meine oben formulierten Vorwürfe teilen mir die Verfasser der Unstatistik mit, dass sie nicht die Ergebnisse, sondern die Machart der Studie kritisieren. Wie das eine ohne das andere geht, ist mir nicht klar, vielleicht haben die Wirtschaftsprofessoren ungenügenden Einblick wie selten solche Daten der Krefelder Studie sind und wie sie zustande kommen. Im Folgenden weise ich die Diskreditierung der 27-jährigen Freilandstudie durch die Kollegen von Unstatistik komplett zurück.

1) Die Abnahme der Biomasse in der Studie der Krefelder Entomologen beruht auf einem Trend über viele Jahre und stellt ein robustes Ergebnis dar
Unstatistik stellt dar, dass die Krefelder Entomologen "nach 27 Jahren 76 Prozent weniger Biomasse in den Fallen" hatten. Dies ist eine verzerrte Aussage, da sie impliziert, dass die Studie nur im Jahr 1 und dann erst nach 27 Jahren gemessen wurde (Verwirrenderweise war genau dieses kritisierenswerte Vorgehen durch einige Autoren der Krefelder Studie in einer vorherigen Studie so getan worden). Korrekt ist hingegen, dass die Krefelder Studie durchschnittlich eine jahrweise Abnahme der Biomasse von 6,1% fand, die sich somit über 27 Jahre auf 76,7% beläuft.

2) Fehlende jahrweise Wiederholungsproben am gleichen Standort ändern nichts am Gesamttrend einer 76%igen Abnahme der Biomasse fliegender Insekten
Die Webseite Unstatistik führt weiter aus: "An den meisten Standorten wurde keine einzige Wiederholungsmessung durchgeführt". Es ist in der Tat bedauerlich, dass die Forscher an 37 von 63 Standorten keine Zeit und Kapazitäten hatten, die monatliche Fallenleerung in mehreren Jahren durchzuführen und damit korrekterweise "die meisten" nämlich 59% der Standorte der Krefelder Studie ohne jahrweise Wiederholungsmessung bleiben. So etwas muss bei Wirtschaftsstatistikern, die möglicherweise mit - wie bei Wetterbeobachtungen - permanent überwachten Börsenkurse arbeiten, auf Unverständnis stoßen.
Hat es denn irgendeinen Einfluss auf das Ergebnis, dass in 59% der Standorte nicht wiederholt untersucht wurde? Nein. Und zwar aus zwei Gründen nicht. Erstens wurde in der Krefelder Studie zufällig ausgewählt, in welchem Jahr welche Gebiete mit Fallen bestückt wurden - wenn die Insektenbiomasse von Jahr zu Jahr zufällig zu- oder abnehmen würde, ist dadurch gewährleistet, dass die Chance, Standorte mit Zunahme oder mit Abnahme erwischt zu haben, 50% ist. Es gibt keinen Grund, die Auswahl der Standorte und damit die Ergebnisse anzuzweifeln. Selbstverständlich wird die Schätzung der Biomasse-Veränderung genauer, wenn weitere Untersuchungen einfließen.

3) Standorte, die in mehreren Jahren gemessen wurden, stimmen in der 76%igen Abnahme der Biomasse fliegender Insekten überein
Der zweite Grund ist jener, dass die Krefelder Studie eben mehrere Standorte in mehreren Jahren untersucht hat, und zwar in 26 Gebieten. Mittelt man die Abnahme der Biomasse in den wiederholt gemessenen Gebieten, erhält man einen Abnahmewert von 76.2% - eine perfekte Übereinstimmung mit dem Gesamtergebnis von 76.7% auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Übereinstimmungen Zufall sein kann, ist fast null. Es gibt keinen Grund, die Ergebnisse einer 76%igen Biomasseabnahme fliegender Insekten anzuzweifeln. Die Diskussion, ob diese Biomasse-Abnahme außerhalb von NSG oder in Süddeutschland anders ist, kann hier nicht geführt werden.

4) Ein Jahr als Anfangsjahr auszuwählen, dass angeblich nur einen 30%igen Biomasseverlust zeigen würde, ist ein äußerst unseriöses Vorgehen
Die Webseite Unstatistik führt aus: "Hätte man das Jahr 1991 statt 1989 als Anfangspunkt gewählt, dann wären es statt 76 Prozent weniger Insekten nur etwa 30 Prozent weniger gewesen." Diese Hätte-hätte-Fahrradkette Argumentation eines Statistikprofessors verwundert, ist doch bei einer Zufallsauswahl der Gebiete und Jahre die Wahrscheinlichkeit einer Überschätzung nahezu genauso hoch ist wie die einer Unterschätzung. Wäre nämlich zum Beispiel 1988 die Biomasse um so viel höher gewesen, wie sie um 1991 niedriger war, hätte-hätte die Gesamtabnahme genauso gut 80% oder gar 85% sein können. Aus Deutschland liegen derzeit keine anderen Messungen zur jährlichen Biomasseveränderung fliegender Insekten vor, deshalb muss der 76% Wert momentan als der wahrscheinlichste angenommen werden.
Warum unter den 15 Jahren der langfristigen Datenreihe (länger als 10 Jahre) gerade 1991 von Unstatistik ausgewählt wurde, bleibt offen. Es hätte jedenfalls nur noch ein einzige weiteres Jahr (2001) herausgepickt werden können, um die Abnahme der Biomasse als weniger gravierend darzustellen.

5) Das selektiv ausgewählte Beispiel einer nur 30%igen Abnahme der Biomasse ist falsch
Die von den Unstatistik-Professoren aus der Luft gegriffenen 30% sind falsch. Aber woher kommt dieser Wert? Er entstünde zum Beispiel, wenn einfach der Wert des Jahres 1991 aus der Grafik der Krefelder Studie als Ausgangspunkt der Abnahme genommen worden wäre. Diese Vorgehensweise würde jedoch zwei peinliche Kardinalfehler enthalten. Zum einen hätte hier der Mittelwert aller auf 1991 folgenden Jahre, und nicht einfach der Wert des Jahres 1991, berücksichtigt werden müssen. Zum zweiten kann nicht vorausgesetzt werden, dass die Temperatur- und Standortverteilung der beiden weggelassenen Jahre gleich denen der Gesamtuntersuchung ist (siehe obiges Beispiel zu 20 und 21 Grad warmer Schutzgebiete). Solche Fehler können jedoch keinem Statistikstudenten, geschweigend denn -professor unterlaufen sein und die 30% müssen einen anderen, bisher unerklärten Ursprung haben.
Die Autoren der Krefelder Studie haben ausgerechnet, was passieren würde, wenn die beiden Jahre 1989 und 1990 nicht berücksichtigt würden: überhaupt nichts. Würde die Abnahme ab 1991 berechnet, würde der Biomasseverlust bis 2016 statt 76.8% dann 76,7% betragen.

6) Vorhandene Daten nicht berücksichtigen zu wollen, ist Wissenschaftsbetrug
Als Hochschullehrer finde ich bereits den Vorschlag von Unstatistik äußerst bedenklich, zwei Jahre wegzulassen, die einem nicht in den Kram passen. Welchen Schein wirft das denn auf Naturwissenschaften, wenn wir mal eben Daten weglassen, die wir nicht haben wollen? Und dieser Vorschlag wurde ja nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Robustheitsanalyse gemacht, sondern im Appell an die Öffentlichkeit. Hier haben die Unstatistik-Professoren in der Öffentlichkeit den unsauberen Eindruck hinterlassen, so etwas könnte gängige Praxis bei Wissenschaftlern sein. Außerdem widerspricht dieser Vorschlag den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, ist also Wissenschaftsbetrug im weiteren Sinne.
Die Daten von 1989 und 1990 der Krefelder Studie existieren, sie sind real und es gibt nach den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis keine Option, diese Daten auszuwählen oder nicht.

Unstatistik stellt die Frage, warum Panik geschürt werden soll? Diese ist allerdings berechtigt: Warum denn sollten der Krefelder Entomologen Verein und beteiligte Ökologen aus den Niederlanden und Großbritannien Panik schüren wollen und eine größere Abnahme der Biomasse fliegender Insekten behaupten als tatsächlich vorzufinden ist? Ich möchte in diesem Zusammenhang auch meine obige Frage wiederholen: Welche Beweggründe gibt es denn für die Kollegen von Unstatistik, aus einem wirklich besorgniserregenden Trend gerade jenen Datenpunkt herausnehmen zu wollen, der verspricht, die Abnahme am kleinsten erscheinen zu lassen?

Es ist hochgradig dramatisch, dass unter den 300 möglichen jahrweisen Kombinationen der Krefelder Studie insgesamt 236 (79%) eine Abnahme der Biomasse zeigen, obwohl a priori eine solche Abnahme nicht zu erwarten ist. Im Gegenteil, neuerdings höhere Durchschnitts- und Sommertemperaturen könnten eine höhere Generationenzahl pro Jahr und damit sogar eher eine höhere Biomasse erwarten lassen.
Die in der Krefelder Studie ermittelte 76%ige Abnahme der Biomasse fliegender Insekten in den NSG Norddeutschlands ist der momentan wahrscheinlichste Wert. Zur Unterstützung einer Abwägung mit anderen staatlichen Aufgaben ist es die Aufgabe von Ökologen und Entomologen darauf hinzuweisen, dass eine jährliche Abnahme von 6% der Biomasse fliegender Insekten dramatische Folgen haben kann. Die Krefelder Studie liefert nur einen kleinen Hoffnungsschimmer, in dem zumindest einige Faktoren als nicht verantwortlich für die Abnahme erkannt werden. In diesem Sinne können wir nur hoffen, dass diese dramatische Abnahme nicht irreversible Ausmaße erreicht, mit Konsequenzen für Landschaft, Tier und Mensch.

Darlegung möglicher Interessenkonflikte
Aus Anlass der Krefelder Studie habe ich als Privatperson einen Offenen Brief an die Bürgerinnen und Bürger Sachsens mit verfasst. Als Hochschullehrer habe ich die von Unstatistik verbreiteten Aussagen in einer Vorlesung mit Studierenden als Beispiel wissenschaftlicher und publizistischer Unredlichkeit diskutiert.

Professor Dr. rer. nat. habil. Klaus Reinhardt
Angewandte Zoologie, Technische Universität Dresden


Das war das Jahr 2017 bei INSEKTEN SACHSEN


30.12.2017

Zu Beginn des Jahres hatten wir sogar in Dresden mehrere Wochen Schnee. Ausgerechnet in dieser Zeit sollte ein Film über INSEKTEN SACHSEN entstehen. Bei klirrender Kälte konnten wir überwinternde Tagpfauenaugen, eine Krebssuppe, Überwinterungsgesellschaften des Asiatischen Marienkäfers und Platanenwanzen zeigen.

Während der Obstblüte gab es in Sachsen langanhaltend Frost. Lediglich die wärmebegünstigte Elbtalweitung von Dresden blieb davon verschont. Dennoch warteten wir alle ungeduldig auf besseres Wetter für uns und für die Insekten, damit wir endlich wieder auf Insektenfotopirsch gehen können. Und dann ging es nach und nach los. Zum Jahresende verzeichnen wir mit mehr als 15.000 Onlinemeldungen einen neuen Jahresrekord, hingegen ging die Anzahl der Arten, für die erstmals ein Fotonachweis erfolgte, auf 350 zurück (im Vergleich zu 500–600 in den Vorjahren).

Als Angebote zum Kennenlernen, Erfahrungs- und Ideenaustausch oder Dazulernen gab es zwei Workshops und unser Sommertreffen im Vogtland. Auch hier vereitelte kalte Luft die erhoffte reiche Ausbeute, etwas mehr als 140 Fundmeldungen kamen aber doch zusammen und eine fantastische Glühwürmchennacht.

Das Jahr 2017 bescherte uns zahlreiche Medienberichte zum Rückgang der Insekten in unserer Natur. Ein Artikel in der Zeitschrift GEO im März war wohl einer der ersten, der mehr Aufmerksamkeit bekam. Als Insektenforscher beobachten wir den Rückgang der Insekten schon seit Jahren und selbst für Laien ist er offensichtlich, wie wir immer wieder erfahren. Doch die konkreten Zahlen, die dann im Herbst publiziert wurden, räumten alle Zweifel über unsere Vorahnungen aus: über 75 Prozent weniger Fluginsekten in Deutschland in nur 30 Jahren!
Auf unserem Workshop im Herbst haben wir das Thema ausführlich diskutiert und uns daraufhin mit einem Offenen Brief an die sächsische Öffentlichkeit gewandt. Unübersehbar ist, dass unser bisheriges, regelkonformes Verhalten den Rückgang der Artenvielfalt nicht gestoppt hat. Deshalb haben wir Maßnahmen aufgezeigt, mit denen Insekten gefördert werden können. Solche Maßnahmen umzusetzen, wird die Herausforderung für die unmittelbare Zukunft sein. Eine große Sorge bleibt, herauszufinden, was den Rückgang der Insekten selbst in Naturschutzgebieten verursacht. Erste Reaktionen auf unseren Offenen Brief gibt es aus der Politik. In unserer Nachrichtenrubrik haben wir darüber ausführlich berichtet.

Es gibt auch erfreuliche Nachrichten. Das sächsische Schmetterlingswiesenprojekt wurde von der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Zum Ende des Jahres 2017 gibt es schon über 210 Schmetterlingswiesen im Freistaat. Dorthin, wo partiell gemäht wird, kommen Tagfalter, Bienen und Heuschrecken zurück. Wir haben damit eine wirksame Methode, Insekten in unserer Umwelt zu fördern. INSEKTEN SACHSEN unterstützt dieses Projekt durch die Bearbeitung der Fundmeldungen der Schmetterlingswiesen-Betreuer und die Bereitstellung von Informationen über Tagfalter, insbesondere für die App „Tagfalter Sachsens“.

Euch allen, die sich 2017 an unserem INSEKTEN-SACHSEN-Projekt beteiligt haben, danke ich ganz herzlich fürs Mitmachen. Ich wünsche Euch für das Jahr 2018 alles Gute, viele Insekten und schöne Erlebnisse in unserer heimischen Natur.

Euer Matthias


Workshop im November 2017. Foto: Ronny Gutzeit






Impressionen vom Sommertreffen im Vogtland. Fotos: Angela Kühne



Umweltminister antwortet auf Offenen Brief zum Insektensterben


21.12.2017
Sachsens Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Thomas Schmidt, antwortet in einem Schreiben auf unseren Offenen Brief. Darin zeigt er Maßnahmen auf, die in Sachsen sowohl zur Förderung als auch zum Monitoring von Insekten bereits laufen. Darüber hinaus werden ad hoc Maßnahmen schon für 2018 in Aussicht gestellt, wobei der NABU unterstützend mitwirken könnte.

Antwort von Staatsminister Thomas Schmidt auf Offenen Brief.pdf


Erste Reaktionen auf Offenen Brief zum Rückgang der Insekten


07.12.2017
Nachdem einige Medien über unseren Offenen Brief zum Rückgang der Insekten vom 27.11.2017 berichteten (Freie Presse 28.11.2017, Bauernzeitung 48. Woche 2017), erhielten wir am 6. Dezember 2017 eine erste Antwort aus der Politik. Uns schrieb Wolfram Günther, Landtagsabgeordneter im Sächsischen Landtag für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Wortlaut:

„Lieber Herr Heinitz, lieber Matthias, liebe Naturfreunde im NABU,

mit Freude habe ich Ihren Offenen Brief gelesen. Vielen Dank für Ihr Engagement!
Wir sind als GRÜNE Landtagsfraktion bei dem Thema Insektensterben und all den angrenzenden Problemfeldern, die Sie benennen, ebenfalls aktiv. Jetzt ganz aktuell im Zusammenhang mit den neuen Studien, aber auch schon davor kontinuierlich. Wir versuchen, die Problematik immer wieder zum Thema im Landtag zu machen.

Direkt zum Thema Insektensterben haben wir einen Antrag eingereicht. Dieser soll sich mit dem Ausmaß, der Entwicklung und den Ursachen des Insektensterbens bei den unterschiedlichen Formen der Bewirtschaftung von Landwirtschaftsflächen befassen und insbesondere die Auswirkungen auf Nahrungsketten untersuchen. Wir fordern, die bereits heute vorhandene Erkenntnisse sowie Zwischenergebnisse und Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten unmittelbar nach ihrem Vorliegen in das Handeln in Sachsen bezüglich des Schutzes von Insekten einfließen zu lassen und umzusetzen

Die Staatsregierung hält es laut Stellungnahme zum Antrag Drs 6/11192 allerdings "nicht für zielführend", diesen Forschungsbedarf durch Studien innerhalb der Länder "zu beheben". Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin und -senatoren der Länder haben die Bundesregierung auf der 89. Umweltministerkonferenz am 17. November 2017 in Potsdam gebeten, das Bundesamt für Naturschutz mit der Erarbeitung eines einheitlichen Methodenleitfadens ,,Insektenmonitoring" zu beauftragen. Dieser sollte den Bundesländern sobald als möglich, spätestens jedoch bis 1. März 2019 vorliegen.

Unserer Meinung nach, besteht dringender Handlungsbedarf und das Warten auf einen einheitlichen Leitfaden zum Monitoring lässt zu viel Zeit verstreichen.

Am 2. März wird der Antrag Drs 6/11192 Ursachen des Insektensterbens erforschen und bekämpfen im Sächsischen Landtag öffentlich angehört werden. Wir laden Sie schon jetzt ein, daran teilzunehmen.

Aktuelle Anträge und Anfragen:
Antrag Drs 6/11192 Ursachen des Insektensterbens erforschen und bekämpfen

kleine Anfrage Drs 6/11116 Insektensterben bzw. Biodiversitätsverlust Insekten in Sachsen

kleine Anfrage Drs 6/11279 Pflanzenschutzmittel und Biozide in Schutzgebieten sowie Maßnahmen zum Insektenschutz in Sachsen - wurde aktuell noch nicht beantwortet

Weitere Anträge zum Themenkomplex:
Drs 6/5244 Umgang und Maßnahmen des Freistaates Sachsen in Zusammenhang mit den Auswirkungen des Vollherbizids Glyphosat

Drs 6/6482 Wildbienen wirksam schützen, Tracht und Lebensräume schaffen und erhalten sowie den Einsatz bienengefährlicher Mittel reduzieren

Drs 6/9523 Pestizideinsatz in Naturschutzgebieten ausschließen und Pufferstreifen gegen schädlichen Stoffeintrag einrichten

Plenardebattenbeiträge/Reden im Landtag
GRÜNEN-Antrag zu Wildbienen - Günther: Ein Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugung ist von der Leistung der Bienen abhängig Rede | 09.11.16

Wolfram Günther: Artensterben in Sachsen stoppen! Rede | 11.06.15

Ich hoffe, dass es durch das weitere kontinuierliche Engagement von Verbänden wie dem NABU, der interessierten Öffentlichkeit insgesamt und uns GRÜNEN im Parlament endlich gelingen wird, dass auch in Sachsen Konsequenzen gezogen werden und eine Trendwende beim Artensterben gelingt.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Günther, MdL"




Gemeine Skorpionsfliege zum Insekt des Jahres 2018 gewählt


06.12.2017
Die Gemeine Skorpionsfliege (Panorpa communis) ist häufig in Mitteleuropa anzutreffen – besonders zahlreich findet man sie in Gebüschen, an Wald- und Wegrändern, aber auch auf Wiesen und in Brennnesseln. „Dennoch ist dieses kleine, vierflügelige Insekt den meisten Menschen nicht bekannt. Wir wollen mit der Wahl zum ‚Insekt des Jahres’ die Aufmerksamkeit auf die Besonderheiten der Skorpionsfliege lenken und deren Wahrnehmung stärken“, begründet Prof. Dr. Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und Vorsitzender des Auswahl-Kuratoriums die Entscheidung.
Gefährlich ist die kleine Schnabelfliegenart mit den dunklen Flügelzeichnungen trotz ihres Namens nicht – auch einen Stachel sucht man bei der Skorpionsfliege vergebens. Ihr Name leitet sich vielmehr von einem großen, auffällig über dem Hinterleib getragenen Kopulationsorgan der männlichen Tiere ab.
Beim Werben um ein Weibchen wird dieser große Hinterleib in Vibration gesetzt, zusätzlich machen die potentiellen Partner durch Winken mit den Flügeln auf sich aufmerksam. Aber damit nicht genug: Das Männchen verströmt einen Lockstoff und bietet dem Weibchen eine proteinreiche Gabe aus seinen Speicheldrüsen, an dem es zu fressen beginnt. „Je umfangreicher dieses ‚Hochzeitsgeschenk` ist und je häufiger ein solches übergeben wird, desto größer ist die Chance des Männchens bei seiner Auserwählten ‚zu landen’ und umso länger kann die Kopulation andauern“, ergänzt der Müncheberger Entomologe.
Das Verbreitungsgebiet der Gemeinen Skorpionsfliege umfasst ganz Mitteleuropa inklusive des südlichen Skandinaviens, im Osten erreicht sie Süd-Finnland und die westlichen Teile Russlands, in Südosteuropa die nördliche Balkanhalbinsel und im Westen die Britischen Inseln. Abhängig von den klimatischen Begebenheiten schlüpfen ab Ende April oder Anfang Mai die ausgewachsenen Tiere aus der im Boden überwinternden Puppe. Unter günstigen Bedingungen kann sich innerhalb weniger Wochen eine zweite Generation der Tiere entwickeln, die im Sommer den Boden verlassen.
„Derzeit gilt die Skorpionsfliege als ungefährdet und genießt keinen besonderen Schutzstatus – dies ist ihrer ausgeprägten Anpassungsfähigkeit geschuldet“, erläutert Schmitt. Auch in ihrer Nahrung sind die länglichen Insekten mit eher mäßigen Flugkünsten wenig wählerisch: Sie fressen sowohl reifes Obst, als auch tote oder verendende Insekten und Wirbeltiere; ernähren sich aber auch von Kot oder Blütennektar und Pollen. Als geschickter Kletterer kann sich die Skorpionsfliege zudem in Spinnennetzen bewegen und bedient sich hier in den Speisekammern der Spinnen.
Das Insekt des Jahres wird seit 1999 proklamiert. Die Idee hierzu stammte vom Prof. Dr. Holger Dathe, damaliger Leiter des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg. Ein Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler und Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen angehören, wählt jedes Jahr aus verschiedenen Vorschlägen ein Insekt aus.




Insektensterben


27.11.2017
Auf dem INSEKTEN SACHSEN-Workshop am 4. November 2017 in Dresden haben die Teilnehmer intensiv über den Rückgang der Insekten in Sachsen diskutiert und beschlossen, sich mit einem Offenen Brief an die sächsische Öffentlichkeit zu wenden.
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass unser traditionelles Bemühen um die biologische Vielfalt nicht ausreicht, diese nachhaltig zu bewahren. Deshalb zeigen wir für einige der bekannten Ursachen Handlungsoptionen auf, die unterschiedliche Akteure in unserer Gesellschaft umsetzen können. (mn)

Offener Brief Insektensterben.pdf

Der Offene Brief ist auch als Sonderausgabe des NABU-Infobriefes erschienen:
NABU-Infobrief 163.pdf


Dramatischer Rückgang von Fluginsekten in Deutschland


19.10.2017
Die Biodiversitätskrise kommt nicht aus den Schlagzeilen. Biologen und Naturschützer beklagen den Rückgang von Populationen (Grünlandschmetterlingsindikator) und Arten (Rote Listen). Die intensiv bewirtschaftete Agrarlandschaft wird zuweilen schon als weißer Fleck auf der Landkarte der Biodiversität bezeichnet (Beleites 2012) und 2013 stellten Sorg et al. einen Rückgang der Insektenbiomasse selbst in einem Naturschutzgebiet bei Krefeld fest.
Nun haben die Krefelder Entomologen in Zusammenarbeit mit niederländischen und englischen Kollegen nachgelegt und Ergebnisse aus 63 Naturschutzgebieten, FFH-Gebieten, Landschaftsschutzgebieten, Wasserschutzzonen und naturschutzfachlich gepflegten Gebieten in Deutschland aus einem Zeitraum von 27 Jahren ausgewertet. Das wurde möglich, weil sich die Krefelder schon Ende der 1980 Jahre entschieden, quantitative Erfassungen von Fluginsekten mit Malaisefallen durchzuführen (Schwan et al. 1993). Dabei realisierten sie einen hohen Grad an Standardisierung zwischen den untersuchten Standorten und über die Jahre. So verwendeten sie beispielsweise stets denselben Fallentyp aus gleichen Stofffarben, stellten die Fallen exakt senkrecht auf, ließen die Stoffbahnen dicht am Boden abschließen, damit Insekten dort nicht entkommen können und richteten den Fallenkopf stets nach Süden aus. Und sie haben alle Proben archiviert, so dass sie für spätere Untersuchungen zur Verfügung stehen.
Von 1989 bis 2016 wurden an den 63 Standorten an 16.908 Fangtagen insgesamt 53,54 kg Wirbellose gesammelt und archiviert. Die durchschnittliche Standzeit pro Falle und Standort beträgt 176 Tage. Die Daten wurden nicht nur getrennt nach Standorten und Jahren, sondern auch getrennt nach Jahreszeiten und ergänzt um Daten über Wetter, Lebensraumeigenschaften und Landnutzung analysiert.
Über alle Jahre und alle Standorte sind die Trends negativ. Die jahreszeitliche Analyse, welche den Zeitraum vom 1. April bis 30. Oktober berücksichtigt, ergibt einen Rückgang der Insektenbiomasse von bis zu 81,6 % [79,7 ‒ 83,4 %] im Hochsommer, über den gesamten Zeitraum der 27-Jahre-Periode von 76,7 % [74,8 ‒ 78,5 %]. Wetter, Lebensraumeigenschaften und Landnutzung erklären diesen Rückgang nur marginal.
Diese Ergebnisse sind alarmierend:
1. Berücksichtigt man die große Anzahl untersuchter Standorte und ihre weiträumige Verteilung in
    Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, muss man davon ausgehen, dass es sich
    bei diesem Biomasserückgang von Fluginsekten um ein allgemeines und weitverbreitetes Problem
    in Mitteleuropa handelt.
2. Alle untersuchten Standorte befinden sich in Gebieten, die einem gesetzlichen Schutzstatus unterliegen
    oder von Verbänden naturschutzfachlich gepflegt werden. Es handelt sich also um einen Rückgang
    außerhalb, aber umgeben von Agrarlandschaften.
3. Bei dem dokumentierten Rückgang handelt es sich nicht (nur) um seltene Arten, deren Rückgang
    bereits dokumentiert ist, sondern um einen andauernden schnellen Rückgang in der Gesamtbiomasse
    von Fluginsekten in Raum und Zeit.
4. Dieser massive Rückgang der Insektenbiomasse in Deutschland muss einen kaskadenartigen Effekt
    in den Nahrungsketten unserer Natur haben, da Insekten eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele 
    andere Tiere wie Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Fledermäuse darstellen.
Beunruhigend ist ferner, dass die eigentlichen Ursachen für diesen Rückgang nicht bekannt sind. Es gibt einen dringenden Bedarf, diese schnell aufzuklären! (mn)

Hier geht es zur wissenschaftlichen Publikation

Zitierte Literatur
  • Beleites, M. 2012: Leitbild Schweiz oder Kasachstan? Zur Entwicklung der ländlichen Räume in Sachsen. AbL Bauernblatt Verlags GmbH.
  • Schwan, H., M. Sorg & W. Stenmans 1993: Naturkundliche Untersuchungen zum Naturschutzgebiet Die Spey (Stadt Krefeld, Kreis Neuss) I. Untersuchungsstandorte und Methoden. – Natur am Niederrhein (NF). 8 (1): 1–13.
  • Sorg, M., H. Schwan, W. Stenmans & A. Müller 2013: Ermittlung der Biomassen flugaktiver Insekten im Naturschutzgebiet Orbroicher Bruch mit Malaise Fallen in den Jahren 1989 und 2013. Mitteilungen aus dem Entomologischen Verein Krefeld 2013 (1): 1–5.




Sächsisches Schmetterlingswiesenprojekt von der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet


28.08.2017
Vor dem Hintergrund des massiven Insektensterbens in unserer Umwelt startete im Jahr 2015 das Projekt „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“. Es widmet sich der zu intensiven Mahd von Grünflächen in Städten und Dörfern und ruft dazu auf, eine Fläche im Jahr nur zwei- bis dreimal zu mähen und bei jeder Mahd 10 bis 30 Prozent der Fläche ungemäht zu belassen. Heute erhielt die Initiative für ihr Engagement den Titel „Ausgezeichnetes Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt“. Diese Auszeichnung erhalten Projekte, die sich in nachahmenswerter Weise für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen.
Bei der Festveranstaltung in den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden-Klotzsche sprach Prof. Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, über die Biodiversität im Anthropozän, welche Verluste sie bereits erlitten hat und wie existenziell wichtig sie für uns Menschen ist, einschließlich der Insekten, die für die Bestäubung insbesondere der vitaminliefernden Kulturpflanzen unerlässlich sind.
Sachsens Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft Thomas Schmidt überreichte die Auszeichnung und sprach über die Erfolge des Projektes: „Den ‚Schmetterlingswiesen’ haben sich Privatpersonen, Schulen, Kindergärten, Unternehmen, Kommunen, Kleingartenvereine und weitere Akteure verpflichtet, um die Tagfalter in Sachsen zu schützen. Derartige Projekte sind wichtig, um die Bürger für den Naturschutz und für den Erhalt der Artenvielfalt zu sensibilisieren.“
Und es sind bereits konkrete Ergebnisse zu verzeichnen: Seit Beginn des Projektes entstanden 170 Schmetterlingswiesen in Sachsen – bei jeder Mahd bleibt hier ein Teil der Fläche ungemäht. „Die Schmetterlinge kommen zurück“, freut sich Dr. Matthias Nuß, Initiator des Projektes und Leiter der Sektion Lepidoptera am Senckenberg Museum für Tierkunde und fügte hinzu: „Auf den Wiesen entwickeln sich Eier, Raupen und Puppen weiter; von dort aus können die Falter die zuvor gemähten Bereiche wieder besiedeln.“
Im Anschluss wurde an der Schmetterlingswiese Nr. 12 vor dem Institut unter anderem über die Praxis der Wiesenpflege diskutiert und in der wissenschaftlichen Sammlung konnten die Gäste Belege von in Sachsen längst ausgestorbenen Arten bewundern.
Mehr Informationen über das Projekt gibt es unter www.schmetterlingswiesen.de. Dort gibt es viele Tipps zur Wiesenpflege, Wissenswertes über Tagfalter und ihre Nahrungspflanzen, und die Wiesenpfleger schreiben in ihren Blogs, welche Erfahrungen sie bei der Wiesenpflege gemacht haben. Wer eine Schmetterlingswiese pflegt kann sich auf der Homepage ein Schmetterlingswiesenschild bestellen und wer wissen möchte, welche Tagfalterarten auf seiner Wiese fliegen, kann sich kostenlos eine App auf sein Smartphone laden, um die Arten interaktiv zu bestimmen und die Beobachtungen mitzuteilen.
„Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ ist ein Kooperationsprojekt der Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt, dem Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden, dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), Landesverband Sachsen e. V., dem Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL), Landesverband Sachsen e. V. und dem Landschaftspflegeverband Torgau-Oschatz e. V. Das Projekt wird unterstützt aus Zweckerträgen der Lotterie Glücksspirale. (mn)



Nach der Urkundenüberreichung an der Schmetterlingswiese Nr. 12 in Dresden-Klotzsche (v.l.n.r.): Andrea Gößl (Leiterein Press- und Öffentlichkeitsarbeit, Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt), Dr. Matthias Nuß (Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden), Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Mosbrugger (Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung), Thomas Schmidt (Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft Sachsen), Christina Kretzschmar (Geschäftsführerin des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege, Landesverband Sachsen), Susanne Ziemer (Landschaftspflegeverband Torgau-Oschatz), Bernd Heinitz (Vorsitzender des NABU Landesverbandes Sachsen). Foto: Ina Ebert (NABU Sachsen)


Cyborg-Libelle


02.06.2017
Schon lange steht der Flug der Libelle Ingenieuren Modell, um kleine, flugfähige Roboter zu bauen. Gleichwohl erlangt deren Flug nicht die Eleganz des natürlichen Originals. Forscher des Howard Hughes Medical Institute und Ingenieure des Forschungs- und Entwicklungsunternehmens Draper in den USA sind nun einen anderen Weg gegangen. Sie nehmen die hervorragenden Flugeigenschaften der Libellen als Grundlage, um mit den lebenden Individuen wissenschaftliche Fragestellungen und technische Anwendungen zu untersuchen bzw. zu entwickeln. Dazu wurden die Libellen zunächst gentechnisch manipuliert, so dass deren Neuronen lichtempfindliche Proteine (Opsine) produzieren und damit auf Lichtsignale reagieren. Diese Neuronen werden mit Lichtleitern (Optroden) verbunden, die ihre Energie aus Solarzellen beziehen. Die Technik wird den Libellen als Rucksack am Thorax befestigt und steht im Datenaustausch mit einer Basisstation. DragonflEye lenkt die Libelle über Lichtimpulse. In Kombination mit einem internen Navigationssystem erlaubt das System einen autonomen Flug – aber dorthin, wo der Mensch es will. (mn)

DragonflEye Project Wants to Turn Insects Into Cyborg Drones
DragonflEye: Cyber-Libelle hebt ab
Die Libelle wird zur Drohne


Dem Stummen Frühling ein Stück näher


10.05.2017
Seit 1962 der „Stumme Frühling“ von Rachel Carson erschienen ist sollte man vermuten dürfen, dass Gifte, die Leben töten und offiziell verharmlosend Pflanzenschutzmittel genannt werden, in der Umwelt nichts mehr zu suchen haben. Sicher ist, dass sich in der Zwischenzeit einiges geändert hat: es werden andere Wirkstoffe eingesetzt und es gibt Gesetze, die den Einsatz solcher Wirkstoffe regeln. Die ausgebrachten Mengen aber sind gerade in den zurückliegenden Jahren noch einmal kontinuierlich gestiegen, mit fatalen Folgen für die Umwelt. Innovativ ist das nicht, und nachhaltig ebenfalls nicht. Es lohnt sich, Rachel Carson’s Klassiker noch einmal zur Hand zu nehmen und mit dem jüngst in der GEO erschienenen Artikel „Pestizide und das Ende unserer Insekten“ von Anke Sparmann zu vergleichen, um der Frage nachzugehen, wie viel Fortschritt es in den letzten 50 Jahren bei diesem Thema gegeben hat. (mn)

Anke Sparmann „Pestizide und das Ende unserer Insekten“. – GEO 3/2017, S. 54 ff.


Ein Film über Insekten Sachsen


01.03.2017
Im Auftrag des Museums für Naturkunde Berlin entstanden im Rahmen des Projektes BürGEr schaffen WISSen Filme über zwei Citizen Science-Projekte in Deutschland, Insekten Sachsen und die Plastikpiraten. Man könnte meinen, die Herausforderung für einen Film über unser Projekt wäre, aus der Vielfalt von Insekten und Lebensräumen eine Auswahl zu treffen, auf welche die Kamera fokussieren soll. Doch der Dreh war am 10. Januar im Zentrum von Dresden …

Hier geht es zum Film


Das war das Jahr 2016 bei INSEKTEN SACHSEN


22.12.2016
2016 war ein ungewöhnliches Insektenjahr. Nach einem äußerst milden Jahreswechsel mit einem Nachweis des Aurorafalters gab es im neuen Jahr etwas Frost, während weiter nördlich die Temperaturen in Berlin soweit sanken, dass dort die Flüsse zufroren. Im Frühjahr zeigten sich wenig Falter, im Sommer gab es kaum Mücken und das gewohnte häufige Auftreten von Wespen im Spätsommer blieb weitgehend aus.
Bei INSEKTEN SACHSEN waren die Entomologen trotzdem aktiv, trugen auch in diesem Jahr wieder Fotos von weiteren 500 Arten zusammen und die Anzahl der Onlinemeldungen stieg von 28.000 auf über 41.000. Zu den Höhenpunkten im Jahresverlauf zählten u.a. der Frühjahrs- und der Herbstworkshop sowie eine Spende der Krombacher Brauerei. Über diese Ereignisse wurde in dieser Nachrichtenrubrik bereits berichtet.
Ein weiterer Höhepunkt war unser Sommertreffen vom 24. bis 26. Juni in Hohenprießnitz. Michael Happ und die NABU-Gruppe Hohenprießnitz um Rolf Schulze haben dieses Treffen hervorragend vorbereitet und durchgeführt. In der Heimatscheune wurde für unser leibliches Wohl gesorgt und die Gastfreundschaft der NABU-Gruppe ließ keine Wünsche offen. Exkursionsziele waren die Muldenwiesen, der Schloßpark Hohenprießnitz, der durch Michael Happ inzwischen sachsenweit bekannte Kahns Berg und die Schmetterlingswiese „Puppenstube am Fichtbusch“. Die 20 Teilnehmer plus Kinder und NABU-Gruppe Hohenprießnitz trugen an dem Exkursionswochenende 614 Fundmeldungen für 391 Arten zusammen, die alle auf INSEKTEN SACHSEN verfügbar sind. Die nachfolgenden Fotos zeigen ein paar Impressionen von dieser Sommerexkursion. Ich danke der NABU-Gruppe Hohenprießnitz ganz herzlich für dieses schöne, erfolgreiche und unvergessliche Wochenende!
Im Namen des INSEKTEN-SACHSEN-Teams danke ich auch ganz herzlich allen Insektenfreunden, die INSEKTEN SACHSEN 2016 mit neuen Fotos, Steckbriefen, der Freigabe von Funden und spannenden Einzelbeobachtungen vorangebracht haben und wünsche allen ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Jahr 2017. (mn)





















(Fotos ak, emb, mf, mg, mh, rs, ta, whl)



INSEKTEN SACHSEN Herbstworkshop 2016


04.12.2016
Für Samstag den 26. November luden wir, der AK Entomologie, wieder zu unserem Herbstworkshop in die Schulungsräume der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden ein. Verzeichneten wir im Frühjahr zum ersten Workshop des Jahres 25 Teilnehmer, verdoppelte sich nun die Zahl und der große Schulungsraum stieß an seine Aufnahmegrenzen.
Schwerpunkt unseres Herbstworkshops bildete das Thema Naturfotografie mit all seinen Facetten. Franziska Bauer und Peter Diehl stellten spezielle Makrofotografietechniken vor und Mandy Fritzsche gab eine Einführung in zentrale Aspekte der Bildbearbeitung und -archivierung. Darüber hinaus stellte Matthias Nuß technische Ergänzungen bei INSEKTEN SACHSEN vor und Angela Kühne gab Tipps für den Erwerb eines qualitativ guten und zugleich preiswerten Stereomikroskopes. Alle Themen wurden intensiv diskutiert und werden als Beiträge in der Sächsischen Entomologischen Zeitschrift erscheinen bzw. bei der weiteren Entwicklung von INSEKTEN SACHSEN berücksichtigt und als Gebrauchsanweisung digital auf der Plattform veröffentlicht. Mit zwei Vorträgen zum Schmetterlingsgarten am Schneckenstein von Wolfgang Wagner und zu aktuellen Entwicklungen der Heuschreckenfauna Sachsens von Tommy Kästner schloss der Vormittagsteil unseres Workshops.
Nach der Mittagspause fanden sich die Teilnehmer in den Sammlungsräumen des Museums für Tierkunde zusammen. Belegexemplare und Belegfotos, die bislang nicht oder nur unsicher bestimmt werden konnten, wurden (nach)bestimmt und auf diese Weise auch zahlreiche Meldungen auf INSEKTEN SACHSEN freigegeben. Natürlich gab es auch Zeit für den persönlichen Erfahrungsaustausch, die besonders am Ende des Workshops genutzt wurde, da dann keine weiteren Programmpunkte mehr anstanden. So verließen die letzten Teilnehmer nach 19:30 Uhr das Haus. (tk & mn, Fotos rg)
















Sächsische Entomologische Zeitschrift erschienen


02.12.2016
Nach einiger Verzögerung ist die Sächsische Entomologische Zeitschrift als Doppelband für die Jahre 2014/2015 erschienen. Auf 238 Seiten erfährt der Leser viel Wissenswertes und Neues aus der sächsischen Insektenwelt.
Das Titelfoto der Großen Holzbiene verweist auf die erste Arbeit im Heft, die sich mit der Einwanderungshistorie dieser südlichen Art beschäftigt. 2005 erstmalig in Sachsen nachgewiesen, zeigen die Autoren die kontinuierliche Ausbreitung dieser Wildbienenart im Freistaat. Über die Analyse georeferenzierter Daten der Vorkommen der Großen Holzbiene sowie des Klimas und der Klimaänderungen wird deutlich, dass wärmebegünstigte Lagen zuerst besiedelt wurden. Die Arbeit ist mit zahlreichen Kartenbeispielen und Diagrammen illustriert.
Darauf folgen acht Arbeiten über Insekten und Spinnen der Kleinraschützer Heide bei Großenhain. Von 2009 bis 2012 wiesen die Autoren in diesem Gebiet 802 Käfer-, 96 Bienen-, 46 Grabwespen-, 121 Fliegen-, 142 Wanzen-, 123 Zikaden- und 181 Spinnenarten nach – und das inmitten der Großenhainer Pflege. Weitere Insektenordnungen wären hier noch zu untersuchen!
Eine weitere Arbeit mit dem bescheidenen Titel „Staubläuse in Sachsen“ gibt einen Überblick über diese winzigen Insekten, von denen nunmehr 69 Arten bei uns als heimisch gelten dürfen. Davon wurden neun Arten erstmalig für Sachsen nachgewiesen, darunter je eine Art erstmalig für Deutschland bzw. für Europa!
Das dicke Ende des Heftes füllen Arbeiten, die Erstnachweise von Prachtkäfer- und Raubfliegenarten für Sachsen melden, ein Massenvorkommen des Sechsfleckwidderchens bei Nochten beschreiben, auf besondere Vorkommen der Gemeinen Plumpschrecke und der Kleinen Habichtsfliege hinweisen sowie die Nachfalterreste an Fledermausfraßplätzen analysieren.
Alle Beiträge sind mit Farbfotos illustriert, so dass der Leser eine sehr gute Vorstellung von den behandelten Arten bekommt – vorausgesetzt es gelingt ihm, sich die oft geringen Körpermaße vorzustellen. Für die Staubläuse werden zusätzlich wissenschaftliche Zeichnungen geliefert.
Zwei Buchbesprechungen beschließen den Zeitschriftenband.
Für den Band 9 (2016) wurden bereits die ersten Manuskripte eingereicht und weitere angekündigt, so dass wir sehr zuversichtlich sind, dass die Zeitschrift ab 2017 wieder regelmäßig mit einem Band pro Jahr erscheinen wird. (mn)

Bezug
9,00 € zzgl. Porto im freien Verkauf
6,00 € zzgl. Porto für NABU Sachsen-Mitglieder und im Abonnement
Bestellung: NABU Sachsen, Landesgeschäftsstelle, Ina Ebert (ebert@NABU-Sachsen.de)


Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge


29.05.2016
Vor einem Jahr, am 21. Mai 2015, startete die sachsenweite Mitmachaktion „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“. Nach den ersten 12 Monaten des Projektes gibt es bereits 75 Schmetterlingswiesen in Sachsen, die von Projektkoordinatoren, regionalen Projektpartnern, Wohnungsgenossenschaften und privaten Leuten gepflegt werden. Damit es den Populationen der Schmetterlinge in Sachsen aber spürbar besser geht, braucht es noch viel mehr solcher Wiesen!
Zum diesjährigen Saisonauftakt trafen sich am 23. Mai 2016 Projektkoordinatoren und Wiesenpfleger in Eilenburg mit Oberbürgermeister Ralf Scheler, Vertretern des Landratsamtes sowie des Landschaftspflegeverbandes Torgau-Oschatz. Die Stadt Eilenburg stellt große Flächen ihres Stadtparks für eine schmetterlingsgerechte Wiesenpflege zur Verfügung. Demonstriert wurde die Mahd mit Sense und Balkenmäher: einen Streifen mähen, einen Streifen stehen lassen, einen Streifen mähen, einen Streifen stehen lassen... So ist es möglich, dass bei jeder Mahd ein Teil der Schmetterlingspopulationen überleben kann und die Wiesen nicht nur bunter blühen , sondern auch bunte Schmetterlinge auf ihnen fliegen werden.
Zum Saisonauftakt wurden die Projekthomepage und die 40-seitige Projektbroschüre überarbeitet sowie neu ein Faltblatt mit prägnanter Projektdarstellung , ein Schmetterlings-Daumenkino sowie die Handy-App TAGFALTER SACHSENS vorgestellt.
Die Tagfalter-App erlaubt die interaktive Bestimmung der 125 in Sachsen heimischen Tagfalterarten nach den Merkmalen Vorderflügellänge sowie Farben und Muster der Flügel. Wer die heimischen Tagfalterarten schon kennt, kann die App auch nutzen, um über die Namenssuche direkt zu den Arten zu gelangen. Dort finden sich zu jeder Art aussagefähige Fotos und eine Diagnose, welche die typischen Merkmale einer Art sowie die Merkmale zur Unterscheidung ähnlicher Arten enthält. Diese Fachinformationen, wie auch das Ampelsystem und die Informationen über den gesetzlichen Schutz und den Status in der Roten Liste werden von INSEKTEN SACHSEN übernommen und hier gepflegt. Wer die richtige Art gefunden hat, kann seine Beobachtung mithilfe der App melden. Dazu kann er ein Foto mitliefern, welches die Prüfung der Artbestimmung erlaubt und die Ortungsfunktion des Handys liefert die geographischen Koordinaten für die Fundmeldung. Diese geht auf INSEKTEN SACHSEN ein und wird hier, wie alle anderen Fundmeldungen auch, von Entomologen geprüft.
Mithilfe der App sollen die Schmetterlingswiesenpflegerinnen und -pfleger erfahren können, welche Tagfalterarten auf ihren Wiesen fliegen. Die App kann aber auch unabhängig von einer Schmetterlingswiese eingesetzt werden, um sie für die Artbestimmung von Tagfaltern und die Meldung von Beobachtungen zu nutzen. Sie kann also sachsenweit für ein Tagfalterminitoring genutzt werden. Und vielleicht trägt sie auch ein wenig dazu bei, dass es zukünftig wieder mehr Artenkenner geben wird. (mn)

Die Tagfalter-App für Android


Frau Beydatsch von der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt überreicht Herrn Ralf Scheler, Oberbürgermeister
von Eilenburg, das Schmetterlingswiesenschild für den Stadtpark Eilenburg. Foto: Matthias Nuß


Vertieft in die Schmetterlingswiese. Foto: Ina Ebert


Streifenmahd - so kann bei jeder Mahd ein Teil der Schmetterlingspopulationen überleben. Foto: Ina Ebert





Krombacher Brauerei begrüßt das Engagement bei INSEKTEN SACHSEN


11.05.2016
Die Krombacher Brauerei begrüßt das Engagement bei INSEKTEN SACHSEN und hat sich entschlossen, im Rahmen der Krombacher Spendenaktion die gemeinnützige Arbeit bei INSEKTEN SACHSEN zu unterstützen. Am 11. Mai 2016 übergab Michael Lange (2.v.r.), Repräsentant der Krombacher Brauerei, einen Scheck in Höhe von 2.500 Euro an Vertreter von INSEKTEN SACHSEN. Tilmann Adler (2.v.l.) bewarb diese Spende u.a. mit den Worten:

"Die Vielfalt der Natur ist ein großes Geschenk und dazu muss ich nicht in den Regenwald fahren, sondern kann dies vor meiner Haustür entdecken. Seit 3 Jahren kartiere ich ehrenamtlich für Insekten Sachsen und betrachte die Natur seitdem mit anderen Augen, man sieht einfach mehr, wenn man sich für seine Umwelt Zeit nimmt und leistet damit auch einen wissenschaftlichen Beitrag zur Erforschung der heimischen Insekten."

Wir danken der Krombacher Brauerei ganz herzlich für diese Unterstützung!


Foto: Franziska Bauer

Mit der Krombacher Spendenaktion wurden seit 2003 bislang 1.062 Institutionen und Organisationen mit insgesamt 2,677 Mio. Euro unterstützt. Zudem engagiert sich die Krombacher Brauerei seit 10 Jahren für den Natur- und Artenschutz in Deutschland und weltweit, und startete 2016 gemeinsam mit der DUH, dem NABU und dem WWF das Krombacher Artenschutzprojekt, um die Artenvielfalt in Deutschland zu schützen. (mn)


Das war der Frühlingsworkshop 2016


11.04.2016
Am 09.04.2016 fand unser diesjähriger Frühlingsworkshop in Dresden statt. Matthias Nuss begrüßte die 25 Teilnehmer mit einem Rückblick über 10 Jahre Arbeitskreis Entomologie im NABU Sachsen. Anschließend tagte die Mitgliederversammlung, bei welcher Matthias Nuss, Michael Münch, Hanno Voigt und Bernd-Jürgen Kurze für ihre Arbeit der vergangenen vier Jahre gedankt und für die kommende Legislaturperiode wiedergewählt wurden.
In den folgenden zwei Stunden berichtete Michael Braune über spannende Details aus dem Leben einheimischer Ameisen samt Formicarium „für die Hosentasche“, Christian Schmidt stellte die heimischen Baumwanzen vor, Janine Schyra rief zur Mitarbeit an der Erstellung einer Datenbank zur molekularen Bestimmung heimischer Tierarten auf und Matthias Nuss berichtete über den Stand des Schmetterlingswiesenprojektes, insbesondere die Programmierung der Tagfalter-App, sowie über zwei neu startende Projekte zur Erfassung historischer Nachweise von Schmetterlingen und Wanzen (Senckenberg) und einem deutschlandweiten Projekt zur Erfassung der Schmetterlinge als Grundlage für die Gefährdungsanalyse für die Rote Liste 2020 (Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe und Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden).
Nach der Mittagspause wurde sich in den Sammlungsräumen zusammengesetzt. Von den Workshopteilnehmern mitgebrachte Belegexemplare und bisher unbestimmte Fotos wurden (nach)bestimmt. Viele Fundmeldungen auf INSEKTEN SACHSEN, die bisher noch nicht bearbeitet werden konnten, wurden geprüft. Ewald Jansen besuchte uns erstmals und bestimmte zahlreiche Blattwespen auf INSEKTEN SACHSEN. So wurden an diesem Nachmittag etwa 150 Fundmeldungen bearbeitet und 19 Arten neu in die Bestimmungshilfe aufgenommen.
Natürlich gab es auch viel Zeit für den persönlichen Erfahrungsaustausch und so verließen die letzten Teilnehmer nach 19:30 Uhr das Haus. (tk)














Fotos: Ronny Gutzeit


Die Wissenskünstlerin Cornelia Hesse-Honegger


29.01.2016
Die Wissenskünstlerin Cornelia Hesse-Honegger. Ein Feature von Christine Nagel, Deutschlandfunk, 29.01.2016 (verfügbar bis 06. August 2016)

Die Schweizerin Cornelia Hesse-Honegger ist Bildende Künstlerin, Naturwissenschaftliche Zeichnerin und Wissenskünstlerin. Weltweit bekannt wurde sie mit ihren Bildern von deformierten Wanzen (Heteroptera). Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl (1986) dokumentierte sie Fehlbildungen bei Wanzen in Regionen mit radioaktivem Fallout sowie in der Nähe von Kernkraftwerken. Ihr künstlerischer Ansatz, das Gesehene zu dokumentieren, wurde wiederholt als unwissenschaftlich abgetan. Dabei machte sie über das Zeichnen Entdeckungen: verformte Beine, Fühler und Flügel, außergewöhnliche Farbmuster oder bizarre Auswüchse. Am 28.Oktober 2015 erhielt Cornelia Hesse-Honegger für ihr aufklärerisches Werk den Nuclear Free Future Award.

Hintergrund: Bereits im Jahr 1927, lange vor dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, zeigte Hermann Joseph Muller bei Taufliegen, dass ionisierende Röntgenstrahlung zu einer Veränderung des Erbgutes führen kann. 1946 wurde er für diese Entdeckung mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Bald bestätigte die Wissenschaft auch, dass besonders die Niedrigstrahlung genetische Schäden verursacht, die erst in späteren Generationen sichtbar werden (Überblick bei Møller & Mousseau 2013). Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 berichteten japanische Wissenschaftler von Missbildungen bei Schmetterlingen und auch auf uns Menschen ist ein negativer Einfluss feststellbar: Für die US-Bundesstaaten an der Pazifikküste wurde bei Neugeborenen eine Zunahme angeborener Fehlbildungen um 13% im Vergleich zum Vorjahr festgestellt (Mangano & Sherman 2015). (mn)

Literatur

  • Hesse-Honegger, C. 1989: Warum bin ich in Österfärnebo? Bin auch in Leibstadt, Beznau, Gösgen, Creys-Malville, Sellafield gewesen ... – Edition Heuwinkel, Genf Carouge.
  • Hesse-Honegger, C. 1998: Heteroptera – das Schöne und das Andere oder Bilder einer mutierenden Welt. – Zweitausendeins, Frankfurt/M.
  • Hesse-Honegger, C. & P. Wallimann 2008: Malformation of true bug (Heteroptera): a phenotype field study on the possible influence of artificial low-level radioactivity. – Chemistry & Biodiversity 5: 499–539.
  • Mangano, J. & J. Sherman 2015: Changes in Congenital Anomaly Incidence in West Coast and Pacific States (USA) after Arrival of Fukushima Fallout. – Open Journal of Pediatrics 5: 76–89.    
  • Møller, A. P., T. A. Mousseau 2013: The effects of natural variation in background radioactivity on humans, animals and other organisms. – Biological Reviews 88 (1): 226–254.
  • Muller, H. J. 1927: Artificial transmutation of the gene. – Science 66: 84–87.

Webseite von Cornelia Hesse-Honegger



Dramatischer Rückgang der heimischen Insekten


16.01.2016
In einem Fachgespräch des Umweltausschusses im Bundestag am 13. Januar 2016 zeigten die Wissenschaftler Dr. Joself Settele, Prof. Dr. Thomas Schmitt, Prof. Dr. Teja Tscharntke sowie der Naturschützer Josef Tumbrinck, dass es in unserer Natur zu einem dramatischen Rückgang der heimischen Insekten gekommen ist. Dieser Trend ist sowohl lang- wie auch kurzfristig belegt und er betrifft den Rückgang der Insektenarten genauso, wie den Rückgang der Insektenbiomasse.

Die Aussagen der Wissenschaftler basieren auf umfangreichen Studien. So wurde an dieser Stelle 2013 über den Grünlandschmetterlingsindikator berichtet, der für Europa einen Rückgang der Populationen von Tagfalterarten im Zeitraum von 1990 bis 2011 um fast 50% bzw. in den EU-Mitgliedsstaaten um fast 30% verzeichnet.
In einer Studie von Sorg et al. (2013) wurde in den Jahren 1989 und 2013 im Naturschutzgebiet ‘Orbroicher Bruch’ (Krefeld, Nordrhein-Westfalen) jeweils an zwei Standorten die Biomasse flugaktiver Insekten mithilfe von Malaisefallen ermittelt. Nach Abtropfen der Fangflüssigkeit betrug die Masse der 1989 gefangenen Insekten am Standort 1 1117,1 g und am Standort 2 1425,6 g. Im Jahr 2013 waren es am Standort 1 nur noch 257,3 g und am Standort 2 294,4 g. Dies entspricht einem Rückgang flugaktiver Insekten von 1989 bis 2013 auf 23% bzw. 20,7%.
Habel et al. (2016) analysierten Daten über das Vorkommen von Tagfaltern und Widderchen im Naturschutzgebiet ‘Am Keilstein’ auf den südexponierten Hängen an der Donau in Regensburg. Für die dortigen Kalkmagerrasen konnten sie Literatur- und Sammlungsdaten zwischen den Jahren 1770 und 2013 ermitteln. Die Daten wurden nach Jahrzehnten strukturiert und Jahrzehnte mit ungenügender Datenerhebung aus der Analyse ausgeschlossen. Danach ergaben sich drei größere Zeitfenster für die eigentliche Analyse: 1840–1879, 1900–1929 und 1970–2013. Die absolute Artenanzahl betrug in diesen Zeiträumen 130 (1840–1880), 133 (1900–1929) und 121 Arten (1970–2013). Die höchste je ermittelte Artenanzahl/Dekade stammt aus den 1870er Jahren mit 123 Arten. Nach 2010 war die Anzahl auf 71 Arten gesunken. Der signifikante Verlust der Gesamtanzahl der Arten geht einher mit einem Verlust unterschiedlicher Artenvielfalt in verschiedenen Habitaten (β Diversität) und einer graduellen Transformation von einer Artengemeinschaft mit vielen Habitatspezialisten zu einer Artengemeinschaft, die von wenigen Habitatgeneralisten dominiert wird.

Als Ursachen für den dramatischen Rückgang unserer heimischen Insekten werden vor allem der Verlust der Strukturvielfalt in der Landschaft, Stickstoffbelastung und der Einfluss von Pestiziden benannt bzw. diskutiert. Dabei ist der Rückgang der Insekten nicht nur für die Insekten selbst von Bedeutung. Viele Pflanzen sind auf die Bestäubung ihrer Blüten durch Insekten angewiesen. Dazu gehört auch ein Großteil der Kulturpflanzen, die ohne Insektenbestäubung keine Früchte hervorbringen, welche für unsere Ernährung unerlässlich sind. Darüber hinaus sind Insekten in den terrestrischen und aquatischen Ökosystemen eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Wirbeltierarten. Ein Verlust der Insektenbiomasse muss daher auch ein Verlust insektenfressender Wirbeltiere zur Folge haben. Genau dieser Zusammenhang ist für viele Arten gezeigt worden, wie beispielsweise Neuntöter (Schreurs 1964), Feldlerche, Rauchschwalbe, Schafstelze, Star, Dorngrasmücke und Misteldrossel (Hallmann et al. 2014). (mn)


Vollständige Videoaufzeichnung des Fachgespräches „Ursachen und Auswirkungen des Biodiversitätsverlustes bei Insekten“ in der 73. Sitzung des Umweltausschusses im Bundestag am 13. Januar 2016.
(1 h 20 min)


Literatur



Das war das Jahr 2015 auf INSEKTEN SACHSEN


31.12.2015
Auch 2015 war wieder ein sehr erfolgreiches Jahr auf INSEKTEN SACHSEN. Insgesamt gingen 10.979 Onlinemeldungen ein, darunter über 600 Insektenarten erstmalig mit einem Foto. So wurden im Herbst gleich zwei Meilensteine erreicht: im September ging die 3000ste Art mit einem Foto und im November die 6000ste Art mit einem Fundnachweis ein.
In unserer Rubrik „Schon gesehen?“ riefen wir dieses Jahr dazu auf, insbesondere Beobachtungen der Frühjahrsfrostspanner, der Gehörnten Mauerbiene, der beiden Bienenkäferarten, der Wespe Polistes dominula, des Taubenschwänzchens, der Südlichen Eichenschrecke, der Herbstfrostspanner sowie der Winterhaften und Felsenspringer mitzuteilen. Die eingehenden Meldungen stellten sich bei der Gehörnten Mauerbiene Osmia cornuta als besonders erkenntnisreich heraus. Diese Art wurde nach 1944 über einen Zeitraum von sechs Jahrzehnten in Sachsen nicht gefunden. Erst im Jahr 2003 entdeckte ein Biologiestudent im Botanischen Garten der TU Dresden diese Bienenart wieder und seit 2013 wird sie im Dresdner Elbtal regelmäßig beobachtet. Anfang April 2015 riefen wir dazu auf, Beobachtungen der Gehörnten Mauerbiene mitzuteilen. Insgesamt gingen 58 Meldungen ein. Die meisten dieser Meldungen waren mit einem oder mehreren Belegfotos versehen, so dass wir die Artbestimmung überprüfen konnten. Aber nicht alle Fotos zeigten die Gehörnte Mauerbiene. So waren sowohl ihre Verwandte, die Rote Mauerbiene (AS_Osmiarufa), als auch Hummeln und Wollschweber darunter. Nach Prüfung und in einigen Fällen Korrektur der eingegangenen Meldungen konnten 25 Meldungen für die Gehörnte Mauerbiene und 13 Meldungen für die Rote Mauerbiene freigegeben werden. Aufgrund der vorhandenen Fehlbestimmungen entschieden wir uns, alle Meldungen, die kein Belegfoto enthielten, nicht freizugeben, denn nur die Beobachtungen, die auf einer exakten Artbestimmung beruhen, können für eine weitere Analyse des Vorkommens herangezogen werden. Für die Gehörnte Mauerbiene liegen uns nun Beobachtungen von 10 Quadranten aus Sachsen vor, für die Rote Mauerbiene sind es 13. Wenngleich diese Erfassung sicher noch nicht vollständig ist, wird in den Karten deutlich, dass beide Arten in Sachsen weit verbreitet sind.
Zu den Höhepunkten im Jahr 2015 gehörten bei INSEKTEN SACHSEN zweifellos unsere Veranstaltungen, bei denen sich die Mitmachenden kennenlernen und Erfahrungen austauschen konnten. Unsere Workshops am 18. April und 14. November waren gut besucht und zu unserem Sommertreffen vom 3. bis 5. Juli in der Oberlausitz kamen 30 Teilnehmer. Diese zur guten Tradition gewordenen Veranstaltungen werden wir auch 2016 wieder durchführen.
Allen Insektenfreunden, die INSEKTEN SACHSEN 2015 mit neuen Fotos, Steckbriefen, der Freigabe von Funden und spannenden Einzelbeobachtungen vorangebracht haben, danke ich im Namen des INSEKTEN-SACHSEN-Teams ganz herzlich und wünsche allen ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Jahr 2016.

Euer Matthias Nuß


























Dunkelbrauner Kugelspringer zum Insekt des Jahres 2016 gekürt


26.12.2015
Springschwänze stellen die individuenreichste Insektengruppe unserer Böden. Auf einem Quadratmeter Bodenfläche können bis zu 200.000 Individuen leben. Hier sorgt ihre rege Fraßtätigkeit dafür, dass abgestorbene organische Substanz abgebaut und Grundlage für die mikrobielle Aktivität und des Stoffumsatzes im Boden wird. Aus diesem Prozess gehen Nährstoffe hervor, die von den Pflanzen aufgenommen und genutzt werden. Springschwänze sind somit ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems Boden, das kaum erneuerbar und auch für uns Menschen lebenswichtig ist: Ackerbau und Forstwirtschaft sind direkt von der Leistungsfähigkeit der Bodenorganismen abhängig.
Stellvertretend für alle Springschwänze wurde der Dunkelbraune Kugelspringer (Allacma fusca (Linnaeus, 1758)) zum Insekt des Jahres 2016 gekürt. Springschwänze (Collembola) kommen in Deutschland mit 416 Arten vor, von denen 87 Arten zu den Kugelspringern (Sminthuridae) gezählt werden. Namensgebend ist ihre Körperform, durch welche sie sich von den langgestreckten Springschwänzen unterscheiden. Mit bis zu 4 Millimeter Körperlänge ist der Dunkelbraune Kugelspringer die größte einheimische Art unter den Kugelspringern. (mn)

Kuratorium Insekten des Jahres
Insekt des Jahres 2016 - Dunkelbrauner Kugelspringer - Faltblatt


Projekt zur Erhaltung des Goldenen Scheckenfalters im Mai 2015 gestartet


11.06.2015
Dort wo Bayern, Sachsen und Tschechien zusammentreffen, gibt es im Grünen Band die letzten sächsischen Vorkommen des Goldenen Scheckenfalters (Euphydryas aurinia). Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Goldene Scheckenfalter im sächsischen Tiefland weit verbreitet. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts sind seine Populationen jedoch europaweit im Rückgang begriffen. In Deutschland gingen allein zwischen 1950 und 2002 drei Viertel der Populationen verloren. Dieser Trend vollzog sich auch in Sachsen. An der Wende zum 21. Jahrhundert kommt der Goldene Scheckenfalter nur noch im südwestlichen Vogtland und hier insbesondere im Grünen Band vor. Nun soll im Rahmen eines (bundes)länderübergreifenden Verbundprojektes zwischen Bayern, Sachsen und der Tschechischen Republik die Lebensraumsituation für den Goldenen Scheckenfalter verbessert, die bestehenden Vorkommen stabilisiert und im Projektgebiet eine überlebensfähige Population aufbaut werden.
Das Projekt wird bis 2021 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit / Bundesamt für Naturschutz, dem Bayerischen Naturschutzfonds und dem Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft gefördert. In der Tschechischen Republik beteiligt sich die Organisation AMETYST an dem Projekt.

Wir wünschen allen Beteiligten viel Erfolg! (mn)

Weitere Informationen gibt es unter http://www.biologischevielfalt.de/22879.html  


Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge


21.05.2015
Am 20. Mai 2015 startete in Burgstädt eine neue, sachsenweite Mitmachaktion, die dazu aufruft, Freiflächen in Städten und Dörfern so zu pflegen, dass sie Lebensräume für Schmetterlinge werden. Der Sächsische Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft Thomas Schmidt eröffnete das Projekt. Im Anschluss erläuterte Prof. Dr. Dr. Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, in einem Vortrag die gravierenden Veränderungen in unsere Umwelt durch das Wirken des Menschen seit dem 19. Jahrhundert, die Geologen bereits dazu veranlassen, von einem neuen Erdzeitalter, dem Anthropozän, zu sprechen. Außerdem machte er auf die Ökosystemdienstleistungen aufmerksam, auf die wir Menschen angewiesen sind. Danach erläuterte Dr. Matthias Nuß vom Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden Inhalte des Schmetterlingswiesenprojektes.
Im Anschluss erfolgte ein Rundgang auf einer Wiese der Naturschutzstation Herrenhaide, die seit Jahren schmetterlingsgerecht gemäht wird. Wiesenschaumkraut, Sauerampfer, Fingerkraut, Nelken, Hahnenfuß und Knabenkräuter stehen in Blüte und trotz grauen Himmels flogen Falter des Kleinen Wiesenvögelchens (Coenonympha pamphilus). Die grünen Blätter von Rainfarn und vieler Exemplare des Gewöhnlichen Teufelsabbiss versprechen einen reichen Blütenflor im Sommer. Staatsminister Thomas Schmidt brachte auf dieser Wiese das erste Schmetterlingswiesenschild an.
Nun gilt es, das Projekt mit Leben zu erfüllen, so dass möglichst viele Schmetterlingswiesen im Freistaat entstehen. Jeder ist aufgerufen, mitzumachen. Ausführliche Informationen zum Projekt gibt es unter www.schmetterlingswiesen.de. Dort steht auch die Projektbroschüre als PDF-Datei zur Verfügung.
Das Projekt „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ ist eine Kooperation der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt, des Senckenberg Museums für Tierkunde Dresden, des NABU Landesverbandes Sachsen e. V., des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege e. V., Landesverband Sachsen und des Landschaftspflegeverbandes Torgau-Oschatz e. V. Es wird unterstützt durch den Naturschutzfonds der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt aus Zweckerträgen der Lotterie Glücksspirale. (mn)




Neonikotinoide gefährden Artenvielfalt und nachhaltige Landwirtschaft


15.04.2015

Seit Jahren sind Neonikotinoide aufgrund ihrer extrem hohen Giftigkeit und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt in der öffentlichen Diskussion (siehe auch die Nachrichten in dieser Rubrik vom 03.05., 29.04. und 01.02.2013). Nun hat das European Academies Science Advisory Council (EASAC) ein Gutachten über Ökosystemdienstleistungen, Landwirtschaft und Neonikotinoide vorgelegt.

Unter Ökosystemdienstleistungen wird der Nutzen verstanden, den wir Menschen aus Ökosystemen beziehen. In unserer modernen Welt werden diese Ökosystemdienstleistungen gern auch in Geldwert ausgedrückt:

  • 75% der Kulturpflanzen auf dem globalen Markt sind auf die Bestäubung von Insekten angewiesen. Diese weltweite Bestäubungsleistung wird auf einen Wert von 14,6 Mrd. € pro Jahr beziffert.
  • Prädatoren wie parasitische Wespen, Marienkäfer sowie Vögel fressen zu einem erheblichen Anteil solche Insekten, die an Kulturpflanzen ökonomischen Schaden verursachen können. Dieser natürliche Pflanzenschutz entspricht weltweit einem Nutzen von 100 Mrd. US$ pro Jahr.
  • Bodenorganismen spielen eine besondere Bedeutung für die Bodenfruchtbarkeit und damit für die landwirtschaftliche Produktivität: Der daraus entstehende jährliche Nutzen entspricht weltweit einem Gegenwert von 25 Mrd. US$.

Diese Ökosystemdienstleistungen basieren auf der natürlich vorhandenen Artenvielfalt. Die Wiederherstellung und die Aufrechterhaltung der Artenvielfalt sind deshalb eine besondere Herausforderung für die Politik der Europäischen Union.
Seit vielen Jahren allerdings zeigen die Daten über Bestäuber wie Wildbienen, Käfer, Schwebfliegen und Schmetterlinge sowie Insekten- und Vogelarten, die im natürlichen Pflanzenschutz von Bedeutung sind, dass deren Populationen sehr stark zurückgehen. Vor diesem Hintergrund hebt das Gutachten der EASAC in Bezug auf Neonikotinoide insbesondere die folgenden vier Punkte hervor:

  1. Es besteht eine wachsende Beweislast, dass die weit verbreitete prophylaktische Anwendung von Neonikotinoiden schwere negative Auswirkungen auf Nichtzielorganismen hat, die Ökosystemdienstleistungen einschließlich der Bestäubung und natürlichen Schädlingsbekämpfung bieten.
  2. Es gibt eindeutige wissenschaftliche Beweise für subletale Auswirkungen von sehr geringen Mengen von Neonikotinoiden über längere Zeiträume auf Nützlinge. Diese sollten in den EU-Genehmigungsverfahren behandelt werden.
  3. Die derzeitige Praxis des prophylaktischen Einsatzes von Neonikotinoiden steht im Widerspruch zu den Grundprinzipien des integrierten Pflanzenschutzes gemäß der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden in der EU.
  4. Die weit verbreitete Verwendung von Neonikotinoiden (wie auch anderer Pestizide) schränkt das Potenzial für die Wiederherstellung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen, wie es nach der EU-Agrarumweltverordnung geregelt ist, ein.

Fast zeitgleich erscheint eine Metastudie von Stehle & Schulz (2015), in der die Autoren 838 wissenschaftliche Studien über die Belastung von Oberflächengewässern mit Insektiziden aus der Landwirtschaft auswerten, die in internationalen Fachzeitschriften publiziert wurden und sich auf über 2.500 Standorte in 73 Ländern beziehen. Die Autoren weisen darauf hin, dass bereits bei gesetzlich erlaubten Kontaminationen 30% der Familien der Macroinvertebraten verschwinden und dass diese erlaubten Werte bei 5.915 Messungen bzw. an 68,5% der Standorte überschritten wurden. Dabei gibt es für etwa 90% der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche noch kein Monitoring. Aufgrund der vorhandenen Daten muss davon ausgegangen werden, dass die biologische Intaktheit der globalen Wasserressourcen substantiell gefährdet ist. Die Überschreitungen der erlaubten Kontaminationen sind signifikant höher für Insektizide der neueren Generationen und auch in Ländern mit strengen Umweltregularien hoch. Die Autoren der Metastudie fordern weltweit eine Korrektur für bestehende Pestizidbestimmungen und die Praxis der landwirtschaftlichen Ausbringung sowie intensiviere Forschungsanstrengungen über die Präsenz und die Auswirkungen von Pestiziden unter Freilandbedingungen.
Erst 2013 zeigten Wissenschaftler auch für Deutschland, dass die gesetzlich erlaubten Kontaminationen das im Übereinkommen über die biologische Vielfalt erklärte Ziel, die Rate des Biodiversitätsverlustes bis 2020 zu reduzieren, für aquatische Organismen aufs Spiel setzen. Die Analyse zeigt, dass die Pestizide, die derzeit in Europa im Einsatz sind, bis zu 42% Verluste der Artengemeinschaften in Fließgewässern verursachen können (Beketov et al. 2013). (mn)

Literatur

  • Beketov, M. A., B. J. Kefford, R. B. Schäfer & M. Liess 2013: Pesticides reduce regional biodiversity of stream invertebrates. – Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 110 (27): 11039–11043.
  • European Academies, Science Advisory Board 2015: Ecosystem services, agriculture and neonicotinoids. - EASAC policy report 26. EASAC Secretariat, Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle/Saale. 61 S.
  • Stehle, S. & R. Schulz 2015: Agricultural insecticides threaten surface waters at the global scale. – Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America: Early Edition 1– 6.
  • Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden.

 




EU-Verordnung über Prävention und Management invasiver gebietsfremder Arten


10.02.2015
In Europa wurden in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 13.000 Pflanzen- und Tierarten eingeschleppt. Einige von ihnen schaden der Umwelt, der Landwirtschaft oder der Gesundheit. Am 22. Oktober 2014 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbereitung invasiver gebietsfremder Arten, die am 1. Januar 2015 in Kraft trat. Bis Jahresende wird von der EU-Kommission eine Liste erstellt, welche Arten als problematisch und daher als bekämpfenswürdig zu erachten sind. Dazu erfolgt zunächst eine Auswertung wissenschaftlicher Daten durch Experten, welche Arten welche Auswirkungen haben. Daraufhin wird es sicher eine Konsultation mit den Mitgliedsstaaten geben, also einen politischen Prozess, wo vielleicht manche Arten aus der Liste herausfallen und andere vorgereiht werden. Man schätzt zur Zeit, dass etwa 100 bis 150 Arten auf dieser Liste stehen werden.


Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbereitung invasiver gebietsfremder Arten


Invasive gebietsfremde Art - Was tut die Europäische Union


Beantragung von Ausnahmegenehmigungen für die Freilandforschung in Sachsen


26.01.2015
Nicht jede Insektenart lässt sich in freier Natur zweifelsfrei bestimmen. Auf Insekten-Sachsen.de signalisiert ein Ampelsystem, ob eine Art nach äußeren Merkmalen bestimmbar ist bzw. dafür eine gute Lupe und ein Bestimmungsschlüssel nötig sind. Für viele Arten jedoch steht hier die Ampel auf rot (oder grau), was bedeutet, dass ein Belegexemplar nur nach Untersuchung mikroskopischer Details unter dem Stereomikroskop bestimmt werden kann. Das Tier muss also gefangen und aus der Natur dauerhaft entnommen werden. Handelt es sich dabei um eine artenschutzrechtlich besonders oder streng geschützte Art, benötigt man für das Fangen und natürlich auch für die Entnahme eine Ausnahmegenehmigung! So sind einige Tagfalterarten besonders und z.T. zusätzlich streng geschützt- und alle Wildbienenarten besonders geschützt. Vor der Entnahme aus der Natur sollte daher rechtzeitig eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden. Dafür gibt es in Sachsen ein Standardverfahren, in dem die Beantragung von Ausnahmegenehmigungen für verschiedene Landkreise mit nur einem Antrag möglich ist. Im Gegenzug sind die Erfassungsergebnisse jährlich dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zu übergeben.
Das Standardverfahren findet jedoch nur außerhalb von Naturschutzgebieten, Naturdenkmalen und dem Nationalpark Sächsische Schweiz Anwendung. Wer in einem solchen Schutzgebiet Insekten fangen und entnehmen möchte, egal ob es sich um besonders geschützte oder sonstige Arten handelt, benötigt dafür eine gesonderte Genehmigung von der zuständigen Naturschutzbehörde (außerhalb der Großschutzgebiete die UNB).

Weitere Informationen zur Ausnahmegenehmigung für die Freilandforschung sowie das Antragsformular als Download

Welche Arten einem gesetzlichen Schutz unterliegen, kann man beispielsweise im Wissenschaftlichen Informationssystem zum Internationalen Artenschutz (WISIA), einer Datenbank des Bundesamtes für Naturschutz, abfragen.


Das war das Jahr 2014 auf Insekten-Sachsen


24.12.2014

2014 war ein ungewöhnliches Jahr: Der außergewöhnlich milde Winter war schon Mitte Februar zu Ende und die überwinternden Tagfalter verließen ihre Verstecke. So begannen dann auch schon im Februar 2014 rege Aktivitäten auf Insekten-Sachsen.de.
Seitdem das Projekt im Frühjahr 2011 startete, wurde am 5. März 2014 die zweitausendste Insektenart mit einem Foto gemeldet und bis zum 19. Dezember kamen noch einmal 500 Arten hinzu. Gegenüber dem Projektzeitraum von 2011 bis 2013 hat sich sowohl die Anzahl der von Entomologen hochgeladenen Daten auf über 160.000 als auch die Anzahl der online eingegangen Meldungen auf über 18.000 Datensätze jeweils mehr als verdoppelt. Insgesamt sind zum Jahresende 5.681 Arten mit je mindestens einem Fundnachweis aus Sachsen auf der Online-Plattform verzeichnet.
Zu den Höhenpunkten des Jahres 2014 gehörten unsere Workshops am 5. April und 22. November in Dresden sowie unsere Sommerexkursion vom 4. Bis 6. Juli in die nordöstliche Lausitz. Hier bot sich Gelegenheit Erfahrungen auszutauschen, beispielsweise bei der Bestimmung von Insekten, technischen Raffinessen der Insektenfotografie und Präparationstechniken unter dem Stereomikroskop. Oliver Röller berichtete uns vom ArtenFinder-Projekt in Rheinland-Pfalz und gab uns damit viele positive Anregungen.
Besonders erfreulich ist, dass auch in diesem Jahr wieder Interessierte erstmals zu unserer Seite gefunden haben und mitmachen. Stellvertretend seien hier Mandy & Michael Fritzsche genannt. Sie arbeiten sich mit viel Begeisterung und Engagement in die Wildbienen ein, haben bereits für zahlreiche Arten Steckbriefe geschrieben und diese mit didaktisch durchdachten Abbildungen illustriert. Von den 31 aus Sachsen bekannten Wildbienengattungen und über 400 Arten sind bereits Repräsentanten aus 24 Gattungen mit insgesamt 62 Arten auf Insekten-Sachsen verzeichnet.
Ihnen und allen Insektenfreunden, die Insekten-Sachsen 2014 mit neuen Fotos, Steckbriefen, der Freigabe von Funden und spannenden Einzelbeobachtungen vorangebracht haben, danke ich im Namen des Insekten-Sachsen-Teams ganz herzlich, wünsche Euch frohe Weihnachten sowie ein friedliches und gesundes Jahr 2015.

Euer Matthias Nuß


Während des Workshops am 22. November in Dresden.


Nachts beim Lichtfang während der Sommerexkursion in der Lausitz ...


... die Re-fritzsche-rator-Methode ...


... tagsüber während der Sommerexkursion in der Lausitz ...


... ein Picknick im Freien gehört zu einer Sommerexkursion dazu.




Tagfalter bestimmen beim ArtenFinder in Rheinland-Pfalz


17.12.2014
Der ArtenFinder in Rheinland-Pfalz ist ein Portal, über welches Bürgerinnen und Bürger ihre Tier- und Pflanzenbeobachtungen in eine gemeinsame digitale Datenbank eintragen und so einen Datenpool zum zeitlichen und räumlichen Auftreten von wildlebenden Tieren, Pflanzen und Pilzen erarbeiten. Seit 2011 ist der ArtenFinder online. In dieser Zeit haben 242 Bürger über 40.000 Schmetterlingsbeobachtungen mitgeteilt. Das geht nicht ohne eine korrekte Artbestimmung, weshalb unter ArtenInfo Bestimmungshilfen, auch für Tagfalter, zur Verfügung gestellt werden.
Nun hat die Koordinierungsstelle für Ehrenamtsdaten der kooperierenden Naturschutzverbände BUND, NABU und POLLICHIA (KoNat) in Rheinland-Pfalz zusätzlich ein Bestimmungsbuch für Tagfalter herausgegeben. Es beschränkt sich auf die in Rheinland-Pfalz vorkommenden und aktuell nachzuweisenden Arten. Damit soll es Neueinsteigern erleichtert werden, einen Überblick über die heimischen Tagfalterarten zu bekommen, weil so die Anzahl der Arten geringer ist, als würden alle in Deutschland vorkommenden Arten behandelt.
Zu Beginn des Buches werden die Flügelmerkmale der Tagfalter und deren Bezeichnungen erläutert sowie eine Größenskala von 1 – 10 eingeführt. Der Hauptteil des Buches behandelt die einzelnen Arten jeweils auf einer Doppelseite, auf welcher links aussagefähige Fotos der Art sowie rechts Fotos von sehr ähnlichen und damit leicht zu verwechselnden Arten zu finden sind. In der Kopfzeile findet sich ein Schmetterlingssymbol mit einer Zahl, welche die Größenklasse angibt, zu welcher diese Art gehört. Im Text wird auf regionale Vorkommen, Lebensraum, Nahrung und die Häufigkeit der Meldungen im Jahresverlauf eingegangen sowie die Arten mit ihren Bestimmungsmerkmalen beschrieben und auf mögliche Verwechslungen hingewiesen. Dabei werden im Feld nicht unterscheidbare Arten zu einem Artkomplex zusammengefasst. In Rheinland-Pfalz ausgestorbene oder vom Aussterben bedrohte Arten werden kurz am Ende des Buches behandelt. Was dem Hauptteil hätte vorausgehen können ist ein Schlüssel, mit welchem man zu den einzelnen Untergruppen der Tagfalter gelangen kann. Dadurch, dass diese Hilfe fehlt, muss man sich durch das Buch hindurchblättern, um eine gesuchte Art zu finden. Solche Schlüssel sind für Tagfalter beim ArtenFinder verfügbar, so dass diese Hilfe grundsätzlich vorhanden ist.
Die Autoren gehen davon aus, dass mit ihrem neu vorgelegten Buch eine Einarbeitung in die Tagfalter innerhalb von zwei Jahren möglich ist: „Mit dem Buch können sich Laien auf den Weg zum Tagfalter-Experten machen, wenn sie der Ehrgeiz packt!“ (mn)

Schotthöfer, A., N. Scheydt, E. Blum & O. Röller 2014: Tagfalter in Rheinland-Pfalz – beobachten und erkennen. – POLLICHIA, Neustadt an der Weinstraße, 248 S. 




Insekt des Jahres 2015


16.12.2014
Unter den Schmetterlingen erfreuen uns Menschen insbesondere die Tagfalter aufgrund ihrer meist schön gefärbten Flügel. Zu den Tagfaltern gehören die Bläulinge, die mit über 5.200 Arten weltweit vorkommen. Die Flügel der Männchen sind oberseits blau, braunorange oder glänzend orange gefärbt, die der Weibchen oft braun. Von den drei Beinpaaren der Falter ist das vordere reduziert und nur die mittleren und hinteren Beine eignen sich zum Laufen.
In Sachsen kommen weniger als 30 Bläulingsarten vor, unter ihnen der Silbergrüne Bläuling (AS_Polyommatuscoridon). Die Männchen dieser Art besitzen oberseits silbrig blaue Flügel mit braunen Rändern, die Weibchen sind oberseits samtbraun. Unterseits zeigen sie Muster aus schwarzen, weiß gerandeten Punkten auf hellbraunem Grund. Charakteristisch für den Silbergrünen Bläuling ist im Zentrum der Hinterflügelunterseite ein weißer Fleck, der nach Außen spitz ausgezogen ist und im Zentrum einen undeutlichen schwarzen Strich aufweisen kann. Durch dieses Merkmal können sowohl die Männchen als auch die Weibchen von ähnlichen Arten unterschieden werden.
Der Silbergrüne Bläuling kommt auf Kalkmager- oder Sandtrockenrasen vor, die auf basischen Böden gedeihen. Die Falter saugen Nektar an Flockenblumen und Skabiosen. Die Raupen fressen an der Bunten Kronwicke, anderswo an Hufeisenklee. Sie leben in Gemeinschaft mit Ameisen, für die sie ein süßes Sekret ausscheiden, das die Ameisen fressen. Im Gegenzug schützen die Ameisen die Raupen vor räuberischen und parasitoiden Insekten.

Pressemitteilung des Kuratoriums „Insekt des Jahres“


Potenzial zur Förderung der Wildbienen bislang bei weitem nicht ausgeschöpft


26.08.2014
In einem Faktenblatt des Schweizer Forschungsinstitutes für biologischen Landbau wird der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zur Bedeutung der Wildbienen bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen zusammengefasst. So wird die Bestäubungsleistung der Honigbiene für Kulturpflanzen überschätzt und aufgezeigt, dass Wildbienen nicht nur quantitativ eine erhebliche Rolle bei der Bestäubung von Pflanzen spielen, sondern einige Pflanzen ausschließlich von Wildbienen bestäubt werden.
Das Faktenblatt nennt wesentliche, bislang bekannte Ursachen für den Rückgang der Wildbienen, zitiert wissenschaftliche Untersuchungen, die dies belegen und listet die Ursachen gewichtet auf.
Schließlich wird ein Überblick über mögliche Förder- und Schutzmaßnahmen für Wildbienen gegeben und die besonders positiven Effekte einer biologischen Landwirtschaft auf Wildbienen hervorgehoben.

Literatur
Lukas Pfiffner & Andreas Müller 2014: Wildbienen und Bestäubung. – Faktenblatt, Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), 8 S.


Körperoberfläche von Springschwänzen erforscht


28.07.2014
Wenn Du in diesen Sommertagen barfuß über einen Waldboden gehst versuche Dir vorzustellen, dass es unter Deinen Füßen von winzigen Springschwänzen nur so wimmelt. Springschwänze gehören zur Bodenfauna, sind an der Zersetzung organischer Substanz und der Bildung von Humus beteiligt. Ohne Springschwänze gäbe es keinen gesunden Boden!
Springschwänze (Collembola) sind die ältesten Vertreter der Insekten. Fossilien dieser Gruppe sind bereits aus dem Devon – vor 395 Millionen Jahren – bekannt. Ihr deutscher Name geht auf den Besitz einer Sprunggabel zurück, welche die Tiere bauchseitig am Hinterleib besitzen. Diese Gabel ist weiter vorn eingehakt und kann blitzschnell gelöst werden, so dass die Tiere ein Vielfaches ihrer eigenen Körperlänge nach vorn springen.
Seit Ende der 1950er Jahre untersuchen Wissenschaftler des Museums für Naturkunde Görlitz, das heute zur Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung gehört, welche Lebewesen im Boden vorkommen, welche ökologischen Ansprüche sie haben und welchen Beitrag sie für die Aufrechterhaltung oder Regeneration der Bodenfunktionen leisten. Die Springschwänze, von denen in Sachsen mehrere Hundert Arten vorkommen, stellen dabei einen wichtigen Forschungsschwerpunkt dar.
Seit einigen Jahren nun erforscht zudem ein Dresdner Wissenschaftlerteam die wasserabweisenden Eigenschaften dieser Tiere. Ihre Körperoberfläche ist mit verschiedenen Flüssigkeiten wie Wasser, Öl und Alkohol nicht benetzbar. Das Team um Julia Nickerl, René Hensel, Ralf Helbig, Christoph Neinhuis und Cartsen Werner vom Max Bergmann Zentrum für Biomaterialien, der Technische Universität und dem Leibniz-Institut für Polymerforschung hat herausgefunden, dass spezielle Nanostrukturen auf den Körperoberflächen diese Eigenschaften hervorbringen. Nachdem die Wissenschaftler diese Strukturen verstanden hatten, haben sie diese künstlich nachgebildet und konnten so wasserabweisende Oberflächen herstellen. Bionik heißt der Wissenschaftszweig, der für technische Lösungen Vorbilder in der Natur untersucht. (mn)

Youtube Video vom 26.07.2014

Literatur
Helbig, R., J. Nickerl, C. Neinhuis & C. Werner 2011: Smart Skin Patterns Protect Springtails. – PLoS ONE 6(9): e25105
Nickerl, J., R. Helbig, H.-J. Schulz, C. Werner & C. Neinhuis 2013: Diversity and potential correlations to the function of Collembola cuticle structures. – Zoomorphology 132 (2): 183–195.




Die Bürgerwissenschaften werden erwachsen


12.03.2014
Dass man sich fast täglich mit Insekten beschäftigt, dürften Viele, die bei Insekten Sachsen mitmachen, als etwas völlig Normales betrachten, und als etwas Faszinierendes sowieso. Und dass hier Leute mit unterschiedlichen Motivationen, Vorbildungen, Berufen und Spezialisierungen zusammenkommen ebenfalls. „Bürgerwissenschaften“ (Citizen Science) wird die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern genannt, die entweder eine akademische Ausbildung auf ihrem Fachgebiet vorweisen können oder eben nicht. Seit einigen Jahren jedenfalls wird das so genannt, was eigentlich schon eine lange Tradition aufweist. Nun aber ermöglichen die neunen Medien Computer, Internet und Smartphone eine neue Form der synchronen Zusammenarbeit vieler (Bürger-)Wissenschaftler. Elizabeth Owuor hat für die Deutsche Welle zum Thema Bürgerwissenschaften recherchiert und versucht ein Bild auf deren lange Geschichte und ihre gegenwärtige Blüte zu zeigen. Rund um den Globus und in wohl allen Wissenschaftsdisziplinen ist sie fündig geworden, nicht zuletzt auch in Sachsen bei den Insektenforschern ...

Crowdsourcing biodiversity: Citizen Science comes of age



Gentechnisch veränderter Mais wird in der EU zugelassen


12.02.2014
Die Minister der EU-Staaten haben am 11. Februar über eine Anbauerlaubnis der gentechnisch veränderten Maissorte TC1507 abgestimmt. Von den 28 EU-Mitgliedern stimmten 19 dagegen und 4 enthielten sich. Damit kam keine qualifizierte Mehrheit für eine Ablehnung zustande, da sich das Stimmengewicht auch nach der Einwohnerzahl der EU-Staaten richtet. So stimmten beispielsweise die bevölkerungsreichen Staaten Großbritannien und Spanien für den Anbau von TC1507 in der EU. Deutschland als bevölkerungsreichstes Land der EU hat sich der Stimme enthalten und damit den Weg für die Zulassung mit geebnet, und das, obwohl die Mehrheit der Deutschen laut einer Umfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft „voll und ganz“ auf gentechnisch veränderte Lebensmittel verzichten möchte.
Die Maissorte TC1507 wird von der US-Firma Pioneer Dupont hergestellt. Dieser Maissorte wurden gentechnisch zwei Bakteriengene ‚eingepflanzt‘. Ein Gen ist „Cry1F“ aus Bacillus thuringiensis. Es erzeugt ein Eiweiß, welches die Larven von Schmetterlingen nicht verdauen können, sodass es ihren Darm zerstört und sie sterben. Das Eiweiß wird in allen Teilen der Maispflanze während der gesamten Vegetationsperiode produziert und soll sie gegen den Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) schützen. Das zweite Gen ist „pat“ aus dem Bodenbakterium Streptomyces viridochromogenes. Es verleiht der Maispflanze Resistenz gegen den Herbizidwirkstoff Glufosinat.
Cry1F ist ein Eiweiß, dass nicht nur spezifisch auf den Maiszünsler, sondern auf viele Schmetterlinge und andere Insekten wirkt. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der Einsatz von Cry1F für andere Insekten in der Umwelt günstiger ausfalle als der von Insektiziden. Da CryF1 mit dem Pollen durch den Wind in der Umwelt verfrachtet wird, bleibt jedoch abzuwarten, wie die tatsächlichen Auswirkungen auf Schmetterlinge und andere Insekten bei einem großflächigen Anbau dieser gentechnisch veränderten Maissorte sein werden, zumal laut Greenpeace die Konzentration des für Schmetterlinge giftigen Toxins im Maispollen deutlich höher ist als bei bisherigen gentechnisch veränderten Maissorten. (mn)

Pressestimmen:
FAZ
Greenpeace
NABU
ZEIT Online





Insekt des Jahres 2014


07.12.2013
Die Goldschildfliege (Phasia aurigera) wurde zum Insekt des Jahres 2014 gekürt

Die Goldschildfliege gehört mit 1 cm Körperlänge zu den größeren einheimischen Fliegenarten. Auffälligstes Merkmal der Fliegen ist der Besitz von nur einem Flügelpaar. Die Hinterflügel sind zu Schwingkölbchen umgebildet. Daraus leitet sich der wissenschaftliche Name dieser Insektenordnung ab: Diptera – Zweiflügler. Sie sind mit etwa 10.000 Arten in Mitteleuropa vertreten und damit die wohl artenreichste Insektenordnung in unserer heimischen Natur.
Die Männchen der Goldschildfliegen sind neben ihrer Körpergröße aufgrund ihrer roten Augen, der gold-gelben und schwarzen Körperfärbung sowie den braunrot und schwarz gefärbten Flügeln auffällig und leicht zu bestimmen. Die Weibchen hingegen besitzen einen einheitlich schwarzen Körper und transparente Flügel. Sie legen ihre Eier in große, pflanzensaftsaugende Wanzen ab, in denen sich die Larven parasitisch entwickeln.
Die erwachsenen Fliegen sind an Waldrändern auf Hochstaudenfluren beim Nektarsaugen zu finden.


Pressemitteilung des Kuratoriums „Insekt des Jahres“




Europäische Umweltagentur veröffentlicht den Grünlandschmetterlingsindikator


17.08.2013

Seit Jahren ist in unserer Landschaft offenkundig, dass die Tagfalterarten seltener werden. Auf vielen Wiesen sieht man nur noch Kohlweißlinge, wo früher noch viele andere Tagfalterarten zu sehen waren.

Nun legt die Europäische Umweltagentur Zahlen vor, die diesen Negativtrend leider belegen. Basierend auf nationalen Tagfalter-Monitoring-Projekten in 19 europäischen Ländern werden die Daten für 17 Schmetterlingsarten aus dem Zeitraum von 1990–2011 ausgewertet. Danach sind die Populationen von acht Arten zurückgegangen, von zwei stabil, von einer haben sie zugenommen und für sechs Arten ist kein eindeutiger Trend zu erkennen. Im Vergleich zu 1990 sind die Populationen aller Tagfalterarten durchschnittlich um fast 50% zurückgegangen. Betrachtet man nur die EU-Mitgliedsstaaten, ist dieser Rückgang mit fast 30% etwas geringer. Als Hauptgründe für den Rückgang der Grünlandschmetterlingsarten werden die Intensivierung der Landwirtschaft auf flachen und leicht zu bewirtschaftenden Flächen, die Aufgabe von Dauergrünland in gebirgigen und feuchten Regionen sowie der Einsatz von Pestiziden angeführt. Die Daten wurden auf 3.500 Transekten in ganz Europa erhoben. Daran waren Tausende ausgebildete professionelle und freiwillige Beobachter beteiligt.

Der Bericht sagt nichts darüber aus, wie stark die Populationen vieler Tagfalterarten bis zum Jahr 1990 bereits zurückgegangen waren. Beispielsweise war der Goldene Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) zu jenem Zeitpunkt in den meisten Teilen Sachsens schon verschwunden und besaß nur noch Restpopulationen im Grünen Band, während der Quendel-Ameisenbläuling (Phengaris arion) 1976 letztmalig in Sachsen gesichtet wurde. Beide Arten gehören zu den 17 Grünlandschmetterlingsindikatoren. So ist der Bericht der Europäischen Umweltagentur vor allem eins: alarmierend für den weiteren Rückgang unserer Schmetterlingspopulationen. (mn)

European Environment Agency 2013: The European Grassland Butterfly Indicator: 1990–2011. – EEA Technical Report No. 11/2013.



Sächsische Biodiversitätsdaten stehen für Wissenschaftler aus aller Welt zur Verfügung


16.07.2013
Welche Insektenarten in Sachsen vorkommen und wo sie in Sachsen vorkommen, beschäftigt Insektenforscher schon seit Jahrhunderten. Die Schaffung dieses Wissens war ganz überwiegend schon immer eine rein von Neugier getriebene Wissenschaft, die von Liebhabern und Profis gleichermaßen vorangetrieben wurde und wird. Heutzutage findet sich dafür der Begriff Citizen Science (Bürgerwissenschaften). Er meint die aktive Integration von Bürgern in der Wissenschaft. Und genau das verwirklichen wir auf Insekten-Sachsen.de. Tausende Beobachtungen und Fotos wurden seit dem Jahr 2011 mitgeteilt und belegen schon jetzt ein oder mehrere Vorkommen von über 1.000 Insektenarten im Freistaat. Diese Daten sind nicht nur wichtig für den Schutz unserer einheimischen Arten, sie bezeugen vor allem auch das Interesse und die Begeisterung an unserer Natur und geben Einblicke in ökologische Zusammenhänge. Die Daten sind auf regionaler Ebene unmittelbar auf unseren interaktiven Karten verfügbar. Da aber das Verbreitungsgebiet aller einheimischen Insektenarten weit über die Grenzen Sachsens hinausreicht, sind die hier verfügbaren Daten auch von großem Nutzen für die internationale Forschergemeinde, geht es beispielsweise darum, die Verbreitungsgebiete der Arten, auch für unterschiedliche Zeiträume, zu rekonstruieren. Aus diesem Grund wurden die Nachweisdaten von Insekten-Sachsen.de jetzt auf dem Portal Global Biodiversity Information Facility (GBIF) verfügbar gemacht. GBIF ist ein internationales Netzwerk, das Informationen zur Biodiversität aus zahlreichen Datenbanken in einem zentralen Portal zusammenfasst, um Informationen über alle Arten der Erde frei zugänglich zu machen. Wie sich die sächsischen Daten dort darstellen und was wir umgekehrt aus dem GBIF-Portal entnehmen können, lässt sich gut anhand des Glühwürmchens erkennen. (mn)


Rätsel um die Überlegenheit des Asiatischen Marienkäfers aufgeklärt


16.05.2013
Ein deutsches Wissenschaftlerteam interessierte sich für die Frage, warum manche fremdländische Arten zu erfolgreichen invasiven Arten werden, während andere, nahe verwandte Arten, oft nicht diese Eigenschaft besitzen. In manchen Fällen, so bei den Marienkäfern, werden einheimische Arten sogar von ihrem invasiven, fremdländischen Verwandten verdrängt. In der heute erschienenen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science präsentieren die Wissenschaftler aus Gießen, München und Jena ihre Forschungsergebnisse zum Asiatischen Marienkäfer (Harmonia axyridis). Dieser trägt parasitische Mikrosporidien in seinem Körper, gegen die er selbst immun ist. Da die räuberischen Marienkäfer, die sich überwiegend von Blattläusen ernähren, auch Marienkäfer sowohl der eigenen als auch anderer Arten fressen, geht diese räuberische Konkurrenz zu ungunsten der einheimischen Marienkäferarten aus: sie sterben nicht nur, wenn sie von Artgenossen oder anderen Marienkäferarten, wie dem Asiatischen Marienkäfer gefressen werden, sondern auch dann, wenn sie selbst einen Asiatischen Marienkäfer fressen. Denn mit ihm nehmen sie die Mikrosporidien auf, gegen die sie nicht immun sind. (mn)

Zur Originalarbeit:
Vilcinskas, A., K. Stoecker, H. Schmidtberg, C. R. Röhrich & H. Vogel 2013: Invasive Harlequin Ladybird Carries Biological Weapons Against Native Competitors. – Science 340 (6134): 862–863. 
 
Pressestimmen:
Asiatische Marienkäfer nutzen Bio-Waffen gegen ihre europäischen Verwandten

Max-Planck-Gesellschaft 16. Mai 2013 

Invasiver Marienkäfer nutzt Bio-Waffen
Justus-Liebig-Universität Gießen 16. Mai 2013



„Bye Bye Biene?“


03.05.2013
Das globale Bienensterben kommt nicht aus den Schlagzeilen. In der im April von Greenpeace veröffentlichten, 50-seitigen Studie „Bye Bye Biene?“ sind die wichtigsten Punkte, welche Anlass zur Sorge geben, dass, erstens, derzeit keine exakten Daten vorliegen, um verlässliche Schlussfolgerungen zum globalen Zustand von Bestäubern ableiten zu können, zweitens, dass der Anbau bestäubungsabhängiger Kulturpflanzen schneller zunimmt als der globale Bestand kommerziell gehaltener Honigbienen und gleichzeitig Wildbestäuber in ihrem Vorkommen und in ihrer Vielfalt eingeschränkt werden, sowie drittens, das Honigbienenpopulationen in verschiedenen Ländern unterschiedliche Entwicklungen zeigen, aber selbst in Gebieten mit hoher landwirtschaftlicher Produktion wie den USA, Großbritannien und vielen anderen westeuropäischen Ländern Rückgänge dokumentiert sind.
Greenpeace beruft sich auf wissenschaftliche Publikationen, die in der Studie zitiert werden und fordert den Einsatz bienenschädlicher Pestizide zu verbieten, nationale Aktionspläne zu verabschieden, um landwirtschaftliche Praktiken, die sich positiv auf Bestäuber auswirken, zu fördern, natürliche und naturnahe Lebensräume in und in der Nähe von Agrarlandschaften zu schützen und die Artenvielfalt auf den Agrarflächen zu erhöhen sowie mehr finanzielle Mittel für die Erforschung, Entwicklung und Anwendung ökologischer Anbaupraktiken zur Verfügung zu stellen.
Bei der Forderung nach dem Verbot bienenschädlicher Pestizide geht Greenpeace über den jüngst von der EU-Kommission eingebrachten Vorschlag hinaus, die Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zu verbieten und fordert das Verbot vier weiterer Insektizide.


"More than Honey" erhält Filmpreise


30.04.2013
Der im November 2012 in den deutschen Kinos gestartete Dokumentarilm "More than Honey", der über das weltweite Bienensterben berichtet, erhielt am Freitag den Deutschen Flimpreis in der Kategorie „Dokumentarfilm“.

Der Film von Markus Imhoof war in der Schweiz der erfolgreichste einheimische Kinofilm 2012. Neben dem Deutschen Filmpreis 2013 erhielt "More than Honey" auch den Bayerischen Filmpreis 2013 (Kategorie "Dokumentarfilm"), den Publikumspreis der Solothurner Filmtage 2013, die Schweizer Filmpreise 2013 (Kategorien "Dokumentarfilm" und "Filmmusik") und den Romy 2013 (Kategorien "Beste Dokumentation Kino" und "Bester Produzent Kino-Domumentation").



Einsatzbeschränkung für Neonikotinoide kommt


29.04.2013
Ab 1. Dezember 2013 ist die Nutzung der Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam für Sonnenblumen, Raps, Mais und Baumwolle in der gesamten EU verboten. Bei der heutigen Abstimmung von Vertretern der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben 15 Mitgliedsstaaten für den Vorschlag der EU-Kommission gestimmt, acht dagegen und vier hatten sich enthalten. Damit wurde bei der Abstimmung zwar keine qualifizierte Mehrheit für das Verbot erzielt, die Entscheidung liegt aber jetzt bei der Europäischen Kommission, die den Vorschlag selbst einreichte und deshalb das Verbot im Alleingang durchsetzen wird. Es gilt zunächst für zwei Jahre.

Siehe auch unsere Nachrichten vom 01.02.2013.


Weitere Informationen:

Mehr Schutz für Europas Bienen tagesschau.de vom 29.04.2013

Walter Haefeker, Europäischer Berufsimkerverband, zu den EU-Maßnahmen gegen das Bienensterben tagesschau.de vom 29.04.2013

Neonikotinoid-Verbot kommt agrarheute.com vom 29.04.2013

Europaweiter Beschluss zu Neonikotinoiden stärkt Bienenschutz Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Pressemitteilung Nr. 124 vom 29.04.13

Neonicotinoide: Jetzt entscheidet Kommission BauernZeitung.at vom 29.04.2013


Jetzt auch "Weichtiere-Sachsen" Online


25.04.2013
Nach zweijähriger Entwicklung und erfolgreicher Testung der Online-Plattform „Insekten-Sachsen“ wird diese nun auch von den Malakologen für die Schnecken und Muscheln des Freistaates verwendet. Die neue Plattform geht mit 12 Artsteckbriefen, 88 Fotos, 243 Onlinemeldungen sowie 22.200 Nachweisen, die aus Literatur, Sammlungen und von Exkursionen zusammengetragen wurden, an den Start.
Ähnlich wie das Insekten-Sachsen-Team möchten auch die Malakologen auf einige der 205 in Sachsen vorkommenden Arten besonders aufmerksam machen und einladen, Beobachtungen mitzuteilen. So kann jeder helfen, das Wissen um unsere einheimischen Arten zu mehren, denn selbst für die größte einheimische Schneckenart – die Weinbergschnecke – ist die Verbreitung in Sachsen noch ungenügend bekannt. Mit „Weichtiere-Sachsen“ sollen auch pauschale Vorurteile gegenüber Schnecken, die insbesondere durch die Fraßschäden der Spanischen Wegschnecke beflügelt wurden, abgebaut und auf interessante, einheimische Schnecken und Muscheln hingewiesen werden, von denen ein Großteil der Arten stark bedroht ist.
„Weichtiere-Sachsen“ lädt Naturfreunde und Spezialisten gleichermaßen ein, sich mit den einheimischen Vertretern der weltweit zweitgrößten Tiergruppe zu beschäftigen und an ihrer Erforschung mitzuwirken.

Zu erreichen ist „Weichtiere-Sachsen“ unter www.weichtiere-sachsen.de


Insekten Sachsen für unterwegs


18.04.2013
Wer kennt es nicht: Man ist in der Natur unterwegs, sieht einen Falter und möchte gern seinen Namen wissen. Dieser lässt sich jetzt mit der mobilen Funktion von "Insekten Sachsen" auf dem Smartphone nachschlagen. Farbige Fotos und Diagnosen ermöglichen die Bestimmung oder Überprüfung einer solchen im Gelände. Und, einmal bei der richtigen Art angekommen, kann man gleich vor Ort die Beobachtung mittels Smartphone an "Insekten Sachsen" mitteilen.

Die Bestimmungshilfe enthält bereits 1.193 Insektenarten. Die Fotos sind von Naturfreunden zusammen mit Fundmeldungen bei "Insekten Sachsen" eingereicht und von Spezialisten geprüft worden. Auf dieser Grundlage können nun weitere Beobachtungen in der Natur gemacht und mitgeteilt werden. Die Beteiligung von Bürgern an der Wissenschaft funktioniert also. Allen Mitmachenden ein herzliches Dankeschön und weiterhin viel Freude bei der Insektenbeobachtung!

Die mobile Version von "Insekten Sachsen" erreicht man unter www.insekten-sachsen.de/mobil (mn)


EU Komission empfiehlt Verbot von Neonikotinoiden


01.02.2013
Die EU Kommission empfahl am Donnerstag, den 31. Januar 2013, ein zunächst zweijähriges Verbot für die drei Insektizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam, die zur Stoffklasse der Neonikotinoide gehören. Das Verbot soll für solche Kulturpflanzen gelten, die Nektar produzieren und von Bienen bestäubt werden, nicht aber für windblütige Pflanzen. Der Antrag wurde gestellt, nachdem am 16. Januar 2013 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Reihe von Risiken für Honigbienen (Apis mellifera) durch diese drei Insektizide aufzeigte. Eine Petition der Avaaz zum sofortigen Verbot der Neonikotinoide an die Entscheidungsträger der EU wurde von über 2 Millionen Menschen unterzeichnet.

Zum Weiterlesen:

31.01.2013: Bee health – European Food Safety Authority (efsa) 

31.01.2013: Neonicotinoids: Exec wants two-year suspension of use and sale

31.01.2013: Umweltgifte: Pestizid-Verbot soll Bienen retten

16.01.2013: EFSA identifiziert Risiken durch Neonicotinoide für Bienen

01.06.2012: EFSA wertet Studien zu einigen Pestiziden und Bienengesundheit aus




Insekt des Jahres 2013


12.12.2012
Die Gebänderte Flussköcherfliege (Rhyacophila fasciata) wurde zum Insekt des Jahres 2013 gekürt.

Rhyacophila fasciata hat eine Körperlänge von etwa 10 mm und eine Vorderflügellänge von 10–14 mm. Sie gehört damit zu den großen einheimischen Arten der Köcherfliegen (Trichoptera). Köcherfliegen besitzen vier Flügel und sind mit den Schmetterlingen verwandt. Wie diese entwickeln sich die Tiere über eine vollständige Metamorphose und der Körper der erwachsenen Tiere ist von Schuppen bedeckt. Bei den Köcherfliegen sind diese Schuppen haarförmig, bei den Schmetterlingen hingegen spatelförmig.
Die Larven der Köcherfliegen leben aquatisch, das heißt unter Wasser. Zum Atmen nehmen sie den Sauerstoff über Tracheenkiemen aus dem Wasser auf. In den meisten Köcherfliegenfamilien bauen sich die Larven aus Seide einen Köcher (Name!), in welchem je nach Art Sandkörnchen oder Pflanzenteile eingeflochten werden. Die Larven der Gebänderten Flussköcherfliege leben in schnell fließenden Bächen und Flüssen der Mittelgebirge. Sie fressen kleine Wasserinsekten.

Faltblatt Insekt des Jahres 2013


Insekten Sachsen jetzt mit RSS-Feed


10.12.2012
Ein RSS-Feed zeigt in einer Listendarstellung die aktuellsten Änderungen auf Insekten Sachsen chronologisch an. Hierzu gehören Fundmeldungen, Termine, Artsteckbriefe und Nachrichten. Über ein Suchfeld kann in dieser Liste nach einzelnen Art- oder Gattungsnamen gesucht werden, wonach das Ergebnis auf diese eingeschränkt wird. Um die RSS-Feeds lesen zu können benötigt man einen RSS-Reader. Ein solcher ist in verschiedenen Browsern (z. B. Internet Explorer, Firefox) und anderen Programmen (MS Outlook) bereits enthalten, kann aber auch aus dem Internet heruntergeladen werden (z. B. RSSOwl). In der Regel reicht es, einfach mit der Maus auf das RSS-Symbol zu klicken, um die Informationen lesen zu können. Auf Insekten Sachsen ist das Symbol auf der Startseite im unteren Bereich der rechten Spalte zu finden. Einfach anklicken und abonnieren! (mn)


Sumpfwiesenperlmuttfalter zum Schmetterling des Jahres 2013 gekürt


25.11.2012
Die Naturschutzstiftung des BUND Nordrhein-Westfalen und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen haben den Sumpfwiesenperlmuttfalter (Boloria selene) am 22.11.2012 in Düsseldorf zum Schmetterling des Jahres 2013 gekürt.
Der Sumpfwiesenperlmuttfalter lebt vor allem auf Feuchtwiesen, an Moorrändern und in Sümpfen, wo seine Larven das Sumpfveilchen finden, ihre Nahrungspflanze. In den regenreicheren atlantischen und alpinen Bereichen Deutschlands kommt der Schmetterling auch auf trockeneren nährstoffarmen Wiesen, Weiden, Mager- und sogar Schwermetallrasen vor und ernährt sich dort auch von anderen Veilchenarten.
Bereits jetzt lebt der Sumpfwiesenperlmuttfalter in inselartig voneinander isolierten Populationen. Hauptursachen dafür sind der fortschreitende Landschaftsverbrauch mit Trockenlegung vieler Feuchtgebiete, Umbruch von Wiesen zu Ackerland sowie die Eutrophierung durch Stickstoffeintrag aus der Luft.
Nach aktuellen Voraussagen wird der Schmetterling in den nächsten Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels einen Großteil seines Lebensraums einbüßen.


Insekten Sachsen bekommt eine Bestimmungshilfe


09.09.2012
Mit 1.400 Fotos, die uns auf Insekten Sachsen bereits zugegangen sind, lassen sich nun auf übersichtlich angeordneten Tafeln die einheimischen Insektenarten vergleichen. Der Einstieg zeigt Vertreter unterschiedlicher Insektenordnungen, wie Schmetterlinge, Zweiflügler, Käfer, Hautflügler, Libellen, Schnabelkerfe u.a.m. Hier kann man eine Insektenordnung auswählen, kommt so zu deren Großgruppen, z. B. bei den Schmetterlingen zu den Tagfaltern. Dort geht es weiter zu den Familien der Dickkopffalter, Ritterfalter, Weißlinge, Bläulinge, Edelfalter und Würfelfalter. Geht man nun beispielsweise weiter zu den Edelfaltern, trifft man so bekannte Arten wie Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, Landkärtchen, Kaisermantel und auch weitgehend unbekannte Arten wie Kleiner Eisvogel, Blaukernauge und Großer Fuchs. All das erschließt sich durch Vergleich der Fotos und sollte es auch Einsteigern ermöglichen, sich weit in der Vielfalt der Insekten zurechtzufinden. Ist man durch den Fotovergleich bei einer Art angekommen, kann man von hier direkt weiter zur Artbeschreibung gelangen, um seine Artbestimmung zu prüfen oder mehr über diese Art zu erfahren.
Aber Vorsicht: Nicht alle Arten lassen sich anhand eines Fotos bestimmen! Siehe dazu unsere Nachricht vom 17.07.2012 über die Einführung eines Ampelsystems auf Insekten Sachsen. (mn)


Steckbrief für Pantilius tunicatus als 100. Steckbrief einer Wanzenart erstellt


06.09.2012
Mit dem Erscheinen der ersten Tiere der für den Herbst typischen Wanzenart Pantilius tunicatus wurde deren Steckbrief erstellt. Damit existieren jetzt Artsteckbriefe für 100 Wanzenarten, die alle einheimischen Wanzenfamilien repräsentieren. Außerdem sind bereits für 475 der 676 sächsischen Arten Fotos sowie Funddaten zu fast allen sächsischen Wanzenarten auf Insekten Sachsen verfügbar. (mm)





Neuerscheinung: Eckehard Rößner, Die Hirsch- und Blatthornkäfer Ostdeutschlands


05.09.2012
Wie sähe unsere Landschaft aus, würden all die festen Hinterlassenschaften des Stoffwechsels der Säugetiere, die sich zwischen Ostsee und Erzgebirge tummeln, für alle Ewigkeit liegen bleiben! Dass dem nicht so ist, verdanken wir einem Großteil der Scarabaeoidea, jenen Käfern, die sich dieser Haufen noch einmal annehmen und sie verstoffwechseln. Einige dieser Käferarten sind recht populär, wie „der“ Mistkäfer, von dem es tatsächlich bei uns mehrere Arten gibt, die für ihren Nachwuchs Brutfürsorge betreiben! Andere leben, zeitlebens, versteckt in oder unter den Haufen, manche sind spezialisiert, so z. B.  Onthophagus vitulus, der in der Kotkammer des Feldhamsters lebt.
Nicht alle Käfer der scarabaeoiden Verwandtschaft haben diese Ernährungsgewohnheiten – andere fressen an lebenden Pflanzen wie der Maikäfer oder in abgestorbenem Holz wie der Eremit.
In über 20 Jahren hat Eckehard Rößner in akribischer Arbeit zusammengetragen, welche dieser Käferarten in Ostdeutschland vorkommen, hat deren Einzelnachweise durch eigene Exkursionen, Auswertung von Literatur und wissenschaftlichen Sammlungen ermittelt. Angereichert mit Wissen zur Lebensweise und Habitatbindung der Arten, aussagekräftigen Farbabbildungen der Käfer, Verbreitungskarten und Phänogrammen nimmt die präzise Abhandlung 505 Seiten im A4 Format ein.
Damit hat Eckehard Rößner ein Grundlagenwerk geschaffen, das lange Bestand haben wird. Wenngleich das Hauptaugenmerk des Buches auf der Faunistik, dem Vorkommen der einzelnen Käferarten im Untersuchungsraum, liegt, sind die zusätzlichen Informationen über Lebensweise, Habitatbindung und Erkennung der Arten präzise recherchiert und beschrieben. Sie machen das Werk zu einem Handbuch, an dem niemand vorbeikommt, der sich mit den Scarabaeoidea Deutschlands beschäftigt.
Dem Autor Eckehard Rößner beglückwünsche ich zu dem vorgelegten Werk! (mn)


Eckehard Rößner
2012
Die Hirschkäfer und Blatthornkäfer Ostdeutschlands (Coleoptera: Scarabaeoidea)
505 Seiten
ISBN 978-3-00-036153-1

Herausgegeben und zu beziehen von:
Verein der Freunde und Förderer des Naturkundemuseums Erfurt e. V.
Große Arche 14, 99084 Erfurt
Tel.: 0361-6555680
FAX: 0361-6555689
naturkundemuseum @ erfurt.de


Sachsens Gewässer mit Pestiziden belastet


30.08.2012
Pflanzenschutzmittel (Pestizide) sind Stoffe, die zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen in der Land- und Forstwirtschaft, im Gartenbau sowie in der Vorratshaltung eingesetzt werden. Das Pflanzenschutzgesetz regelt den Umgang mit solchen Mitteln, u.a. auch um "Gefahren, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder durch andere Maßnahmen des Pflanzenschutzes, insbesondere für die Gesundheit von Mensch und Tier und für den Naturhaushalt, entstehen können, abzuwenden oder ihnen vorzubeugen."
Nun ergab die Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Johannes Lichdi, dem naturschutzpolitischen Sprecher Der GRÜNEN-Landtagsfraktion durch den Landwirtschafts- und Umweltminister Frank Kupfer (CDU), dass in den letzten 5 Jahren in sächsischen Gewässern 344 Grenzwertüberschreitungen mit nicht mehr zugelassenen Pestiziden registriert wurden. (mn)

Antwort von Landwirtschafts- und Umweltminister Frank Kupfer (CDU) auf die Kleine Anfrage von Johannes Lichdi, naturschutzpolitischer Sprecher der GRÜNEN-Landtagsfraktion, nach der Pestizidbelastung sächsischer Oberflächen- und Grundwasserkörper (Drs. 5/9497)


Neue Rote Liste der wirbellosen Tiere Deutschlands erschienen


29.08.2012
Zu Beginn des Monats ist die neue Rote Liste der wirbellosen Tiere Deutschlands erschienen. Unter den Insekten sind Zweiflügler (Asilidae, Empidoidea, Syrphidae), Schmetterlinge (Bombycoidea, Drepanoidea, Geometroidea, Noctuoidea, Papilionoidea, Pyraloidea), Hautflügler (Apidae, Formicidae, diverse Aculeata, Symphyta), Fransenflügler, Heuschrecken, Schaben und Ohrwürmer vertreten, wobei die Zünslerfalter (Pyraloidea) und die Raubfliegen (Asilidae) erstmalig vertreten sind. Käfer und weitere Fliegengruppen sind derzeit noch in Bearbeitung und werden in einem demnächst erscheinenden Band der „Roten Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands“ behandelt.

Im vorliegenden Band sind etwa 5.500 Insektentaxa bearbeitet. Für jede behandelte Gruppe liegt ein vollständiges Verzeichnis der in Deutschland vorkommenden Arten vor. Knapp die Hälfte dieser Arten gilt als bestandsgefährdet. Die Wildbienen weisen mit 52,2% überdurchschnittlich viele Rote-Liste-Arten auf.

Eine Besonderheit der neuen Roten Liste Deutschlands ist eine neue zur Anwendung kommende Methodik, welche u. a. die aktuelle Bestandssituation sowie langfristige und kurzfristige Bestandstrends eine jeder Art analysiert. Mit diesen Kriterien wird eine hohe Transparenz hergestellt, wie es zur Einstufung einer Art in eine bestimmte Kategorie kommt und es lassen sich anhand derselben Methodik in der Zukunft Änderungen in der Bestandssituation ermitteln. (mn)

Mehr Information und Bezugsmöglichkeit


Japanische Wissenschaftler weisen Missbildungen bei Schmetterlingsart in Fukushima nach


16.08.2012
Mutationen treten natürlich in allen Populationen von Organismen auf. Ohne sie gäbe es keine Evolution. Aber viele dieser Mutationen sind auch gesundheitsbeeinträchtigend oder gar tödlich. In den 1920er Jahren zeigte Hermann Muller, dass hohe Dosierungen von Röntgenstrahlen die Mutationsrate um 15000% erhöht. 1946 erhielt er für seine Forschungsarbeiten den Nobelpreis.
Nun untersuchten Wissenschaftler der Ryukyu-Universität in Okinawa erstmals Auswirkungen der durch Schmelze und Explosion des Atomreaktors Dai-ichi in Fukushima in der Umwelt erhöhten Radioaktivität auf Lebewesen. Ihr Untersuchungsobjekt war der Japanische Bläuling (Zizeeria maha).
Zur Zeit des Reaktorunglücks befand sich die Population des Japanischen Bläulings im Larvenstadium, sodass die Tiere nicht nur äußerlich der künstlichen Strahlung ausgesetzt waren, sondern diese auch mit ihrer einzigen Nahrungspflanze, dem Sauerklee Oxalis corniculata aufnahmen. 12,4% der Falter, die sich zwei Monate später aus diesen Larven entwickelten, wiesen Missbildungen auf. Die F1-Generation, aufgezogen außerhalb einer erhöhten radioaktiven Strahlung, zeigte eine erhöhte Mortalität bei Larven und Puppen sowie bei 18,3% der sich entwickelten Falter Missbildungen. Dieser Anteil erhöhte sich auf 33,5% in der F2-Generation, welche im Labor aus der Kreuzung eines mit erblicher Strahlenbelastung und eines unbelasteten Elternteils hervorging.
Missbildungen wurden an praktisch allen Körperteilen nachgewiesenen, an Fühlern, Augen, Mundwerkzeugen, Beinen und Flügeln, einschließlich veränderter Flügelzeichnungen. Am Thorax wurden tumorartige Verdickungen gefunden. Innere Organe wurden nicht untersucht. (mn)

Zum Originalartikel


NABU veröffentlicht Libellenschlüssel


16.08.2012
Für die Libellen Norddeutschlands liegt ein neuer Feldbestimmungsführer, erarbeitet von Dietmar Glitz und herausgegeben vom NABU Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen vor. Auf 374 Seiten können mit diesem Geländeschlüssel alle 81 in Deutschland heimischen Arten bestimmt werden. Darüber hinaus werden diese Arten jeweils mit beeindruckenden Fotografien und tollen Zeichnungen vorgestellt.
Viele Libellenfachleute aus den nördlichen Bundesländern haben ihre Beobachtungsdaten beigetragen und auch der Autor des Feldführers hat seine Arbeit dem NABU ehrenamtlich zur Verfügung gestellt. So ist ein aktuelles und sehr informatives Nachschlagewerk zu einem ausgesprochen günstigen Preis für alle Libellen Deutschlands entstanden.
Mit der Herausgabe dieses neuen Libellenfeldschlüssels will der NABU für alle Naturinteressierten eine praktische und motivierende Unterstützung bieten, sich eingehender mit diesen faszinierenden Insekten in ihren natürlichen Lebensräumen zu beschäftigen. Neben Anregungen zu eigenen, schönen Naturerlebnissen mit diesen Akrobaten der Lüfte werden, besonders auf der zusätzlichen DVD, konkrete Hinweise zum Schutz oder zur Verbesserung ihrer Lebensräume gegeben.

Der Feldführer und die dazugehörige DVD kosten 19,80 € (NABU Mitglieder 14,80 €). Bestellung über die NABU Landesgeschäftstellen:
NABU Niedersachsen, Alleestr. 36, 30167 Hannover, info@NABU-niedersachsen.de  
NABU Schleswig-Holstein, Färberstr. 51, 24534 Neumünster, info@NABU-SH.de  
NABU Hamburg, Osterstr. 58, 20259 Hamburg-Eimsbüttel, NABU@NABU-Hamburg.de  
NABU Mecklenburg-Vorpommern, Arsenalstr. 2, 19053 Schwerin, lgs@NABU-MV.de  



Ampelsystem auf Insekten Sachsen illustriert Schwierigkeitsgrad bei Artbestimmung


17.07.2012
Ein Ampelsystem mit den Farben grün, gelb, rot und grau kennzeichnet von nun an auf Insekten Sachsen den Schwierigkeitsgrad bei der Bestimmung von Arten. Die Farben bedeuten:

Grün:  Allein nach äußeren Merkmalen schon mit bloßem Auge oder bei geringer Vergrößerung (10-fach) mit einer Lupe bestimmbar.
Gelb:  Nach äußeren Merkmalen bei geringer (10-facher) bis mittlerer (30-facher) Vergrößerung mit einer Lupe sowie unter Nutzung von Fachliteratur bestimmbar.
Rot:  Nur nach Untersuchung von Genitalmerkmalen mithilfe eines Stereomikroskopes bestimmbar.
Grau:  Allenfalls für einen Experten mit viel Erfahrung, Fachliteratur und Vergleichsmaterial bestimmbar.

Der Kreis ist in der Senkrechten halbiert, um, falls nötig, im linken Halbkreis die Männchen sowie im rechten Halbkreis die Weibchen differenzieren zu können: grün-gelb, gelb-rot und rot-grau. 

Ein solches Ampelsystem wird bereits von Kunz et al. (2011) benutzt. Wir finden dies didaktisch sehr hilfreich und nutzen es analog den Vorgaben dieser Autoren, um Verwirrungen zwischen sehr ähnlichen Systemen zu vermeiden.

Für die Wanzen und die Tagfalter ist das Ampelsystem bereits verfügbar. Es gilt zu beachten, dass dieses nur unter Beachtung der in Sachsen vorkommenden Arten etabliert worden ist. In der Natur kommen verwandte und schwieriger zu unterscheidende Arten oft in anderen Regionen vor.

Literatur
  • Kunz, G., H. Nickel & R. Niedringhaus 2011: Fotoatlas der Zikaden Deutschlands. – Wissenschaftlich Akademischer Buchvertrieb - Fründ, Scheeßel. 293 S.

mn




Artsteckbriefe auf Insekten Sachsen jetzt mit automatisch generierten Phänogrammen


13.07.2012
Auf Insekten Sachsen werden nun auch Phänogramme automatisch aus dem Datenbestand generiert. Sie sind neben Artsteckbrief, interaktiver Karte und Fotogalerie als vierter Reiter einer jeden Art zugeordnet. Phänogramme zeigen die Erscheinungszeiten der jeweiligen Entwicklungsstadien (z. B. Ei, Larve, Adulte) einer Insektenart im Jahresverlauf an. Im Phänogramm sind auf der Zeitachse die Monate eines Jahres dargestellt. Jeder Monat ist in drei Dekaden (Anfang, Mitte, Ende) unterteilt. Die Ordinate gibt die Anzahl der Funde wieder. mn


Bei Insekten Sachsen immer auf dem neuesten Stand


02.07.2012
Von nun an informieren wir an dieser Stelle über neueste Entwicklungen auf Insekten Sachsen. Und gleich unterhalb der Nachrichten wird jederzeit auf die neuesten Fundmeldungen, neue und aktualisierte Steckbriefe sowie die neuesten Fotos hingewiesen. mn
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  • 5896 Arten mit Fotos

      

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